Weinstock erreicht zuweilen eine bedeutende Größe und Fruchtbarkeit. Audibert spricht von einem Weinstock in Frankreich, dessen Stamm mannsdick war, und dessen Ertrag 350 Flaschen Wein gab. In dem königlichen Garten in Hampton Couri war ein sehr großer Wein- stock, welcher einen ganzen, sehr großen Treibkasten ausfüllte. Als die Schauspieler im Drury-Lanc-Tbcater sich einst König Georg's IN. ganz besondcrn Beifall erworben hatten, erlaubte er ihnen, vom Gärtner 100 Duzend Weintrauben von diesem Baum abschneiden zu lassen, wenn so viele daran wären. Der Gärtner schnitt nicht allein diele Anzahl Trauben ab, sondern ließ den König wissen, daß er noch ebenso viele ab pflücken könne, ohne den Weinstock gänzlich zu entblößen. Die größte Anzahl Trauben, welche im Rosenborg- Garten in Kopenhagen von einem und demselben Wem- stock geschnitten wurde, betrug 419, deren ganzes Gewicht circa 650 Pfund war, die größte Traube wog 2Vs Pfund. In dem südlichen Frankreich soll man Beispiele haben, daß Trauben 6—10 Pfund wiegen; ein Reisender in Palästina berichtet, daß man sie bis 17 Pfund finden kann; der Traube nicht zu gedenken, welche die Kundschafter der Juden aus dem gelobten Lande zurückbrachten.
Rittmeister von Tettenborn
DaS Posthaus zu St. Pölten an der Reichsstraße, acht Meilen westlich von Wien, bot am Morgen des 24. März 18l l eine seltsame Sc ne dar.
Zuerst war fliegenden Laufes eine leichte Chaise dahcrgekommen, darin saß ein Offizier in Napoleo- nischer Guiden-Uniform, der ven Augenblick nicht erwarten konnte, wo er weiter befördert werben sollte. Er begleitete den Moment der Umlpannung mit einigen Flüchen über die de»0che Schwerfälligkeit, als noch eilenderen Laufes eine zweite Rutsche, von Außen über und über mit Straßenkoth bedeckt, einherbrauste, deren Gespann mit dampfenden Nüstern und zitternd dastand, denn die Pferde waren sichtlich überdezt und man sah es ihnen an, daß sie kaum eine weitere Leistung vertrugen.
„Postmeister heraus!" rief ein kaiserlich österreichischer Offizier in der Uniform von Schwarzenberg- Ulanen, der in dem Wagen saß Der Postmeister erschien.
«Ich muß Sie bitten.« sagte der jugendliche Ritt- Meister, «mir sogleich die P-erde zu wechi'eln.«
«Jch bedaure,« sagte der Postmeister, «nicht dienen zu können. Die Pferde, welche vor den Wagen des französischen Couriers da vorne gespannt wurden, sind die lezten in meinem Stalle gewesen. Der Herr Ritt- Meister müssen sich gedulden, bis ich Pferde für den Postbienst in der Stadt rcquirirt habe. Darüber dürfte wohl eine Viertelstunde vergehen!"
„Sie meinen also, Herr Postmeister, daß der Franzose somit eher ervedirt wird, als ich?«
Der Mann zückte die Achseln und sagte: «So lautet meine Dienst-Instruktion, der zuerst Gekommene wird zuerst abgefcrtigt!"
,,Bedenken Sie, lieber Herr!« so drang der Offizier in ihn, «daß ich den Franzosen dort seit Straßburg
einzubolen bemüht bin. In Schwaben und Bayern habe ich mehrere Gäule zu Tode gehezt, habe vier- und achtfache Trinkgelder gegeben, um ihn erreichen, oder besser, um ihn überholen zu können. Ich bringe unserem Kaiser eine wichtige Botschaft, die er gewiß am liebsten aus dem Munde eines Untcrthans empfangen würde«
Der Postmeist r, der an derlei eindringliche Worte gewöhnt zu seyn 'chien. berief sich trocken wicdcrholent- lich auf seine Instruktion und weigerte sich entschieden, dem französischen Courier die Pferde wieder ausspan- nen zu lösten.
«Sie wollen also nicht?" fragte noch einmal der Ulan, der es bemerkte, wie der Postknecht eben aufsteigen wollte, um den Franzosen weiter zu befördern. — Alles dieß war schneller geschehen, als wir eS hier erzählen — zog dann rasch seinen Säbel und durchhieb die Stricke, mit denen die Pferde an den Wagen gespannt waren. Sein Diener, der ihn zu verstehen schien, warf dem Postknccht einen blanken Dukaten zu und zog die Pferde zu seines Herrn Kalesche.
„8uere »um <te Ilieu!" rief der Franzose aus dem Wagen; „ßlans-ieue, V<IU8 me «tunneren «»tiskaetion Polin vütre impei Onenoe."
,.7'i es-voluntiei 8, mo» camaeaöe!" lachte der Rittmeister indem er seine Visitkarte präsentine: „L revuio «tone L Vienne!" Und artig grüßend schwang er sich in seine Kutsche. Diese einschwaid rasch.
Alles dieß war, wie gesagt, das Werk eines Augenblicks. ES versteht sich von selbst, daß der Oester- reicher es nichi an Mahnung zur Eile seinem Kutscher gegenüber fehlen ließ. Denn cs war zu vcrmuthen. daß. der andere Courier sich alle erdenkliche Mühe geben würde, um ihn wieder einzuholen.
(Schluß folgt.)
Man prophezeit, daß das Jahr 1856 rin sehr fruchtbares werde, was man — eine freilich ziemlich illusorische Annahme — daraus schließt, daß die früheren 56r Jahre von 1056 an, alle fruchtbar gewesen scyen. Gebe der Himmel, daß diese menschliche Prophezeiung in Erfüllung gehe!
Ein französischer Emigrant batte eine Klaviersonate componirt, worin weder Mannichfaltigkcit der Melodie und Harmonie, noch Richtigkeit des Sazes anzutreffen war. Er wollte sie drucken lassen, und zeigte sie vorher einem deutschen Componisten, um sein Urtheil darüber zu hören. Dieser sagte ihm aber mit der Frei- müthigkeit eines Deutschen: «Ihre Sonate wird in Deutschland kein Glück machen, denn eS ifl für uns zu viel Freiheit und Gleichheit darin."
Die einzigen Söhne eines Christen und eines Juden, welche gute Nachbarsleute waren, gingen zusammen auf die Wanderschaft. Als die Eltern sie verließen, sagte der Christ zu seinem Sohn: »Mein Sohn gedenke immer daran, daß du recht handelst!« «Ja wohl,« nahm der Jude das Wort, «auch ich rufe dir dasselbe zu, denk immer, daß du recht handelst!«
Redattio», Druck nud Verlag der M e e h'schcn Buchdruckerei in Neuenbürg.