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nach Calais unter den Schienen, 35 Centimetre tief eingegraben, eine Art Kasten von Eisenblech, welcher 22 Centim. hoch und 12 Ceiiiim. bieir ist. Dieser Kasten ist mit beiläufig 5 Pfund feinsten, sehr entzündbaren Pulvers gefüllt. Zwei elektrische Drähle mündeten in diesen Kasten und reichten abseits von der Bahn 35 Mette weil. Eine Untersuchung wurde eingett'itet, und nach dem Anklageakte erfuhr man bald durch die Aussagen verhafteter verdächtiger Personen, daß diese mittels einer elektrischen Batterie zu entzündende Pulverladung den Zweck hatte, den Train in die Luft zu sprengen, mit welchem der Kaiser sich am 12. Sept. nach Tournay begeben sollte, um den Besuch des Honigs der Belgier in Calais zu erwiedern. Die eingestellten Forschungen führten zur Verhaftung der Angeklagten.
Amerika.
New-Aork, 2. Aug. Berichten aus der Union zufolge ist die Waizenernle in Missouri, Iowa, Indiana und Jllions so außerordentlich reichlich ausgefallen, daß auch die kühnsten Erwartungen überle en worden sind
Miszellen.
Aus dem Regen in die Traufe.
(Fortsezung.)
Wirklich ging auch Georges am nächsten Sonntag zum alten Picard hinüber und theilte diesem seine Hei- rathsabsichten mit. Der Alte empfing den neuen Schwiegersohn mit offenen Armen und versicherte ihm, er werde seine Bewerbungen um Rosa aus allen Kräften unterstüzen. »Uebrigens hat meine Tochter,» fügte er hinzu, »so gut wie gar keinen eigenen Willen; sie muß gehorchen, wenn ich befehle, oder . . ." hierbei machte der Herr Papa einen sehr ausdrucksvollen Gestus mit der rechten Hand und Georges griff unwillkürlich an die Hüfte, als solle er dort auch die Kraft der väterlichen Fäuste probiren. Als er das Zimmer des Vater Picard verließ, traf er auf Rosa, welche grade beschäftigt war, verschiedene kleine Körbe mit Blätter auszulegen und dann voll Erdbeeren zu füllen, welche die Mutter am nächsten Morgen ins Städtchen zu Markt tragen sollte. Sie schied sorgfältig die Früchte! in zwei besondere Theile, hier die großen, dort die kleinen. „Ach,-- rief Georges ganz erfreut aus, „da sicht man die Redlichkeit, wie ich sie leider in der Stadt nie angetroffen habe. Hier die großen für die Reichen, die mehr bezahlen können, dort die kleinen für die weniger Bemittelten, Jeder weiß genau, was er kauft und Keiner wird betrogen." — --O wie dumm, wie dumm!" rief Rosa lachend. Zugleich fing sie an, mit den kleinen Erdbeeren den Boden sämmtlicher Körbe bis zur Hälfte auszufüllen. — „Und die großen, wo kommen die hin?-- fragte Georges erstaunt. — „Nun, wo anders hin," entgegnete das Mädchen, --als hier auf die kleinen;" sie führte dieß auch sofort mit großer Geschicklichkeit aus. --Nicht wahr?-- rief sie, als sie auf diele Weise die Körbe bis an den Rand voll gepackt hatte, „das sieht schön aus, das heißt aufgepuzte
Waare!» — --Ja," entgegnete Georges, mürrisch über diese Enttäuschung, »schöne Waare, die nicht die Hälfte von Dem werth ist, was sie vorstellt." — „Das muß gerade so sepn," antwortete Rosa, «so bringt sie das Doppelte ein." — Georges krazte sich hinter den Ohren; das war also die vielgepriesene Redlichkeit, der oft belobte treue Glauben, der sich aus den schlechten verdorbenen Siäbten aufs Land gefluchtet hatte! „Teufel, man stiehlt und prellt ja auf dem Lande grade wie bei uns,-- dachte er. Eine Wahrheit, die er nach einigen Tagen noch handgreiflicher einsehen lernen sollte. Wäre er nur nicht verliebt gewesen, so hatte er vielleicht schon jezt Rosa und die ganze Sippschaft fallen taffen, aber so . . . Der freundliche Leser weiß ja selbst, wie es mit der Logik eines Verliebten beschaffen ist.
Die Erntezeit kam heran. Georges hatte seine Ländereien so sorgfältig bearbeitet, die Zeit der Aussaat so günstig gewählt und aus Alles so große Mühe verwendet, daß seine Kornfelder die schönsten im gan- zen Dorf waren, so hoch und dicht wogten die vollen Aehren, und alle Nachbarn blieben vor Verwunderung stehen. — „Bah,-- sagte der dicke Peter, einer der Hauptgegncr von Georges im landwirthschastlichen Studium, »bah. bas sieht noch was aus, so lange es auf dem Halm ist, wollen cs erst mal geschnitten und gebunden sehen, dann wird sich zeigen, was es ausgibt.» — Der dicke Peter hatte ein Kornfeld, das dicht neben den Besizungcn unseres Helden lag, das aber schlecht bestellt war, und das mit seinen mageren, spärliche» Hatmen sehr kümmerlich aussah. Ich gebe doch meine Ernte nicht für eie meines gelehricn Nachbars, hatte der dicke Peter zu wiederholten Malen versichert. — Wie eurch Zufall wählte er zum Abmahen seines Weizenfeldes denselben Tag, den auch Georges angesezt. Und am nächsten Morgen, welch ein seltsames Schauspiel! Auf dem Felde deS dicken PelerS sah man in Relh und Glied die schönsten vollsten Garben, während auf Georges seinem Acker der Ei trag nur sehr mittelmäßig ausgefallen war. Jeder Memch würbe grade das Gegeiitheil erwartet haben. Wie war dieß merkwürdige Rätvsel zu erklären? Der Leser oegreift, daß zur Lösung desselben kein sphpnrbesiegcnber OedipuS nöthig war. Georges merkte gar bald, was die Glocke geichlagen hatte. Der dicke Peter mußte vermuthlich > die lezte Nacht anderswo als im Bette zugebracht haben. Auch die übrigen Bauern waren ähnlicher Meinung, aber 'hre schon früher durch Georges verlezte i Eigenliebe, der sich ja hatte in den Sinn kommen lassen, sie im Landbau eines Besseren zu belehre», erlaubte ihnen nicht, seine Partei zu nehmen. Sie gaben dem dicken Peter Recht, der aus diese Weise das Sprüch- wort von dem blühenden Weizen praktisch realistrt hatte.
(Fortsezung folgt.)
Gold-Course. Stuttgart, den 18. August >855. Württemberg. Dukaten (Fester Cours) 5 fl. 45 kr-
Andere Dukaten.5 fl. 29 kr.
Neue Louisd'or . . . . . . . . . 10 fl. 44 kr.
Friedrichsd'or.. 9 fl 29 kr.
20 Franks-Stücke ........ 9 fl- l8 kr.
K. Staatskassen-Vcrwaltung.
Redaktion, Druck und Verlag der M e e h'schen Buchdruckern in Neuenbürg.