Calmer UloilMiimI.

Samstag

KMage x« Ur. 39.

2. April 1898.

^ rr. Nachdruck »erbotm.

Hevvftblüte.

Roman von Clarissa Lohde.

(Fortsetzung.)

Wirklich?" konnte Ottomar sich nicht enthalten bitter einzuwerfen.Doch aber wohl erst, als er sich so krank fühlte, daß ihm die Möglichkeit, sie zu seiner Frau zu machen, schwand."

Lutzen schüttelte den Kopf.

Dasselbe hat Ihre Frau Mutter ausgesprochen; Ihr Vater urteilte mil­der, aber zuletzt, wenn man dieselbe Sache behaupten hört, fängt man schließlich an, selbst daran zu glauben. So ging es ihrem Vater. Ich kann Sie jedoch versichern, mit voller Ueberzeugung, daß solch ein Gedanke Ihrem Onkel nie in den Sinn gekommen ist. Ob er für das junge Mädchen unbewußt vielleicht, etwas empfunden hat, was über die väterliche Zuneigung hinausging, das lasse ich unentschieden. Wer sieht einem Andern so ganz ins Herz, daß er jede seiner Falten kennte? Aber um sich zwischen Elli und Sie zu stellen, für den er, wie er mir oft gesagt hat, eine herzliche Zuneigung hegte, besonders da ihm weder Ihre Liebe, noch Ihr Verlöbnis mit Elli unbekannt war, dazu war er eine viel zu noble Natur. Ja, hätte ihn selbst eine späte Leidenschaft für das Mädchen erfaßt, seine Hand hätte sich nie nach ihrem Besitze auSgestreckt. Er dachte groß genug, um entsagen zu können, wo die Ehre es gebot."

Und doch hat seine Selbstbeherrschung nicht so weit gereicht," fiel Otto­mar finster ein,ihn davor zu bewahren, daß man die Braut seines Neffen in seinen Armen überraschte."

Lutzen stieß die Asche von feiner Cigarre ab, und blickte einen Augenblick still vor sich hin.

Ihre Frau Mutter hat mir diese Episode auch erzählt," sagte er dann nach kurzer Pause,und ich zweifle durchaus nicht, daß das Alles so geschehen ist. .Dennoch, kann denn nicht ein Kuß in allen Ehren gegeben werden? Küßt denn ein Vater nicht fein Kind, wenn er es lieb hat? Es war ein unglücklicher Zufall, der Ihre Mutter, die schon argwöhnisch war, gerade in dem Augenblick hinzuführte, als dieser gewiß sehr unschuldige Kuß gegeben wurde."

Sie vergessen," unterbrach ihn Ottomar,daß es nicht meine Mutter allein war, die Argwohn hegte, sondern daß auch Ihre Tochter, Ihr Schwieger­sohn ihn teilten."

Irmgard war von ihrem Manne beeinflußt, der nun einmal gegen die Bodins eingenommen ist," wandte Lutzen ein.Es ist ihr lange schon leid, das kann ich Sie versichern. An ihr liegt es auch nicht, wenn noch keine Wieder­annäherung an Elli versucht ist. Diese selbst, die, wie Ihr Onkel vorausgesehen hat, eine viel zu fein organisierte Natur ist, um sich nicht an den Kanten und Ecken des Lebens zu Tode wund zu stoßen, scheut angstvoll vor jeder Berührung mit der Vergangenheit zurück. Ich habe es meinerseits an eindringlichem Zu­reden zur Versöhnung nicht fehlen kaffen, davon können Sie überzeugt sein. Aber wie eins Mimose verschließt sie sich gegen die Außenwelt und lebt nur im engsten Kreise weniger Freunde und ihrer Familie, für die sie in selbstlosester Weise sorgt."

Diese Freunde jedoch sind zugleich ihre Verehrer, die ihren Ruhm in die Welt hinaus tragen. So erzählte man mir eben bei Tisch, und Sie werden des­halb verzeihen, bester Geheimrat, wenn ich an die von Ihnen so gerühmte Be­scheidenheit nicht ganz glaube."

Nehmen Sie doch nur nicht alles für bare Münze, was da geschwätzt wird," rief Lutzen ein wenig verdrossen. Im Innern gab er schon die Hoffnung auf, so fest gewurzelte Vorurteile noch zu besiegen.Das muß ich doch wohl beffer wissen, da ich alle Jahre Gast in der Villa am Comersee bin. Wenn Ellis Freunde sie verehren, so ist daS sehr begreiflich; denn sie ist eine nicht ge­wöhnliche, reine und unverfälschte Natur, die ein goldenes Herz besitzt und keine größere Freude kennt, als für das Glück Anderer zu sorgen; aber bösartige Ver­leumdung ist es, wenn man ihr nachsagt, daß sie die Verehrung zu einer Art Reklame ausnutzt, um ihr Lob zu verkünden. Ihr Onkel hatte Recht, wenn er meinte, daß sie leicht verkannt werden könne. Daß Sie sie aber gründlich ver­kennen, das muß ich Ihnen als ehrlicher Mann aussprechen."

Damit erhob er sich und trat an einen anderen Tisch zu Bekannten, Otto­mar in einer im höchsten Grade erregten Stimmung zurücklaffend.

Wäre ich nur nicht nach diesem Berlin zurückgekommen I" grollte er mit sich selber.Die Qual übersteigt wirklich bald alle Grenzen."

Auch er verließ seinen Platz und nahm sich vor, so rasch als möglich die Gesellschaft zu verlassen, die ihm gründlich verleidet war.

