116

die erbetene Auskunft an. Dieselbe war keineswegs befriedigend, sic bestätigte theilwciw di« Bermutbungen Matteo's und sprach auch von Gerüchten, welche selbst Carlo aus seiner Fassung brachten.

Wenig Trost konnte es de» Brüdern gewähren, daß der Freund Carlo's, namens Guerra, versicherte, über die von Beiden innig geliebte jüngere Schwester Beatrice wachen zu ^wollen; sie schwebte in großer Gefahr und dies war genug, um den Entschluß zur so> fortigen Abreise zur Reife zu bringen.

Mit den Brüdern zugleich hatte^auch Don Ugarte Nachrichten aus Italien bekommen, welche ihn unver­kennbar in Verlegenheit seztcn. Er suchte mit einer gewissen Aengstltchteit seine Gäste zurück zu halten oder wenigstens ihre Abreise zu verzögern. Diese ward troz- dcm auf den nächsten Tag festgesezt und vorbereitet. Am andern Morgen aber war Matteo verschwunden.

Dies Eretgniß war unerklärlich. Die Brüder waren spät auf gewesen, hatten noch Vieles besprochen und verabredet, überhaupt einen vollständigen Nciteplan entworfen, und es war somit nicht anzunchmen, daß Matteo ohne den Bruder abgereist sepn könne. Auf­fallend mußte es erscheinen, daß sein Belt unberührt war, aber es erklärte ebenfalls nichts. Don Ugarte legte die lebhafteste Theilnahme an den Tag Auf seine Anordnung ward die ganz« Umgegend dcS Schlosses durchsucht aber man fand keine Spur.

Carlo wariete eine volle Woche auf das Wieder- erschcinen des Bruders; nach Ablauf derselben ent­schloß er sich jedoch ohne denselben abzureisen, und traf die nöthigen Vorbereitungen dazu; eine eigenthüm- liche Ahnung trieb ihn schon um Mitternacht das Schloß zu verlassen.

Ugarte hatte längere Zeit versucht, Carlo in seinem Entschlüsse wankend zu machen; als er mH, daß es i ihm nicht gelingen wollte, den jungen Mann noch länger zurück zu halten, kam er bereitwillig den Wünschen desselben nach und begleitete ihn nach Valencia, wo Carlo sich einichtff.e. Di« Reue ging schnell und glück­lich von Statten.

Bereits am ersten Tage paffirte man die Balearen; am dritten ward die Straße St. Bonifacio zwischen Sardinien und Corsika passirt und damit schwand auch die etwa eon umherschwärmenden BarbarcSken drohende Gefahr.

Der Capitain des Schiffes war ein Italiener und hatte bisher den jungen Reisenden mit der ausgesuch­testen Höflichkeit und großer Zuvorkommenheit behan- handelt. Zu Corlo's Verwunderung hörte dies jedoch auf, sobald Land gemeldet ward. Er suchte die Ursache davon in dem Umstande, daß der Mann am Ziel der Reise sich mit andern Dingen als mit ihm zu beschäf­tigen habe, sollte jedoch bald eines Andern belehrt werden.

Gedankenvoll auf die langgedehnten Wogen der See schauend, erhielt er plözlich einen Schlag auf die Schulter, und als er sich umschaute, erkannte er den Capitain, welcher ihn mit groben Worten anwies, sich zur Ruhe zu begeben.

Carlo erschrak; er begriff jedoch, daß au.zcnblick- lich gegen die Maßregeln des Capitains nichts zu un­

ternehmen scp, und ohne ihn noch eines Blickes za würdi en, ging er schweigend in seine Cajiitc.

Carlo war noch nicht lange unten, als der Lärm auf dem Verdeck eine besondere Bewegung der Mann­schaft andeuiele, und bald war es ihm klar, was vor­ging; man ließ ein Boot in die See und Carlo trat an das Fenster.

Die Nacht war hell und klar, das Meer leuchtete und erlaubte, die Gegenstände in einem ziemlich be­deutenden Umkreise zu erkennen. Auf wenig Faden vom Stern des Schiffes ging das ausgesczie Boot, der Küste zustencrnd, vorüber. Auf der Spicgelbank desselben aber saß ein Man», in welchem Carlo den vertrauten Diener Don Ugaric's erkannte. Der Ge­danke, daß er »nv sein Bruder von Ugarte verrathea sehen, schoß dem jungen Manne durch den Kopf und spät erst trat der Schlummer in sein Auge.

Als er erwachte, war es bereits hoch am Tage.

Der Capitain trat zu ihm. DaS Benehmen des­selben war ebenso unfreundlich wie am Abend vorher; er beantwortete die an ihn gerichteten Fragen auswei­chend und schloß Carlo wieder ein, nachdem er ihm das Frühstück hatte bringen lassen.

Der Vormittag verging. Um die Zeit ungefähr, zu der Carlo sei» Mittagessen erwartete, trat statt des­sen der Capitain wieder in die Cajüte. Sein Beneh­men war gänzlich verändert und unterwürfig; er ent­schuldigte sich mit vielen Worten wegen seines schroffen Benehmens und beriet sich auf erhaltene Befehle, die zur Sicherheit seines Passagiers «nhcilt sepn sollten.

--Also bin ich frei?!« ries Carlo.

»Allerdings. Signorei Ich erwarte Ihre Befehle!"

»Wo sind wir?"

,,Jm Hafen von Lorenz»!"

- »So will ich im Hasen von Lorenz» an'S Land gehen; treffen Sie die nöthigen Anordnungen!"

Der Capitain verbeugte sich und ging. Carlo faßte wieder neue Hoffnung, er bat tm Stillen Don Ugarte ab, daß er tyn des VerratbS beschuldigt, wäh­rend derselbe doch nur für seine Sicherheit besorgt ge­wesen. Aut das Verdeck tretend, schienen der Capitain und die Mannschaft z» weiteifern, uni seinen Befehlen und Wünschen zuvor mkvmmen ;in einer Viertelstunde war Alles geordnet und Carlo schwamm in der Barke dem Lande zu. Hier erstand er ein gutes Pferd, ließ sein Gep-ck in Lorcnzo und .schlug die Straße nach Rom ein.

Der Leser wird bereits crrathen baden, daß er es war, welcher durch einen Schuß im Gebüsch hinter Andia siel.

Alles, was einer gewissen Person im Wege stand» war also beseitigt und unschädlich gemacht.

(Fortsezung folgt.)

Die fünf Wächter.

(Auflösung in nächster Nummer.)

Was immerhin der Mensch beginnen mag In dunkler stiller Nacht, am lichten Tag,

Fünf Wächter führt er selber tm Geleite,

Die lauschen, späh'» für ihn nach jeder Seite.

Das eine Paar löst gern das andre ab.

Auf daß sie ihrem Herrn im Wechsel nüzen Und ihn nach Außen vor Gefahren schüzen.

Der fünfte aber ist ein tapfrer Knapp'

Der rastlos für den Herrn die Runde macht.

Die innersten Gedanken ihm bewacht.

Und, wenn sein Herr verläßt der Tugend Bahnen» Ihn lebenslänglich straft mit hartem Mahnen.

Redaktion, Druck und Verlag der Meeh'schen Buchdruckerei in Uencub ücg.