Samstag
Beilage zu Nr. 127 .
26. Oktober 1895.
Jeuitketon.
^Nachdruck »erb»ten-1
Kviegs-Gvinnevungen
von Th. Schmidt.
H. An -er Loire.
(Fortsetzung.)
Auch an diesem Abend saß er ernst und in sich gekehrt vor dem Kaminseuer und sein Kopf sank ihm immer tiefer auf die Brust, als die übrigen Kameraden ein einfaches Lied, dessen letzte etwas schwermütige Strophe ich hier hersetze, anstimmten: Und graben sie mich ein Weit über'm deutschen Rhein,
Dann jamm're nicht in bitteren Klagen,
Du deutsches Weib mußt es ertragen;
D nn wer für's Vaterland wohl ließ sein Blut,
Ruht auch in fremder Erde gut.
»Ich setzte mich neben den Freund und versuchte, ihn durch ein längeres Gespräch seinen Grübeleien zu entreißen. Aber weder meine zuversichtliche Behauptung, daß der Krieg jetzt bald zu Ende wäre, da'ja die ganze französische Armee sich auf dem Rückzuge befände und wir möglicher Weise gar nicht mehr in ein ernstliches Gefecht hineingewgen werden würden, noch der Hinweis, daß der Lenker der Schlachten ja feine Hand in manchem heißen Kampfe über ihn gebreitet hätte, vermochten seinen Glauben an das nach seiner Meinung über seinem Haupte schwebende düstere Verhängnis zu erschüttern. .Ich falle!" so behauptete er auf alle meine Ausführungen und Einwände.
Ach. nur zu rasch sollte sich das, was er lange vorher geahnt, erfüllen! Nach etwa vier Wochen, ich lag schwer erkrankt im großen Saale des LyceumS zu Ven- dome, erhielt ich einen Brief von einem Batterie-Kameraden, worin mir dieser mitteilte, daß H. im letzten Gefecht der Batterie bei Le ManS gefallen sei. Ein Schuß durch die Brust hatte sein junges Leben jäh geendet!
.Armer Freund, bedauernswerte Mutter!" seufzte ich tief ergriffen und eine Thräne rann mir dabei über die Wange. .Gräßliche Furie Krieg, Geißel der Völker," rief es in meinem Innern, .wann endlich wirst Du die bluttriefende Streitaxt begraben und das schöne Bibelwort: .Liebet euch unter einander" wahr machen? Oder soll Haß und Zwietracht nie aus dieser Welt verschwinden? Sollen sich die Völker denn immer blutgierigen Hyänen gleich einander zerfleischen? Gehören Haß und Zwietracht denn wirklich neben der Liebe mit zu den weltbewegenden Factoren? Und soll nur dem Starken, Kühnen allein die Welt gehören und der Friedliebende sich seines Daseins denn nimmer in Ruhe erfreuen können? Schwer zu begreifen ist das! Aber sehen wir uns um. so finden wir, daß überall im Welträume nirgends Frieden, nirgends Ruhe, nirgends Stillstand herrscht. Überall, auf der Erde, im Wasser und in der Lust, ist der .Kampf umS Dasein" von Anfang der Welt entbrannt gewesen, und es wird auch wohl so bleiben, so lange die Welt steht. Aber der Mensch, als das Ebenbild des allliebenden Gottes, der Christ vor Allem, sollte sein Herz dem Frieden und der Versöhnung weit öffnen und Haß und Zwietracht,
Feindschaft und Scheelsucht daraus verdrängen, dann würden auch die blutigen Fehden der Völker immer weniger werden. —
Meine Schilderungen würden unvollständig sein, wenn ich nicht jener hehren Gestalt, der Charitas, gedächte! Hoch ragt ihr sansteS Bild empor aus den Gräueln des Krieges, und jeder Soldat, der das stille, geräuschlose Walten und Schaffen jener von schönster Nächstenliebe beseelten Wesen in den Lazarethen beobachtet hat, wird ihnen seine Bewunderung und Hochachtung nicht haben versagen können. Mit welcher Geduld und Hingebung erfüllten sie die schweren Pflichten ihres Berufes, hier tröstend, dort labend und das Alles mit der gleichen Ruhe und Freundlichkeit, selbst dann, wenn sie auf Widerstand gegen die ärztlichen Anordnungen stießen. Wenn ich heute einer solchen Frau in ihrem, in den Augen der prachtliebenden Menschen so schmucklosen, dunklen, einfachen Kleide begegne, dann ziehe ich vor ihr meinen Hut tiefer als vor einer in Sammet und Seide daherrauschenden „Königin der Salons". —
Hinter Orleans wird das Land bergiger. Das Vorrücken der Truppen war oft mit vielen Schwierigkeiten verknüpft, und diele wurden noch ärger, als gegm Mitte Dezember Thauwetter eintrat.
Seit dem Ausrücken aus Metz hatten wir keinen Ersatz an MontirungSstücken erhalten, und der Zustand, in dem sich unsere Bekleidung befand, war ein geradezu kläglicher. Da sah man graue, schwarzsammtne und weiß-leinene Holen, Helme, denen die Spitzen oder Schuppenketten fehlten, namentlich bei der Infanterie, die oft Tage lang auf Vorposten oder im Allarmquartier nicht Zeit noch Ruhe fand, etwas an der Bekleidung und Ausrüstung audbeffern zu können. Zu all diesen m ßlichen Zuständen kamen die wahrhaft schauderhaften Wege und das tiefaufge- weichte Gelände, in dem die Geschütze beim Auffahren bis an die Achse, die Pferde und Manschaften bis zu den Knieen versanken. Es passnte häufig, daß bei schnellem Vor- oder Zurückgehen der eine oder andere Soldat seine Stiefel in dem Lehmboden stecken lassen und ohne dieselben fortlaufen, oder, wenn er sie aus dem Boden hergezogen hatte, in der Hand weiter tragen mußte. Mancher Stiefel hatte keine Sohle mehr; man sah alle denkbaren Arten Schuhzsug, vom Kniestiefel bis zum Holzschuh, vertreten, denn die von den Franzosen erbeuteten Stiefel warm ja meist für unser« Germanenfüßs zu klein. Neben solchen Zuständen, welche wahrlich geeignet waren, das Herz auch des mutigsten und abgehärtetsten Soldaten verzagen zu lassen, fand man entsetzliche Quartiere, in denen die tagsüber oft in strömendem Regen mar- schirten und gänzlich durchnäßten Mannschaften nichts Eßbares auftreiben konnten, ja die nicht einmal gestatteten sich ein Feuer anzumachen.
Aber das war noch nicht das Ärgste! Der hungernde, frierende und durchnäßte Soldat fand nach langem beschwerlichem Marsche oder heißem Kampfe oft nicht einmal ein Unterkommen für die Nacht, nicht selten stand die Compagnie oder Batterie den größten Teil derselben draußen auf freiem Felde in Gefechtsstellung oder biwakirte wegen der Nähe des Feindes ohne Wachtfeuer!
Die ganze Gegend von Orleans bis Le Mans war mit einem großen 150 Kilometer langen und 50 Kilometer breiten Schlachtfelde zu vergleichen, auf dem außer in den Städten Orleans, BloiS und Vendome, weiter nichts zu finden war, als jammernde Menschen, zerschossene und verlassene Dörfer und zum Test gesprengte Brücken und unpassirbare Wege. (Fortsetzung folgt.)
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