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werden ihnen nicht erlassen, und bei Amte müssen sie, wenn sie ihr Recht suchen wollen, hohe Stempcltaren zahlen- Nahrung, Kleidung und Holz müssen auch angeschafft werden, und ach! das Holz, wie viele Unannehmlichkeiten bereitet dieses nothwendige Bedürfnis! diesen armen Menschen; sie werden fast durch Abarbeiten, Gesängnißsitzen und Waldstrafen erdrückt. Wie ist's Einem so weh ums Herz, wenn man sieht, wie ein armer, kaum in Lumpen gehüllter Mann, bleich und hohlwangig, von Regen triefend, mit einer schweren Last Holz daherkeucht?" Zu Hause erwartet ihn das abgehärmte Weib und die frierenden und hungernden Kleinen; der Vater wirft fluchend die Bürde von sich und sagt: „Schon wieder ausgeschrieben!" Das Weib aber rauft sich das halb ergraute Haar aus und seufzet: „Mein Gott, mein Gott, wo will das hinaus mit dem Schanzen und Sitzen!"
Der Pfarrer hatte kaum diese Worte gesprochen, als sich die Tritte vieler nahenden Männer hören ließen- Alles lauschte mit großer Spannung. Da drangen unerwartet etwa fünfzig wohlbewaffnete Männer mit Gewalt durch die Menge. Es waren theils Diener des Schlosses, theils beherzte Bürger des Städtchens, die sich entschlossen hatten, dem bedrängten Justizamtmann zu Hülfe zu eilen. Und von nun an nimmt die ganze, seither so ernste Seene eine gar komische Wendung.
„Herr Amtmann! diese Dummköpfe sollen Ihnen kein Haar krümmen und auch kein Blättchen Papier in hre schmuzigen Hände bekommen!" sagte der Vorderste der Männer, indem er den Hirschfänger zog. „Wollt Ihr denn," fuhr er gegen die Krawaller gewendet, fort -,wollt Ihr die Rechnungen armer Waisen verbrennen? Oder leider! verwickelte Prozesse durch Vernichten der Akten noch verwickelter machen?"
„Wir brauchen keine Akten, keine Amtleute!" schrieen die Tumultanten. „Die Papiere 'raus!" Und sie machten Miene, in's Amthaus cinzudringen; aber die drohenden Gcwehrläufe brachten sie augenblicklich wieder zum Stehen.
„Ich will Ihnen etwas sagen, Herr Amtmann!" sagt einer der zur Hülfe herbeigekommcnen Bürger, dem Beamten einen bedeutsamen Wink gebend. „Ich sehe Widerstand hilft hier nichts, übergeben Sie diesen Leuten Ihre Akten; aber nur Drei mögen mit herauf in's Bureau kommen."
Drei der Krawaller traten sogleich hervor und diese führte der Amtmann in Begleitung einiger Bürger in seine Schreibstube. Da aber mußten sie statt Akten etwas Anderes bekommen haben; denn Einer nach dem Andern purzelte die Treppe herunter. Nun hätten die Krawaller jedenfalls den Kampf begonnen,wenn sie nicht durch blinkende Hirschfänger und durch das Knallen der Hähne an den Gewehren in den Schranken gehalten und am Ende zum Rückzuge auf den Marktplatz genöthigt worden wären. Dahin eilten ilm-m jene Männer, die dem Amtmanne zu Hülfe gekommen waren, nach.
„Wie wär's, Gevatter, wenn wir diese Narren ein wenig tauften?" sagte Einer derselben. „Du bist Spritzenmeister und hast den Schlüssel zum Spritzenhaus, darum gehe, denselben zu holen."
„Den habe ich schon aus Vorsicht zu mir gesteckt," erwiederte der Anzeredete.
„Die Feuerspritze! die Feuerspritze!" jubelten Alle. „Wir wollen den Krawallern die Köpfe ein wenig ab- kühlcn!" Und schon nach Verlauf einiger Minuten war das Feuer bändigende Geschütz aufgeflpanzt und geladen.
