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Ich war eigentlich unschuldig, sagte der arme Mensch, der ganz blaß aussah. Um cilf Uhr, als mein Herr ausging, befahl er mir, bis zwei hier im Hause zu bleiben und dann erst ihm zu folgen, um an der Tafel aufwarten zu helfen. Wie sollte ich also den Brief, der um halb zwölf Uhr kam, wo ich den Herrn überdies auf dem Wege zur Kirche wußte, in seine Hände bringen?

Ich wartete eine ganze Stunde in seinem Hause, Leopold kam nicht. Ich ging wieder zu Thccla und gab ihrer Tante den Rath, die Braut allein mit uns ab- reisen zu lassen, um dem Geschwätz der Leute vorzubeu- gen, da Leopold ja unfehlbar zum Vorschein kommen müsse. Die Tante willigte ein, und Thecla ließ Alles mit sich geschehen. Im Hause gab ich vor, den Bräuti­gam mit dem Wagen in seiner Wohnung abholcn zu wollen, und so fuhren wir ab. Thecla, die Tante und ich ließen wirklich bei Leopold vorbcifahren, in der Hoff­nung, daß er endlich zurückgekehrt sei. Es war aber nicht der Fall, und die längst eingebrochenc Dämmer­ung mußte ihn doch mahnen, daß es Zeit dazu sei. In seinem Hause ließ ich ein Billet an ihn zurück, mit der Weisung, daß wir auf ein Landhaus von Thecla's Tante gefahren, denn sein Gut konnten wir doch in den jetzi­gen Verhältnissen nicht zu ihrem Aufenthalte wählen.

Die Fahrt dauerte eine Stunde; Thccla sprach kein Wort. Sie weinte auch nicht, denn ich sah sie nicht ein einziges Mal mit dem Tuche ihre Augen trocknen.

Den andern Morgen mit Tagesgraucn ritt ich nach der Stadt, keine Srur war von Leopold. Seitdem er am Nachmittags sein Hauö verlassen, war er wie von der Welt geblasen.

Als ich schon wieder zur Thecla hinaus wollte, brachte mir ein Bedienter den ich auf Kundschaft gesendet, athem- loS die Nachricht, daß Herr von Stein gestern mit Extra­post abgereist ist. Der Postillon, der ihn bis zur näch­sten Station gefahren, hatte ihn erkannt. Er war allein, ohne Gepäck fort.

Was sollte ich nun Thecla sagen? Hier mußte ge­handelt werden. Ich eilte in meine Wohnung und schrieb eine Aufforderung an Leopold zwar ohne ihn zu nen­nen, aber ihm verständlich und deutlich genug, eine Aufforderung, sein Benehmen zu erklären und wo mög­lich zu rechtfertigen; im Unterlassungsfälle erklärte ich ihn für einen Ehrlosen.

Die Aufforderung ließ ich noch an demselben Tage zur Bekanntmachung an die Expedition einer allgemein ver­breiteten Zeitung in die nächste Handelsstadt abgehen.

(Fortsczung folgt.)

Was ist Pech? Pech ist, wenn Jemand der kurz­sichtig ist, in ein Ballet geht und seinen Operngucker verliert. Pech ist, wenn Jemand, der den Schnupfen hat, in Gesellschaft geht und sein Schnupftuch zu Hause vergißt. Pech ist, wenn Jemanden in einem sehr feier­lichen und ernsten Augenblicke gerade ein Witz einfällt, so daß er laut lachen muß. Pech ist, wenn Jemand seiner Geliebten ein Ständchen bringt und am andern Morgen vernimmt, sie sei nicht zu Hause gewesen.

Pech ist es, wenn wir Jemanden, den wir für einen Bekannten halten, vertraulich auf die Schulter schla­gen, und wenn sich derselbe umdrebt, sehen, daß es der Schneider ist, den wir noch nicht bezahlt haben.

Die theuern Kinder.

Manchen Vater kostet ein hübsches Geld Seines Herrn Sohnes Doktorhut.

Doch kostet das Doppelte glaube! Manch andern des Töchtcrleins Haube.

Wildbad, den 14. September. Die Zahl der Curgäste in Wildbad belief sich am 14- September 1845 auf 1823 Personen; heute ist die Zahl derselben 1834. In Liebcnzell, 1845, 235 Pers., 1846: 245 Pcrs. In Teinach, 1845: 225 Pcrs., 1846: 224 Pcrs.

Für Landleute.

Goldne Sprüche des Großvaters auf dem Lande.

(Fortsetzung aus Nro. 68.)

Gl'st und a, dere Pflanzen.

Auf einen leeren Raum,

Pflanz einen Baum,

Pflege sein.

Er bringt dir's ein.

Donnert's im September, soll's im nächsten Jahr viel Obst (und Getreide) geben.

Wenn in der Dreiklöpflcsnacht (Dezember) der Wind von Süden weht.

Viel Obst zu erwarten steht.

Wenn's an, Johannistag (24 Junius) regnet, verder­ben die Nüsse.

Skt. Barbara (4. Dcz.) soll Blüthenknospen zeigen.

Fabian Sebastian (20. Januar)

Läßt den Saft in die Bäume gähn.

Wenn die Haselnüsse gcrathen, gibr's meist auch viel Eicheln.

Skt. Georg (23 April) mußt Laub auf demZHut haben.

Nach Laurenzi (10. Aug.) wächst das Holz nicht mehr.

FruchtPreise.

In Calw am 12. Sept. 1846.

Kernen der Schfl. 21 21 -S - pM 21 ^ M

neuer 24 23 -4 23 tL» 23 /,

Dinkel,, 10 -ß 24^ 9^ 56ai» 9^ 40^4

Haber 7^I5^7^I5a^7-ß15äd»

Roggen das Sri. 2F ^ ^ M

Gerste ,, ,, 1^45^^

Bohnen ,, ,, 2 ^ 30 ^ 2 ^ 62 -?

Wicken -S

Linsen ,,-H

Erbsen ,, -S-Snr

Brodtaxe in Calw vom 20. Juni.

4 Pf. Kernenbrod 19 L» 4 Pf. schwarzes Brod 17ätte 1 Kreuzerweck muß wägen 4/z Loth.

FleischPreise.

In Neuenbürg vom 16. Sept. 1846.

Ochsenfleisch das Pfund. 9

Kuhfleisch.8

Rtndfleisch ........... 6

Kalbfleisch.7 tv?

Hammelfleisch ... . 8^-4

Schweinenfl. unabgezogen.11 ^

" abgezogen. 10 M

Redigirt, gedruckt und verlegt von C. Meeh in Neuenbürg.