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Miszelle n.

Fürst Metternich und seine Werkzeuge.

Fürst Metternich hat jährlich einmalhunderttausend Gulden Gehalt eingenommen, die andern Einkünfte, Geschenke und Vortheile ungerechnet, welche er aus seiner hohen Stellung zog. Was hat der Mann dafür gethan? Was hat er der Welt und dem Vaterlande genüzt?

Er ist aus Wien entflohen, und kaum fragt noch Jemand nach dem einst so mächtigen Haupte der Ne- action, dem Pfeiler, an welchem der erste Ring der weitverzweigten Adelskette befestigt war, dem Knoten- punct, in welchem alle die Fäden zusammenliefen, die der Absolutismus spann, um die Völker zu verstricken. Der Gewaltige Oesterreichs ist beinahe spurlos ver­schollen. Aber darum wollen wir ihn nicht etwa außer Acht lassen; wir dürfen den Edelmuth nicht so weit treiben, einem solchen Manne durch Stillschweigen eine Art von Indemnität zuzuerkennen. Er hat zu sehr ge­schadet, als daß wir ihm vergeben und eine Person, welche ein so verderbliches System trug, vergessen dürsten. Stand doch Fürst Metternich 40 Jahre lang an der Spize eines der mächtigsten Staaten Europa's! Meister war er in Allem, was die äußere Form betrifft, aalglatt und wunderbar gewandt. Aber es mangelte ihm an eigentlicher höherer Begabung, er war ohne allen inner» Schwung, ohne Verständnis« für das Ideale im Menschen und selbst arm an Ideen. In der Politik hat er es nie zu einer andern Maxime gebracht, als der platten und wohlfeilen, zu Allem, was er nicht begriff und was ihm nicht in seine Plane paßte, einfach Nein zu sagen. Er fühlte sich unfähig zum Organi­smen, zum Schaffen und Neugestalten; deshalb galt ihm das »Alles beim Alten lassen» als Inbegriff politischer Weisheit, dre er als »konservatives System» den übri­gen Cabinetten anpries. Jene aber, welche so schwach oder so thöricht waren, dem Nathe des österreichischen Staatskanzlers zu folgen, haben in den lezten Monaten die Früchte ihrer Verblendung geerndtet und das Ver­trauen auf den Diplomaten mit ihrem eigenen Unter­gänge bezahlt. Nun wollen die Klagen und Vorwürfe kein Ende nehmen gegen denselben Altmeister der un­moralischen Cabin ctspolitik, in welchem seine kleinen Nachtreter einst ihren Hort und Erhalter sahen, dem sie blindlings folgten, während sie ihm jezt Schimpf und Flüche in seine Verbannung Nachrufen.

Das Volk dagegen hat immer gewußt, daß in Met­ternich kein Sinn für Moralität wohnt, daß er niemals Achtung vor dem Rechte gehabt, und daß ihm jedes Mittel, auch das verwerflichste, genehm war, wenn es nur seine Absichten fördern konnte. Für Klugheit hielt er jene macchiavellistische Cabinetspolitik, die mit ihm zu Grunde gegangen, und welche die freien Staaten des neuen Europa nimmermehr dulden werden. Nie­mand hatte besseres Verständnis für Metternich's ganzes Wesen, als Kaiser Franz, über dessen angebliche Gut- müthigkeit noch heute tausend rührende Fabeln im Schwünge gehen, während jeder Unterrichtete weiß, daß diesem »guten-Kaiser» eine Art von Heimtücke und raffinirter Grausamkeit eben so wenig fremd war, wie ein Hang zur Jntrigue, den er mit seinem Metternich theilte, welcher für ihn zugleich Werkzeug und Leiter gewesen.

Metternich sah im Staate eine Maschine, die nur nach seinem Willen in Gang gesezt werden sollte; das Volk galt ihm für eine willenlose Masse, deren höchste Aufgabe im unbedingten Gehorsam bestand. Jede Frei­heitsregung war ihm gleichbedeutend mit Auflehnung und diese verfolgte er so weit sein Arm oder seine Jntrigue reichte. Man wird einst erstaunen über die lange Reihe von Metternich's politischen Behegnngs- und Unterlas­sungssünden, welche doch bald zusammengestellt werden muß. Vielen erscheint es als eine Art von himmlischer

Gerechtigkeit, daß Fürst Metternich den schmachvollen Sturz seines verderblichen Systems noch selber erlebt, daß der Tod nicht so mitleidig oder gnädig war, ihn vor der großen Katastrophe hinwegzunehmen, und daß das von.ihm so schwer geknechtete Volk gerade ihn mit Hohn vertrieb. Sie wünschen ihm zur Buße noch langes Leben!

