Miszellen.

Irrfahrten auf dem Eise der Ostfee.

(Fortsezung.)

Der erste Jäger Jorgenzeitz war allein bei der Schaluppe zurückgeblieben; ihm schien es das Geratenste, sich vorläufig von dem Schiffe noch nicht zu trennen, da dieses ihn doch immer noch am sichersten weiter tragen konnte. Da Plözlich löste sich die Eisscholle, auf der er neben dem Fahrzeug stand, von der andern, auf welcher sich seine Leidensgenoffen befanden. Die Angst, allein bleiben zu muffen, wer konnte wissen wie lange, bemächtigte sich seiner. Er machte den Versuch, die größere Eisscholle, wo seine Gefährten waren, zu erreichen. Für einen Sprung war die Kluft zu weit, welche ihn von derselben trennte. Er trat deshalb auf eine kleinere Scholle, welche zwischen beiden schwamm und die ihm als Brücke dienen konnte. Aber er glitt aus und stürzte in's Meer. Gott schüzte ihn, daß er nicht gleich unter das Eis gericth. Er tauchte wieder auf und konnte sich an der Eisscholle, auf welcher seine Genossen waren, anklammern. Dann rief er nach ihnen um Hülfe. Sie blickten sich zwar um, aber kei­ner machte Anstalt, dem Unglücklichen, der dem Er­trinken nahe war, hülfreich beizuspringen. Dieser rief wiederholt und lauter. Da kehrte Einer der Jäger um: "Gott sey Euch gnädig," rief er, --wir sterben Alle!-- Erst auf das inständigste Bitten des schon halb Erstarrten reichte er ihm die Hand, und es gelang ihm, den Schwimmenden heraufzuziehen.

Unterdessen hatte sich das Eis an der Schaluppe sestgesezt, ein Stück legte sich über das andere hin, häufte sich zu einem Berge an, der dann krachend zu­sammenbrach und die Planken des Fahrzeugs zertrüm­merte, die mit dem Eise unwiederbringlich fonschwam- men. So war auch das lezte Rettungsmittel verschwun­den, und die Männer mußten nun Gott danken, wenn nur das Eis nicht barst, auf welchem sie fortschritten. Der Abend brach herein, mit ihm die Finsterniß, was war zu thun? Die beiden Zurückgebliebenen hatten sich beeilt, den Vorangegangenen nachzukommen, und hatten sie auch glücklich erreicht. Nun berieth man sich, wie man die Nacht zubringen wollte. Sich von einander trennen schien am wenigsten rathsam, bei einander bleiben aber ebenfalls nicht angemessen, da das Eis, stellenweise schwach und mürbe, schon häufiger gebrochen war. Man beschloß endlich sich zu «heilen, aber auf demselben Eiöfelde in doch nicht allzu großer Entfer­nung von einander zu bleiben.

Aber noch während die Männer sich beriethen, rief plözlich Einer von ihnen:

--O seht, seht, Land, Menschen!»

Und wirklich, scheinbar nur eine halbe Stunde Weges entfernt, lag die Küste Fühncns, beleuchtet von einer mächtigen Feuersäule, welche daselbst aufflammte. Deutlich sah man, wie die Bauern das Feuer umstan­den und von Zeit zu Zeit ein frisches Stück Holz in den Brand hineinwarfen, damit derselbe desto Heller aufloderte. Man sah es an ihren Bewegungen oder glaubte cs doch wenigstens zu sehen, daß sie das nicht ohne Ursache thaten. Es war als wenn Einige von

ihnen unverwandten Blickes auf das Meer hinausstarr- ten, wie um dort etwas zu erspähen. Da fiel ein Mondstrahl durch das Nachtgewölk und beleuchtete hell die Gruppe der unglücklichen Verirrten. Sollte man sie sezt nicht vom Lande aus gesehen haben? Sie riefen so laut sie konnten, sie klatschten in die Hände. Nur Einer von ihnen, sein Name war Jochen, sagte:

»Es ist Alles Täuschung, es ist nichts !»

Die Andern protestirten, sie wiesen ihm mit den Fingern, was sie zu sehen vermeinten. Sie beschrieben ihm genau, was sie erblickten, erblieb dabei: --Es ist Täuschung, es ist nichts!--

Da dämmerte ein neuer Hoffnungsstrahl. Ein Eisboot stieß vom Lande ab, vier rüstige Männer saßen darin. Bald arbeiteten sie mit den Rudern, wo das Wasser von Eise frei, bald stießen sie mit langen Stangen das Boot vorwärts, bald stiegen sie aus und zogen es fort. War das auch Täuschung? Das Boot kam wirklich näher, der Eine der Männer trug eine Laterne. Man gewahrte um so deutlicher den feinen Lichtschimmer derselben, als der Mond sich wieder hinter den Wolken verborgen hatte. Aber freilich war Alles noch in großer Entfernung. Doch vielleicht schon er­reicht sie die menschliche Stimme und hilft ihnen die rechte Richtung finden.

--Wackere Leute,« rief Jorgenzeitz mit aller An- strenguüg seiner Stimmwerkzeuge, indem er die Hände vor den Mund hielt, »sehet zu, daß ihr durchkommt. Hier sind wir, es soll euch gut belohnt werden!»

Rüstiger arbeiteten die Schiffer, immer näher kam das Fahrzeug, ja sie mußten es gehört haben, noch eine Viertelstunde höchstens waren sie entfernt

Da mit einem Male, wie mit einem Zauberschlage, war Alles verschwunden, Boot, Schiffer, das Feuer und die Leute am Lande. Tiefe Finsterniß lagerte ringsumher.

Ein Schrei des höchsten Entsezens entrang sich der Brust Aller, die schon die Rettung so nahe geglaubt hatten.

--Hab' ich es nicht gesagt,-- sprach Jochen, »es sey Alles Täuschung. Es war eitel Truggebilde.-- Damit entfernte er sich von den Uebrizen, um seine Rettung allein zu versuchen.

Es dauerte eine geraume Zeit, ehe die bitter Ge­täuschten sich wieder sammeln konnten. Jorgenzeitz war bewußtlos niedergesunken. Zwei der Jäger blieben bei ihm zurück. Sie häuften einige Eisstücke um den regungslos Daliegcnden umher, um ihn vor dem schnei­denden Ostwinde zu schüzen, der über die kahle Oede hinblies. Die Uebrigen, neun an der Zahl, gingen verabredetermaßen einige hundert Schritte weiter. Mit Tagesanbruch wollte man sich wieder vereinigen und zusammen auf fernere Rettung bedacht seyn.

(Fortsezung folgt.)

Das Impfen der Hausthiere, namentlich des Rindviehes, findet nach dem Vorgänge von Belgien und Rheinpreußen immer mehr Eingang und man fin­det cs gegen die Lungcnfäule des Rindviehes sehr pro­bat. Die Thierarzneischule in München macht immer neue und glückliche Versuche.

Redaktion, Druck und Verlag der M e eh'schen Buchdruckerei in Neuenbürg.