die Tafel zu sezen weiß, als jene groben Bauernspeisen!"
,,„So?riefWillem, „da wird wohl mein Kellermeister auch etwas Stärkeres haben als dünnes Coventbier! — Nu, das versöhnt mich einigermaßen mit meinem Her- zogthume von Burgunv, wie Ihr mich glauben machen wollt, denn das kann ich Euch sagen, alter Herr, nicht das macht den Menschen, was er am Kragen, sondern vielmehr das was er im Magen hat! —Wie wäre es, l ebes Weibsen oder Frau Herzogin, wie Jhr's vielleicht lieber höret, wenn uns der Herr von Marschall da den Weg zur Küche zeigte?""
„Er mag uns immerhin zum Speisesaal sichren!" entgegnet« die Herzogin, berichtigend, und legte mit gutem Anstande ihre Fingerspi,en in die Rechte des Schuhflickers. — „Hm! dachte dieser, mit Seitenblicken auf den großen Metallspicgel und auf seine Begleiterin, „wenn ich mich so einigermaßen in dem Habit da vernichte, komm' ich mir doch auch sch er vor wie Einer, der nicht eben zum Schuhflick n in der Körte-Poote- Gafse auf der Welt ist; und je länger ich mir die Frau Herzogin da ansehe, desto närrischer wird mirs doch da unter dem Gürtel." — So schritt er denn, ein treuer Nachahmer des fürstlichen Anstandes seiner Begleiterin, an deren Seite durch viele reichgeschmückte hohe Zimmer nach dem Speisesaale, wo das ganze Hofpersonale versammelt war; es erforderte — das fühlte er wo l, wenn ihm der Degen zwischen die Beine gerieth oder wenn er sich selbst auf die Schleppe seines la gen seidenen Uebergewandes trat, — es erforderte aber doch einige Uebung, sich als Herzog zu geberdcn, und da wollte es ihm denn docb bedunkcn, daß seine Ahnung, er sep eigentlich ein besserer Schuhflicker als Herzog, ihn nicht so gan trügen könne.
Als das herzogliche Paar seinen Plaz an den Häup- ten der Tafel eingenommen hatte, sezten sich auch die Andern, Herren und Damen, zu wische. Ein leckeres Mahl ward aufgetragen nebst feinen köstlichen Weine», aber troz all dieser Lockungen vergab sich der neue Herzog doch nichts an seiner hohen Würde, sondern hielt sich in Allem sehr mäßig: iz weil er noch an den Nachweisen seines gestrigen Wohllebens litt, und 2) weil er zu tief in die schönen Augen der Frau Herzogin blickte, die ihm von Minute zu Minute besser gefiel.
Nach dem Frühmahle wollte er sich in seinen schönen Kleidern in den Straßen der Stadt zeigen, aber man bedeutete ihm, daß dieß eigentlich nicht angehe, da es die Pflicht eines guten Regenten sey, jeden Morgen die Messe zu besuchen; ohne also sich um die etwaigen Motive seines Verlangens zu bekümmern, führte man ihn in d e Kapelle des'Schlosses, deren Pracht ihm wiederum eine ganz neue Erscheinung war, und wo er namentlich die drei herrlichen, der Mutter Gottes, dem Heilgen Andreas und dem heiligen Jvoy gewidmeten Altäre bewunderte, aber auch seinen Pflichten als frommer Christ und Landcsvater gewissenhaft nachkam; denn der lüderliche Schuhflicker Willem hatte doch troz aller seiner üblen Eigenschaften sich nie von der pünktlichen Erfüllung seiner religiösen Obliegenheiten abbringcn lassen, und das eigentliche Herzogspaar war entzückt, seine Andacht und Innigkeit beim Gebete wahrzunehmen.
Nach der Messe schied die Herzogin von ihrem fchuh- flickenden Gemahl, um sich in ihre Zimmer zu begeben, während dieser sich fast willenlos in den Thronsaal führen ließ, wo er eiWr Gerichtsveriammlung vorsizen und sein Urtheil sprechen sollte. — Es muß ein allerliebstes Lustspiel gewesen sepn, den Schuhflicker, umgeben von seinen ersten Räthen und Lehenträgern, auf dem Throne zu sehen.
