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der Jahde 1854 die Verbindlichkeit übernommen, auch die Nordseeküste zu schuzen. Freiwillige Beiträge werden dem preußischen «Staate die große Aufgabe erleichtern; aber bis der Bun­destag sich zu Matrikularbeiträgen bereit erklärt, wird die preußische Staatskasse immer das Beste leisten müssen.

Württemb erg

Stuttgart. 175. Sizung der Kammer der Abgeordneten. Kirchheimer Eisenbahnfragc:

^ Dieses Projekt einer von der oberen Neckar­bahn auf der Station abzweigenden Seitenbahn nach der I V- Stunden entfernten Oberamtsstadt Kirchhcr'in soll durch eine Privatgesellschaft, bei welcher sich auch die Amtskorporatwn und die Stadtgemeinde Kirchheim betheiligen wür­den, ausgeführt werden. Es liegt ein sowohl auf den Bau als den Betrieb gerichtetes Con- cessionsgesuch bei der K. Staaisregierung vor, wobei zu bemerken ist, daß eine Zinsengarantie von Seiten des Staates für dieses Unternehmen nicht beansprucht wird. Die Kommission trägt einstimmig darauf an: Der K. Staatsrcgicrung unter Vcrdankung ihrer Mittheilungen über das Kirchheimer Eisenbahnprojekt den Wunsch aus­zudrücken, daß die K. Staaisregierung die Con- cession zu Anlage der beabsichtigten Privatbahn ablehnen möge. Nach längerer Debatte in wel­cher die Kommission, insbesondere Berichterstatter Mohl das PrincipKeine Koncessioni- rung von Privatbahnen" entschieden vcrthei- digt, wird Heims Antrag; die Regierung wolle die Koncessionirung der Kirchheimer Privatbahn nicht erschweren, mit 67 gegen 18 Stimmen angenommen. Unter den Rednern für das Kirchheimer Projekt ist auch ohne Zweifel die Konsequenzen des Grundsazes der Kom­mission für eine etwaige Enztbal - Privatbahn befürchtend Cavallo, welcher sagt:

er hoffe, daß die Verhandlungen mit Baden über die Erschließung des Nagold-undEnzthalesbald zu einem gedeihlichenZiele führen. Ob man nun, wenn der Staat nicht bauen wolle, einer Privatgesellschaft zum Bau einer Zweigeisenbahn die Conceffion versagen wollte? Er glaube nicht; was nun dem Einen recht sep, das sey dem Andern billig.Er glaube daß die Kammer den Kirchheiinern gerecht werden werde; man soll dem Einfluß des gegen jeden Privatbau abgeneigten Berichterstatters nicht zu viel vertrauen und mehr auf eigenen Füßen stehen. Wenn die Regierung den Privatbau jezt nicht für zweckmä­ßig halte, warum sie dann von der Kammer eine Ent­scheidung in dieser Frage verlange. Wenn sie aber eine Antwort wolle, so solle die Kammer sich dahin aussprechen, daß sie die Koncessionirung der Kirchheimer Privatbahn wünsche. Die Kammer soll an dem Prin­zip des Gesezes von 1v43 fcsthalten, er stimme daher in erster Linie für den Antrag des Abgeordneten Heim. Man solle die Kirchheimer nur selbst kalkuliren lassen!

176. Sizung. Prälat v. Dettinger ent­wickelt seine Motion, betreffend die Gleichstel­lung der Hinterbliebenen der Oberlehrer an den Schullehrerscminarien mit denen der Real- und niederen Gelehrtenschulen hinsichtlich der Pen- sionsverhältniffe. Die Motion wird an die

Kirchen- und Schulkommission gewiesen. Im zweiten Theile der Motion begründete v. Det­tinger den Antrag, daß auch die Pension der Hinterbliebenen der Volksschullchrer entsprechend (bei einer Wittwe von 44 fl. auf 50 fl.) erhöht werden möge. Berathung des Berichts der staatsrechtlichen Koinmission über den von dem deulsch-östrcichischen Telegraphenverein am 26. Oktober 1858 mit der schweizerischen Eidgenos­senschaft abgeschlossenen Telegraphenvertrag. Nach diesem Vertrag kostet ein einfaches Telegramm bei einer direkten Entfernung von nicht mehr als 5 geographischen Meilen 28 kr., und im klebrigen für jede sonstige Entfernung gleich­mäßig 56 kr. Die Koinmission stellt einstimmig den Antrag: die Kammer wolle unter Wahrung des ständischen Rechts der Zustimmung zu sol­chen Verträgen den von dem deutsch-östreichischen Telegraphenvercin am 26. Oktober 1858 mit ver schweizerischen Eidgenossenschaft abge­schlossenen Telegraphenvertrag und den von der württcmbergischen Regierung am 27. Oktober 1858 mit der Eidgenossenschaft geschlossenen Spe- zialvertrag nicht beanstanden und von diesem Beschlüsse der König!. Staatsregierung Mit­theilung machen. Der Kommissionsantrag wird angenommen.

Stuttgart, 18. Sept. Diese Nacht ist ein weiterer Feuerwehrmann gestorben, welcher durch Erkältung das Opfer des Brandes der Baufabrik geworden ist. Ueberhaupt liegen noch mehrere Feuerwehrmänner in Folge der Ueber- anstrengungen jener Schreckcnsnachr und dabei geholten Erkältungen mehr oder minder schwer darnieder.

Nach dem »Staats-Anz." kamen in diesem Jahre bis jezt 16 Vrandfälle vor, von welchen mit Gewißheit anzunehmcn ist, daß sie durch Kinder, und zwar hauptsächlich durch Knaben herbeigeführt wurden.

Baden.

Pforzheim, 24. Sept. Auf der Eifen- bahnstrecke Pforzheim-Durlach wurden im lezten Monat in runder Summe 44000 Centner Güter befördert, davon etwa V» nach und V» von Pforzheim. Die Haupttheile der Fracht bildeten Steinkohlen, Wolle re. Die Zunahme des Gü­terverkehrs ist also unverkennbar. (Pf.B.)

Bruchsal, 23. Sept., 11'/, Uhr Abends. Oskar Becker hat sein früheres Geständniß zu- rückgenommen und gibt nur ein scheinbares Attentat zu. Die Geschwornen erkannten ihn aber des vollendeten Mordversuchs, in zurech­nungsfähigem Zustande verübt, für schuldig und der Gerichtshof verurtheilte ihn zu zwan­zigjähriger Zuchthausstrafe, wovon die ersten 9 Jahre in 6 Jahren Einzelhaft zu er­stehen sind.

Redaktion, Druck und Verlag der Mee h'schen Buchdruckern in Aeuevl>ürg.