Mehrere Krawaller aber, welche die Neugierde hcr- beigctrieben hätte, wurden von der ersten Ladung so nachdrücklich begrüßt, daß der Vorderste von der Gewalt des Wasserstrahls zu Boden geschleudert wurde; die übrigen Ruhestörer erhoben nun ein tumultarisches Geschrei und machten Miene, die Feuerspritze mit Sturm zu nehmen. Die Bedeckung derselben machte aber eine sehr drohende Bewegung, und die Kanoniere der ledernen Batterie bedienten ihr Geschütz so eifrig, daß dasselbe beständig ganze Wolkenbruche in die Reihen der Feinde sendete, wodurch denn diese endlich zum Zurückweichen und zur gänzlichen Räumung des Städtchens genöthigt wurden. Die Männer von der Spritze zogen den Krawallern noch eine Strecke bis in's Feld nach, um sich zu überzeugen, daß sie wirklich in ihre Dörfer zurückeilten. —
Unterdessen hatte der Stadtvorstand eine Bürgergarde organisirt, die zur selben Zeit den Krawallern nachrücken wollte, als dieselben bereits den Rückzug angetreten hatten. Diese Kühnheit kam aber den guten Bürgern theuer zu stehen. Kaum hatten sie die Mauern ihres Städtchens im Rücken, als ihnen ein Hause Männer entgegen zog, die zum Aeußersten entschlossen zu seyn schienen. Schreckliche Lage für friedliche Menschen! „Halt!" kommandirle der Anführer mit etwas unsicherer Stimme. Die löbliche Bürgergarde stand wie festgc- bannt. „Mich dünkt, dort kommt ein Haufen gerade auf uns los," sagte Einer, „am besten ist's, wir ziehen uns zurück; hier auf freiem Felde könnte es uns üb^l ergehen!" Dieser Vorschlag leuchtete dem ganzen Corps so sehr ein, daß es augenblicklich eine rückgängige Bewegung mit solcher Schnelligkeit ausführte, daß mancher Gardist durch irgend ein nicht zu beseitigendes Hinderniß, wie zum Beispiel durch Kartoffelstroh oder wohl gar durch einen Haufen Kartoffeln, zu Falle gebracht worden sepn soll. Im Rücken der Flüchtigen erschallte aber ein spöttisches Gelächter! das von den Männern der ledernen Batterie herrührte, welche die ehrliche Bürgergarde für Krawaller gehalten hatte. —
Das war das lächerliche Ende eines Krawalls im Jahre 1830. Glaubst Du nicht, lieber Leser, daß seitdem die Deutschen etwas anders geworden sind?
Noch muß ich zum Schluffe bemerken, daß man am andern Morgen einen schwarz gekleideten Herrn aus dem besten Gasthause kommen und das Städtchen verlassen sah. Es war dies der Geistliche, den die Kawal- ler zum Mitziehen gezwungen hatten, und dem es am vorigen Abende gelungen war, unbemerkt in das erwähnte Gasthaus zu entkommen. —
Zr e u e n b ü r g.
Schrannenzettri von; 5. Mai 1849.
Kernen wurde verkauft:
18 Schfl.
3.
12
fl.
20
kr. . . .
222
fl.
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kr.
14
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12
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48
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179
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12
10
12
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36
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126
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8
12
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24
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99
12
6
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/,
12
„
30
" ...
75
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10
„
12
15
„ ...
122
30
66 Schfl. 823 fl. 54 kr.
Mittelpreis 12 fl. 29 kr.
Taren:
für 4 Pfund weißes Kernen- oder Waizenbrod 1t kr. 4 Pfund Rückenbrod ...... 10 kr.
4 Pfund schwarzes Brod ..... 8 kr.
1 Kreuzerweck muß wägen 7^ Loth.
Stadt-Schuldheiffenamt.
Redaktion, Druck und Verlag der Meeh'scheu Buchdruckern in Neuenbürg.