53

Sachsen, sämtliche Prinzen und Prinzessinnen, die Minister und Generale waren anwesend, auch war eine Ehrenwache aufgestellt. Nach herzlicher Begrü­ßung fuhren der König mit dem Könige von Sachsen und die Königin mit der Königin von Sachsen, von einer Kavallerie-Eskorte begleitet, nach dem Schlöffe. Hier war ebenfalls eine Ehrenkompagnie aufgestellt, die von den Majestäten abgeschritten wurde und so­dann vor denselben defilierte. Gegen abend war Gala­tafel, bei der Seine Majestät der König von Sachsen auf Ihre Majestäten den König und die Königin von Württemberg und Seine Majestät der König auf die Sächsischen Majestäten toasteten. Nach der Tafel be­suchten die Herrschaften die Vorstellung im Hoftheater. Im Laufe des gestrigen Tags empfing Seine Majestät der König die in Dresden befindlichen württ. Offiziere, General der Infanterie z. D. v. Brandenstein, Oberst­lieutenant a. D. v. Einsiedel und Major a. D. Frei­herrn v. Entreß Fürstencck. Heute morgen besichtigten Seine Majestät mit dem Könige von Sachsen die Gemäldegallerie und statteten hierauf mit Ihrer Ma­jestät der Königin sämtlichen Sächsischen Prinzen und Prinzessinnen Besuche ab. Donnerstag früh 9 Uhr sind die Majestäten wieder in Stuttgart eingetroffen.

Stuttgart, 30. Jan. Das Befinden des erkrankten Kammerpräsidenten und Reichstagsabg. Fr. Payer ist dem Vernehmen nach in stetiger Besserung begriffen, doch ist derselbe immer noch stark angegriffen und genötigt, den größeren Teil des Tages im Bett zuzubringen.

Stuttgart, 29. Jan. Strafkammer. In­folge der bekannten unglücklichen Schießerei in der Neujahrsnacht, welchem das Kind des HafnerS Rößler zum Opfer fiel, wurde der Unglücksschütze und Vater des Kindes wegen fahrlässiger Tötung zu 3 Wochen Gefängnis und wegen unerlaubten Schießens zu weiteren 8 Tagen Haft verurteilt.

Stuttgart, 29. Jan. Auf dem hiesigen Bahnhof Ludwigsburger Abfahrtsseite entstand heute nachmittag nach 3 Uhr eine Panik in Folge einer Gasexplosion. Bei einem auf dem 3. Geleis stehenden Postwagen machte sich Gasgeruch bemerkbar, als der Revident mit einem Licht nachsah, explodierte das im Untergestell befindliche Gasreservoir, so daß der untere Teil des Wagens schnell in Brand geriet. Leider war der Hauptschlüsiel für die Wasserleitung nicht gleich zur Stelle und wurde der Postwagen in­folge dessen schnell außerhalb des Bahnhofs gezogen.

Ludwigsburg, 30. Jan. Am letzten Sonn­tag abend befand sich eine Anzahl junger Bursche des Turnvereins Stammheim in der dortigen Kronen­wirtschaft. Weil sie sich jedoch unanständig aufgeführt haben sollen, wurden sie nachts etwa um 11 Uhr aus der Wirtschaft gewiesen. Im Hausgang und vor der Wirtschaft trafen sie mit einigen jüngeren Burschen von dort zusammen, wobei sie von dem geschloffenen und geöffneten Messer Gebrauch machten und den led.

Ernst Wenninger, sowie den led. Joh. Georg Mögle von dort nicht unerheblich verletzten, so daß dieselben in ärztliche Behandlung genommen werden mußten. Die Thäter sind bekannt und werden ihrer Strafe nicht entgehen.

Heilbronn, 30. Januar. Am vergangenen Samstag setzte es in der chemischen Fabrik eine kleine Revolte ab, indem 3 Arbeiter mit Steinen und Messern bewaffnet auf ihre Vorgesetzten eindrangen. Der Grund hiezu war, daß die Arbeiter im Laufe des Tages von der Arbeit wegliefen und als sie abends in betrunkenem Zustand wieder anfangen wollten, ab­gewiesen wurden. Diese Abweisung erwiderten sie in der oben angegebenen Weise. Der Stationskomman­dant, der herbeigerufen wurde, hat diesem Treiben ein Ende gemacht, indem er 2 von den Betrunkenen verhaftete und noch am Abend dem Amtsgericht hier einlieferte, wo sie sich noch in Untersuchungshaft befinden.

Nottweil, 30. Jan. Am 28. ds. M. gegen Abend wurde der Holzhauer Taver Horn von Nusp- lingen OA. Spaichingen durch einen den Berg herab­rollenden Holländerstamm totgeschlagen. In ganz derselben Weise büßte gestern vormittag der Holzhauer Roman Krachenfels von Weilen unter den Rinnen, OA. Spaichingen, sein Leben ein, wobei ihm ein Fuß vom Leibe gerissen und fortgeschleudert wurde.

