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Rührung, die er nicht überwinden tonnte, Alles, was seine Tochter für ihn gethan hatte.
Inmitten dieser Scene hatte das junge Mädchen ihre Arme um des Vaters Nacken geschlungen und drückte ihn fest an ihre Brust. O, wie glücklich war sie, daß sie seine Freiheit erwirkt und sein Leben gerettet hatte! In diesem Augenblick schien ein Himmel voll Wonne sich in ihre Brust gesenkt zu habe». Es schien, als hätte sie die Welt und alle ihre Leiden vergessen, die sie kurz vorher erlitten hatte, sie schwelgte im Entzücken beim Anblick ihres Vaters, der sie freudig in seine Arme schloß, ihr Gesicht mit Küssen und Thränen benezte und sie seine Tochter, seine Retterin, seine Vorsehung nannte. Als der Wonnerausch des freudigen Wiedersehens etwas verflogen war, dachte man an Frau von Lajolais. Aber die edelmüthige Prinzessin Hortensia, die von Allen, die sie kannten, gesegnet und geliebt wurde, hatte sie nicht vergessen. Durch die Vermittlung ihrer Mutter der Kaiserin, hatte sie auch die Begnadigung und Freiheit der Frau von Lajolais erlangt. Welch ein verklärter Augenblick mochte es für Aurelien seyn, sich durch ihren Muth und ihre Beharrlichkeit mit ihrem Vater und ihrer Mutter wieder vereinigt zu sehen?! Man muß wie sie gelitten haben, wie sie von den Urhebern seines Lebens getrennt gewesen se-n, und für ihr Leben gezittert haben, um die heilige Wonne dieser Wiedervereinigung begreifen zu können.
(Der einzige Fehler.) Ein englischer Rechtsanwalt that einst einen kuriosen Pferdekauf, den er auf launige Weise folgendermaßen erzählte: „Ich kaufte einmal? von einem Roßtäuscher ein Pferd, das er für ganz fehlerfrei ausgab. Ich glaubte, einen Schaz erworben zu haben; dennoch wollte ich gar zu gern wissen, ob denn das Pferd wirklich keinen Fehler habe. Als daher das Geld ausgezahlt war, sagte ich zu dem Verkäufer: „Nun, mein Freund, habt Ihr Euer Geld, und ich habe mein Pferd, der Handel ist abgemacht; jczt sagt mir als ehrlicher Mann aufrichtig, ob denn das Pferd gar keinen Fehler hat?" —„Herr" antwortete er, „Sie haben sich als Gentleman gezeigt, und da Sie mich aufs Gewissen fragen, so will ichs Ihnen nur gestehen, das Pferd hat einen einzigen Fehler." —Ich spftte die Ohren. „Und was denn für einen?" —„Je nun, in Urbridge, im Gasthofe zur Krone, ist es durchaus nicht in den Hof hineinzubringen." — „Bah, wenn cs weiter nichts ist," erwiederte ich, „das will ich ihm erlassen, denn in Urbridge habe ich nichts zu thun." —Dennoch fügte es sich bald einmal, daß ich nach Urbridge mußte; ich wollte daher bei dieser Gelegenheit sehen, ob mein Pferd noch immer seinen alten Widerwillen gegen den
Gasthof zur Krone hätte. Ich ritt also die Straße entlang, und als ich vor dem Gasthof war, trat ich recht fest in die Steigbügel, und iczte mich gehörig zurecht, um die große That zu vollbringen. Da ich nichts Anderes erwartete, als daß mein Pferd sich aus vollen Kräften sträuben würde, so drückte ich ihm die Sporen tief in die Seite und nahm nun einen kräftigen Anlauf. Allein wie erstaunte ich, als das Pferd eben so geduldig in den Hof trabte, wie die Kuh, die eben vor ihm herging. Das Räthsel löste sich indessen bald, denn der Wirth kam auf das Pferd zu, schlug es sanft auf den Rücken und rieft „Ei, ei, Jack! das ist mir lieb, daß ich dich wieder sehe, ich gab dich schon ganz verloren." — „Was wollen sie damit sagen, Herr Wirth?" „Sir, dieses Pferd wurde mir vor sechs Monaten gestohlen, und seitdem habe ich es mit keinem Auge gesehen."
Ein anglikanischer Geistlicher, dem seine Amtspflichten lästig sepn mochten, sah mit Schrecken der Beichtzeit des Osterfestes entgegen. Er verkündete deshalb am Palmsonntage nach der Predigt von der Kanzel: „Meine Brüder und Schwestern! Ich benachrichtige Euch, daß, um Unordnungen zu vermeiden, ich Montags den Lügnern, Dienstags den Habsüchtigen, Mittwochs den Ver- läumdern, Donnerstags den Dieben, Freitags den Liederlichen und Samstags den bösen Weibern Beichte halten will. Das wirkte so vortrefflich zur Freude für diesen Prälaten, daß sich Niemand zur Beichte einfand und er gute Tage hatte.
Streck-Näthsel.
Ein großer Mathematikns Steht auf des Nachbars Dünger Und wartet, bis zu Knall und Schuß Ihn löst des Jägers Finger.
Aus seinem Mund in klarem Gruß Fließt edler Freudenbringer,
Doch hört einst seinen Morgengruß Mit Schmerz des Herren Jünger.
Im Käfig macht er Dir Genuß Als liederreicher Singer,
Doch liebt man mehr ihn noch — zum Schluß — Im Korb als Herzbezwinger.
Kcrnenprcise in Neuenbürg vom 21. Oktober 1843.
Der Scheffel:.17 fl. 30 kr.
„ „ .17 ff. 15 kr.
Durchschnitts - Preis . . 17 fl. 21 kr. Brodtare.
4 Pfund Kernenbrod ......... 15 kr.
Gewicht des Krcuzerwccken 5^/. Loth.
Redigirt gedruckt und verlegt von E. Meeh in Neuenbürg.