Hessen-Kassel.

Kurhessen. AuS Kassel wird berichtet daß die Regierung die verfassungstreuen Abge­ordneten dadurch zu bestrafen suche, daß sie den­selben die Reise- und Taggebiihren verweigere:

(D. Bl.)

Ausland.

Italien.

Die Frftr. Postztg. schreibt: (draf Kisselcff, Bruder des russischen Gesandten in Paris, ist aus Rom in Paris eingetroffen. An die Mög­lichleit einer italienischen Einheit glaubt dieser Diplomat nicht und spricht die Ueberzeugung aus, daß im Königreiche beider Sicilien die Jnsurreltions-Versuche nicht aufhören werden, so lange auch nur e i n Piemoinese auf süd- italienischem Boden steht. Die Zahl der ehe­maligen bourbvnischen Soldaten, welche sich den Insurgenten gegen die piemonicssche Herrschaft angeschlvssen, gibt er auf 40,000 an; doch fehlt es dem Aufstande an einbeirlicher Leitung. Den Pabst schildert Graf Kisseleff als vollkommen ruhig und voll Zuversicht in die Zukunft. Die Beiträge zu dem St. Peterspfennige haben, wie ich erfahre, die unglaublich hohe Lumme von 52,000,000 erreicht. (?)

Amerika.

New-Jork, 12. Juli. Das Repräsen­tantenhaus Hai eine Bell passirl, um die Auf­stellung von 500,000 Mann und die Erhebung von 500,000,000 Dollars für den Krieg zu auiorisieen.

Fandunrthschastliches.

Aufforderung zuiuAuspuzett der.Obst­baume im Sommer und zur sorgfäl­tigen Bedeckung der Wunden an I denselben. z

(Aus einem in der Sinnig der Obstbausektion des ! tandwirthichafllichen BezirksvcremS Reutlingen am 3. Juli I86l gehaltenen Vortrage.) Durchwandern wir gegenwärtig die Straßen un­seres an schönen, starken Obstbäumen überaus reichen Bezirks und werfen wir einen prüfenden Blick auf die­selben, so sehen wir gar bald, daß vielfach, ja großcn- theils unser» Obstbäumen noch nicht dieienige Pflege und Sorgfalt zugcwendet wird, welche sie erhalten sollten und welche ihnen zuzuwendcn sowohl in unserem eigenen Interesse liegt, als auch erforderlich ist, um diese Pflanzungen als ein ehrendes Zcugniß des Stan­des der landwirlhschaftlichen Kultur und des Fleißes der Angehörigen des Bezirks erscheinen zu lassen- Wir sehen, um nur kurz einige allgemeine Wahr­nehmungen anznführen, jezt viele Bäume mit einzelnen abgestorbenen Zweigen, welche die Krone verunstalten, mit viel zu dicht gestellten Aesten,mit Kronen, welche durch Wassertricbe, die mehrere Jahre lang nicht ent­fernt wurden, im Innern einer Hecke, einem verworre­nen Gebüsch gleichen, in welches Sonne und Luft un­möglich gehörig cindringen kann; wir finden gar viele Bäume mit sichtlich unterdrückten und gänzlich unfrucht­

baren Acsten und vielem durch das Alter unfruchtbar gewordenem Fruchtholz, also mit Zweigen versehen, welche nur zehre», ohne etwas einzutrage», und den Baum nunöthigcrweisr entkräften; wir finden abge­storbene Rinde, die theilwcike lappcnartig an den Aesten hängt, Moose n- d Flechten in Menge, ja sogar hie und da noch die schädliche schmarozende Mistel, kurz wir gewahren, daß auch bei uns, wie in vielen, man kann wohl sagen, in den meisten Theilen des Landes, noch gar Vieles nicht so in Ordnung ist, wie es sehn könnte und sollte.

Um so auffallender trete» solche Zustände in die Augen, wenn wir plözlich an eine Anzahl sehr sorg­fältig gcpuzter und gepflegter Bäume kommen, und man sollte wirklich meinen, die Beispiele von muster­haft gepflegten Baumvflanzungen, die wir jezt schon zahlreich im Bezirk, namentlich in der Nähe von Reut­lingen finden, und besonders die s.hr gut gehaltenen städtischen Baumanlagen sollten schon längst als Bei­spiele und Vorbilder gewirkt haben.

Ich habe mir erlaubt. Sie, meine Herren, und »amcntl.ch unsere Weingartner, welche vielfach die Baumpflege zu besorge» haben, gerade jezt zu einer Berathung über die Besserung unserer Obstkultur ein­zuladen, weil wir gerade jezt in einer Pe­riode stehen, in welcher das Auspuzen, diese wichtigste aller Obstbauarbeiten, am all e r z w e ck m äßi g sten auszuführcn ist.

Ich sage am zweckmäßigsten und Sie werden mir gewiß schließlich recht geben, wenn Sie auch wohl noch vielfach der Meinung sind, daß die gewöhnliche Zeit, die Obstbäume auszupuzcn, das Frühjahr, auch die beste scp; Sie werden mir um so mehr bestimmen, wenn ich Ihne» klar ze gen werde, daß dies« lezterc Zeit gerade die für den Baum am wenigsten günstige ist.

Ehe ich näher aus diese Beweisführung cingehe, erinnere ich Sie zuerst daran, daß das Auspuzen der Obstbäume niemals bequemer, leichter und billiger auszusührcu ist, wie gerade in den Sommermonaten, wo mau im Schatten der Laubkrone arbeitet, wo der lange Tag gestattet, i» einem Tage doppelt so viele Bäume auszupuzen, als im Winter oder bei Beginn des Frühjahrs, und wo auch da» wenige geübte Auge sehr schnell, bei nur einiger Aufmerksamkeit, heraus- findcn kan», welche Acste der Baum nicht mehr gehö­rig ernähren kann, welche im Abgehen begriffen find uuv als unnüzc Glieder dem Ganzen völlig entbehrlich sind. Das kleinere weniger grüne Laub, ich möchte jagen, die Acrmlichkeit des Aussehens ein.einer Zweige zeigt uns sogleich dieses an und eS liegt nur au uns, auf diese deutlich vernehmbare Sprache des Baums zu achten, um nicht Unrechte gute Zweige wegzuschncidcn und halbdiure stehen zu lassen, wie cs bei dem Aus- puzen der Bäume im blattlosen Zustande gar oft ge­schieht. Mann kann, ohne selbst gerade de» Obstbau gründlich zu kennen, doch zu dieser Zeit mit einem et­was anstelligen Arbeiter ganz fehlerfrei und ohne Schwierigkeit die Bäume aus rem vorher geschilderten verwahrlosten Zustand in den eines regelmäßig be­handelten Obstbaums in wenigen Stunden bringen und hat außer der Freude, nun gute im Stand be­findliche Obstbäume zu befizcn, nebenbei einen zicmli- lichcu Gewinn an Astholz, welches bei jezigen Holz-