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seiner armen Seele gnädig! Wie hat er doch, noch so jung schon sterben müssen, fern von Weib und Kind?« Die Herren sahen wiederum einander mit sprechenden Blicken an, einer murmelte unwillig: so jung noch und schon so verstockt!« während der Bürgermeister auf's Neue seinen Plaz einnahm und wieder anhob: «Du nennst ihn bei dem Namen, den auch er sich ge­geben, aber du ahnst nicht, daß er nach eurer Begeg­nung an diesem Morgen durch des rächenden Gottes Fügung noch so viel Athrm behalten, um zugleich den Namen seines Mörders zu verkünden. Nachdem er die heilige Wegzehrung empfangen, hat er uns offen­bart, daß im Wald zwischen Bischofsheim und der Rheinbrücke der Sohn des Grafen Hartmann mit noch drei Gesellen ihn und sein Geleit angerannt, niedcr- geworfen und zum Tode verwundet, worauf er alsbald den lezten Seufzer ausgestoßen hat.« Der Gotthold mußte sich an seinem Nachbar halten, um nicht umzu- flnken, da er diese Worte vernahm und daraus ver­stand , weßhalb der Utz in verwichener Nacht von dannen geritten; doch beschloß der treue Knecht, eher alles über sich ergehen zu lassen, als seinen Herrn zu verrathen.

Bürgermeister und Rath der Stadt Straßburg waren von der Schuld ihres Gefangenen um so mehr überzeugt, als das plözliche und unerklärliche Verschwin­den des Magisters Wohlgemuth dem Verdachte neue Nahrung gab, Wohlgemuth habe sich von dannen ge­schlichen, um nicht seines mißrathenen Zöglings halber zur Verantwortung gezogen zu werden. Dabei aber befanden sic sich in großer Pein, was mit dem Mörder zu beginnen sep, denn sie fürchteten für der Bürger Nahrung und Erwerb, wenn die Schüler erführen, daß einer der Ihren in der Haft verstrickt liege, oder wenn es bekannt würde, daß cs Studenten gewesen, welche bei Straßburg des Kaisers Heerweg unsicher gemacht und den Frieden gebrochen hätten; vor Allem aber hegten sie Scheu, den Vater und die ganze Freund­schaft des Mifsethäters zu kränken. In solcher Noth beschlossen sie endlich, die ganze Angelegenheit vor der Hand geheim zu halten und dem Bischof vorzutragen, mit Echem die Stadt gerade dazumal zufällig nicht wie gewöhnlich im Streite lag. Der Bischof aber war ein entfernter Vetter der verstorbenen Mutter Ulrichs und obschon die Sippen mit einander keines Umgangs gepflogen, so machte dennoch die Verwandt­schaft in des geistlichen Fürsten Sinn ihre Rechte gel­tend, da es die Ehre des Stammes galt, und er that folgenden Spruch: der Mord sep nicht auf dem Ge­biete der Stadt vollführt worden und gehe sie mithin nichts an; überdies sep der Erschlagene ein Lehens­mann des Grafen und so möge denn dieser selbst über die Blutschuld zu Recht sprechen; welcher Rath den Herrn von Straßburg so über die Maßen wohl ge­fiel, daß sie noch in derselben Nacht den Gefangenen auf einen Leiterwagen sezten, der in Begleitung meh­rerer Reisigen von dannen rollte, von denen einer den Brief trug, in welchem stand : der Utz habe den Luit- »>ar erschlagen und der Graf möge ihn richten.

So war denn urplözlich der fleißige Student ver­schwunden und wie die fröhlichen Kumpane, die Spie­

let und die losen Buben nicht wußten, wo der Neu­hauser hingekommen, so wenig konnten auch die Lehrer der hohen Schule sagen, was aus ihrem Schüler ge­worden; am wenigsten Olearius, obschon seines ein­zigen Kindes rothgeweinte Augen und erbleichende Wangen Zeugniß ablegten, wie nah ihn und sein Haus des vermeintlichen Junkers Flucht berührte.

Graf Hartmann war just auf einem seiner vielen Züge abwesend und sein ältester Sohn Ludwig saß mit seinen Gesellen beim Bankett, als Plözlich und unerwartet Junker Ulrich, begleitet von Gotthold, in den Schloßhof einritt, unter die jubelnden Gäste trat und seinen Bruder berichtete, er habe wegen des Ma­gisters Tod Straßburg verlassen. Gotthold war aus dem adeligen Studenten wieder zum Bügelknecht ge­worden und frei, und das war also zugegangen.

Gotthold war, gebunden im Stroh auf dem Wa­gen liegend, mit seinen reisigen Begleitern des andern Tags nach der Vesperzeit gen Hausach gelangt, und obschon den Reitern der Befehl eingeschärft worden, nur an einzeln stehenden Herbergen Halt zu machen, und unter keinen Umständen in Städten und Flecken zu verweilen, so nahmen sie dennoch zum Vorwand, daß ihren Rossen ein paar Hufeisen locker geworden, hielten vor dem weißen Lamm, und während Volker, der Fuhrknecht, zur Schmiede gieng, fingen die andern in der untern Stube der Schenke zu zechen an und kümmerten sich nicht darum, daß neugierig Volk sich um den verlassenen Wagen schaarte, den Gefangenen begaffte und endlich mit ihm zu reden begann, wodurch Geschrei und Gelächter entstand, welches die Gäste im obern Saal der Herberge an das Fenster lockte. Un­ter diesen war auch Heinz, Utzens Knecht, der Gotthold alsbald erkannte und, da er just zu ihm hinauf sah, ihm mit den Augen winkte, bedeutsam den Finger auf die Lippen legte und dann spornstreichs auf's Schloß lief, das hart über dein Ort auf einer ganz geringen Anhöhe steht. In kurzer Frist kamen nun mit ihm Göselin und Utz herbei, gesellten sich zu den Straß­burgern, bestellten gewaltige Krüge Weins und troz ihrer verbundenen Köpfe und bepflasterten Rippen tranken sie den schnell vertraut gewordenen Reisigen so wacker aufs Leder, daß diese, welche ohnedies das vorher genossene Getränk spürten, ganz voll wurden, in ihrem Rausch einwilligten, den Gefangenen zu dem Gelage zuzuziehen und da ihr Gesell, der beim Schmied gewesen, auch sein gemessenes Theil begehrte, vollends bis in die sinkende Nacht sizen blieben und nur Volker, als der zulezt gekommene, so viel Besinnung behielt, um endlich mit stammelnder Zunge zum Aufbruch mahnen zu können.

(Fortsezung folgt.)

Pforzheim, Marktpreise den 16. Februar 1850.

Pas Malter: Kernen 7 fl. 57 kr. Waizen ff. kr Korn 3 fl. 40 kr. Gerste 4 ff. 40 kr. Haber 3 fl. kr. Erbsen 10 fl. - kr. Linsen 8 fl. 20 kr. Wicken - fl. - kr. Ein Malter enthält 10 Sester und 7 württemb. Simri sind ungefähr gleich 1 bad. Malter.

Redaktion, Druck und Verlag der Mech'schen Buchdruckerei in Neuenbürg.