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Ausland.

Schweiz.

Zürich, 17. Aug. Gestern Abend fünf Uhr ist Hr» Dr. Heinrich Simon aus Bres­lau im Wallensec ertrunken. lieber t>e De­tails dieses traurigen Ereignisses haben wir zur Stunde noch keine Mittheilung. Dr. Hein.ich Simon war einer der hervorragendsten und an­gesehensten Führer der deutschen Bewegung von 1818, er wurde 1819 vom Stuttgarter Rumpf­parlament in die deutsche Regemschaft gewählt und lebt seither als Flüchtling in Zu> ich.

(Zürich. Z.)

Großbritannien.

London, 18 Aug. Der Neichsraths Ausschuß hat in Anerkennung der in der Denk schuft des Erzherzogs Ferdinand Mar gegen die von dem Finanz-Minister beantragte Erma ßigung des Marine-Budgets gellend ge machten Gründe eine Erhöhung d efes Buv gets uni eine Million Gulden voiiri.

Miszellen.

Die Schlangen Württembergs.

(Von U,-. H. E. Lin ck.)

(Schluß.)

So düster übrigens vieles naturtrcue Gemälde von den Wirkun en des Schlangenbisses sich ausiiiinint, so braucht man sich das Verweilen ü» Freien, den Genuß der Natur in solchen Gegenden, wo die Kreuzotter häufig vorkouimt, durch diese Gewißheit durchaus nicht ver. kümmern zu lassen. Es ist wahr, die Kreuzotter ist nicht scvr wählerisch mit ihrem Wohnort; feuchte Moore und wafferlosen Höhen sagen ihr gleichmäßig zu; allein bei einiger Vorsicht ist wenig orer nichts zu fürchten. Die Schlange stellt dem Menschen nicht nach, verfolgt ihn nicht, vermöchte auch den rüstig Ausschreitenden niemals einznholen, Sie beißt nur aus Noihwehr, nur, wo ihr Gefahr droht, wenn sie hart angcfaßt, ge­treten oder sonst gereizt wird, nach dem Menschen. Sicht man sie, was sie gerne thut, im Sonnenschein hingestrcckt vver aufgerolll am Wege liegen, so gehe man bei Seite oder tödtc sie mit einem kräftige» Siock- schlage. Man greife nie mit der bloßen Hand in die Höhlungen alter Wurzelstöäe, unter zerklüftete Steine, in dichtes, niederes Strauchwerk, unter Garben, wohin sie sich sehr gerne zurückziehen. Man traue auch der scheinbar tobten nicht. Man untersuche, wenn man sich im Grünen niederlaffen will, erst mit einem Stock oder mit gestiefeltem Fuß, durch dessen Ledcrhülle die schwachen Giftzähne nicht dringen, die Stelle genau, ob sich nicht etwa unter der Moos- oder Grasdecke Höhlungen finden, die ein Mitglied ver schlimmen Sipp­schaft beherbergen könnten. Besonders vermeide man, etwa beim Baden barfuß an bewachsenen Ufern herum­zustreifen; mehr als zwei Drittel der vorgekommenen Unglücksfälle trafen arme Leute, die sich barfuß im Walde Umtrieben. Es gewährt übrigens ein sehr in­teressantes Schauspiel, mit der nöthigen Vorsicht das Gebahren der gereizten Kreuzotter zu beobachten. Ge­wöhnlich liegt sie, wenn sie nicht eben in ihrer Woh­nung Schuz gegen rauhe Witterung sucht, an einer

Redaktion, Druck und

lichten Stelle platt, wie ein Tau ausgerollt; nur der Kopf mit einem Theil des Halses hält aufgerichtet und umherspähend Wache. Tritt man näher, so erhebt sich der Kopf höher, und die raschen Vibrationen der Zunge bedeuten ein trozig fragendes W.r da? Mehr und mehr vom Rumpfe erhebt sich; die Augen beginnen zu funkeln; der Rachen öffnet sich sacht, die Giftzäbne stellen sich bißfertig; der Kopf crbreitert sich und er- chcint flacher, fährt einen Augenblick zurück, wobei der Hals eine enge Hafle bildet, und wirft sich rasch, mit einem heftigen Zischen, nach dem Angreiwr. Je mehr übrigens das Thier vom Rumpfe zuzusezen Hai, um den Gegner zu erreichen, um so unsicherer, schwanken­der wird der Wurf, und eine Menge von Bissen geht ins Blaue. Unvorsichtig angefaßi ober getreten, nimmt sich bas Thier zu Fragen und Vorbereitungen natürlich keine Zeit. Ucbrigcns versichert sie sich in ähnlicher Weise auch ihrer Beute, der Feldmäuse und anderer warmblütigen Thicre; träge und immobil, wie sie ist, läßt sie sich dieselben gewöhnlich nahe kommen, beißt bann zu, und wartet ruhig die Wirkung des Bisses das Todeszappcln des Opfers ab, um dann gemächlich nachzukriechen und >br Mahl zu -alten, wobei sie so wenig als ihre unschädlichen Vettern sich mit Kauen abgiebt. In Württemberg ist die Kreuzotter im Allge­meinen ziemlich häufig; besonders zahlreich in der Gegend von Jsny, in den Thälern der Alp, zumal in den Gelände» der Blau, der Schmiechen, der Lauter, im Tiefenthal bei Schelklingen. Um Stuttgart, Eß­lingen, und im untern Enzthale scheint sie sich nicht zu finden, wohl aber, wiewohl seltener, auf dem Schwarzwatd, und daß ein kleiner Fleck Erde in der Nähe Heilbronns sie in ziemlicher Anzahl beherbergt, ist mir durch die fchL,ensweltbcn Mttiheilungen des Sachtnnvigen Herrn ^b.ramtspflegers Tilot zur Gewißheit geworden.

Die Vermehrung der Kreuzotter schreitet nicht un« erheblich vor. Sechs bis zehn, auch inchr, gleich 7 Zoll lange Junge werben lebendig geboren (dahei Viper, Vivipoi'a, lebendig Gebärende), unv dringen die Kopf­zeichnung nnd den Nuckenstreif der Eltern, auch nicht minver den Troz derselbe», fertig mit auf die Welt. ES ist mit den ungebärdigen, grundboshaften Rangen rein nichts anzufangen. Kaum eine Viertelstunde aus Mutterleibe gekrochen, reißen sie den Rachen auf gleich den Alten und suchen unter grimmigem Zischen um die Wette die in geziemendem Abstande vorgchaltcne Hand zu erpacken Im Freien geboren, verlassen sie sogleich die Mutter, die sie auch höchst gleichgültig ziehen läßt, und zerstreuen sich, mit wiederholtem Aufreißen des Rachens und Gähnen ihrem Brovstudium obliegend, nach allen Seiten hin in die Welt. Zur Verminde­rung der heillosen Brut trägt am meisten der Igel bei, der ungeschlachte, aber mit großem Unrecht mißachtete Vertilger zahlloser Feldmäuse, Insektenlarven und Schlangen, der sich aus dem Bisse der Kreuzotter blut­wenig macht und in der Thal auch nichts duvon zu leiden hat. Der Storch, der verhätschelte Nichtsnuz,. geht der Kreuzotter weislich aus dem Wege und greift nur, und auch dann nur zagend an, wenn Mangel ist an unschädlichen Fröschen, Eidechsen und Bliirrfchleichen- Stuttgart im September 1858. (Schw.M.)

Verlag der Meeh'schen Buchdruckerei ia Neuenbürg.