440

Gmünd, 16. August. Heute feierte unter lebhafter Beteiligung der hiesigen Einwohnerschaft und sämtlicher Militär- und Kriegervereine des Bezirks und der Nachbarorte der im Jahre 1871 gegründete Veteranenverein sein Söjähriges Stiftungsfest.

DaS Präsidium des württemb. Kriegerbundes war durch Generalmajor a. D. v> Reinhardt vertreten, auch der Gründer und erstmalige Vorstand des Ver­eins, Hr. Bauer, der jetzt in Stuttgart wohnt, fand sich ein. Der Militärverein schenkte dem Bruder­verein ein prachtvolles Fahnenband, die Frauen Gmünds zwei Schärpen.- Nachmittags bewegte sich der Festzug durch die beflaggten Straßen der Stadt, welchem sich die Militär- und Kriegervereine, Offiziere,

Beamte, die bürgerlichen Kollegien rc. anschlossen.

Auf dem Festplatz hielt Stadtschultheiß M ö h l e r die Festrede, in welcher er namentlich des uns seit 1871 erhaltenen Friedens gedachte. Mit einem Hoch auf Kaiser und König, in das die Festgäste jubelnd ein- pimmten, schloß die Rede. Weiter sprachen Hr. Bauer und Generalmajor v. Reinhardt, der im Namen des württemb. Kriegerbundes die Kameraden begrüßte; er wünschte, der Verein möge auch ferner seine Ideale und die bürgerlichen Tugenden hoch halten; nament­lich freue ihn das gute Einvernehmen der Veteranen und der Einwohner Gmünds. Sein Hoch galt diesem Einvernehmen. Unter den weiteren Rednern nennen wir Pfarrer Heizer und Oberst v. Schmid. Vor­träge des Liederkranzes und der Musikkapelle erhöhten die Feststimmung.

Münsingen, 17. August. Ueber hies. Mar­kung entlud sich am letzten Samstag, nachmittags 1 Uhr, ein furchtbares Hagelwetter verbunden mit wol- kenbruchartigem Regen. 5 Minuten lang fielen hasel- nußgroße Schloffen, daß man sich binnen kurzem in eine Winterlandschaft versetzt glaubte. Der Schaden an Roggen- und Gerstenfeldern ist nicht unbedeutend.

Von hier aus zog Vas Unwetter ostwärts über Au- ingen und das Militärzeltlager nach Böttingen. Auf Böttinger Markung, wo man vor der Ernte stand, war der Hagelschaden besonders groß; leider sind wieder die meisten nicht gegen Hagelschlag versichert.

Von Böttingen aus zog das Gewitter, sich zerteilend, ostwärts über Ludwigshöhe, Ennabeuren und Feld- petten zu, ohne Schaden anzurichten.

Heilbronn, 17. August. Während gestern abend gegen 8 Uhr ein Schutzmann eine aus hiesiger Stadt ausgewiesene Kellnerin "in der Frankfurter­straße verhaftete, mischte sich ihr angeblicher Ehemann, der sich später ihr Bräutigam nannte und Beamter der kgl. tierärztlichen Hochschule in Stuttgart sein wollte, in der ungebührlichsten Weise darein und be­lästigte den Schutzmann in jeder Art. Um seine an­gebliche Charge besser zu markiren, trug er einen Zwicker, was er sonst bei seiner eigentlichen Beschäf­tigung (er ist Grabarbeiter und Hafner) nicht zu thun pflegt. Alle Bemühungen und Mahnungen seitens

ordnungen stieß er auf Widerstand, wohlgemeinte Ratschläge wurden unbeachtet gelassen, selbst seine Hilfe verschmäht oder wenigstens nicht erbeten.

Sich in diese Verkehrsweise zu finden, wwde ihm um so schwerer, da er ehemals nicht rur von seinen Soldatm angebctet, sondern auch hier bei Jung und Alt beliebt gewesen war; jeder Besuch auf Hoher.-Moor hatte ihm davon Beweise gegeben, und nun plötzlich diese Veränderung!

