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Ausland.

Schweiz.

Die Schweiz mag auf ihrer Hut seyn! Eines ihrer kostbarsten Kleinodien, Genf, ist mit der Annexion bedroht; der dazu erforderliche Schmerzensschrei hat sich bereits vernehmen lassen und zwar vorgestern in dem inspirirten Con- stitutionnel, welcher die Nothwendigkeit, daß die Gesellschaft am Genfer See durch das mit solchen civilisatorischen Missionen providentiell betraute Frankreich gerettet werde, durch eine schaurige Schilderung auS Genf beweist.

Italien.

Nach den Briefen aus Rom ist eS dem König Franz II. gelungen, ein nicht unbeträcht­liches Anlebcn zu contrahiren. Ein Bankiers in Florenz soll dasselbe negociirt haben. In Rom knüpft man daran das Gerücht, König Franz werde den Versuch machen, eine regelmäßige Armee zu bilden, um damit sein Königreich zu- rückzuerobcrn.

Amerika.

Neupork, 19. September. In einer Schlacht bei Lcrington (im Staat Missouri und am Fluß gleichen Namens) wurden die Son­derbündler unter General Price geschlagen. Der Verlust der Sonderbündler beträgt 4000, der der BundeStruppen 800 Mann. (S. M.)

Miszellen.

Russische Diebe.

Die Diebe und Beutelschneider in St. Petersburg und Moskau gehören zu den raffinirtesten Meistern in die- serKunst, wie man sie kaum in London, Paris und Berlin findet. Der russische Geheim-Rath v. Perowffkp, der im Anfang der vierziger Jahre Minister des Innern wurde, ist ein Mann von vielseitigem Geiste, der mit rastloser Thätigkeit für das Wohl Rußlands arbeitet, der sich also des großen Vertrauens, das ihm der Kaiser Nikolai schenkte, würdig machte. Herr von Perowffkp that schon im ersten Jahre der Verwaltung seines hohen Amtes dem Gewerbe jener schändlichen Menschen in einem solchen Grade Einhalt, wie cs noch Keiner feiner Vorgänger vermochte. Roch ehe er Minister war, hatte er stets mit Entrüstung von den Betrügereien verschiedener Kauflcute gehört, ohne jedoch dem Unfug steuern zu können. Viele Kaufieute, namentlich die Mehlhändler und Lawotschnikcn (Spccereidändler), be­dienten sich falschen Gewichtes, und da sie die Polizei hohen und niedern Grades bestochen hatten, und die Minister sich nicht um solche Kleinigkeiten bekümmerten, so fände» die Klagen der Armen, die am meisten da­bei litten, niemals Gehör. Bis zum Anfang der vier- ziger Jahre mußte es Einen empören, wenn man sah, wie die Kaufleute in ganz Rußland den Zucker und andere Produkte abwogen. Kaufte man ein Viertel­pfund Zucker, so hatte man drei Loth Zuckerpapier, das mitgewogen wurde, dabei. Kaum war Perowffkp Minister so kleidete er sich eines Abends in die Tracht

eines Dauern und begab sich in eine Bude, deren Ei- genthümer ihm als ein arger Betrüger oft bezeichnet worden war, und kaufte ein Pud Mehl Als er eS darauf in seinem Hause wog, hatte er kaum 34 Pfund statt eines PudcS, das vierzig russische Pfund ausmacht.

Jezt begab sich der Minister in derselben Baucrn- tracht mit seinem Mehl zu dem Tschafsnü Pristaff des- selben Stadttheils, zu welchem der Betrüger von Kauf­mann gehörte, und beklagte sich. Der Tschafsnü Pristaff kannte oder erkannte den Minister nicht und sagte zu ihm, er möge morgen kommen, denn heute hätte er keine Zeit das Mehl zu untersuchen. Uebrigens, fügte er hinzu, solle er zu dem Kaufmann gehen, der sich wahrscheinlich im Wiegen geirrt hätte, und die sechs Pfund die er zu wenig erhielt, von ihm verlangen.Das habe ich schon versucht", sagte der Minister, »aber er will nichts davon wissen, deshalb flehe ich Ew. Hoch- wohlgeboren an, mir zu meinem vollen Gewicht zu verhelfen."Nun so komm morgen, dann werde ich die Sache untersuchen lassen!"Aber ich bitte eS heute zu^thun, Ew. Hochwohlgcborcn l" entgegnele der Minister.Won, sukinsünl (Packe Dich fort, Hunde­sohn) sonst werde ich Dich wegpeitschen lassen," sagte der Tschaffnü Pristaff, und der Minister eilte nach Hause und befahl, den Polizeimann sogleich zu Sr. Erccllcnz zu bescheiden. Der Tschaffnü Pristaff erschien auch bald.Warum weisen Sie arme betrogene Leute, von denen Sie um Gerechtigkeit angefleht werden, so schnöde von sich?" fragte ihn der Minister. Der Poli­zeimann erblaßte und verstummte, denn jezt erkannte er den Minister. Er wurde sogleich in Arrest gebracht und ihm bald darauf der Prozeß gemacht. Der Mehl­händler aber wurde nach der ganzen Strenge der Ge- ecze bestraft. Dieses Ereignis ging wie ein elektrischer Schlag durch ganz Petersburg und bis tief in die Provinzen hinein und gab lange Zeit keinem Menschen Ursache, sich über falsches Gewicht zu beklagen. Am selben Abend war der Minister auch zu einem Spece- reihändler gegangen, wo er ein Viertelpfund Zucker kaufte. Der Spizbube von Krämer legte im die Waare auf ein so großes Stück Zuckerpapier, in das man drei Pfund Zucker hätte wickeln können. Und als der Mann sich darüber beschwerte, gab ihm der Krämer die ge­wöhnliche Antwort:ihm würde der Hutzucker auch mit dem Papi er e gewogen.

Am andern Tage gab der Minister Befehl, daß alle Kaufleute in ganz Rußland den Zucker ohne Pa­pier auf die Wagschaale zu legen hätten, mit Ausnahme wenn sie einen ganzen Hut dieses Produktes verkauf­ten. Unter keinem der früheren Minister wurde eine so förmliche Jagd auf die Diebe und Beutelschneider gemacht, als eben unter diesem ausgezeichneten Minister Herrn v. Perowffkp.

Praktische Goldprobe. Das einfachste Mittel echtes Gold von einer golbähnlichen Legirung zu unterscheiden, besteht darin, daß man eine» gewöhn- lichen Feuerstein so lange an dem zu prüfenden Ge­genstände reibt, bis eine glänzende Mctallfärbung auf ersterem zurückbleibt. Hierauf hält man ein brennen­des, stark geschwefeltes Zündhölzchen an das Abge- «ebene: verschwindet es vom Feuerstein, so war der daran geriebene Gegenstand nicht von echtem Golde.

Redaktion, Druck und Verlag der Mceh'schen Buchdrucker« in Neu-»bürg.