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alle Anwesenden dünne Scheibchen Schinken. Während dieser Zeit dringt man auch dem Bräutigam seine Ge- » schenke, welche vorzüglich in Früchten bestehen, die in 16 verschiedene Päckchen getheilt sind; außerdem erhält er von seiner zukünftigen Schwiegermutter emige kleine Geschenke, besonders getrocknete Kürbiskerne. Aber diese , Kürbiskerne kommen ihm theuer zu stehen, denn als > Gegengeschenk muß er seiner Schwiegermutter eine Sum- ! me Geld geben, die man als Preis für die zukünftige !! Frau betrachtet. Dieser Gebrauch wird so streng erfüllt, ! daß Braut und Bräutigam nicht eher verbunden wer­den , als bis die bestimmte Summe pünktlich entrichtet ist.

Nach Beendigung dieser Feierlichkeiten berathen sich ! die Unterhändler mit den Sterndeutern über den zur > Verbindung günstigen Tag; sie versäumen aber nicht, sich für jeden vorkommendcn Fall mit einem Stück fri­schen Schweinefleisches zu versehen, damit der Teufel (den sie immer unter der Gestalt eines Tigers darstel- j len), ganz vertieft in den Genuß des Leckerbissens, das Brautpaar vergesse und ihm nichts Nebels zufüge.

Am festgesezten Tage beginnt die Braut schon früh mit ihrem Anzuge; das Hauptstück desselben ist ein un­geheurer Hut, der in Form eines Kordes den ganzen Kopf bedeckt, das Gesicht verhüllt und zirkelförmig bis ' auf den Gürtel herabgeht. Dann sezt man sie in einen Palankin, der aufs sorgfältigste nach allen Seiten hin verschlossen ist, da die Hauptsache ist, daß sie selbst nichts sehe und auch nicht gesehen werde. Hierauf be­wegt sich der Zug nach dem Hause des Bräutigams langsam und traurig, als geleite man eine Leiche zum Grabe- Der Gebrauch fordert, daß alle Begleiter der Braut fortwährend heftige Seufzer und laute Klagen auSstoßeN.

Wenn sich der Zug dem Häufe nähert, läuft einer der Begleiter voran, die Ankunft der Braut anzukün­digen, und ruft aus voller Kehle: Sie ist da, sie ist ^ da! Sogleich ertönen Trompeten, die gewöhnliche Mu­sik bei alle» chinesischen Feierlichkeiten, und der Bräu­tigam eilt, sich schleunigst in seinem Zimmer ein­zuschließen.

Die Unterhändler, welche er erstaunt und gleichgültig empfangen muß, als wisse er nicht, was sie wollen, suchen ihn bald auf und führen ihn zum Palankin. Hier muß er eine große Bewegung zeigen: zitternd öffnet er den Palankin, hebt die Braut aus demselben und führt sie zu einem Tische, vor welchem er sich ihr gegenüber niedersezt. Nach dem Mahle, an dem im Grunde aber ^ nur der Bräutigam Thcil n mmt, indem die Braut j unter ihrem Hute kaum einen Bissen zum Munde füh­ren kann, ziehen sich die Gatten allein in einen Saal zurück. Dort erscheint endlich für den jungen Mann der feierliche Augenblick, wo er den geheimnißvollen Hut abnehmen und zum ersten Male die Züge seiner Frau ! betrachten darf. Welchen Eindruck aber auch dieser An- ! blick aus ihn hervorbringe, immer zeigt er seiner Gattin nur die liebenswürdigste Zufriedenheit. Diese erste Prü­fung ist jedoch für die junge Frau nur die Vorbereitung

zu einer zweiten, weit grausamer», schrecklicher«; denn nun werden von Seiten des Mannes alle Gäste zuge­lassen, um ihr Urtheil über die getroffene Wahl auS- zusprechcn, was immer mit der größten Offenherzigkeit geschieht. Die Etikette, welche dem Manne die oft so schwierige Verstellung auferlegt, berechtigt die Gäste zur größten Freimüthigkcit, und insbesondere ist es den Frauen erlaubt, der Braut nach Belieben scherzende und beißende Urtheile ins Gesicht zu sagen, wobei nur in seltenen Fällen die eine oder die andere diese Gele­genheit unbenüzt ließe, um vielleicht einem alten Grim­me einst bei einem ähnlichen Falle erregt, dabei Luft zu machen. Während dieser ganzen Verhandlung ist das arme Opfer derselben zum strengsten Schweigen und zu einer völligen Thcilnahmlosigkeit verurthcilt, mögen die Scherze, deren Ziel sie ist, auch noch so schmerzlich und beißend sein. In dieser Schmerzensstunde wird aber oit der leidenschaftliche Haß geweckt, und manches harte Urtheil bewahrt die junge Frau sorgfältig, um es ei­nes Tages auf dieselbe grausame Weise zu vergelten.

Die übrigen Hochzeitsfeierlichkeitcn bieten ungeachtet des fortwährenden Schalls der Musik und der mancher­lei von den Gauklern ausgesührten Possen nur trauri­gen Ernst und nichts Bemerkcnswerthcs dar; es müßte denn die ängstliche Sorge erwähnt werken, mit welcher die jungen Eheleute ihre Kleider verstecken. Der Ge­brauch nämlich erlaubt den Gästen, jedes Mittel anzu- wcndcn, wie sie dieselben rauben können, und gelingt ihnen dies, so m ssen die Beraubte» sie mit baarem Gelde wieder einlöscn. Lues ist jedoch die einzig mög­liche Rückerstattung, welche man den Gästen bietet, die durch das unumstößliche Gesez der Etikette genöthigt sind, als Erwiederung für die unbedeutenden Kleinig­keiten. welche man ihnen gereicht, Geschenke von weit höherm Werthe zu geben, die von den neuen Eheleuten als eine kleine Entschädigung betrachtet werden für die vielen Ausgaben, die jeder einzelne Gast verursacht. Wie langweilig und lästig aber auch diese Hochzcits- feierlichkeiten für die Gäste sein mögen, dennoch wird die Ehre, zu denselben zugelassen zu werden, aufs eif­rigste gesucht. Niemand darf sich bei denselben zeigen, wenn er nicht förmlich cingelade» ist, d. h. wenn er nicht als Einladungskarte ein Blatt von rothcm Papier erhalten, dessen Falten eine künstliche Zusammenlegung von zwölf Buchstaben bilden.

Auflösung des Nathfels in Nr. S1 E >gcl. Nc.u'el.

F z n ch t P r e i fr.

In Heilbronn am 12. November 1845. Kernen der Schfl. l9 F er» ^ er» 18/

Dinkel 8 F 8 er» - -S - 7 / -

Waizcn 18/6 18 eT» 17 F 45 er»

Gerste 12 F 24 er» - -6er» 11 15 er»

Haber ,, 5 F 45er»Fer» 4 F 30er»

Redigirt, gedruckt und verlegt von C. Me eh in Neuenbürg.