Ueber Jahresfrist blieb ihm der Grund derselben verborgen; ein« s TageS aber, als er den langen Jochen, einen frechen Wilddieb, den er mehrmals vergeblich gewarnt hatte, beim AuSweidm eine« Hirsches überraschte und dem Fächer befahl, ihn zu verhaften, rief ihm der Mensch höhnisch auflachend zu: »Schon gut! 'S ist die alte Geschichte, kleine Diebe hängt man, große läßt man laufen. 'S giebt Leute, die ganz Hohen-Moor eingesteckt haben . .

»Still, Kerl, oder ich schlage Dir den Schädel «n!" schrie der Förster, dunkel­rot vor Zorn, und erhob des Gewehr, indeß ein paar herbeieilende Holzknechte den nochmal« frech Auflachenden fortzogm.

Auch Wulf war aufgefahren, sagte sich jedoch, daß cS unter seiner Würde sei, die Anschuldigungen eine« solchen Menschen zu beachten, und gieng in Begleitung de« Förster« schweigend weiter. Plötzlich blieb er stehen, und für einen Moment war ihm, als ob er erst cken müsse; war hier vielleicht die Eiklärung, die er bisher vergeblich gesucht? Hatte der Wilddieb vielleicht nur ausgesprochen, was andere dachten? Zaudern und Ausweichen war seine Sache nicht; sich nach dem Förster «mwendend, sragte er: »Hartig, w sstn Sie etwa, was der lange Jochen hat sagen wollen? Ja, Eie wissen -S!" fügte er hinzu, als er dm ehrlichen Alten zusammen­schrecken sah. »Heraus mit der Sprache. Mann ohne Umschweife!"

Der Förster kratzte sich hinter dm Ohren; wmn der junge Herr Graf Wulf hatte sich vergebens gegen dm Titel gesträubt in diesem Tone sprach, war »echt auszuweichen.

»Na, freilich, was der Jochen sagen wollte, weiß ich schon," gab er kleinlaut zur Antwort; »aber cS ist pure« dummes Zeug, das den Herrn Grasen nicht zu kümmern braucht. Man weiß ja, wie albern die Leute find."

von Profession, die unlängst nach dem bayerischen i Städtchen Dinkelsbühl fuhren, trugen ihren Wagen,, an der Stadt angekommen, bis zum Gasthause, an dem sie einstelllen, lustig am Steuerhaus vorbei und ersparten sich auf diese Weise die Abgabe des dort üblichen Pflastergeldes. Unglaublich aber wahr!

Ulm, 15. August. Die »Schnellpost" berichtet: Hrn. Privatier Bantlin widerfuhr vorgestern das Mißgeschick, in die hinter seinem Hause vorbeifließende: Blau zu fallen. An der tiefen Stelle wäre er bei­nahe ertrunken, wenn er nicht rechtzeitig von Hrn.. Landgerichtsrat Walser und zwei Mägden aus dem Wasser gezogen worden wäre.

Ulm, 17. August. Vorgestern nachmittag ent- lud sich über der Stadt ein schweres Gewitter. Kurz nach 2 Uhr schlug der Blitz in den Telefonständer auf demRussischen Hof", riß 6 Drähte ab und brachte alle Bleisicherungen an der elektrischen Beleuch­tung zum Schmelzen. Der Schlag war furchtbar,, wie bei einer Tynamitexplosion, sämmtliche Räume des Hauses, bis in den Keller hinab, waren momentan ein Feuermeer, alle metallenen Gegenstände glühend heiß, auch die Menschen spürten eine stechende Hitze im Gesicht und an den Händen. Die Gäste der tabls ä'böte eilten zu Tod erschrocken ins Freie. Auch auf dem bcnachtbarten Telegrafen- und Telefonamt war- der Schlag von furchtbarer Gewalt. 70 Telefonlei­tungen wurden zerstört. Der Strahl sprang dann vomRussischen Hof" auf den Telefonständer des Europ. Hofes", warf in der Nachbarschaft eine Frau am Herde zu Boden, ebenso zwei Arbeiter in einer Mälzerei. In der Eberhard'fchen Fabrik wurde der Gasmesser in tausend Stücke zerschlagen. Ein hiesiger Herr, der in Geislingen im Moment des Blitzstrahls die telefonische Verbindung mit Ulm erwartete, wurde niedergeworfen und hat heute "das Gehör noch nicht- wieder erlangt.

