M 63.

Amts- und Anzeigeblstr für den Bezirk (Lalw.

71. IahrgaW

Dienstag» den 2. Juni 1896

Erschii»! Di-iiilagS, DonnerSlag« und Samitag». Di- Einrüangig-iühr b-ttügt und in nüchstil llm-

qzSung S Bis- bi- Z-il«, sonst ir Psq.

Amtliche ZSekanntmachnvges.

Dekanntmachung.

Die Verfügung des Gr. Bezirksamts Pforz­heim vom 14. Februar d. I. betr. Schutzmatz­regeln gegen die Einschleppung der Maul- und Klauenseuche (veröffentlicht im Calwer Wochenblatt Nr. 20) ist wieder zurückgenommen worden, was hiemit bekannt gemacht wird.

Calw, den 29. Mai 1896.

K. Oberamt.

V o e l t e r.

Bekanntmachung.

Nachstehende Vorschriften betreffend die Ver­blendung von Giften zur Vertilgung von lästigen oder schädlichen Tieren werden hiedurch zur Nach­achtung öffentlich bekannt gegeben.

Calw, den 29. Mai 1896.

K. Oberamt.

Voelter.

Crlatz des K. Ministeriums des Innern, be­treffend die Verwendung von Giften zur Ver­tilgung von lästigen oder schädlichen Tieren.

Vom 29. April 1896. No. 4039.

Gemäß Z 18 Abs. 1 der Ministerialverfügung vom 4. Juni 1895, betreffend den Verkehr mit Giften <Reg.-Bl. S. 178), ist bei der Abgabe der unter Verwendung von Gift hergestellten Mittel gegen schäd­liche Tiere (sog. Ungeziefermittel) jeder Packung eine Belehrung über die mit einem unvorsichtigen Gebrauche verknüpften Gefahren beizufügen, deren Wortlaut von dem Medizinalkollegium vorgeschrieben werden kann.

Nachdem das K. Medizinalkollegium die nach­stehend abgedruckte Belehrung erlassen hat, werden die -obengenannten Stellen beauftragt, hievon den Händ­lern mit Giften einschließlich der Apotheker Kenntnis zu geben.

Der Ministerialerlaß vom 10. März 1886 (Amtsblatt S. 82) tritt hiedurch außer Wirkung.

Stuttgart, den 29. April 1896.

K. Ministerium des Innern.

Pischek.

Belehrung über die Verwendung von Giften zur Vertilgung von lästige« oder schädlichen Tieren.

1) Alle zur Vertilgung von lästigen oder schäd­lichen Tieren verwendeten Gifte können bei unvor­sichtiger Aufbewahrung und unzweckmäßiger Anwen­dung auch Menschen und nützlichen Tieren gefährlich, ja tötlich werden. Es ist daher jedermann, welcher zu diesemZ wecke von Gift Gebrauch machen will, zur größten Vorsicht verpflichtet.

2) Vor der Anwendung von Gift im Freien durch nichtsachverständige Personen muß auf das Ein­dringlichste gewarnt werden. Das Legen von Arsenik und Strychnin im Freien, insbesondere in Gärten, Feldern und Waldungen behufs Vertilgung von Rat­ten. Mäusen, Raubtieren, Vögeln u. s. w. ist aber Privatpersonen ganz verboten.

3) Auch bei Verwendung von Giften in Häusern ist das Legen von Arsenik zur Vertilgung von Ratten, Mäusen, Fliegen, Motten u. dergl., insbesondere auch die Aufstellung von arsenhaltigem Fliegenpapier in Wohnräumen untersagt.

In Kellern, Magazinen, Gewölben und ande­ren für den Aufenthalt von Menschen nicht benützten Räumen dürfen dagegen auch grün gefärbte Arsenik- Mischungen als Gift gelegt werden.

4) Zur Verwendung von Gift in bewohnten Gelaffen eignen sich strychninhaltige Ungeziefermittel in der allein erlaubten Form von dauerhaft dunkel­rot gefärbten Getreidekörnern und ebenso Phosphor als Brei, Teig, Pillen oder Zeltchen am besten.

5) Strichninkörner, Phosphorpillen und Phos- phorzeltchen können ohne weitere Zubereitung verwendet

AbonnemrntSpreii »i-rt-IjLhrlich in der Stabt SO Pig. »KV ro Pfg. Trägerlahn, durch die Post bezogen MI. t. IS, sonst t» ganz Württemberg Mk. I.SS.

werden, Arsen-Mischungen, Phosphorteig und PhoS- phorbrei werden am zweckmäßigsten entweder auf Brot­oder Fleischschnitten gestrichen oder mit Fett, gehacktem Fleisch und Speiseresten gemischt auf Schindeln, Dach­platten, kleine Bretter u. dergl. gelegt.

Bei dem Phosphor ist außerdem wegen seiner leichten Entzündlichkeit vor jeder Erwärmung und so­gar vor der längeren Berührung mit der Hand zn warnen.

6) Bei der Aufbewahrung und Verwendung aller Arten von Giften ist darauf zu achten, daß dieselben nicht mit anderen Stoffen, namentlich nicht mit Nahrungsmitteln für Menschen und mit dem Futter für Tiere vermischt, oder durch Kinder auf-- gefunden oder durch Hunde, Katzen, Vögel u. s. w. an ungeeignete Orte verschleppt werden können.

