Samstag
Beilage zu Nr. 77
4. Juli 1896.
INachdruck
Auf Koherr-Woor.
Novelle von Claire von Glümer.
(Fortsetzung.)
Die Reinholdt lachte vor sich hin.
„Damit ist nichts bewiesen/ antwortete sie; „junge Mädchen spielen oft die wunderlichsten Komödien mit dem eigenen Herzen so gut, wie mit anderen. Wer ihnen zuerst von Liebe spricht, hat immer einen Schritt voraus, und zu hören, daß man seit Jahren geliebt wird, macht auch seinen Eindruck, und wenn meine Frau Gräfin in ihrer klugen und geschickten Weise dazu Hilst, können wir ja bald eine Verlobung feiern."
Damit ging sie, und Wulf starrte ihr nach, bis sie in Tante EoelinenS Zimmer verschwunden war; dann stürmte er fort, hinaus, durch die verschneiten Gartenwege. Sein Kopf glühte, seine Pulse schlugen. „Eine Verlobung feiern!" klang es ihm wieder und wieder im Ohr, und jeder Schlag seines Herzens bäumte sich im Schmerz und Zorn dagegen auf: es konnte nicht sein, — eS durfte nicht sein! Ohne Worte mußte Evy ihn verstanden haben, hatte sie ihn verstanden, und ihre Augen, ihr Lächeln, ihr ganzes Wesen hatten Ja und Amen dazu gesagt. Oder war auch das eine der Komödien, die junge Mädchen, wie die kluge Dienerin meinte, mit sich selbst und anderen zu spielen pflegen? Und war es möglich, daß Jobst Clamor ihren Wünschen und Neigungen eine andere Richtung gab, nur weil es ihm zufällig vergönnt wurde, zuerst zu sprechen, denn zuerst geliebt hatte er sicher nicht. — WaS Mamsell Reinholdt von der Jugendliebe gesagt, die so fest mit dem Herzen verwächst, daß man nicht mehr von ihr lotzkommt, paßte auch auf Wulf. Schon als Knabe hatte er in Evy die Verkörperung aller Lichtgestalten der Sage und Poesie gesehen, und wenn er sich in kindischem Trotz gegen den Eindruck gesträubt, den ihre Anmut auf ihn machte, so lag darin mindestens ebenso große Anerkennung derselben, als in Jobst Clamors pagenhafter Unterwürfigkeit. Aber schon lange sträubte sich Wulf nicht mehr; schon lange war Evy sein Traum bei Tag und Nacht, erfüllte ihm Seele und Sinne, und alles, was an Vernunft und Willenskraft in ihm war, hatte er aufbieten müssen, um das Geständnis seiner Lieb« zurückzuhalten. Evy war noch so jung, daß er Zeit zu haben geglaubt, für ihre gemeinsame Zukunft etwas zu thun» ehe er die Geliebte von ihr selbst und den Ihrigen begehrte. Talentvoll, fleißig, ehrgeizig, galt er für einen der aussichtsreichsten jüngeren Offiziere; eine große wissenschaftliche Arbeit, eine Geschichte des FestungSbaues, zu welcher er seit Jahren Material zusammentrug, sollte ihm, wie er hoffte, Geld und Anerkennung emtragen. Auch auf den Verstand des OheimL hatte er für Evy und sich selbst gerechnet, — und nun hören zu müssen, daß dieser anders über das junge Wesen verfügen wollte! War eS denkbar, daß ihr unerfahrenes Herz den Vorstellungen der Mutter, den Wünschen des Oheims, der Liebe des Jugendgespielen widerstand? — Denn daß Jobst Clamor sie liebte, bezweifelte Wulf nicht mehr; es konnte nicht anders sein; Mamsell RrinholdtS Erklärung für des Vetters verändertes Wesen wsr die einzig richtige. Außerdem war Jobst Clamor Majoratsherr!
Eben trat Wulf aus beschneitem Gebüsch auf einen Hügel, der über Garten und Schloß Aussicht gewährte. Wie stattlich es dalag, das alle Hohen-Moor mit seinem Glockentürmchen über dem M ttelbau, seinen Flügeln und Eckpavillons, seinen Terrassen und Freitreppen. Wa« hatte er Evy zu bieten, sie für den Verlust dieser schönen, geliebten Heimat zu entschädigen? War eS nicht der beste LiebeSbeweis, wenn er entsagte, oder doch stumm bei Sette stehen blieb, um auf ihr Ja oder Nein keinen Einfluß zu üben?
In diesem Augenblick trat eine schlanke Gepalt in Mantel und Pelzbarett zwischen Mm Buschwerk am Fuße der Terrasse hervor. „Evy!' schrie er auf; seine Zweifel und Bedenken waren vergessen, in großen Sprüngen rille er abwärts durch Schnee und Gestrüpp. Jetzt schien sie ihn zu sehen) sie stand still, — plötzlich aber machte sie Kehrt als ob sie ihm entfliehen wollte, er stürmte hinter ihr her.
