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(v. PrittwitH: über die Fortschritte der Civilisation.) Es thut manchmal Noth, den Blick aus der Gegenwart hinweg in die Zukunft zu richten, und dann ist es tröstend, wenn die Aussicht, die sich bietet, eine so schöne ist, wie sie der preußische Gencral- niasor v. Prittwitz in der zweiten Auflage seines BuchS: ''Andeutungen über die künftigen Fortschritte und die Gränzen der Civilisation" uns zeigt. Nicht Luftschlösser sind cS, die er aufbaut, sondern Resultate reiflichen Nachdenkens, gewonnen mit Hülfe der geschichtlichen Erfahrung und der genauen Kenntnis der Geieze der ! Civilisation. Folgendes sind die hauptsächlichsten Punkte, die dargcthan werden: »Die Erde vermag ungleich mehr Menschen zu ernähren, als jezt auf ihr wohnen. Hungersnoth kann immer weniger emlreten, und Ueber- i völkerung ist niemals zu besorgen s die gesammelten und stehenden Kapitalien sind einer unbcgränztcn Vermehrung fähig und auch der großen Masse der Menschen wird es möglich werden, durch Fleiß und Sparsamkeit sich Wohlstand zu erwerben. Mit wachsender Menschenmenge wird zwar der Preis der Lebensmittel sich steigern, aber der vieler anderen Bedürfnisse immer mehr abnchmcn; bei zunehmender Civilisation wird es immer mehr von dem eigenen Willen und den Gewohnheiten der arbeitenden Klaffe abhän- gen, ob sie für ihre Leistungen besser belohnt wird und ob ihre Kinder einer bessern Existenz entgcgcnsehen werden. Schon iezt können wir unser Haupt mit der Beruhigung nicdcrlegen, daß es auf unsere Kinder und Kindcskinder ankommcn wird, sich nach Maßgabe ihrer Talente und ihres Fleißes eine Existenz zu verschaffen, wie sie unter uns, ihren Voreltern, nur den vom Glück Be 'ünstigten zu Thcil wird. Durch die Wohlthaten der Civilisation wird nothwendig mit der Zeit der Unterschied zwischen Reich und Arm immer mehr verschwinden; durch den zunehmenden Wohlstand wird auch die große Masse befähigt werden, einen größeren Tbeil ihrer Zeit auf die Erwerbung nüzlicher Kenntnisse zu verwenden, und sich troz aller künstlichen Hemmungen zu höherer geistiger Bildung zu erheben. Der immer- mchr erleichterte Verkehr wird die Völker immer mehr einander nähern und mit dazu beitragen, daß das Ideal einer großen Vö'lkerfamilie verwirklicht werke, deren Glieder auf dem ihnen angewiesenen Wohnplaze der Veredelung und Vervollkommnung cntgcgcngeführt werden." Wohl wird die Zeit, da cs auf Erden so ausscben wird, noch ferne sepn, — aber, daß sie kommen wird, ist Dem nicht zweifelhaft, der mit aufmerksamen Blicken den Gang der Geschichte beobachtet hat.
Der Gebrauch des Anstoßens beim Weine.
(Aus M. G. Saphir's »Blauen Blättern für Humor, Laune, Wiz und Satyre.«)
Ich bin lezthin gefragt worden, woher der Gebrauch des »AnstoßenS», des »Gläserklirrcns« beim Weintriuken kömmt und ich antwortete w e folgt:
Einst kamen bei einem Glase Wein
Die fünf Sinne zusammen im schönen Verein,
Um beim Politisiren und Kanncngießen,
Das Blut der Trauben zu vergießen.
Und wie sie so sizen zur fröhlichen Stund',
Hat seinen Genuß jeglicher Sinn im Grund;
Das Sehen nimmt das Glas vor das Gesicht, Hält's zum Licht empor und spricht:
»Wie sich der Lichtstrahl in dem Golde bricht.
Man sollte glauben, es wär' ein Sonnen-Fluß!"
Und so hat das Sehen beim Wein seinen Genuß. Darauf greift der liebe Geruch zu keinem Glase, Führt cs hin und wieder unter der Nase,
Und spricht erfreut zu des Weines Ruhme:
»Welcher Duft! Welch' eine Blume!
Es riecht wie Moschus und wie Muskatnuß!"
Und so hat der Geruch beim Wein auch seinen Genuß! D'rauf kömmt das Schmecken, der lock're Junge, i Versucht den Wein, schnalzt mit der Zunge,
Und sagt: „Das ist süß und feurig wie ein LicbeSkuß!" Und so hat das Schmecken auch beim Wein seinen Genuß!
Ein wenig später kommt das Gefühl auch herfür, Nachdem es getrunken Gläschen drei oder vier.
Und sagt: »Nun wird mir so wohl und so laulich. Ich hege Gedanken, die gar nicht erbaulich,
Das ist so wonniglich, alio: biliumus",
Und so hat das Gefühl auch beim Wein seinen Genuß!
Nur das Gehör schaut ganz verdrießlich d'rein, Nur das Gehör hat keinen Genuß beim Wein, Darob von Zorn und Unmuth höchlich entbrannt, Will es das Glas ihnen schlagen aus der Hand; Jedoch wie es mit seinem Glas an die andern schlägt, Klingt es so lieblich, so melodisch bewegt,
Daß das Gehör sich an dem Wohllaut labt und lezt. Und versöhnt ruft es zu den andern Sinnen jezt: „Stoßt an, stoßt an, zum Friedensschluß!'
Und so haben alle fünf Sinne beim Wein ihren Genuß!
Geographische Räthsel.
1.
Zweisilbig. In der ersten Bedeutung eine Hauptstadt in Europa; in der zweiten ein Gegenstand, den man fast in jeder Stube in Deutschland findet.
2 .
Welcher Gothenfürst hatte einen deutschen Hauptfluß in seinem Namen?
3
Welche zwei deutsche Flüsse führen den Namen eines gewissen geschwäzigen Vogels?
Gold-Course. Stuttgart, den 15. November 1855. Württemberg. Dukaten (Fester Cours) 5 fl. 45 kr.
Andere Dukaten.5 ff. 32 kr.
Neue Louisd'or.10 fl. 44 kr.
Friedrichsd'or ......... 9 fl- 33 kr.
20 Franks-Stücke.9 fl. 19 kr.
K. Staatskaffcn-Verwaltung.
Redaktion, Druck und Verlag der Meeh'schen Buchdruckerei in Neuenbürg.