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schönen Weift und den Worten Paul Gerhards:Befiehl du deine Wege" rc. Es waren die Schulkinder, die nach alter Sitte vor den Lhüren des Dörfleins dich herrliche Lied in die Herzen hiueinsangen. Hier wars wie eine Antwort vom Himmel. So klangs dem Pfarrer. Er sank auf seine Kniee, und des Liedes Worte klangen in seinem Munde, seinem Gefühle sich anpassend, zum Gebete, das er laut und mit Glaubensinnigkeit betete.

Während der Vielgeprüfte gebetet, waren die Kinder vor sein Haus getreten und stimmten mit ihren reinen, Hellen Stimmen die beiden lezten Verse des Chorals an.

Er hatte gehorcht mit angehaltenem Athem, und als der lezte Ton leise verklungen war, da stand er auf und ging rasch gegen die Thüre, denn es war ihm, als habe der Herr also zu ihm gesprochen. Als er die Thüre öffnete, da stand die treue Gefährtin seiner Tage vor

ihm. Sie hatte ihm das Licht bringen wollen, und hörte ihn betenund betete weinend mit, und hörte den Kin­dergesang, und auch ihr Herz begann zu hoffen.

Du hier?" fragte der Pfarrer.

Ja," sprach die Mutter,ich habe mit Dir gebetet, und auch in meine Seele ist Friede gekommen, Gott wird helfen." Er brückte sic an seine Brust uud weinte leise; aber dieß Weinen war ein so seliges.

Jezt klopfte es leise an die Thüre, und auf des Pfar­rers: Herein! trat Veit, der arme Weber, der Vater von neun unerzogenen Kindern, in das kleine Stübchen mit freundlichem Abendgruße. Der Pfarrer fragte den Armen nach seinem Begehr.

Der aber hielt die Hände vor das Antliz und weinte laut und sprach:Gott hat mir mein gutes Weib, die Mutter meiner neun Kinderchen genommen!"

Das traf das Paar wie ein Donnerschlag. Sie wa­ren keines Wortes mächtig im ersten Augenblick, aber es traten Thränen in ihre Augen. Dann faßte der Pfarrer Veits Hand und sprach Worte des Trostes, die aus treuer Brust kamen, und wie Balsam in das wunde Herz des armen Vaters stoßen.

O, dieß ist noch nicht alles, was mich drückt;" rief der Arme.

Und was drückt dich noch. Beit?" fragte der Pfarrer.

Uebermorgen wird mein Webstuhl, mein Bette und mein Häuschen gepfändet, weil ich vierzig Gulden zah­len soll, und fle nicht habe! Was soll aus mir wer­den, was aus meinen armen Kindern?"

Und hast du nicht es zu leihen gesucht?" fragte der Pfarrer weiter, und sein Herz bebte bei der Roth dieses Armen.

O, mir Armen will Niemand leihen, weil man jezt mein Verderben vorauszusehen glaubt."

Da zog die Pfarrerin leise an des Gatten Arm und flüsterte:Er ist ärmer als wir, hilf ihm. Gott wird auch uns helfen."

Er aber lächelte, trat zum Pulte, nahm von den siebzigen vierzig und legte sie in Veits Hand.

Geh hin und tilge deine Schuld!" sagte er.

Der Arme sah ihn an mit zweifelhaften Blicken. Kannte er doch des Pfarrers Armuth. Der aber drängte

ihn, daß er gehe; und unter Segenswünschen schied der arme Veit, dem das Herz leichter geworden war in seiner Noth.

Und sie gingen hinab zu den Kindern, wo Hannchen ihren beiden Geschwistern von Wirtington erzählte, der, ein Armer und dazu eine hilflose Waise, doch durch Gottes Segen zweimal Bürgermeister von London ge­worden.

