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Da ist aber keine Sicherheit des Eigenthums, wo man ihm verbietet, cs so theuer zu verkaufen, wie er will. Große Vorräthe von Maaren, d. h. Märkte können nur da sich bilden, wo der Importeur und der Speku­lant sicher sind, ungehindert über das Ihrige verfügen zu können. Sie werden daher solche Staaten scheuen, wo die Regierungen die Ausfuhr nicht frei erhalten, und sie werden ihre Ladungen nach solchen Orten di- rigiren, wo sie sich einer solchen Gefahr nicht ausge- sezt wissen. Nun braucht kaum auseinandergesezt zu werden, welche unermeßliche Wichtigkeit für die Ver­sorgung einer Gegend ein wohlversehener Markt hat. Jeder augenblickliche Bedarf findet dort sofort seine Be­friedigung, während Gegenden, die keinen ergenen Markt haben dir Zeit der ersten Noth hülflos überstehen müssen und erst langsam und allmählig versorgt werden kön­nen. So ist z. B. Bremen ein großer Roggcnmarkt für das nordwestliche Deutschland; hier werden in wohlfeilen Jahren die Vorräthe aufgespeichcrt und wenn Mangel eintritt, weiß die ganze Nachbarschaft, wohin sie sich zu wenden hat. Aus dem schwarzen Meer, aus der Ostsee, aus Amerika und aus dem Oberlande strömt hier das Getraide zusammen. Nun denke man sich, morgen würde unfern Kauffeuten verboten, Korn nach Rotterdam oder nach London zu verschiffen. Alsbald wür­de Jedermann seine schwimmenden Ladungen nach Eng­land oder Holland dirigiren; der inländische Landwirth würde seine Waare an niederländische Händler ver­kaufen, der Getreidemarkt Bremens würde zerstört sepn. Wenn dann Mangel in der Nachbarschaft einträte, müßte man sich nach Holland und nach London wenden; eS würde nicht mehr auf Spekulation, sondern nur auf feste Bestellung eingeführt werden und die Konsumenten würden holländische oder englische Kommissionen, Dock- miethe, Fracht und Versicherung obenein zu bezahlen haben.

Die Ausfuhrverbote sind daher 1) überflüssig bei wirklichem Mangel, weil bei wirklichem Mangel die Ausfuhr in Folge der hohen Preise von selbst aufhört; 2) gefährlich, weil sic Schrecken und Aufregungen Her­vorrufen und unnatürliche Preisschwankungen verar­schen; 3) schädlich, weil sie die Bildung von Getrei- demärkten hindern und die Einfuhr erschweren.

Soll nun der Staat oder sollen überhaupt öffent­liche Behörden, Gemcinderäthe u. s. w. Getreidevor- räthe aufspeichern, um sie in theuren Zeiten den Ein­wohnern zum Einkaufspreis wieder abzulaffen? Die Zeit der öffentlichen Kornspeicher ist das Mittelalter. In jener Periode hatte jede Stadt ihr Magazin, abec in jener Zeit waren trozdem die Hungersnöthe weit häufiger als heutzutage. Auch -Has rst leicht zu erklä­ren. Wo der Staat sich in den Handel mischt, da kann der Privatmann, der sich doch besser als jener auf das Geschäft versteht, mit ihm nicht konkurriren. Denn dem Staate ist es gleichgültig, ob er mit Nuzen oder mit Schaden operirt; er kann theuer einkaufen und wohlfeil verkaufen, ohne daß cs ihn ruinirt, weil er nicht mit seinem Gelde sondern mit dem Gelde der Steuerpflichtigen handelt. Der Privatmann dagegen darf nur solche Dinge einführen, die das Publikum wirklich besser gebrauchen kann als das Geld, das

es ihn gekostet hat, denn sonst wird daS Publikum freiwillig ihm nickt mehr als den Einkaufspreis dafür bezahlen. Wo also der Staat die Vcrproviantirung übernimmt, da bleibt der Privathandel vom Geschäfte fern. Und eben weil der Staat die Sache nicht so gut versteht wie der Privathandel, wird auch das Pub­likum von ihm nie so gut bedient wie von jenem.

(Fortsezung folgt.)

Miszellen.

(Mutterliebe.) Das offizielle ,,Giornale" (in Neapel erscheinend) berichtet den Kampf, den eine arme si.zilianische Mutter, Katharina Abrozzo, zum Schuze ihrer 2 Kinder mit einem Wolf bestanden. Sie war mit denselben den 27. Okt. in eine Villa bei Santa Margarita gegangen, »m, nach dortigem Ge­brauche, die allfällig noch an den Baumen stehen ge­bliebenen Oliven zu sammeln, wie anderswo von ar­men Leuten Aehren aufgelesen werden. Kaum hatte sie ihr Geschäft begonnen, als sie ihr seitwärts hinge- sertes anderthalbjähriges Söhnchen schreien hörte und, sich umwendend, ein Thier, das sie für einen großen Hund hielt, erblickte, welches sich in das Gesicht des Kindes eingebiffcn hatte, Sich auf die Bestie werfen, obgleich sie jezt dieselbe für einen Wolf erkannte, mit ihr auf Tod und Leben ringen, war das Werk eines Augenblicks. Nach einem schrecklichen Kampfe siegte das Heldenweib, aber nur um ihren fliehenden Feind sich auf kür achtjähriges Töchterchen werfen zu sehen, das von seinen Bissen blutend sich auf der Erde wälzte. Die Mutter vertrieb hierauf das Thier mit Steinwür-, fen und rettete so ihrem Töchterchen ein noch immer von großen Wunden bedrohtes Leben; der kleine Knabe aber war todt.

Der Tannenbaum.

Die Obstbäum' all, die blüthenschwcren» Beklagten einst den Tannenbaum,

Den dunkelgrünen, kränzenlerren,

Den wachen in des Winters Traum.

Er aber sprach: Ob tausend Aeste Euch jeder Lenz mit Blumen schmückt,.

Ob tausend jubelvolle Gäste Mit Frucht ihr labet und entzückt;

Ob Labefrüchte mir zu bieten Verwehrt am heißen Sommertag,- So ist ein Amt mir zugeschieden,

Deß Keiner sonst sich freuen mag.

Wenn aus des Winters langen Nächte« Die Sternennacht der Weihe glänzt, Werd' ich erwählt von heil'geu Mächte« Zu leuchten fruchtvoll und bekränzt.

In frommer Kinder reine Herzen,

Die Er zu sich gerufen gern,

Strahlt hell von mir aus tausend Kerze« Die erste Botschaft von dem Herrn k

Die Kraft, die mancher braucht, Muthlos die Händ' zu ringen. Legt' er sie nur an's Werk,

Es müßt' ihm noch gelingen.

Redaktion, Druck und Verlag der M eeh'schen Buchdruckerei in Neuenbürg.