„Ihr hattet Recht, auch ich halte ihn für einen Ehrenmann, und werke ihn nicht ungehört verdammen lassen," sagte der Fürst. „Wo ist Herr v. Eisberg?"
— „Im blauen Saale fizt er bei der Comtessc Stcinsfurth," entgcgnete die echte Eugenic. „Denken Sie sich Papa, er trägt heute hohe Oroen und einen Fürstenstern."
Die beiden äusseren Säle waren, schon angefüllt mit Gästen, allein unter allen herrschte eine gewisse dumpfe, erwartungsvolle Stimmung — halb verlegen und verblüfft, halb von peinlicher Neugicroe gequält und in zitternder Spannung auf die Dinge, die da kommen sollten- Man flüsterte sich in die Ohren, man ging leise hin und her, und ließ die Blicke unftät von dem Herrn v. Elsberg und seinem Begleiter, dem O'fizier in Uniform, nach der Thüre gleiten, durch die man offenbar Herrn Randeck eintreten zu sehen erwartete- Beinahe sämmtliche geladene Gäste waren schon versammelt, bis auf den Finanzrath Söhren und den Bergmeifter Hertel mit ih>cn Familien.
Das Erscheinen des Fürsten auf der Schwelle der Zwischcnthüre des blauen amd des rothen Saales machte das Flüstern verstummen, und man achtete sogar der beiden D euer nicht mehr, welche den Tbee präsentir- ten. Aller Augen wandten sich ihm zu, der sich Herrn v. Eisberg näherte.
„Erlauben Sie mir, daß ich Sie nochmals und von Neuem willkommen heiße, Durchlaucht, nachdem Sie Ihr Inkognito abgelegt haben," Hub Fürst Rudolph an und reichte dem Prinzen Oscar die Hand. „Sie find ja, wie ich sehe, entschlossen, es fallen zu lasse», und so kann ich darauf verz chten, es ferner zu ehren."
— -Durchlaucht sind allzu gütig," erwiderte der Angercdcte. „Sie haben also meine Maske durchschaut?"
„O gewiß, - gleich von Anbeginn, aber ich ging mit Vergnügen auf Ihre Idee ein, die ich ebenso geistvoll und amüsant als bequem finde,« sagte Füzst Rudolph lächelnd.
— „Bequem war sie auch in der Tbat, Durchlaucht," verfezte Prinz Oscar, »>zz,d ich beklage es beinahe, daß mich Umstände nöthiglen, die Maske früher abzulegen, als es ursprünglich meine Absicht war. Allein man hatte sich crdrcistet, mir zuvorkommen zu wollen. Ein Unberufener, ein Eindringling hatte die Freiheit, meinen Doppelgänger zu spielen."
Fürst Rudolph stellte sich, als ob er diese Anklage nicht gehört habe, und Hub von Neuem an : „Werden Sie mir zürnen, lieber Prinz, wenn ich Ihnen gestehe, daß ich längst um Ihr Jncognito wußte, und mir erlaubt habe, eiu kleines Yuiproqu» darauf zu basiren, welches ich jezt Ihnen nick der Bitte gestehe, darin nur einen unschuldigen, harmlosen Scherz sehen uud Nachsicht üben zu wollen? Darf ich mir erlauben. Ihnen jezt meine Töchter vorzustellen?"
— „Wie? Durchlaucht haben ja schon die Gnade gehabt . . . .«
„Allerdings, Prinzeß Laura und Eugenie sind Ihnen schon präsentirt worden, aber unter anderen Namen ! Die beiden Fräulein Korff sind meine Töchter — Prinzeß Laura, der Prinz Oscar von Steinheim I — Prinz Oscar, meine Tochter, Prinzeß Eugenie!"