„Evy, was soll das heißen?" fragte er vorwurfsvoll, als er sie erreichte.
Sie wendete den Kopf, ihre Augen waren rrt vom Weinen.
„Bitte, laß mich!" begann sie mit zitternden L ppen; dann versagte ihre Stimme. Aufs neue in Thränen ausbrechend, drückte sie das Taschentuch an die Augen, und im nächsten Moment — sie wußten beide nicht wie eS geschehen war — hielt Wulf sie umfaßt, küßte ihren Mund, ihre Augen, ihre thränennafsen Wangen, beteuerte, daß sie nur ihm gehören dürfe, und daß er sein Anrecht kotz Mutter und Oheim und Jobst Clamor behaupten würde.
„Weißt Du denn?" fragte Evy, mü großen verwunderten Augen zu ihm aussehend.
„Alles, mein Liebling!" gab er zur Antwort, indem er den Arm um ihre Schulter legte und sie in einen dicht umbuschten Seitenweg zog. „Das gute Holdt- chen hat mir verraten, was Onkel und Tante mü einander ausgemacht haben, und daß Du. liebes, tapferes Herz, erklärt hast: es wäre unmöglich."
Evy senkte den Kopf.
„Ach, ich bin nicht so tapfer geblieben!" klagte sie. „Mama stellte mir so beweglich vor, wie viel sie und ich dem Oheim schuldig sind; eS wäre Pflicht, sagt» sie, ihm unseren Dank zu beweisen; ich könnte das jetzt, wenn ich Jobst Clamor heiratete . . ." Sie stockte.
„Nun?" fragte Wulf. „Hast Du nicht geantwortet, das könntest Du nicht, well Du mich liebst, also nur mir gehören darfst und willst? Hast Du das gesagt?"
„Nein," flüsterte sie; „ich wußte ja nicht . . .'
„So hast Du «ingewilligt?" fiel ihr Wulf ins Wort, indem er sie losließ und mit flammenden Augen einen Schritt zur Sette Kat.
„O, sei nicht böse, sieh' mich nicht so an!" bat sie mit aufgehobenen Händen. „Ich habe mich für einen Augenblick einreden lasten, daß ich eS könnte und müßte. Mama sagte, wir Frauen hätten die Aufgabe, unser Herz zu bezwingen; nicht um glücklich zu sein, wären wir auf Erden, sondern um unsere Pflicht zu thun, — und es wäre meine Pflicht, Jobst Clamor glücklich zu machen."
Wieder flössen ihre Thränen, und wieder schloß Wulf die bebende Gestalt in seine Arme und bat, ihm seine Heftigkeit zu verzeihen. eEvy trocknete die Augen, lächelte ihm liebevoll zu, und ihr Herz wurde immer leichter, ihr Antlitz immer Heller, während sie Arm in Arm und Auge in Auge langsam unter den bereisten Bäumen hingingen, ZukunstSpläne entwerfend und Luftschlösser aufbauend. Trotz des rauhen Winterwindes, der schweres, bleifarbenes Gewölk vorüberjagte, kotz der Schneedecke, die über Berg und Thal gebreitet war, kotz der Eisatome, die von knarrenden Tannenästen niederstiäubten, war Fmhling in ihren Herzen.
Der Anblick des Schlosses, dem ihr Weg nach vielfachen Windungen wieder zusührte, rief sie endlich in die Wirklichkett, zu den Aufgaben des TageS zurück. Daß sie eine ungünstige Stunde zu ihrer Verlobung gewählt hatten, konnten sie sich nicht verhehlen; vielleicht war es gut, notwendig sogar, die Mitteilung an den Oheim auf bessere Zetten zu verschieben; nur Eoys Mutter wollten sie sogleich ein Geständnis ablegen und ihren Beistand erflehen.
„Und Jobst Clamor?" fragte Wulf. „Wäre es nicht geraten, auch ihn ins Vertrauen zu ziehen? Hört er, daß wir uns lieben, so muß er Dich freigeben.*
Evy schüttelte den Kopf.
„So großmütig ist er nicht!* gab sie zur Antwort. „Wie eS mit unS steht, — ich meine mit Dir und mit mir, — hat er längst herausgefunden, hat mich so und so oft durch spöttische Bemerkungen gekränkt und erschreckt, während er sonst kaum noch ein Wort mit mir spricht. Ich wußte mir sein Benehmen nicht zu erklären; aber Mama sagt, er wäre eifersüchtig. Du siehst also . . ."
„Daß ich ihn zwingen muß I" fiel ihr Wulf ins Wort, seine Augen blitzten.
„Zwingen, — meinst Du damü, daß Du ihn fordern willst?" rief Evy. „Bedenke, was der Onkel dazu sagen würde, und daß ich e» nicht zugäbe; nein, lieber Junge, mit Gewalt ist nichts zu machen; klug müssen wir zu Werke grhen . . . ich weiß auch schon wie!"
(Fortsetzung folgt.)
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