Wie hob sich ihr Herz so viel leichter, als sic die Eltern, von einer seligen Freude verklärt, erblickte. Ein sanfter Schlaf führte alle unbewußt in das neue Jahr. Sein erster Morgen kam hell und klar. Die

Glocken läuteten. Der Pfarrer ging mit den Seinen zur Kirche und predigte über das herrliche Wort: Befiehl dem Herrn deine Wege, und hoffe auf ihn, er wirds wohl machen.

Das waren Worte des Lebens, die er sprach, Worte des heiligen Glaubens, der seligsten Hoffnung. Als sie aus der Kirche traten, »ahete der Briefbote. Es war ein Brief von Friedrich, den er brachte. Des Va­ters Hand zitterte, als sie ihn nahm.Ach," seufzte er in sich hinein,wird er nicht aufs neue drängen und bitten, weil er muß, der gute Junge?"

Aber diese Angst sollte fich in Freude verwandeln, denn nebst den schönsten, liebevollsten Glückswünschen meldete er, daß ihm endlich ein Stipendium von 200 Gulden geworden, und daß er nun bei vermehrtem Stundenge­ben noch seine Eltern unterstüzen zu können hoffe.

Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird's wohl machen!" rief, dem Herrn dankend der Vater, und die Mutter drückte des Vaters Hand, und eine Thräne in ihrem Auge schien sagen zu wollen,was wir an dem Armen gethan, das vergilt uns Gott!"

Erst, nachdem der Pfarrer den Ornat abgelegt, ent­faltete er das Verordnungsblatt, das unter Kreuzcou­vert der Bote ihm gereicht, und siehe er las mit fein­stem Blicke und thränendem Auge:Zum Regicrungs- Secretär ist ernannt worden der bisherige Canzlist Werner.

Da erbleichte Hannchen; aber dieß Erbleichen war nicht von einem Schrecken, der das Herz erstarren macht, sondern von jenem, der wohl augenblicklich den Schlag des Herzens hemmt, ihn aber dann schneller hebt und immer schneller in ieliger Lust; denn Werner war ja ihr Bräutigam. Er war endlich in eine Stelle einge­rückt, die ihm rin redliches Auskommen sicherte, und ein hinlängliches, um sein geliebtes Hannchen heimfüh­ren zu können. Sie sank an der Mutter Brust, und der Vater legte segnend die Hand auf ihr Haupt:Der Eltern Segen baut guten Kindern Häuser!" sprach er feierlich.Hannchen sieh, der Herr macht alles wohl."

Sie küßte des Vaters Hand und eilte hinweg ins stille Kämmerlein, daß das Herz auch seine Sprache rede und Dem danke, der so das Leid gewandt.

Der Neujahrstag war ein seliger Freudentag im Pfarrhause. Mittags kamen Glückwünschende, treue Freunde aus der Stadt und Umgegend.

Aber wie staunte der Pfarrer, als sie auch ihm zu einer Zulage Glück wünschten, von der er nichts wußte.

Haben Sie denn das Verordnungsblatt nicht gelesen?" fragten die Freunde- Da nahm er's wieder, wie er's niedergelegt bei der Nachircht von Werners Glück, und siehe, da stand auch, daß hm, dem wohlverdienten Manne, jährlich hundert Gulden zugelegt worden sepen. Jezt faltete der Mann seine Hände im heißen Dank­gebete und sprach: Befiehl dem Herrn Deine Wege und hoffe auf ihn, er wirds wohl machen. Ja, er hat's wohlgemacht!

Auflösung -es Räthsels in Nro. 3. Vaud - Wurm.

Frachtpreise Ln Calw vom 30. Dezember 1843. Kernen der Scheffel:

- 18 fl. 30 kr. - 18 fl. 9 kr. l8 fl. - kr.

Dinkel der Scheffel:

- 7 fl. 44 kr. - 7 fl. 17 kr. - 7 fl. - kr.

Haber der Scheffel:

- 5 fl. 12 kr. - fl. 5 3 kr. - 4 fl. 24 kr.

Redigirt gedruckt und verlegt von C. Meeh in Neuenbürg.