Dieser rheinische Edelmann, welcher sich zum Herrn der österreichischen Monarchie emporgeschwungen, war nie ein Patriot; er trug kein deutsches Herz in der Brust. Bon Anbeginn seiner Laufbahn hat er gegen die theuersten Interessen des Vaterlandes gearbeitet.

Gleich nach Napoleons Fall, als eben unsere Nation den mächtigen Feind besiegt hatte, brachte er uns um Elsaß und Lothringen. Als er sie nicht für einen öster« reichischen Prinzen zu bekommen vermochte, wollte er die wichtigen Grenzprovinzen lieber in Frankreichs Hän­den lassen, damit nur nicht Preußen oder ein anderes deutsches Land sie erhielten. So ließ er aus Eifer­süchtelei und Mangel an großartiger Auffassung einen Hauptpreis des Sieges verloren gehen und Deutschlands Grenze im Südwesten blieb offen. Man begreift den Zorn des alten Blücher gegen den »diplomatischen Fe­derfuchser», welcher ihm später auch auf perfide Weise den Johannisberg wegkapperte, der eigentlich dem Mar­schall Vorwärts zugedacht war. Galt doch Blücher bei Metternich und dem russischen Alexander ( dem »edlen Verbündeten») der französischer als ein Franzose war, für einen Unruhestifter und Volksaufwiegler!

(Schluß folgt.)

Das deutsche Parlament.

Die Idee eines deutschen Parlaments, in welchem es neben einer Repräsentation der Fürsten auch eine Vertretung des Volks gibt, ist keineswegs so neu, als Manche vielleicht glauben, die davon erst seit der be­rühmten Mannheimer Volksversammlung gehört. Schon JustuS Möser regte in seinen »Patriotischen Phanta­sier»" etwas Aehnlichcs mit Bezug auf den deutschen Reichstag in Negensburg an. Ausführlicher und fast so vollständig, als irgendwo in neuester Zeit geschehen, hatVarnhagen von Ense die Frage behandelt, und zwar in einer bereits 18l6 entworfenen Schrift zur Geschichte des Wiener Congresses, von welcher sich die betreffende Stelle im siebenten Bande der »Denkwür­digkeiten und vermischten Schriften» des genannten vielersahrenen Schriftstellers abgedruckt findet.

Als edelmüthige Fürstenhandlung wollen wir auf die Erklärung des Großherzogs von Weimar aufmerk­sam machen, Paß er von seiner Civilliste von 280,000 Thlr. auf 30,000 Thlr. zum Besten des Landes verzichtet. Wie werden Louis Philipp und Metternich diesen Zeitgeist beklagen!

Calw, den 20. Mai 1848.

Fruchtpreise, Brod- und Fleischtarc.

Kernen(neuer) 15 fl. 24 kr. 15 fl. 8 kr. 14 fl. 48 kr.

Dinkel (neuer) 6 ff. 42 kr. 6 fl. 22 kr. 6 ff. 12 kr.

Haber (neuer) 5 fl. 12 kr. 4 fl. 51 kr. 4 fl. 36 kr.

Roggen d. Sri. 1 fl. 12 kr. 1 fl. 8 kr.

Gerste » 1 ff. 8 kr. 1 fl. kr.

Bohnen » Ist. 40 kr. 1 fl. 30 kr.

Wicken » 1 fl. kr. fl. 52 kr.

Erbsen » 2 fl. 6 kr. 1 fl. 48 kr.

Linsen » 2 fl. - kr. - fl. - kr.

Brod. 4 Pf. Kernenbrod kosten 13 kr., 4 Pf. schwarzes Brod 11 kr., 1 Kreuzerweck muß wägen 6V? Loth. Fleisch. Per Pfund. Ochsenfleisch 10 kr. Rindfleisch, gutes 9 kr., Kuhfleisch kr. Kalbfleisch 7 kr. Ham­melfleisch kr. Schweinefleisch, unabgezogen 12 kr., abgezogen 11 kr.

Redigirt, gedruckt und verlegt von C. Me eh in Neuenbürg.