Wahrlich, Signore," sagte er,Ihr müßt gut , zahlen, daß diese Menschen glauben, nur für Ench da , zu sepn; habe ich doch Geld und Bitten nuzloS ver­schwendet, um von ihnen über den Fluß gefegt zu wer­den; sie wollten Euch durchaus erst erwarten. Habt ! also die Güte, mich mit hinüber zu nehmen I"

Der Angekommene betrachtete den Sprecher mit ! sichtbarem Mißtrauen; das trübe Licht, welches eine j Art Fackel von harzigem Holze verbreitete, gestattete indeß eine genaue Prüfung nicht.

Meinetwegen! . . . Spute D ch, Casperinol" war seine Antwort, und hicmit verließ er, gefolgt von dem Fremden und zwei andern Männern, die Hütte.

Drauken bestiegen alle Vier einen am Ufer licgen- gcnden Nachen; die beiden Fischer begannen denselben mit Stangen durch das Wasser der Tiber zu schieben. ^ Niemand sprach während der kurzen Fahrt. Am jen- j fettigen Ufer verließen die beiden Herren den Nachen, jeder reichte den Fuhrleuten ein Geldstück und Beide schienen ihren Weg allein verfolgen zu wollen. §

Verzeiht, Signore," begann plözlich der Fremde ^ aus der Hütte,ich möchte Euch nicht lästig sepn, aber ich meine, man geht ebenso gut in Gesellschaft wie allein!» j

Der Angeredete warf abermals einen prüfenden ^ Blick auf den zudringlichen Gefährten. §

»Mag sepn!" antwortete er, »aber eS giebt Wege, ! die man lieber allein als in Gesellschaft macht. Je- doch, Ihr scheint fremd in Rom zu sepn, und somit mögt Ihr mit mir gehen. Darf ich aber fragen, was Euch um solche Zeit in diese Gegend führt?»

Die Antwort ist leicht gegeben! Ich bin aller- ? dings erst seit einigen Wochen in Rom und soeben auf dem Wege zu einem Verwandten, der eine Villa auf dem Monte Pinlio bewohnt und den ich dort zu tref­fen gedenke."

Mißtrauisch blickte der Erste den Fremden an; er schien überrascht.

Es giebt nur eine Villa auf dem Monte Pineio und Ihr seit also ein Verwandter von!"

Allerdings bin ich das!" fiel der Andre ein.

Aber ich wüßte nicht, daß man dort einen Ver­wandten erwartete!"

Nicht ? Ihr scpd also ein guter Freund der Familie?"

Der Fremde machte bei diesen Worten eine hastige Wendung und vertrat dadurch dem Begleiter den Weg: zugleich faßte er mit der Linken den Mantel desselben, während seine rechte Achsel zuckte. Die Gestalt des jungen Mannes schwankte mit einem halb erstickten Jesus!" und sank und mit der Hand zur Brust grei­fend zu Boden.

Arme Beatrice!" wimmerte er, während sein Be­gleiter im Dunkel verschwand. Sein Auge brach.

Das Unwetter hatte auSgetobt; das Erdreich war durchnäßt, die Straßen Roms waren überschwemmt.

Es mochte etwa eine Stunde vor Mitternacht sepn, als der Himmel wieder seine tiefblaue Farbe annahm, die Luft .war kühl und von würzigen Düften durch­drungen. In Rom blieb Alles still, die Lichter waren nach und nach erloschen, nur ein einziges durchschim­

merte noch die Nacht, und zwar ans dem Erdgeschosse der Villa Aldobrandini.

Wir betreten dasselbe und finden hier einen Mann, der augenscheinlich Jemand erwartete. Obgleich er von Zeit zu Zeit versuchte, sich an einem Arbeitstische zu beschäftigen, unterbrach er seine Thätigkeit doch stets wieder, machte heftige Schritte im Zimmer um­her und trat an das Fenster, um in die Nacht hinaus zu sehen. Oft auch warf er hastige Blicke auf die im Zimmer befindliche Stuzuhr, schüttelte den Kopf,, mur­melte einige abgerissene Worte und verrieth so seine Ungeduld.

Dieser Mann war von hohem schlankem Wuchs; obgleich nicht mehr in den Jahren >er Jugend, batte seine Gestalt dennoch die Formen und die Geschmeidig­keit derselben. Auf seinem Haupte befand sich ein grünes Müzchen, welches kokett auf eine Seite gedrückt war; unter demselben quoll reiches schwarzes Haar hervor und wie die>cs war auch sein kurz geschorener, Wangen und Kinn bedeckender Bart gefärbt. Das Antliz des Mannes zeigte ein regelmäßiges Oval; die Farbe desselben glich d-m Marmor, seine Züge waren von einer solchen Feinheit, als srpen sic von einem plastischen Künstler gemeißelt, und ließen ihn im Verein mit dem Feuer seines großen glänzenden Auges und der frischen roth gefärbten Lippen, über welchen der Bart der schneeweißen Zähne wegen sorgsam gekürzt und seitswärtS gelegt war, jünger erscheinen, als er in Wirklichkeit sepn mochte. Seiner Kleidung nach ge­hörte er zu jener Klaffe der Nobili Noms, die sich ausschließlich Cavaliere nannten.

Dieser Anzug war von dem unvermeidlichen schwar­zen Sammet; die Aermel desselben waren nach spani­scher Manier geschlizt und ließen ein Unterkleid von weißem Atlas durchschimmern; sein Beinkleid war unter den Hüfien gebauscht; von da ab aber, wo die Bauschen aufhörten, lagen dieselben Io eng an, daß sie die tadel­losen Formen des Beins deutlich erkennen ließen. Die ' Degenkoppel über seinen Hüften verieth, daß er die ! Waffe vor Kurzem erst abgelegt.

' Die Ausstattung des Zimmers stand mit der Ele- ! ganz des Cavalters in merkwürdigem Widerspruch.

^ Nicht etwa, daß dieselbe zu einfach oder zu ärmlich gewesen wäre, im Gegentheil sie war kostbar, geschmack­voll und reich; aber sic eignete sich eher für die Woh- ^ nung eines geistlichen Herrn als für die eines Cavaliere, , ^ und dies führt zu der Bcrmuthung, daß sich unter der grünen Kappe, troz aller Kennzeichen des Lebemannes, eine Tonsur befinde. Indeß, das bleibe einstweilen dahin- ! gestellt.

! Die Uhr im Zimmer schlug eben Mitternacht, als der Cavalier durch einen Laut unter den Fenstern auf- ^ geschreckt wurde. Er eilte der Thür zu, öffnete diese, rief einige Worte hinaus, lehne zurück und nahm, den Kops in die Hand stüzend, arff einem Sessel Plaz.

! Sein Antliz nahm den Ausdruck der Kälte und der i Gleichgültigkeit an.

i Wenige Sekunden daraus erschien in der geöffneten Thüre ein Mann von robuster, unterseztcr Gestalt,

' massiven Formen und verschanztem Gesicht in jener Kleidung, an welcher man damals die Galgenvögel erkannte, welche für Geld einschweres" Stuck Ar­beit zu verrichten jederzeit bereit waren und deren freier Stand damals keineswegs die Ocffentlichkeit scheute.

(Fortsczung folgt.)