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und der Schweiz möglichst erleichtert und er­weitert zu sehen. Man hat sich in dieser Rich­tung auch in Wien ausgesprochen und dazu den Anlaß von der damals noch in Verhandlung begriffenen Neugestaltung der Handelsverhältniffe in Deutschland selbst hergenommen. Sobald diese lezteren allseitig zum Abschluß gebracht seyn werden, ist denn wohl auch, um so mehr als die Schweiz bereit scheint, auf die billigen Anforderungen der östreichischen Regierung in Betreff der Überwachung der Flüchtlinge ein­zugehen , die Eröffnung weiterer Verhandlungen zum Abschluß eines Handelsvertrags mit der Schwei; zu erwarten.

DerBund" gibt eine allgemeine Uebersicht der in der Schweiz sich aufhaltenden Auslän­der. Sie liefert folgendes Resultat: Wir zählen unter uns 15,512 Franzosen tam meisten in Genf, Bern, Neuenburg, Waadt und Basel­stadt); 8655 Oestreicher < am meisten in Tessin (5810), Graubiindcn und St. Gallen); >4,319 Sardinier (am meisten in Genf (9145), Waadt, Tessin und Wallis); 13,547 Badener (am meisten in Baselstadt, Aargau und Thurgau); 8396 Würtremberger (am meisten in Baselstadt und St. Gallen). Die größte Zahl von Aus­ländern beherbergen Genf (15,142) und Basel­stadt (6819) die Gcsammtzahl aller Aus­länder in der Schweiz erreicht die Summe von 71,570. St. Gallen besizt hievon 3258 Indi­viduen, darunter 139 Franzosen, 490 Destrei- cher, 36 Sardinier, 541 Badener, 983 Würt- temberger.

Italien.

Aus Genua vom 27. Februar wird be­richtet:Mazzini hat sich hier auf der britischen FregatteRetribution" gerade in dem Augenblick eingeschifft» als sie die Anker zur Abfahrt nach Malta lichtete." (F.J.)

In der Lombardei herrscht noch, bis ans einige unerläßliche Milderungen, die volle Strenge des Belagerungszustandes. Die Ver­haftungen auch angesehener Personen dauern fort. Mailand muß wöchentlich 30,000 Gulden Cvntribution für die Erhaltung der Garnison auf dem Kriegsfuße zahlen. Alles, was aus Italien verlautet, zeugt von der Zerrüttung der politischen Zustände dieses Landes.

Großbritannien.

London, 28. Feb. ,,Dalp News" theilt fünf Fälle von Protestantenverfolgungen in Frankreich mit, aus denen hervorgeht, daß es mit der Parität in Frankreich nicht ganz zum besten bestellt ist.

<M is; ellen.

Irrfahrten auf dem Eise der Ostsee.

(Fortsezung.)

Knudshovet war noch eine Meile entfernt. Wenn der Nebel fiel, sah man die schnebedeckte Landzunge, die selbst näher zu liegen schien, als fie wirklich lag. Man hatte nur die Wahl zwischen dem gewissen Tode

auf Sprogöe durch Hunger und dem Wagniß der Ue- bcrfahrt, die vielleicht bei der äußersten Anstrengung gelingen konnte. Nachdem die Jäger fünf Tage auf Sprogöe verweilt und umsonst auf Thauwetter gehofft hatten, beschlossen fle die Ueberfahrt, zumal ihre Loot- sen, die fie von Korioer glücklich herüber gebracht, ebenfalls bereit waren, den Versuch zu wagen. Zwei der übrigen Passagiere schlossen sich ihnen an, im Gan­zen waren es zwölf Personen, die das gefahrdrohende Unternehmen dem langsamen Hinsterben auf der Insel und der dadurch hervorgebrachten niedergedrückten Ge- müthsstimmung vorzogen.

Mit dem Anbruch des Morgens am 14. Januar, es war ein Montag, brachen die Männer auf. Nach stundenlanger Arbeit hatten fie ihre Schaluppe vom Eise, worin sie eingefroren war, frei gemacht. Sie verabschiedeten sich von ihren Leidensgenossen, welche auf der Insel zurückblieben, und bestiegen das Fahrzeug. Lebensmittel konnten sie nicht mitnehmen, weil sie keine hatten, mit Ausnahme wenigen Fleisches. Obwohl der Wind günstig war, ließen sich doch die Segel nicht ge­brauchen, welche leicht Veranlassung zum Umschlagen des Kahns hätten werden können. Sie mußten sich deshalb zwischen den treibenden Eisschollen mit den Rudern und langen, mit Eilen beschlagenen Stäben fortzuschieben versuchen. Kaum waren sie auf Pistolen- schußwcite vom Ufer entfernt, als ihre Lage schon völlig trostlos wurde. Das Schiff ließ sich nicht mehr leiten, die Gewalt der Strömung und der heftige Andrang des schwimmenden Eises riß es widerstandslos fort. Kam einmal eine kurze Strecke, wo das Wasser frei war, so mußten sie sich der Ruder mit allem Aufwande von Kraft bedienen, um dem Strome entgegenzuarbeiten. Schwamm dann wieder eine größere Eisscholle daher, so waren sie genöthigt, das flache Fahrzeug mit einem Tau auf dieselbe und hinter sich her zu ziehen.

Mit solcher anstrengenden Arbeit mühten sie sich während des ganzen Tages und der darauffolgenden Nacht unaufhörlich ab. Dabei verloren sie ganz und gar den rechten Kurs, die Strömung trieb sie willenlos vom Lande und aus dem Belte hinaus der offenen See zu

Am Mittage des 15. Januars gerieth die Scha­luppe plözlich im Else fest. Die Männer versuchten fie wieder loszumachen, aber ihre erschöpften Kräfte reichten dazu nicht aus. Die Schiffer waren die Ersten, welche den Muth verloren. Sie traten aus dem Fahr­zeuge auf die Eisscholle, an der es festsaß, und ent­fernten sich, indem sie den andern zuriefen: -'Unsere Kräfte sind erschöpft, rechnet nicht weiter auf uns; Jeder rette sich, so guter kann, es ist Alles verloren.« Damit schritten sie, ohne sich umzusehen, weiter. Die Uebrigen folgten ihnen in höchster Angst; wenn die mit dem Meere vertrautesten Männer alle Hoffnung auf Rettung aufgaben, was blieb dann Denen übrig, welche des Meeres unkundig waren? Bald borst das Eis unter ihren Füßen, einige stürzten in's Wasser, wurden jedoch von ihren Gefährten wieder herausge­zogen. Die Schiffer meinten, vielleicht auf der trei­benden Scholle noch am ehesten Land erreichen zu können.

(Fortsezung folgt.)

In einer Schwurgerichtssizung wurde über die Familien-, Vermögens- und Leumunds-Verhältnisse eines Angeklagten das Zeugniß des Bürgermeisters seiner Heimath verlesen, das also lautete: »Die Familie des Angeklagten besteht aus sieben Kindern und kein Ver­mögen, sonst hat er sich noch kein Verbrechen zu Schulden kommen lassen.«

Bei der lezten Konskription in Frankreich hat es sich ergeben, daß unter 1000 Rekruten nur 40 lesen und schreiben konnten. 500 konnten lesen und über 400 hatten gar keinen Unterricht genossen.

Redaktion, Druck und Verlag der M e eh'schen Buchdruckerei in Neuenbürg.