In der Thür trat ihm Hübner entgegen:

Ich suchte Dich," rief er ihn schon von Weitem an.Du bist auf Ehre

ein Glückspilz, Lieber I Ich glaube wahrhaftig. Du hast die Eroberung des meist- umworbenen Mädchens Berlins gemacht. Fräulein Malten fragte eben gerade nach Dir; sie habe sich so prachtvoll bei Tische unterhalten und so weiter. Nun sei klug, alter Freund, und schmiede das Eisen, so lange eS heiß ist."

Hübner war in etwas weinseliger Stimmung, er hätte Ottomar in seiner Freude über das Gelingen seines Planes fast umarmt. Dieser aber trat etwas brüsk zurück.

Für heute, bitte, entschuldige mich, ich habe noch zu thun. Du weißt, ich gehe in wenigen Tagen nach München."

Hübner blickte ihm ganz verdutzt ins Gesicht.

Nimm es mir nicht übel, Ottomar," sagte er ärgerlich;aber ich glaube kein Wort von dem, was Du eben sagtest. Kann mir indessen schon denken, wer Schuld an Deiner üblen Laune trägt. Ich sah vorhin meinen Schwieger­vater mit Dir zusammen. Der Alte hat natürlich Dir gegenüber wieder sein altes Steckenpferd geritten. Ich warne Dich Lieberl Schließe Dein Ohr vor diesem Sirenengesänge und glaube ihm kein Wort l Er ist ein Phantast, für einen Arzt sonderbar genug. Aber es ist nun einmal so, meine Irmgard hat auch etwas davon geerbt. Doch denke ich, unter meiner Hand sie allmählich von dieser erblichen Belastung so nennt man es ja wohl zu befreien. Und nun, da Du nicht anders willst, gehab' Dich wohl und schlafe Deinen Aerger aus l"

Er drehte sich auf dem Absatz um und ging in den Salon zurück, während Ottomar durch das Rauchzimmer in den Vorsaal entschlüpfte und, nachdem er Hut und Mantel genommen hatte, in den dunklen Abend hinausstürmte.

23.

Ein klarer Herbstmorgen breitet sich über den Comersee mit den ihn um­kränzenden Höhen. Noch hängen einige Nebelwölkchen, an einzelnen Bergfirnen; aber schon treten die weißen Schneehäupter über dem bewaldeten Hügel von Bellagio deutlich hervor, und Spitze nach Spitze des lang sich hinstreckenden Ge­birgszuges wird sichtbar. Stiller Friede liegt über der Natur, eine fast feier­liche Ruhe, wie sie klaren Herbsttagen eigen ist. Nichts mehr von der Blüten­fülle und Pracht des Frühlings. Der Blumenteppich von blühenden Azaleen um die Villa Carlotta hat sich in ein dunkles Blättermeer verwandelt. Vereinzelt blühen noch die hochstämmigen Rosen, dafür schimmern Georginen, große gelbe Sonnenblumen, hohe Fuchsienbüsche mit ihren lang herabfallenden glockenartigen Blüten aus dem dunklen Laub von Lorbeer und Cypreffen hervor, auf den Blumen- parterreS macht sich die bunte Aster breit, Alles leuchtet intensiver, farbenprächt­iger ; aber der Duft, der warme Hauch des Werdens, des Frühlings jubelnder Sang und Klang in Feld und Wald ist geschwunden.

Auch auf der Terrasse des uns bekannten Landhauses bei Tremezzo ist unter dem rotgestreisten Sonnendach das Bild ein völlig verändertes geworden. Statt des stillen, behaglichen Genießens, als der Präsident dem beglückt aufhorchen­den Mädchen die ewig jungen Gedichte Goethes vorgelesen hatte, ein unruhiges Kommen und Gehen, Kindergeschrei und Geplauder. In einem mit blauer Gar­dine zugcdeckten Kinderwagen dehnt eine Baby unter der Aufsicht einer Wärterin in der Elsässer Tracht seine rosigen Glieder. Ein blonder Knabe von drei Jahren in Hellem Kleidchen spielt zu den Füßen der Großmutter, die, ein Buch in der Hand, ab und zu einen Blick auf ihn fallen läßt, um dann gleich wieder in ihrer unterbrochenen Lektüre fortzufahren. Die Rätin ist ein wenig stärker geworden, sonst aber unverändert. Das Gesicht, in das die vergangenen sorgenvollen Jahre keine Linien zu zeichnen vermocht hatten, ist auch jetzt noch ebenso glatt, die kleinen Augen blicken noch ebenso neugierig, wie ehedem in die Welt, von der sie nur die Oberfläche zu erfassen vermögen.

Jetzt tritt auch der Rath auf die Terrasse. Der Knabe springt sogleich fröhlich zu ihm. Er weiß, daß jetzt die Stunde kommt, wo er mit dem Groß­vater einen Spaziergang durch den Garten machen wird, des allen Herrn eigenste Domäne.

(Fortsetzung folgt.)

Humoristisches.

^ Aus der Jnstruktionsstunde. Unteroffizier:...Was ist also Strategie?"

Gemeiner:Strategie ist, wenn man keine Munition mehr hat und doch weiter feuert, daß es der Feind nicht merkt!"

^ , Hoch ste Zeit. Zahnarzt (zum Diener, der eben ein Fräulein in'S Zimmer treten ließ):War die Reihe auch an der Dame?"

Diener:Nein. Aber bei der ist's die höchste Zeit; fie sagte, der Schmerz finge schon an, nachzulassen I" * (Fl. Bl.)

, Kaseinen Hofblüte. Sergeant:Sie tragen die Nase immer so hoch. Zipfelhubel was sind Sie denn in Ihrem Zivilverhältnis?"

Zipfelhuber:Eierhändler, Herr Sergeant!"

Sergeant:Aha, da fühlt er sich wohl als Vetter vom Kolumbus?"