Ulm, 18. August. Auf dem Tanzboden der Wirtschaftzur Sonne" hier entstand am Sonntag nachmittag eine Schlägerei, wobei ein bayrischer Ar­tillerist von einem Civilisten in den Schenkel gestochen wurde. Der Thäter ist verhaftet. Es ist der 16 Jahre alte Gypser Joh. Hi Iler von Schopfloch. Der ge­stochene Soldat befindet sich im Lazaret. Die Ver­wundung ist nicht lebensgefährlich. Heute früh zeigte das Thermometer nur noch 5" Wärme.

Pforzheim, 17. August. Gewaltige Ent­rüstung hat hier und in unserer Nachbarstadt Wild­bad ein Artikel desBerliner Tageblatts" hervor­gerufen, welcher unter der AufschriftBadeausplau- derei" in witzig sein sollender Weise Sottisen und- Gemeinheiten kübelvoll auf die Wildbader und Pforz-- hsimer schüttet und den weltberühmten Kurort ge­wissermaßen als armseliges Krähwinkel hinstellt, das sozusagen nur durch einige dem Zufall zu verdankende Heilerfolge etwas Renommee erlangt habe. Besonders

Die Leute, also doch!" M-t erzwungener Ruhr sagte Wulf:Wetter, Hartig, was ist'S mit der Albernheit der Leute?'

Ja, Herr Graf, man > ollt'S nicht für möglich halten," gab der Förster zur Antwort;aber sie meinen ja, es hätte mit dem Junker Jobst Clamor 'ne andere Bewandtnis gehabt; das heißt, der Junker und Sie, Herr Graf, wären in Streit: gekommen, es hätte ein Duell gegeben, der Junker wäre erschossen worden und man hätte seine Leiche, damit der alte Graf nicht dahinter komme, ins Moor geworfen p 'ne gottverfluchte Dummheit, Herr Graf, aber 's giebt Leute, die fest d'ran glauben Andere ..." er stockte. Nein daS konnte er nicht aussprechen und sollte es auch nicht. Wulf hatte zur Genüge verstanden.

Wer glaubt es? Wer hat es aufgebracht?" fragte er mit heiserer Stimme Der Förster zuckte die Ach'eln.

Ja, Herr Graf, wie jenes Gerede aufgekommen, ist schwer zu sagen," erwiderte der Förster;dergleichen ist plötzlich da, keiner weiß, woher. Wenn man eS an- packen null, fließt'S wie Sand durch die F nger, und wenn man diesen und jmerr darauf anredet, so hat er cs eben nur gehört, dagegen thun kann man nichts^ man läßt eS gehen und lacht dazu."

Der Förster hatte Recht, es ließ sich nichts dagegen thun; auch Wulf kam mehr und mehr zu dieser Einsicht, aberlachen", wie es der Alte verlangte, konnte er nicht. Statt durch Gewohnheit leichter zu werden, wuchs die Last des Bewußt­seins, dvß seine Ehre angezweifelt werden konnte, von Tag zu Tag. Am meisten quälte ihn die Furcht, daß Evy von dem Gerücht erfahren könnte. Sie würde nicht daran glauben, davon war er fest überzeugt; aber wer konnte voraussehen, wieder Schrecken des ersten Augenblicks oder die fortdauernde Pein ohnmächtigen Mit­leidens auf ihre z.rte Organisation emwirkten? Bei jeder Heimkehr von seinen Feld- und Waldgängen war er in fieberhafter Erregung, bis ihm seine kleine Frau m t der alten Heiterkeit um den HalS fiel.