7) Vergiftet aufgefundene Tiere wie Rattten rc., ebenso etwaige größere Reste von Gut, welch« nicht aufbewahrt oder an den Verkäufer zurückgegeben werden wollen, sind womöglich Meter tief in der Erde, aber nicht in unmittelbarer Nähe von Brunnen und Quellen zu verscharren oder in einer geeigneten größeren Feuerungs-Einrichtung, z. B. dei Dampf« kesseln, zu verbrennen.

Mäuse und noch kleinere Tiere wie Schwaben- käser, Russen, Motten und Fliegen, desgleichen kleinere Ueberbleibsel von Gift, dürfen auch in gut ziehende« und nicht mit einer Räucherungs-Einrichtung in Ver­bindung stehenden Oefen oder in geschloffenen Herden, jedoch nicht während der Kochzeit und nur bei leb­haftem Feuer verbrannt werden.

8) Das Ueberlaffen von Gift an dritte Per» sonen ist verboten.

Lehrkursus für Hufschmiede-

An der Lehrschmiede der Kgl. Tierärztlichen Hochschule wird nach Verfügung des Kgl. Ministeriums des Innern, betr. den Vollzug des Gesetzes vom 28. April 1895 über das HufbeschlagSgewerbe, vom

6 H 1 n 1 6 1 ch 11. sRachdruck verboten.!

Familie Norde«.

Erzählung von C. Wild.

(Fortsetzung.)

Edith, die sich gewöhnlich bald zurückzog, hörte sie fast ohne Ausnahme erst nach Mitternacht fortgehev. Wuffow sagte, man spiele Whist oder Skat. Eine «igene Bangigkeit ügerfiel sie, es lag auf ihr wie eine Ahnung kommenden Unglücks. ^Emes Nachts erwachte sie, als ihr Mann zu Bett ging. Eben schlug eS drei. Sie i konnte nicht wieder einschlafen. eine peinigende Unruhe verscheuchte den Schlummer. Sie stand endlich auf und ging in das Zimmer, in dem die Herren sich aufgehalten; «S war, als ob ein unerklärliches Etwas sie hierher gezogen hätte. Man mußte wenig geraucht haben, die Kiste war noch fast voll. Aber was war es, das Ediths Blick so starr und entsetzt machte? Und was hob sie mit einem Stöhnen auf? Ein -Goldstück, und dort lag ein Banknote.

Wie ein Blitz durchzuckte es sie. Jetzt wußte sie, warum di« Herren allein kamen; man spielte nicht Whist und Skat, man spielte Hozrrd. Dazu war noch eine neue Persönlichkeit gekommen.

Während ihrer Abwesenheit war R ttmeister v. Runen zu WuffowS Regiment versetzt worden. Man wisperte allerlei über ihn. Gerüchtweise verlautet von einem Duell, veranlaßt durch eine Entführung; aber niemand wußte etwas Gewisses, und Edith erfuhr nichts davon. Er gehörte zu den regelmäßigen Besuchern des Wuffowschen Hauses. ES war ein schöner Mann, selbstbewußt, geistreich und fesselnd in der Unterhaltung. Edith holte ihm gern zu, u id auch ihm schien eS großes Vergnügen zu machen, denn so lange sie zugegen war, richtete er fast nur an sie das Wort.

Nach einiger Zeit jedoch trat eine Ve äaderung in feinem Benehmen ein. Er

ließ die bisherige Zurückhaltung fallen, seine Blicke wurden dreister, seine Erzählungen berührten Dinge, über die ihn Edith erstaunt ansah, und dann fing er an. sie in WuffowS Abwesenheit besuchen zu wollen. Sie ließ sich verleugnen, zu ihrem Glück, denn schon begann man über sie zu zischeln. Sie hatte überhaupt von Anfang an einen instinktiven Widerwillen gegen ihn gehabt; nur aus gewohnter gesellschaftlich» Rücksicht, die er ja auch als WuffowS Vorgesetzter beanspruchen durfte, und sein« fesselnden Unterhaltung wegen hatte sie sich feine Gesellschaft gefallen lassen.

Eine Ahnung sagte ihr, daß Runen die Veranlassung zum Spiel gegeben» und eine unsagbare Angst schnürte ihr das Herz zusammen.

Sie wartete, bis Wuffow aufgestanden war, dann trat sie vor ihn hin und legte das Geld auf den Tisch.

Bruno, ihr spielt hi« Hazard?

Unsinn, Ed th.'

Nein, ihr spielt, und ich dulde es nicht; in meinem Hause soll nicht Bank gelegt werden.'

Aus einmal bist du so feinfühlend geworden? Merkwürdig! Weißt du nicht, Schatz, daß wir uns am grünen Tisch kennen lernten?'

Edith seufzte und wurde glühend rot.

Wer hielt gestern die Bank? Runen?'

Warum fragst du?'

Weil mir Runen unsympathisch ist und ich seinen Einfluß auf dich fürchte. Brun», eine Bitte nur erfülle mir! Gib den Umgang mit Runen auf, ich fühl», er ist dein Verderben.'

Aber besinne dich doch, es ist einfach nicht möglich. Bedenke doch die Konse­quenzen, er ist mein Vorgesetzt«.'

Aber ich dulde kein Hazardspiel.'

So versuche doch, «S zu vtthindern.'