Der Rothmantel.

Eine Erzählung aus den Kriegen der Revolution im Jahr 1793.

In der Gegend von Germersheim in der Rhein­pfalz liegt ein Dorf, welches Kandel heißt. An einem Abende, im Juli 1793 war in diesem Dorfe eine sehr lebhafte und unruhige Bewegung unter den Bewohnern zu bemerken. Sie standen haufenweise beisammen auf den Straßen, und ihre Unterhaltung war der Art lebhaft, daß man wohl sah, es müsse etwas sehr Wichtiges vorgefallen sepn. "Was gibts denn Neues?" fragte ein vom Felde heimkehrender Bauer einen Be­kannten. »Morgen kommen die Rothmantel; die blu­tigen, raubgierigen Rothmantel werden bei uns ein­quartiert," erwiederte dieser. Bestürzung und Schre- ken war auf allen Gesichtern zu lesen, denn das Korps der Rothmantel war sehr übel berüchtigt. Erkunden wir jedoch nun zuerst die Ursache der Ankunft der Rothmantel und ihre Herkunft.

Die französische Revolution hatte ganz Europa in seinen Grundfesten erschüttert. Ein furchtbarer Krieg war entbrannnt, namentlich war ganz Deutschland gegen Frankreich in die Waffen getreten. Oestrcicher und Preußen, Baicrn und Schwaben, Braunschweiger und Hessen re. fochten gegen die Republikaner; aber dennoch war es dem französischen General Cüstine gelungen, Speier, Oppenheim, Worms, endlich selbst das feste Mainz zu nehmen, und ein panischer Schic­ken verbreitete sich durch das deutsche Reich. Cüstine nahm die republikanische Sprache an, donnerte in den gröbsten und beschimpfendsten Ausdrücken persönliche Rache gegen vicsenigen deutschen Fürsten, die sich durch ihren Eifer gegen die französische Revolution ausge­zeichnet hatten und was eben so fürchterlich war, er predigte den Unterthanen die schmeichelnden und auf­reizenden Lehren der Republikaner und lud sie ein, sich dem heiligen Bunde der unterdrückten Völker ge­gen Fürsten und Obrigkeiten anzuschließen, welche so lange eine angemaßte Gewalt über sie behauptet hätten. Eine solche Sprache beunruhigte nicht nur die deutschen Fürsten, sondern auch die große Mehrzahl der ruhigen den Frieden liebenden Unterthanen aufs stärkste und es wurde beschlossen, die Armeen am Rhein zu verstär­ken und den Krieg gegen die Franzosen mit verdop­peltem Nachdruck zu führen. Namentlich war es Oest- reich, das im'Jahr 1793 bedeutende Verstärkungen an den Rhein sandte. Während der Belagerung von Mainz ließ das Wiener Kabinet eine Horde von fünf- bis sechstausend Räubern von den Gränzen der Türkei, der Wallachei, von Croatien, Siebenbürgen und den Karpathen gegen den Rhein marschiren. Man versi­chert sogar, daß die Gefängnisse der verschiedenen Länder den größten Beitrag dazu geliefert. Diese Banditen, welche man wegen der Farbe ihrer Mäntel Rothmantel nannte, waren ans türkische Weise bewaff­net und gekleidet.USie trugen im Gürtel ein Paar lange Pistolen, einen Dolch und einen breiten, kurzen Säbel. Die gleichfalls am Gürtel befindliche Patron­

tasche enthielt 150 Patronen und ihre Flinten hatten ungefähr die Länge von 6 Fuß. Im Allgemeinen von ungewöhnlicher Muskelkraft und großer Gestalt, er­höhten sie leztere noch durch einen in der Form eines Zuckerhuts ausgehenden Tschako. Ein langer gewichs­ter Knebelbart, bloßer Hals, die Haare abrasirt bis auf einen dicken Büschel oben auf der Hirnschale, eine türkische Weste ohne Aermcl, weite, auf den Hüften gefaltete Pantalons und Halbstiefel, die bis an die Waden geschnürt wurden, bildeten den Anzug der Roth- mäntcl- In Temeswar, im Innern von Ungarn or- ganisirt, hatte dieses Korps die Erblande des Kaisers und einen Theil von Deutschland durchzogen, um zur Operationslinie der Armee des Feldmarschall Wurmser zu gelangen. Auf diesem langen Wege cskortirte ein Regiment Kavallerie die Rothmantel, welche zwei und zwei an einander gekettet marschirtcn.

So langten sic im Mai 1793 bei den Linien von Germcrsheim an. Hier wurden sie von ihren Ketten befreit und nahmen Antheil am Feldzug. Der Anblick der Rothmäntel war in der That schrecklich. Auf dem Marsch sowohl, wie in dem Bivouak, flößten sie eine Art von Entsezen ein, dessen sich die Muthigsten nicht erwehren konnten. Jedem menscklichen Gefühle fremd, gaben sie niemals Pardon, und schnitten den Feinden, die in ihre Hände fielen, die Köpfe ab, welche sie stück­weis von ihren Chefs mit einem Dukaten bezahlt be­kamen. Hierin bestand ihr ganzer Sold. Man sähe oft, wie sie einen Gefangenen die blutigen Häupter seiner Kameraden tragen ließen bis zum Lager, wo sie ihm dann auch den Kopf abschnitten, um ihren Lohn zu erhöhen.

Groß war auch daher die Furcht der Bewohner der Rheinpfalz vor diesen Rothmänteln. Die Kinder flüchteten in panischem Schrecken, wenn sie einen Roth­mantel von weitem sahen, und selbst furchtlose und muthige Männer gingen ihnen, wo es nur möglich war, aus dem Wege. Daher auch der Schrecken der Bewohner des Dorfes Kandel, als sie die Nachricht erhalten hatten, daß ein Fähnlein dieser Rothmäntel bei ihnen werde einquartirt werden; daher ihre Furcht, als am andern Abend etwa 600 Rothmäntel in das Dorf einzogcn. Beinahe kein Haus blieb von Ein­quartierung befreit.

(Fortsezung folgt.)

Die Leute, die nach Californien gehen, können wie die Schnecken ihr Haus sogleich mitnehmen. In Ham­burg ist der Handel mit solchen hölzernen Häusern ein einträglicher Artikel geworden. Dem Unternehmer kostet so ein HäuZchen fix und fertig 10001200 Mark und drüben firn Goldland zahlen sie gern 10,000 M. dafür.

Auflösung des Räthfels in Nr. 79.

Oeffentliche Meinung.

Redaktion, Druck und Verlag der Meeh'schen Buchdruckerei in Neuenbürg.