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hiziges Fieber warf sie darnieder, und die Bilder ihrer , Phantasieen reihten sich alle um den geliebten Tobten. Tausendmal rief sie ihn mit den süßesten Namen. Aus jeder ihrer Aeußerungen ging immer deutlicher hervor, wie stark ihre Liebe zu ihm gewesen, ohne daß fle früher über dieses Gefühl sich selbst klar geworden war. Den destgnirten Bräutigam dagegen mochte sie nicht wieder sehen, ihn bezeichnet sie stets als den Urheber ihres Unglücks. Endlich siegte wohl die kräftige Natur über die Krankheit, aber mit der Genesung war zugleich eine völlige Umwandlung mit der Armen vorgegangen. Die frische Farbe schien auf immer von ihren Wangen gewicheti, das glänzende Auge war halb erloschen, und jede Spur ihrer früheren Lebhaftigkeit dahin. Tage lang saß sie stumm und in sich gekehrt, schaute trübe nach den Höhen, oder weinte still vor sich hin. Nie­mand war im Stande, sie aufzuheitern. Unbemerkt schlich sie sich einige Male hinauf zur Alme, und saß weinend auf dem Unglücksfelsen, den die theilnehmcn- den Bewohner des Dorfes mit einem hohen Kreuze bezeichnet hatten. Freilich suchte sie ihr Vater von diesem Gange gänzlich zurückzuhalten, doch machte sie dies nur noch trauriger. Endlich ging ihr Zustand in stillen Wahnsinn über.

'-Man brachte sie in eine Heilanstalt, aber die Kunst der Aerzte scheiterte an dem Wurme, der sich in ihrem Innern sestgesezt. Sie weinte immerfort, sprach von Niemanden als von Friedli und von ihrem Vater, verlangte immer zurück nach den Bergen ihrer Heimath, und mußte endlich wieder in das elterliche Haus zurückgebracht werden, wenn sie nicht gänzlich dahinfiechen sollte. Dort ward sie etwas ruhiger, stand des Abends wieder am Fenster und starrte nach dem Felsen. So oft der Kuhreigen ertönte oder ein Abend­lied, schüttelte sie kaum merklich den Kopf, und sagte leise vor sich hin: ""Friedli ist's nicht!"" Wenn da­gegen manchmal Alles still und ruhig war in der gan­zen Gegend, öffnete sie das Fenster, horchte gespannt, und hieß die Kleinen um sich her ja recht stille seyn. Ein heiteres Lächeln verklärte dann ihre Züge, und vor sich hin flüsterte sie: "»Das ist Friedli!«"

»Trauernd sah ihr Vater diesem stillen Treiben zu. Er mußte am Ende zugeben, daß sie die Alme und den Felsen besuchte, nie hätten sonst ihre Thränen aufgehört, und sie wäre nach und nach dahingestorben. Seit einem Jahre besucht sie nun an jedem nicht allzu unfreundlichen Tage den Felsen, flicht Kränze, und wirft sic dem Geliebten hinab. Sie spricht mit ihm, ladet ihn ein zu ihr zu kommen, und ist dabei körper­lich wohl und gesund. Klaus, welcher anfangs bei diesem Gange um ihr Leben bangte, ist nun ganz un­besorgt, wie die übrigen Dorfbewohner. Ein kleiner Sennbube nur begleitet sie gewöhnlich. Sie ist ganz ruhig, und sobald die Sonne hinunter, geht sie unge- mahnt nach Hause. Nur während des Winters ist sie traurig, und die Sehnsucht nach dem Frühling, wo sie

ihren Friedli wieder sehen soll, ist wahrhaft rührend. Alle Bewohner der Gegend lieben die schöne Mali noch mehr als zuvor, ja sie wird wie eine Heilige betrachtet, und kein Mensch fürchtet, daß ihr auf ihrem Gange je ein Unglück widerfahren werde. Doch kommen Sie nun, ich will Sie selbst zu ihr führen"« So schloß der Pfarrer. Wir brachen auf, ohne daß Jemand die fast bängliche Stille, welche während der Erzählung geherrscht, auch nur durch ein Wort unterbrochen hätte. Solchen Eindruck hatte die Erzäh­lung auf uns Alle gemacht.

(Fortsezung folgt.)

Ein großer Mann als Knabe. Bekanntlich ist James Watt der eigentliche und wahre Erfinder der Dampfmaschinen, wenn es auch vor ihm etwas der Art gegeben hat, und man könnte fast sagen, er sep bestimmt gewesen, diese die Welt umgestaltende Erfin­dung zu machen. Wenigstens erzählt der berühmte Arago, als Watt noch ein kleiner Knabe gewesen, habe ihn eine seiner Tanten mit den Worten ausgescholten: James, schäme Dich, immer so träumerisch und un- thätig dazusizen. Ich glaube, Du weißt zuweilen selbst nicht, was Du eigentlich denkst und tyust. Weißt Du, daß Du nun wiederum die ganze Zeit nichts gethan als den Dampf deö Theekeffels beobachtet hast ? Immer hast du den Deckel abgenommen und wieder aufgesezt, hast ihn in den Strom des Dampfes hineingehalten und zugesehen, wie aus dem Wasser Dampf wird und aus Dampf wieder Wasser. ... James, gib Dich nicht solchen Träumereien hin, sondern beschäftige Dich mit etwas Nüzlichem und Ordentlichem, sonst wird nichts aus Dir."

Die Regenschauer von 1851. Nach und nach scheinen die Ursachen aufzudämmern, welche den Som­mer des verwichenen Jahres zu einem so naßkalten und kläglichen machten. Große Eismaffen, vermuthete man, müßten sich im nördlichen Eismeere gelöst und müßten von Stürmen weit in die südlichen Breiten getrieben worden sepn. Unter andern bestätigen diese Erklärung die Beobachtungen eines jungen Frankfurter Arztes, des Hrn. v. Meyer, welcher im vorigen Som­mer nach Nordamerika hinüberschiffte. Auf der Fahrt begegnete er einer Menge von Eisinseln, auf denen Massen von der Größe emporragten, daß sie unseren größten Domen gleichkommcn und dabei in einer Herr­lichkeit strahlten, in der kein von Menschenhänden er­bauter Dom glänzen kann. Da die Schiffe jedoch dem Zusammenstöße nur mit aller Mühe entgingen und nur mit den größten Anstrengungen den verderbenbringenden Eisfeldern auswichen, so war das Abenteuer bei wei­tem kein erfreuliches zu nennen.

(Der Februar dieses Jahrs hat 5 Sonn­tage.) Er fängt mit einem Sonntage an und schließt mit einem Sonntage. Dies paffirt dem Februar in jedem Jahrhunderte nur 3 Mal. Im vorigen Jahr­hunderte waren durch 5 Sonntage geheiligt die Feb­ruare von 1728, 1756 und 1784. In diesem Jahr­hunderte sind es die Februare 1824, 1852 und 1880. Im nächsten Jahrhunderte werden eS die Februare 1920, 1948 und 1976 sepn.

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