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besonderes Krankbei'tssymptom; aber die Kräfte der erlauchten F irstlniiebmenallmällg ad." (I. b.)

Großbritannien

London, 30. Okt. Die »Daily News" sind der Meinung, daß die Warschauer Con- ferenzen ohne Resultat geblieben, weil Ost­reich und Preußen der Forderung Rußlands, Modifikationen des Pariser Vertrages cintreien zu lassen, nicht beigestimint hätten. (Jnv. b.j Ita i e n.

Marseille, 30. Okr. Aus Neapel vom 27. v. wild berichtet: Gaiibaldi coope- rirt mit Vicior Emanuel, und ihre coinbinirten Armeen bereiten sich zur Lieferung einer Schlacht vor. Doch soll Victor Emanuel am 30. d. in Neapel cinziehen. Givßc Vorbereitungen wer­den dazu gemacht. Es fielen in Neapel ver­schiedene Scencn der Unordnung vor; auch be­richtet man von Scenen der Reaktion und Plün­derung.

Amerika.

New-Iork, >0. Lki. Die Wahl des Republikaners Lincoln rum Präsidenten der Vereinigten Staaten ist gesichert; die Demokra­ten werden, wie zu hoffen st'ht, mit großer Mehrheit geschlagen werden. Um die Deutschen zu den Republikanern hiniibcrzuziehen, Hai sich namentlich Karl Schurz, der Befreier Kin­kels, große Muhe gegeben. Die amerikanische Junkerpartei, die Negerbarone mit Peitsche und Vluibunven, sieht nach langer unumschränkter Herrschaft ibrem Sturze entgegen.

LUiszelien.

Ineognito.

Eine Geschichte aus der Provinz.

(Von Otfried M p liu s,)

1 .

Ein freundlicher Herbstabend dunkelte. Die Sonne war untergegangen und ihre lezten Strahlen hatten noch einmal mit wundersamem Zauber die waldigen Höhen überglüht, welche die weite, wellenförmige Ebene besäumten und eben jezt im Schmucke ihrer verfärbten Belaubung prangten. Die Gefilde wurden einsam, denn die Dörfler und Ackersleute, welche mit dem Abncbmcn der Apfel zum Aepfelwein und mit dem AuSgraben der Kartoffeln beschäftigt gewesen waren, zogen mit ihrer Ausbeute nach Hause. Die Dämmerung senkte sich langsam auf die mehr fruchtbare und ergiebige als schöne Gegend hernieder, und die leichten Nedelflöre, welche mit dem schwindenden Lichte flch.in den einzelnen Mulde» der Ebene erhoben und in geringer Hohe über dem Boden schweben blleben, die verschwimmcnden Linien der eintönigen Wellen des Geländes, die in gleichförmiges duftiges Grau verrannen, das melan­cholische Zirpen der Grillen an den Rainen, liehen dem ganzen Landschaftsbilde eine gewisse wehmüthige, wenn auch nicht düstere Stimmung.

Auf dem Rücken einer langen Hügelwelle rollte in sehr mäßigem Trabe eine polternde Diligence hin. Der Postillon war auf seinem Bocke ringen ckt, die bei­

den Rößleln liefen mechanisch ihren kurzen Paß. Im Wagen nahm den Vorderst;, »in junges Frauenzimmer von scheuen, schüchternem Wesen, den Nückstz aber ein kräftiger Mann von etwa füufunddreißig Jahren ein, der mit halbgeschloffencn Augen in einer Ecke lehnte und stch einem tiefen, fast träumerischen Sinnen hin­gegeben batte. Bisweilen blickte er etwas forschend nach seinem Gegenüber, mit welchem er schon seit drei Stunden ganz allein in der Postschnecke fuhr, ohne daß cs ihm möglich gewesen war, mit dem blöden Mädchen auch nur das gleichgültigste Gespräch anzuknüpfen. Immer sah er ste in die Ecke geschmiegt mit geschlos­senen Augen und regelmäßigem Athemzug dasi,en, ent­weder wirklich schlafend oder nur einen Schlummer vorlchüzend, um der Verlegenheit eines Gesprächs zu entgehen.

Jezt paffirtc der Postwagen eine hölzerne Brücke. Das Rumpeln und Poltern des Wagens auf derselben weckte so Postillon als Passagiere, und der eine der lezbrn streckte rasch den Kopf aus dem Schlage, um nach dem Grund des plözlichen Getöses zu sehen. Da sah er denn in einer Entfernung von etwa tausend Schritten vor stch die erleuchteten Fenster eines kleinen Städtchens aus dem dünnen, dunstigen Nebel der Nie­derung stch entgegen leuchten, und auf einem kleinen Hügel dicht dabei etliche Thürme und Dächer eines größer» beinahe burgähnlichen Gebäudes stch von dem Abend- Himmel abzeiwncn

Das ist wohl Glcisberg, unser Reiseziel?" fragte er seine Rcisengefährtin.

Ein befangenesJa" war die ganze Antwort.

»Sie wissen wohl nicht, ob der Fürst und seine Familie gegenwärtig dort refidiren?« fuhr er fort.

Doch, Se. Durchlaucht find so eben hier! die durch­lauchtige Familie aber wohnt immer auf dem Schlosse," war die schüchterne Antwort.

Oie Familie ist wohl zahlreich, nicht wahr? Mehre Söhne und zwei Töchter, wenn ich nicht irre.«

Aufzuwarien drei Prinzen und zwei Prinzes­sinnen !»

»Ach ja Eugcnie und Laura, nicht wahr? Und Laura ist die altere?«

Ja"

«Der Fürst soll ein ungemein leutseliger und freund­licher Herr icpn, und ein reizendes Familienleben führen, jo viel ich höre «

«Ja, Seine Durchlaucht find sehr lieb «

Ist auch ein Gasthos in Gletsberg, worin man für einige Tage ein bescheidenes Unterkommen finden kann?"

O ja, der Mchbock', wo das Casino ist.«

Und wo ist derselbe? etwa im Städtchen, aus

dem Marktplazc?»

Nein, in der Vorstart dicht bei der Post, am Fränkischen Thore!»

Mehr war aus dem jungen Frauenzimmer nicht heraus zu kriegen, dessen Betretenheit eher zu wachsen als abzunehmcn schien, je mehr Fragen ihr Reisegefährte sich erlaubte.

Zum Glück fuhr der Postwagen mittlerweile in das kleine Städtchen ein und durch dessen unebene Gassen, deren niedrige kleine Häuser und noch uüdrigere Fenster die Aufmerksamkeit des Reisenden nun einiger­maßen in Anspruch nahmen.

(Fortsezung folgt )

Redaktion, Druck und Verlag der Mceh'scheu Buchdruckerei in veuenbürs