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verspricht der Industrie des Zollvereins wesent­liche Vortheile; 4> die Erneuerung des Zoll­vereins und die Bestimmungen über seinen Ta- rif, sowie der östrer'chische Vorschlag vom lO. Juli d. I. sind gleichzeitig endgiltig zu verhandeln; 5) ein gemäßigtes Arbeitsschuzsystcm soll die Grundlage des Vereinstarifs bilden; 6) Tarif­veränderungen sollen künftig nicht staitfinden ohne vorangegangene Enquöle bei den Bethei­ligten, und nicht als Vertrag mit dem Auslande, sondern in selbstständiger Weise unter alleiniger Berücksichtigung des eigenen Bedürfnisses.

Miszellen.

Haarschmuck und Schminke altrömi­scher Damen.

(Schluß.)

Die eben erwähnten Haarnadeln waren sieden bis acht Zoll lang, theils äußerst einfach, theils aber auch nicht nur aus sehr theueren Stoffen, sondern überhaupt sehr kunstvoll gearbeitet, unv nicht keilen mit Brustbildern oder mit ganzen Figuren behängen, ja selbst mit kleinen Gruppen geziert. Winckclmann erzählt nämlich in seinemSendschreiben von den her. culanischen Entdeckungen«, daß unter den zu Heren, launm gefundenen silbernen Nadeln die eine acht Zoll Länge und statt des Knopfes ein korinthisches Capital hat, auf dem eine Venus steht, die mit beiden Händen ihr Haar gefaßt hält; neben ihr steht die Liebe und hält ihr einen runden Spiegel vor- Auf einer anderen umfassen sich Amor und Pspche. Die dritte hat zwei Brustbilder und auf der vierten steht Venus an den Cippus eines Priapus gelehnt und berührt mit der rechten Hand den aufgehobenen linken Fuß. Man kann diese Nadeln nicht ansehen, ohne innige Hochach. tung dem antiken Kunstgcschmack des Alterthums zu zollen, der sich sogar bis auf diese Kleinigkeiten der weiblichen Toilette erstreckte.

Was aber die Haartracht der Römerinnen selber betrifft, so war sie, wie schon beiläufig erwähnt, sehr verschiedener Art. Anfangs freilich bestand sie in einem einfachen Aufrollen der Haare, die mit einem swma- len Bande nur zusammengchaltcn wurden, wie wir cs noch gegenwärtig an antiken Frauenköpfen ersehen können. Selbst unter den Griechinnen war die Haar, tracht allgemein und beliebt. Bald aber entfernte man sich von dieser ungekünstelten Einfachheit, und nament­lich bekamen die Haartrachten der Römerinnen eine unendliche Mannigfaltigkeit. Die Haare wurden näm­lich später mit Perlen. Federn, Lotosblumen verschwen­derisch und überfüllt durchffochtcn, wie uns die Jsistafcl cs zur Genüge darstellt, und von Sulla's Zeiten ab eigneten sich die Römerinnen jede Unform des Haar- puzes an und hielten nur noch die ungeheuersten Haar- aufihürmungen für schön und geschmackvoll. Locken, Flechten, Zöpfe und Perrücken Alles war an der Tagesordnung. Juvcnal und Martial reden von die­sem Gemische ungemein launig, und Ovid gibt in sei. uerKunst zu lieben" acht verschiedene Arten des Haarschmuckes an, die wir aber nicht weiter verfolgen wollen, da bereits Völliger in seinerSabia" und Becker in feinemGallus" hinreichende Aufklärungen gegeben haben.

Saß nun endlich das »verpfuschte« Meisterwerk der Schöpfung in seiner ganzen Pracht und Herrlich­keit da und weidete sich an den Ausrufungen der loben­den Dienerinnen, so unterbrach »Latris« plözlich das Gejauchze ihrer Gehilfinnen und trat mit einem metal­lenen und überreich mit Edelsteinen eingefaßten Toilet­

tenspiegel hervor, damit die Herrin endlich erfahre, ob denn auch Alles der Mode entspreche und sie auf Schön­heit nun wirklich Anspruch machen dürfe. Befriedigte der Blick, so entließ sie holdselig lächelnd die Skla- venmädchen.