Die echte Prinzeß Laura bewillkommtc den Prinzen mit einem kalthöflichen Lächeln und. einigen jener fein- Redaktion, Druck und Verlag der ll
gesezten Worte, welche nach Talleprand'S Ausspruch eher darauf berechnet sind, die Gedanken zu verbergen, als sie auszukrücken. Der Prinz hätte kein Weltmann und Menschenkenner scpn müssen, wenn ihm nicht in dickem ersten Blickesaustausch klar geworden wäre, daß Prinzeß Laura eher Antivathiccn als sympathetisches Interesse für ihn fühle. Ihr dunkles Auge schien fragend an seinen Zügen zu hängen und ermitteln zu wollen, auf was für Gedanken und Handlungen diese eckige Stirne, dieses kaltd Auge, diese schmalen Lippen zunächst deuteten.
Prinzeß Eugenie dagegen lachte dem Prin-en heiter und unbefangen entgegen und sagte: «Sie haben uns heute eine doppelte Ueberraschung bereitet, mein. Prinz, denn wenn wir auch den Mann von Geburt in Ihnen nicht verkennen konnten, so kommt es doch sehr unerwartet, paß Sie gerade der Prinz v. Steinheim sepn sollten. Papa hat uns mit Ihnen zum Besten gehabt, wie er Sie mit uns mpstistcirte!»
— »Ah, ist es möglich, Durchlaucht?» rief der Prinz lebhaft und wandte sich an den Fürsten. „Sie also waren es, der mir diesen Randcck als Doppelgänger binstellte? Und darum also da» tzuiprvgu» der liebenswürdigen Prinzessen?«
Fürst Rudolph lächelte geheimnißvoll und bedeutsam. Obschon selbst gefoppt, wollte er doch die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, nun als die Seele und der Urheber der Mystifikation zu erscheinen. «Ich danke Ihnen vor, Herzen, mein Prinz,» entgegnete er, »daß Ihr Scharfsinn mir ein Geständniß erspart, un» Ihre Herzensgute meinem Scherz so viel Nachsicht zollt. Allein offen gestanden, ich wußte ja, daß ich einem Prinzen von Ihrem Geist Unrecht thun würde, wenn ich Ihnen eine Empfindlichkeit zutraute. Uebrigens dürfen Sie von der Aufrichtigkeit meiner Absichten überzeugt sepn. Ich wußte, daß Sie hichcr kamen, um meine Familie und mich unbefangen zu beobachten. Ich wußte die Delikatesse, den Geist das reiche Gemüth gebührend zu schäzen, welche sich in dieser reizenden Idee offenbarten. Allein ich wollte auch, daß meine Töchter Ihnen ebenso unbefangen und ohne Zwang entgegenträtcn, um Tie nach Ihrem wahren Wcrthe kennen und schäzen zu lernen, denn cs war mein und der Meinigcn aufrichtigster Wuntch, die Verbindung unserer Häuser zu Stande kommen zu sehen. Hiezu aber dünkte Mir nöthig, daß die Mystifikation eine gegenseitige, eine unbewußte und ungeahnte seye und daß . . . ."
— »Sie entzücken mich in der Tbat, Durchlaucht!« rief der Prinz. »Ihre Idee war ercellent. Sie find ein D'plomat, der Talleyrand und Richelieu beschämen würde! Auf mein Wort, der Anschlag war so fein, so weise berechnet, so geistvoll durchgeführt, daß ich Sie bewundern und beneiden muß! Und dieser Randeck, dem wir so derb mitgcspielt haben, dem wir eine Reparation schuldig find, der seine Rolle so trefflich gespielt hat — wer ist er denn?«
(Fortsezung folgt.)
derA. württemd. Staatskassen-Bcrwaltung. Württemberg Dukaten (Fester Cours) 5 fl. 45 kr.
Dukaten mit veränderlichem CourS . . 5 fl. 38 kr.
Preußische Pistolen.S fl. 55 kr.
Andere ditto. 9 fl. 33 kr.
30 Franks-Stücke . ..9 fl. 17 kr.
Stuttgart, den 3l. Januar l86l. ceh'scheu Buchdruckcrei in veucnbürg.