Vom Federsee, 29. Jan. Die Eisenbahn- bausekrion Buchau hat bereits die Trace für die neue Bahn festgestellt und durchgcarbeitet. Mit der Grund­erwerbung wird in Bälde durch einen von der kgl. Generaldirektion bestellten Kommissär begonnen wer­den. Der Bahnhof kommt an die Straße, die nach Schussenried führt. Der Federsee hatte bis letzten Montag eine spiegelglatte Fläche, wie seit Jahren nicht mehr, und wurde sehr fleißig frequentiert. Der neue Schnee hat nun der Bahn sehr Eintrag gethan, wie auch das Eisbrechen, an dem die Bierbrauer, welche schon verzagen wollten, die größte Freude haben.

Pforzheim, 30. Jan. In der Sitzung der 2. Kammer am 28. d. M. wurde u. a. eine Petition von Einwohnern aus Pforzheim eingebracht um Herabsetzung der Hundesteuer für die Besitzer von cinzelstehenden Häusern und Gehöften, welche von Herrn Landtagsabz. Gesell übergeben wurde.

Pforzheim, 30. Jan. Die zwei hier wohn­haften Bäckern dieser Tage in Karlsruhe ab­genommenen Goldwaren, sind denselben zur Ver­wahrung von der Ehefrau des in Untersuchungshaft wegen gewerbsmäßiger Hehlerei befindlichen G. von hier übergeben worden. Die Waren sind nun gericht­lich mit Beschlag belegt worden.

Heidelberg, 27. Januar. Eine Frau, die ausgehen wollte, legte ihr kleines Kind in die Wiege. Dieselbe befand sich in der Nähe des Tisches, auf welchem die brennende Petroleumlampe stand. In Abwesenheit der Mutter zerrte das Kind an der

Tischdecke, die Lampe fiel um und das brennende Oel ergoß sich über die Brust des Kindes. Die zurück­kehrende Mutier fand das Zimmer voller Qualm und das Kind mit Brandwunden bedeckt. Dasselbe ist seinen Wunden erlegen.

Kürzel, 26. Jan. Unser Ort war letzter» Freitag der Schauplatz einer unliebsamen Fa­milie n s z e n e. Der französische Lieutenant Michel besuchte seine von ihm geschiedene, mit ihrer kleinen Tochter bei ihren Eltern, dem Rentner Girard, lebende Frau, um seine Tochter zurück zu holen. Trotzdem der Schwiegervater mit dem Revolver sich widersetzte, gelang es dem Lieutenant dennoch, sich seiner Tochter zu bemächtigen und mit ihr per Droschke schleunigst der Grenze zuzufahren. Frau Michel ist als Wohlthäterin der Armen sehr geschätzt, die Auf­regung über diesen Vorfall ist daher in unserem Orte eine sehr begreifliche. Der Schwiegervater fuhr mit der Frau Michel dem Entführer sofort nach Metz nach, bekam jedoch nichts mehr von ihm zu sehen.

Berlin, 30. Jan. Eingezogene Erkundig­ungen ergaben, daß über den bevorstehenden Rücktritt des Staatssekretärs v. Bötticher an unterrichteter Stelle nichts bekannt ist. Die gegenteilige Meldung, derVoss. Ztg." ist somit unbegründet. Der Reichsanz." meldet, das Kriegsminisierium habe iw Verbindung mit der physikalisch- technischen Reichsanstalt Versuche angestellt über die Verwendung der Nöntgen- 'schen Strahlen für kriegschirurgische Zwecke. Eine Reihe photographischer Aufnahmen gaben ein deut­liches Bild der stattgefundenen Knochenverletzungerr und ließen den Sitz des steckengebliebenen Projektils mit Sicherheit erkennen. Die Versuche werden ir» großem Maßstabe fortgesetzt.

Lissabon (Portug.), 30. Januar. Als der König gestern abend sich auf der Rückfahrt zum Schlöffe in offenem Wagen befand, schleuderte eiw der anarchistischen Partei angehörender Arbeiter Steine gegen den Wagen. Ein Stein traf den Flügel» adjutanten, welcher sofort aus dem Wagen sprang und den Attentäter verhaften ließ. Dieser brachte hiebei Hochruf« auf die soziale Republik aus. Infolge des Attentats wurden dem König heute zahlreiche Sympathiekundgebungen dargebracht.

Mutmaßliches Wetter am Samstag und Sonntag: Fortgesetzt trocken und zeitweilig heiter bei mäßigem Frost.

Gottesdienste

am Sonntag Septuagesimä, 2. Februar.

Vom Turm: 12. Predigtlied: 347.