Eine der ersten Klagen, welche man Willems Weisheit zur Entscheidung vorlegte und wobei er eine wun
derbar ernste Miene behielt, war die eines Kneipen- wirths an der Straße nach Scheveningen, der da behauptete, ein gewisser Erzschlcmmer und Trunkenbold der Schuhflicker Willem aus der Körte-Poote-Gaffe, schulde ihm für verschiedentlich dargereichtes Getränke die Summe von eilf Gulden, und habe dafür seinen Sonntagsrock verpfändet. Alle Anwesenden waren gespannt, wie sich der nene Richter wohl aus dieser Sache Herauswickeln werde, und flüsterten schon lächelnd mit einander. Ta erhob sich aber der Schuhflicker-Herzog, und sprach mit unerschütterlichem Aplomb zu dem Kläger: „Ich kenne Euren Schuldner, mei > Freund, und weiß, daß er allerdings hie und da in munterer Gesellschaft einen Becher über Durst ladet; auch seiner Mutter schon gar viel geschlagenes Herzeleid bereitet hat; aber das geht ja Euch nichts an und Ihr braucht ihn deß- halb nicht mit solchen Schimpfrcdew zu belegen, zumal er Euch seither stets redlich und ehrlich gezahlt und gar manchen Gulden zu verdienen gegeben hat. Wenn er Euch dießmal nicht zahlte, so geschah cs wahrscheinlich nur, weil er selbst kein Geld hatte. Da aber das Wetter so kalt und die Zeit Unseres hiesigen Aufenthaltes so festlich ist, so gedenke ich ihm sein Feirrkleid auS Euren Händen zu lösen, weil ich ihm besonders wohl will. Ich habe ja auch einen Schazmeister hier, glaube ich."
„Ja, Monseigneur!" sprach ein würdiger Greis vortretend, „ich bin gespannt, Deiner Hoheit Befehle zu vernehmen."
„Seyd so gut, lieber Alter," enigegnete der Herzog, „den kleinen B>trag da für den armen Schuhflicker zu zahlen und ihm die Quittung des Schenkwirths zuzu- stellen, und da Zhr denn schon einmal am Zahlen sepd," fuhr er lächelnd fort, „und ich gerade eine besonders großmüthige Laune habe, so mögt Ihr dem armen Teufel, meinem Freunde, noch zweihundert weitere Guldeu zusenden, worüber ich ebenfalls eine Bescheinigung sehen will."
„Ew. Hoheit belieben zu scherzen, indem Dieselben einen Schuhflicker Dero Freund nennen," warf der Kanzellar ein.
„Ei was, Ihr alter Knasterbart," entgegncte Willem trozig, „ich weiß gar wohl, was ich sagen will; man schicke ferner dem armen Willem an der Körte-Poote noch außerrcm fünfundzwanzig Krüge von dem herrlichen weißen Wein, den ich heute zum Frühstück getrunken habe, und lasse sich ebenfalls deren Empfang bescheinigen. Jezt aber, Ihr Herren! laßt uns zu Tische gehen, denn das viele Geschwäze hat mir schon wieder Hunger und Durst gemacht."
(Fortsczung folgt.)
Fruchtpreise in Calw vom 10. Februar 1844. Kernen der Scheffel:
- 18 fl. 12 kr. - 17 fl. 55 kr. — 17 fl. 40 kr.
Dinkel der Scheffel:
- 7 fl. 30 kr. — 7 fl. 12 kr. — 6 fl. 54 kr.
Haber der Scheffel:
- 5 fl. - kr. — 4 fl. 46 kr. — 3 fl. 40 kr.
Roggen das Sri. — fl. — kr. — ff. — kr.
Gerste „ „ 1 fl. 24 kr. 1 fl. 12 kr.
Bohnen „ „ 1 fl. 20 kr. 1 fl. 12 kr.
Wicken „ „ - ff. 44 kr. - ff. 42 kr.
Linsen „ „ 1 fl. 12 kr. — fl. — kr.
Erbsen „ 1 fl. 52 kr. 1 ff. 39 kr.
Rcdigirt gedruckt und verlegt von C. Meeh in Neuenburg.