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Denkschrift

betreffend

die Herstellung einer Eisenbahn

im oberen Enztbal

von Pforzheim ab bis Wildbad.

(Fortsezung.)

Wir glauben dieser Darstellung au» dem unmit­telbaren Geschäftsleben kein Wort weiter beifügen zu dürfen.

2) Aber nicht blo» für die Erhaltung und weitere Entwikluag der Holzindustrie und des Holzhandels bil­det die Aufhebung der Flößerei und die Herstellung einer Eisenbahn in dem obern Enzthale eine Lebens­frage, sondern gleichzeitig und in nicht minderem Grade auch für die Industrie überhaupt, die wir bereits in unserem Bezirke bestzen, und welche mit dem großen in Pforzheim einmündenden Eisenbahnncze in Verbin­dung gesczt, mittelst der sich in unseren Thälern noch vorfindenden unbenüzten Wasserkräfte zu der großar­tigsten Entwicklung gebracht werden könnte.

In der Beilage zu Nr. 38 des Gewerbeblattes aus Württemberg vom 7. September 1862 findet sich eine von der Centralstelle für Gewerbe und Handel veröffentlichte statistische Ueberficht der Wasserkräfte Württembergs, welcher wir in Beziehung auf den Schwarzwaldkreis entnehmen.

Es finden sich nach Pferdskräften an Wasserkräften ^ zusammen in 16 Oberämtern 10l30 denüzte und 3913 unbenüzte, dagegen betragen die benüztcn 1620 und die noch unbenüzten Wasserkräfte im Obcramtsbezirk Neuen­bürg 2000 Pferdskräfte.

Die Vergleichung ergiebt, daß unser Oberamts­bezirk mit Ausnahme desjenigen von Freudenstadt, wo sich die bedeutenden Hüttenwerke des Staates befinden, die größte Zahl von Wasserkräften in Benüzung hat, und daß ihm außerdem noch unter allen Bezirken des Schwarzwaldes (wie des ganzen Landes überhaupt) weitaus die größte Zahl von Pferdekräften frei zur Verfügung steht, eine Zahl, der sich nur diejenige von Tübingen nähert, und welche für fich allein nahe­zu so groß ist, als diejenigen in allen andern 15 Be­zirken zusammen. In der That wird wohl kaum irgend­wo ein GebirgSthal die herrlichen Wasserkräfte aufzu- wcisen haben, wie das unsrige. Das Gefall ist ein ziemlich starkes, das Wasser nach Menge und Güte j in lezterer Hinficht wegen seiner Reinheit) außerordentlich werthvoll, so daß fich eine Kraft an die andere an- schließt. Dazu kommt in topographischer Beziehung noch die sür die Anlage größerer Etablissements sehr schäzenswcrthe Breite der Thalsohle, welche auch sol­chen Anlagen jede Ausdehnung ermöglicht, welche grö­ßere Räumlichkeiten erfordern. Dieser Reichthum an Naturkräftcn, welche noch ihrer lohnenden Dienstbar« machung harren, beweist am sprechendsten den hohen industriellen Beruf, welchen unser Theil des EnzthaleS hat und welcher um so früher und vollständiger fich er­füllen wird, je bälder ihm das unentbehrliche Verkehrs­mittel einer Eisenbahn zu Theil wird.

3) Nicht minder gebieten endlich die Rücksichten auf den Kurort Wildbad die baldige Herstellung einer Eisenbahn, durch welche derselbe mit dem großen Schie- ncnneze von Württemberg und den benachbarten

Staaten in unmittelbare Verbindung gebracht wird. Unbeftrittcnermaßen sind die Heilquellen Wildbads in die erste Reihe der europäischen Bäder zu sezen. Die­sem Rang gemäß hat der Staat als Eigenthümer der Thermen schon früher, besonders aber in den lczten Decennien sehr bedeutende Summen aufgcwendet, um die Badeinrichtungen in einen nicht nur den Kurzwecken, sondern auch den Ansprüchen und Bedürfnissen der höheren Gesellschaft entsprechenden Stand zu sezen. Dank den Bemühungen der Staatsregierung erfreut fick Wildbad einer von Jahr zu Jahr sich steigernden Frequenz und es strömt dort alljährlich eine Menge von Fremden aus allen Ländern Europas zusammen, welche Hunderttausendc von Gulden in Umlauf sezen. Der Kurort Wildbad bildet also tatsächlich, indem er einen großartigen Fremden - Verkehr vermittelt und durch diesen die verschiedenartigsten Gewerbsthätig- keitcn in Bewegung sezt, einen Mittelpunkt, welcher ihm nicht blo» eine heilwiffenschaftliche, sondern zu­gleich auch eine volkswirthschaftliche Bedeutung ver­leiht.

Soll er auf seiner bisherigen Höhe erhalten und soll er nicht der Gefahr ausgesczt werden, gegenüber von andern Kurorten in den Hintergrund zu treten, so ist es absolute Nothwendigkeit, daß nicht nur die für die Kurzwccke und die Beherbergung der Fremden die­nenden Einrichtungen den Ansprüchen der Gegenwart gemäß getroffen und vervollkommnet werden, sondern daß er auch des Verkehrsmittels einer Eisenbahn theil- haftig wird, das kein anderer, Wildbad gleichstehender Kurort mehr entbehrt. Es gilt also rechtzeitige Fürsorge dafür zu treffen, daß Wildbad, an dessen Gedeihen die ganze Umgegend be- thciligt ist, fich auf seiner bisherigen Höhe zu erhalten im Stande ist. Ist einmal der Rückschritt eingetretcn, so ist es doppelt schwer, das Verlorene wieder herein­zubringen.

Umgekehrt aber würde die Herstellung einer Eisen­bahnverbindung das wirksamste Mittel sein, die Fre­quenz von Wildbad noch z» einem höheren Grad, als bisher, zu steigern, namentlich auch dadurch, daß da­mit die Möglichkeit gegeben wäre, das längst angc- strebte Ziel, eine Wlntersaison zu bekommen, wofür in den Einr chtungen der Bäecr und des Badhotels be­reits alle Vorkehrungen getroffen sind, endlich einmal zu erreichen. (Schluß folgt.)

Neuenbürg, 17- April. Wie wir eben hören, soll statt des in den lezten Jahren üblichen Ausflugs der Conflrmanden in ein benachbartes Ort, am Tage nach der Eonfirmalion, Montag den 20. dS. rin kürzerer Spaziergang auf den Maienplaz hier unter Theilnahme der ganzen Schuljugend veranstaltet wer­den. Diese Anordnung wird nach verschiedenen Seiten hm manchem Wunsche entgegenkommen: Denen, welche an Stelle jenes Ausflugs cm Maienfcst gerne gesehen hätten und dann den Eltern und sonstigen Familien- Angehörigen, denen damit zum Besten der Kinder die allgemeinere Theilnahme ermöglicht ist. Insbesondere aber wird die Freude unserer Jugend diesem Arran­gement am meisten Dank wissen.

Möchte dieses kleine Schulfest den Absichten der Veranlasser gemäß sich auch bei den Alten zu ei­ner recht gemüthlichen Unterhaltung gestalten.

Redaktion, Druck und Verlas der Mrrh'icheu Buchdruckerei in Ueurudür-.