Ssir Uhr Vorm.-Predigt: Herr Stadtpsarrer Schmid. 1 Uhr Christenlehre mit den Töchtern. 5 Uhr Missionsstunde im VereinshauS: Herr Dekan Braun.

Mittwoch, 5. Februar.

10 Uhr, Betstunde im VereinshauS.

Da die Steuer pro 1895/96 zu °/s verfallen ist, werden die Steuerpflichtigen aufgefordert, dementsprechend Zahlung zu leisten.

Stadtschultheißenamt.

Haffner.

Timmozheim, Gerichtsbezirks Calw.

Fahrnis-Verkauf.

In der Konkurssache gegen Christian Ehmert, Schmiedmeister hier, wird in dessen Wohnung in der Rumpelgasie in Simmozheim folgende Fahrnis im öffent­lichen Aufstreich verkauft:

I. am Montag, den 8. Febr. 1888» von nachmittags 1 Uhr an:

Der Schmiedhand­werkszeug» insbe­sondere eine Bohr­maschine, 1 Venti­lator mit Schwung­rad und Riemen, 1 Abhau- maschine mit 2 Schwungrädern und Riemen, 2 Nagelambose, 1 Schmiedambos, 4 ältere

Ambose, t neue Feldeffe mit Gebläse, 1 neuer und 1 älterer Schraubstock, 1 Horn, mehrere Hämmer und Zangen, ca. 20 Pfd. Guststahl, der Vorrat an Schmied- und Schmelzeisen» auch 1 Brückenwage mit Ge­wicht (12 Ctr. Tragkraft) und SS Schaufeln ohne Stiel.

H. am Dienstag, den4.Febr.18S6, von vormittags '/-1v Uhr an:

Die Haushaltungsfahrnis, näm­lich etwas Küchengeschur, Schrein­werk» worunter 1 Kommode, 1 Sopha, 1 Mehltruhe, ferner Fast- und Bandgeschirr, ins­besondere S Fässer, 1 Zuber; allgemeiner Hausrat.

Von nachmittags 1 Uhr an:

Feld und Handgeschirr, worunter 1 Rübcnmuhle» 1 Futter­schneidmaschine, 1 Güllenfast und 1 Güllenpuuipe; Fuhr- und Reitgeschirr, insbesondere 1 ausgerüsteter Wagen» 1 zwei­rädriger Karren, 1 Pstug mit Pflugkarren; ferner der Vor­rat an Brennholz und Reisach, sowie ca. '/- Eimer Obstmost. Kaufsliebhaber sind eingeladen.

Am 25. Januar 1896.

Konkursverwalter: Gerichtsnotar Sapper.

Unterreichenbach, Gerichtsbezirks Calw.

Miegenschafks-VerLauf.

In der Zwangsvollstreckungssache in unbewegliches Vermögen des Fried-- rich Gengenbach, Wirts zumAnker" in Unterreichenbach, kommt am

Freitag, den 21. Februar d. Zs., von vormittags 9 Ahr an^ auf dem Rathause in Unterreichenbach,

nachfolgende Liegenschaft zum ersten Mal im öffentlichen Aufstreich zum Verkauf - ,. Die Hälfte an dem zweistockigtm Wohnhaus Nr. 49 mit-

Scheuer, Holzremise, Schweinestall, Schuppen, Backofen und Hofraum oben im Dorf, am Hauptortsweg. In diesem Hause wurde seit­her mit persönlicher Gerechtigkeit eine Schank-Wirtschaft betrieben;. Brandversicherungs-Anschlag 4440 Steuer-Kapital 4800 gemeinderätliche Schätzung 3600

Hinter der Scheuer befinden sich 17 n 08 qm Gras- und Baumgarten Steuer-Kapital 18 79 A gemeinderätliche Schätzung 700

PNr. 161/1 2 n 98 qm Gemüsegarten in der Höll, Steuer-Kapital 3 ^ 43 -H, gemeinderätliche Schätzung 100H.

PNr. 162 11 a 38 qm Gras- und Baumgarten in der Höll, Steuer- Kapital 12 ^ 52 H, gemeinderätliche Schätzung 600

PNr. 321 22 a 16 qm Acker mit Oede in der Höll, Steuer-Kapital 8 ^ 22 gemeinderätl. Schätzung 500

PNr. 142/1 15 a 73 qm Baumacker und Wiese in Bruckwiesen, Steuer- Kapital 17 ^ 28 --Z, gemeinderätliche Schätzung 600

Die Verkaufskommission besteht aus Schultheiß Scholl und Gemeinderat O-ngenöüch.

Als Verwalter ist aufgestellt Gemeinderat Beuttler in Unterreichenbach^ Den 20. Januar 1896.

Aüv Herr Gerneinöevat:

H.-B. Gerichtsnotar Sapper.