Der gute Knecht.

(Von Berth. Auerbach.)

Frisch, frei, fröhlich, fromm ist der Mann, der diese Geschichte erzählt hat. Sie verdient es aber, daß sie noch einmal erzählt werde, so unscheinbar sie Man­chem auch Vorkommen mag.

Der Gutsbesizer Vormann hatte einen braven Knecht, und daß er brav war, erfuhr er zuerst durch eine kleine Thatsache, an die sich später viele andere anreihten.

Der Knecht hatte nichts davon gewußt, baß ein Auge ihn sah, als er sich brav benahm, und das sind die besten Thaten, die so geschehen; sie werden nur selten äuß-rlich belohnt, aber sie haben doch einen guten Zahlmeister, der immer haare Münze hat, und das ist der Herr Geheime Kabinetsrath im Herzen, und wer den bei sich richtig angestellt weiß, dem kann es einerlei sein, wie er selbst und wie Andere in der Welt be­titelt werden.

Es war ein heißer Mittag, als der Knecht Konrad mit seinen Pferden vom Ackern heimgekommen war. Die beiden Pferde wurden gefüttert und abgeschirrt, denn Jeder wer es wissen will, weiß, daß auch ein Thier nicht zur rechten Ruhe kommt, so lange es das Ge­schirr auf dem Leib hat; aber Manche wollen es nicht wissen, um sich die Mühe des Ab- und Aufschirrens zu ersparen. Das that aber VormannS Konrad nicht, und es kann wohl sein, daß ihm selber darum auch das Essen drin am Gesindetisch um so besser schmeckte.

Der Streit ist noch unentschieden, welche Pfeife am besten schmeckt, ob die nach der Morgensuppe, die nach dem Mittagessen oder die am Feierabend. Unser Kon­rad liebte sie alle gleich, und er gehörte noch nicht zu den Cigarrenrauchern, er ließ fich's nicht verdrie­ßen, seine Pfeife zu reinigen unv darauf Acht zu geben, damit er Genuß davon habe, während man die Cigarren nur anzündct, raucht und dann den Rest wegwirft.

Es war ein eigenes Behagen, mit dem sich Konrad nach dem Mittagessen auf den Stein an der Stallthüre sezte, mit einem gefunden Strohhalme seinem Pfeifen­rohr Luft machte, den Waffersack ebenfalls säuberte, während er einstweilen den runden Pfeisenkopf auf das Sims des kleinen Stallfenkerchens gelegt hatte. Als er jezt nach dem Pfeifenkopf griff, rollte er hinunter und ganz unversehrt hinein in den Stall, auf einen Strohdüschel. Schon wollte Konrad berabsteigen und durch die Thür in den Stall gehen, um den Pfeifen­kopf zu holen, aber plözlich hielt er wieder inne, er sah, daß die Pferde sich niedergelegt hatten und er wußte, daß sie alsbald aus der ihnen so nöthigcn Ruhe aufspringen würden, wenn er in den Stall träte; er sezte sich daher wieder ruhig nieder und dielt das Rohr mit dem Wassersack rauchlos im Munde.

Der Landwirth Vormann, der das Alles aus keinem Fenster mit angesehen hatte, trat jezt auf Konrad zu und fragte ihn:Warum rauchst du nicht? Hast du deine Pfeife zerbrochen?«

«Nein, sie ist nur da hinabgerutscht, aber ich will die Gäule nicht aufweckcn, will lieber warten, b>s es wieder in's Feld geht.«

»Du bist ein braver Knecht," sagte Tormann, und reichte ihm die eigene silberbeschlagene Pfeife aus dem Munde,Da nimm und behalte das zum Dank da­für. Es wird dir gut gehen. Denn wer die Lc- bensstunde eines Thieres schont, der ist auch rechtschaffen gegen Menschen. Wir bleiben hoffentlich lebenslang bei einander."

Und so geschah es auch.

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Redaktion, Druck und Verla? der Meeh'schen Bnchdruckerei in Neuenbürg.