Daß er verändert war, entging ihr so wenig wie der Mutter; aber ihre Fragen, ob er krank sei oder Verdruß gehabt habe, machten ihn so ungeduldig, daß sie die- I Sorge um ihn nur noch gegeneinander auSsprachm. (Forts, folgt.)

des Schutzmannes waren erfolglos, so daß dieser schließlich zur Festnahme des inzwischen grobe Ruhe­störung verübenden Burschen schreiten mußte. Letzterer leistete Widerstand und wird Gelegenheit finden, sich hierüber zu äußern. Der Thäter ist angeblich in Stuttgart verheiratet.

Heilbronn, 18. August. Hr. Oberbürger­meister Hegelmaier ist gestern abend mit Familie von seinem Urlaub zurückgekehrt. Am vergangenen Samstag, nachts gegen 12 Uhr, wurde an der Fähre in Neckarsulm ein aus Neckargartach gebürtiger Flößer bei einem kleinen Wortwechsel von einem andern in den Rücken gestochen, daß er lebensgefährlich verletzt wurde und in das hiesige Spital ausgenommen werden mußte. Der Fährmann soll den Thäter kennen.

Heilbronn, 18. August. Gestern sind beim hiesigen Infanterieregiment etwa 60 Volksschullehrer zu einer lOwöchentlichen Uebung eingerückt. Ver­gangenen Sonntag hat ein Arbeiter aus einer hies. Wirtschaft einem dort anwesenden Gast einen Schirm entwendet, angeblich weil ihm auch sein Schirm ab­handen gekommen sei. Es wurde jedoch festgestellt, daß er überhaupt keinen Schirm in die Wirtschaft gebracht hat.

Rottweil, 17. August. Einigen Langfingern aus dem benachbarten Jrslingen scheint man auf die Spur gekommen zu sein. Es sind dies 2 junge, etwa 20jährige Burschen, die seit geraumer Zeit in dem dem Geheimen Komerzienrat Duttenhvfer hier gehörigen Fifchweihern bei Thalhausen auf den Fisch­raub in der Nacht ausgiengen. Dieselben hatten es nur auf die edleren Fischsorten, wie Forellen, abge­sehen, von denen sie nach und nach mindestens ein Quantum im Werte von 600800 gestohlen haben. Die Untersuchung wird wohl mehr Licht in diese Sache bringen.

Ebingen, 15. Aug. Gestern arbeitete die Dampfstraßenwalze in der Kapellstraße hier. Durch die groß« Last hat, wie sich nachträglich herausstellte, ein Rohr der Gasleitung, welches ca. 3 Schuh unter dem Boden der Straße entlang führt, einen Defekt erlitten. Infolgedessen drang vergangene Nacht das Gas in die nächstgelegsnen Häuser der Gebrüder Wohnhas, Sattler, und Bäcker Rudolf Beck. Letzte­rer wurde durch das in seine Backstube eingedrungene Gas so betäubt, daß er zu Boden fiel; im Hause der Gebrüder Wohnhas wurde der eine der Brüder, Johannes, nebst seiner Frau heute früh im Schlaf­gemach bewußtlos aufgesunden. Glücklicherweise sind durch ärztliche Hilfe alle Betroffenen wieder außer Lebensgefahr. Trotz der häufigen und eindring­lichen Warnung vor Giftpflanzen in der Schule ver­zehrte ein 12jähriger Knabe im Walde giftige Beeren und mußte daran sterben.

Waldthann, 17. August. Ein Fall, wie man das Pflastergeld sparen kann, steht wohl einzig in seiner Art da. Drei fidele G-sellen, Schmiede