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klang mit Oestreich vorznschlsgende Verfassung soll zwischen denselben in den Hauptzüzen ver­einbart sepn. Sie ist bestimmt/ dem Entwurf vom 28. Mai entgegengestellt zu werben. Das Wichtigste aber ist/ daß Preußen damit einver­standen seyn soll. Es würde dieß ein neues L!icht auf die königlich preußische Botschaft vom 7. Januar werfen. (Allg. Z.)

Miszellen.

Der Junker und sein Knecht.

(Fortsezung.)

Von der Tochter gernfen, kam Herr Olearius aus seiner Kammer, hieß die Ankömmlinge mit kurzem und barschem Gruß willkommen und fragte nach ihrem Be­gehr. Doch der Magister ließ durch den unwirschen Empfang sich nicht irren, sondern erkundigte sich nach seines Zöglings Fleiß und Fortschritten und da er von Beiden nur Gutes vernahm,, gieng er zum Lob der Schule und der Lehrer über, unter welch Leztcren wiederum der hochgelahrte, weise Herr Doktor beider Rechte der hellste Stern erster Größe sey; welche Schmeichelei dem OleariuS glatt wie Qel eingieng, so daß seine krause Stirn sich glättete und seine kleinen Äazenaugen freundlich blinzelten, da er anders endlich auseinandersezte: der liebe Herrgott habe selber durch Gebot und Beispiel angeordnet, daß nach sechs Ar­beitstagen der siebente der Erholung angehörcn solle und darum sey es billig, daß auch der fleißige Student sich Sonntags ein Vergnügen gönne; anderntheils wünsche der Junker zugleich dem ausgezeichneten Leh­rer seinen Dank dadurch zu erkennen zu geben, daß er ber Tochter desselben eine Ehre erweise und sie zum Tanz auf die Wiese führe, wo nach der Vesper die Studenten mit den Töcktern ihrer Hauswirthe oder ihrer Professoren hinkamcn. Während dieser Rede wähnte Gleichen zu träumen und wußte vor inner­licher Freude sich kaum zu lassen; denn sie meinte nicht anders als daß jener seit lange schon in stiller Nei­gung ihr zugethan sey und nur bis daher sich verstellt habe, um sie zu prüfen. Den armen Gotthold über­lief es abwechselnd siedend heiß und eisig kalt und ne­ben der kaum entzündeten Liebesflamme loderte bereits riesengroß die Eifersucht, ohne daß seine junge Seele verstanden und gefaßt hätte, welch wundersame Pein sie drückte und ängstete.

Olearius gewährt« die Bitte und als nach der Vesper Gotthold wieder kam, um Gleichen zu holen, fand er sie bereits, mit dem Kränzlein geschmückt nebst der alten Bärbel auf der Schwelle seiner harrend und ihm freundlich winkend und zulächelnd, daß ihm vor Lust und Wonne das Herz aufgieng, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick, weil ihm gleich darauf wieder beificl, wie er ja nur für seinen Junker die holdselige Dirne zum Tanz führe, von der er denken mochte, daß sie mit dem UH schon längst im Stillen einverstanden sey; so ging er denn schweigsam und sinnend neben den Beiden her, und Gleichen, die für ihr Leben gern gescherzt, gelacht und geplaudert hatte

wußte nicht, was sie von dem trübseligen Galan den­ken solle.

Auf der Wiese draußen ging es hoch und fröhlich her: geschmückte Paare wogten in dichtem Gedränge auf dem weiten grünen Plan, drehten sich beim Klang gellender Musik im Kreise, saßen vor dem luftgenZelt des Wirthes oder lagerten im Schatten der hochge­streckten Ulmen und Eichen, des breiten Ahorns, der Weiden am Uferhang, wo zu ihren Füßen ein Arm des Rheines in dunklen Wogen vorüberfloß.

Hier kauerten im Grase bei einander die Kricgsge- sellen, karteten oder würfelten um daares Geld, um geraubtes Gut oder gar um die Beute des nächsten Rittes, wenn nicht um die Gunst der Dirne, welche sie selbander zum Plan geführt, dort tranken Schüler und Lanzknechte einander wacker zu; hier warfen rüstige Handwerksgesellen die Kugel nach den Kegeln, den Knittel nach dem schwebenden Holzschinken, dort knall­ten die Büchsen, aus deren blankem Rohr ehrsame Bürger die Kugel nach dem buntgemalten vielstrahli- gen Stern sendeten; hier lärmteu bezechte Bauern, stritten öder rauften, dort schnarchten Trunkene unter Tisch untz Bank.

(Fortsezung folgt.)

Was uns fehlt.

Gedicht von E. Geibel.

Es ist in leere Nüchternheit die ganze Welt versunken,

Und keine Zunge redet mehr vom heil'gen Geiste trunken;

Die Poesie, das fromme Kind, ist scheu von uns gewichen.

Der Himmel dünkt uns trüb und grau, und Sonn'

und Mond verblichen;

Die groß geschaut und groß gebaut, sic schlummern

in den Särgen,

Auf ihren Gräbern kriechen wir als ein Geschlecht von

Zwergen.

Nichts blieb uns, als die schlimme Kunst, zu zweifeln

und zu richten,

Und wenn sich ein Gigant erhebt, so ist er's im Ver­nichten. ,

Wohl grübelt ihr und möchtet gern das große Räthsel

löicn, s

Aus welchem tief verborgnen Quell der Strom sich

wälzt des Bösen;

Ihr eilt geschäftig hin und her, um Wust auf Wüst

zu thürmen,

Und meint mit eures Wizes Rath den Himmel zu

erstürmen;

Doch seht, nur Eines Donners Schlag, nur Eines

Blizes Flammen,

Und eurer Weisheit Pelion und Ossa stürzt zusammen.

Ich aber sage euch: fürwahr, es wird nicht anders

werden,

Bis ihr den Blick nicht himmelwärts erhebt vom Staub

der Erden,

Bis ihr dem Geist der Liebe nicht, dem großen Ueber-

winder,

Demüthig euer Herz erschließt, und werdet, wie die

Kinder.

Denn wo die Liebe wohnt, da hat ein ew'ger Lenz

begonnen,

Da grünen alle Wälder auf und rauschen alle Bronnen;

Ihr offenbart sich, was dem Blick der klugen Welt

verborgen,

In trüber Dämmrung sieht sie schon den rosenrothe»

Morgen,

DaS Brausen wird ihr zur Musik, zum Reigen das

Gewimmel,

Helljauchzend steigt ihr Lied empor auf Flügeln in den

Himmel;

Sie ist ein Kind und doch ein Held mit unbesiegten

Waffen,

Und weil sie noch an Wunder glaubt, so kann sie

Wunder schaffen.

Redaktion, Druck und Verlag der Meeh'schen Buchdruckerei in Neuenbürg.