Preußen.
Wenn Herr v. Bismark seinen Thatendrang nicht mehr zügeln kann, dann mag er Schleswigs Holsteins gedenken und sich erinnern, daß Preußen einmal behauptet hat, eS trage das Schwert Deutschlands. Da sind uralte, verbriefte, besiegelte, beschworene und dennoch mit Füßen getretene «deutsche Rechte" zu schüzen, deutsche Noth, die zum Himmel schreit, zu rächen und nebenbei preußische Scharten auszu- wezen. Da marschirt Preußen nicht gegen daS Rechtsgefühl seines und aller gebildeten Völker, da gilt es nicht zu unterdrücken, sondern zu befreien. An der diplomatischen Handhabe wird es nicht fehlen; denn der tapfere Landtag Holsteins, mit seiner bcschwerdeführenden Adresse vom dänischen König abgewiesen, will noch einmal den säuern Gang zum Bundestage anire- ten, um da sein Recht zu suchen. Der Bundestag — so will Holstein bitten — soll 1) auf Aufhebung des unglücklichen Londoner Protokolls und 2) darauf dringen, den Grundsaz auszusprechen, daß eine gänzliche Trennung der Her- zogthümer Schleswig und Holstein von Dänemark unter dem altberechtigten Fürsten, als das einzige Auskunfismittel anerkannt werde.
Durch die dreitägigen Verhandlungen des Abgeordnetenhauses über die Convention ist der Sinn derselben jezt dahin ermittelt: Preußische Truppen sind verpflichtet, auf Requisition der russischen Militärbehörden in Polen einzurücke».
Ausland.
Frankreich.
(Ungünstige Nachrichten aus Mexico.) An der Börse wollte man wissen, daß neuerdings ungünstige Berichte aus Mexico eingetroffen seien, und daß General Forey um seine Abberufung nachgcsucht habe, falls ihm nicht sehr beträchtliche Verstärkungen zugeschickt würden.—Einer andern Quelle entstammt die Mittheilungr der Kaiser solle dem General Forey angezeigt haben, er könne bei der gegenwärtigen Lage der Dinge in Europa keine Trup- pen entbehren, um sie nach Mexico zu senden.
Polen.
Polen. Die am 8. Februar abgeschlossene Convention mit Rußland ist definitiv in die Brüche gegangen. Rußland hat Preußen seine werthlose Signatur zurückgegeben, das melden gleichzeitig La France und Le Nord, das Organ des Fürsten Gortschakvff in Paris. Herr v. Bismarck möchte nun die Sache so darstellen, als schwebten die Unterhandlungen über die Convention noch immer, und als verweigere jezt Preußen das Eingehen auf die von Rußland vorgcschlagenen zu weit gehenden Stipulationen.
Nachdem es den Anschein gewonnen hatte, als sei die polnische Insurrektion in ihr leztes Stadium getreten und nahe mit raschen Schritten ihrem Ende, lauten die Nachrichten aus dem Königreich wieder ganz entgegengesezt; der Aufstand ist wieder imWachsen begrif
fe n und gewinnt in sofern eine ganz veränderte Gestalt, als erfahrene Führer an seine Spize getreten sind und die ganze Erhebung mehr und mehr eine Organisation annimmt. Jedenfalls wird der Kampf in der nächsten Zeit ungleich ernsthafter werden, da die Rußen bedeutende Streitkräfte herangezogen haben.
DaS Mittagsblatt der Schlesischen Zeitung enthält folgende telegraphische Nachricht aus SoSnowice vom l.März: Langiewicz, der 6000 Mann nach ZombkowiK geführt halte, hat heute früh das daselbst stationirte russische Corps angegriffen, überwältigt und aufgerieben. DaS Verlangen nach Hilfe konnte telegraphisch nicht nach Czenstochau befördert werden, weil die Drathleitung gestört war.
Reisende berichten von einem zweiten Siege, den 4000 Polen über ein aus Czenstochau abgesandtes russisches Corps erfochten, dem sie bei Myszkow i an der Eisenbahn, ungefähr halbwegs zwischen Myslowitz und Czenstochau) den Weg verlegt hatten; verwundete Russen seien in großer Zahl nach dem Myskower Bahnhof gebracht worben.
Amerika.
(Greuel des Bürgerkrieges.) Von den Greueln, welche dem amerikanischen Bürgerkriege einen traurigen Vorrang vor anderen Kämpfen verliehen, gibt ein Bericht des nordischen Blattes New Albany Ledger vom 20. Januar eine Probe. Als die Rebellen gegen Mitte Januar einige nordstaatlichen Dampfer bei der Sandbank von Harpeih in ihre Gewalt bekamen, ließen sie 18 farbige Schiffsjungen und Diener, welche auf diesen Dampfern angcstellt waren, gefesselt an die Küste bringen und dort ohne weiteres kaltblütig erschießen. Zwei Neger auf dem Sidel flüchteten zwischen Rad unv Stern des Schiffes und ließen sich ins Wasser hinad- gleiten, indem sie sich ans Steuerruder anklam- merten. Die Rebellen entdeckten sie dort, und auf Befehl des Obersten Wade fuhren mehrere Soldaten in einem Nochen auf sie los und entluden ihre Musketen gegen die unglücklichen Opfer, deren Häupter buchstäblich in Atome zersplittert wurden. Wir hoffen, sagt das erwähnte Blatt, baß der Barbar, der solche Befehle cr- theilte, in unsere Gefangenschaft geraihcn möge; ihn von vier Pferden in Stücke reißen zu lassen, würde dann nur eine geringe Strafe für seine brutale Handlungsweise gegen jene harmlosen und unschuldigen Neger sein.
Telegraphisch getraut wurde nach amerikanischen Blättern jüngst eine Lame in Syrakus mit einem 40V englische Meilen entfernten, bei Washington stehenden Soldaten. Die Gelübde wurden durch den Telegraphen gewechtelt, die Uebersendung beider „Ja« dauerte zwei Stunden, und das Trauungszeugniß der jungen Frau besteht in einem Telegramm des FeldpredigerS, mit der Anzeige, daß sie und der Soldat Mann und Frau seien.
Redaktion, Druck und Verlag der Mceh'scheu Buchdrucker« in Neuenbürg.