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Rektor vr. Müller) statt. Damit hatte die vom Wetter außerordentlich begünstigte, durchaus schön verlaufene und hochpatriotische Feier ihren würdigen und erhebenden Abschluß gefunden.
Liebenzell, 3. Sept. Die 25jährige Gedenkfeier der Schlacht bei Sedan und überhaupt des im Jahr 1870 und 71 mit Gottes Hilfe erlangten Siegs und Friedens wurde hier unter Beteiligung der ganzen Gemeinde gemäß dem vom Kriegerverein mit den bürgerlichen Kollegien vereinbarten Programm geziemend gefeiert. Nachdem mit Böllerschüßen und Tagwache daS Fest am Sonntag frühmorgens begonnen hatte, folgte um die gewöhnliche Zeit feierlicher Kirchgang. Der Prediger führte im Anschluß an Psalm 100 aus, wie die Gedenktage, die das deutsche Volk in diesem Sommer feiert, noch heute bei uns eine Frucht schaffen sollen, nämlich eine Frucht des Dankes gegen Gott und herzlicher Zukehr zu ihm, auf dem alle unsere Hoffnung ruht. Nachmittags 1 Uhr wurde die Schuljugend mit Kümmelküchlein beschenkt auf Kosten der Gemeinde. Auch zur Veranstaltung von Spielen mir Preisverteilung war von den bürgerlichen Kollegien eine entsprechende Summe verwilligt, und die Veteranen erhielten aus der Stadtkaffe ein Ehrengeschenk, das auch den Unbemittelten in den Stand setzte, am frohen Fest sich eine Loire zu thun. Um halb 3 Uhr zog der Festzug mit Musik und Pereinsfahnen zum Oberen Bad, wo das Festmahl zubereitet war und wo nach demselben teils im Saal, teils im Garten ungezwungene Fröhlichkeit sich entfaltete, nicht ohne daß in mehreren Reden die Gedanken der Anwesenden zurückgeführt wurden in die Zeit des großen Kriegs und ein Zoll der Ehre und des Dankes denen gewidmet wurde, die sich damals um das Vaterland verdient gemacht haben. Mit einbrechender Nacht erfreute der Herr Badbesitzer die Gäste, die noch länger bei ihm verweilten, mit schöner Beleuchtung seiner Anlagen; namentlich aber fand für die übrige Einwohnerschaft von Liebenzell der festliche Tag durch die vom Verschönerungsverein veraikstaltete Beleuchtung von Kirchturm und Schlößle, sowie durch die mannigfaltigen Lichteffekte, die einige Privatleute aus ihren Häusern und Gärten hervorsprühen ließen, einen würdigen und erhebenden Abschluß. Der Montag als zweiter Feiertag brachte noch die Schulfeiern m den 3 Klaffen, und am Nachmittag die Vergnügungen der Schuljugend unter Aufsicht ihrer Lehrer im schattigen Gras- aarten des Gasthofs zum Ochsen, und endlich am Abend ein Freudenfeuer droben am Berg unweit der „Pilgerhütte". Möge die Erinnerung an Deutschlands Siege vor 25 Jahren uns noch lange ungetrübt verbleiben und die heurige Jubiläumsfeier dazu dienen, daß die Liebe zum deutschen Vaterland wieder neu erglühe im Herzen unseres Volks und drin verzehre die unreinen Leidenschaften der Pckbteisucht, das Wuchergewächs kleinlicher Interessen und den schnöden Undank und Unverstand gegenüber dem Großen, was durch Gottes Gnade errungen ward im siebziger Krieg!
2 . Zavelstein, 2. Sept. Feuerwerk auf der Burg, Freudenfeuer mit Gesang, gesellige Versammlung in der „Krone" bildeten gestern abend hier die Feier des Nationalfestes. Der einzige hier wohnende 70er Veteran, Amtsdiener Schönhardt, erhielt rin Geschenk von 5 M. aus der Gemeindekaffe.
2 . Auch in dem Bade- und Luftkurort Hirsau
wurde der Erinnerung an die große Zeit vor 25 Jahren gebührend Rechnung getragen und dos Sedanfest unter reger Beteiligung am Sonntag und Montag in besonders festlicher Weise begangen. An den Festgottesdienst am Sonntag schloß sich Montags eine Schulfeier an, nach welcher die Schüler mit den üblichen Kümmelküchlein erfreut wurden. Die Veteranen, die aus der Gcmeindekaffe eine Ehrengabe von 4 erhielten, waren als Mitglieder bei den Festlichkeiten in Calw beteiligt, fanden sich aber auch noch, einer Einladung des Gemeindcräts folgend, abends in ooi'pore in den Räumen der hiesigen Restauration Mohr ein, woselbst neben den bürgerlichen Kollegien noch eine große Zahl von Festgästen versammelt war, um in Rede und Gesang jene großen Ereignisse zu feiern, aus denen Vas neue deutsche Reich entsprossen ist, und auf welche die Gegenwart so laut und eindringlich zmückweist. In anregender Weise fand dies noch seinen Ausdruck in der Rede des Ortsgeistlichen, die mit einem Toast auf die Veteranen von 1870/71 schloß, während Straßen- meister Mogler ein zündendes Hoch auf den Protektor des württbg. Kriegerbundes König Wilhelm II. ausbrachte. Die 25jährige Feier des Sedantages läßt uns hoffen, daß es in alle Zukunft gilt: Lieb' Vaterland kannst ruhig sein!
si Altheng stett. Wie allerorten so wurde auch hier zum Andenken an den ruhmreichen 2. September ein patriotisches Fest gefeierr. Die Veteranen, sowie die Witwen von Veteranen wurden mit je 5 ^ aus der Gemeindekaffe bedacht. Am Sonntag den 1. d. M. um '/-10 Uhr bewegte sich ein stattlicher Festzug, bestehend aus Veteranen-, Militär- und Gesangverein, mit Fahnen in die Kirche. Um 12 Uhr vereinigten sich die Veteranen zum Festessen im Gasthaus zum Lamm. Nachmittags füllten sich die stattlichen Räume der Gartenwirtschaft mit den Mitgliedern der verschiedenen Vereine. Hr. Schultheiß Flik eröffnete die Reihe der Reden mit einer warmen Aufforderung zu treuem Festhalten an König und Vaterland, Kaiser und Reich, und brachte auf dieselben sein Hoch aus. Hr. Vorstand Schwarz vom Veteranenoerein toastierte auf unfern ihn Ehrfurcht geliebten König. Hr. Flik, Mitglied des Militärvereins, brachte ein Hoch aus auf die Helden von 1870/71. Außerdem klebten patriotische Gesänge und Gedichte sowie einige humoristische Beigaben die in gehobener Stimmung verlaufene Erinnerungsfeier. Am 2. Tag war allgemeine Schulfeier, und abends erhellte ein großartiges Freudenfeuer aus dem Tafelberg die Umgebung in weitem Umkreise. ^
s. Stammheim. Ein Vierteljahrhundert ist seit den Tagen vergangen, da Deutschland nach blutigen Schlachten sich einte zu einem Ganzen. Der Traum „Deutschlands Einigkeit" ist in Erfüllung gegangen. Fest gegründet und geschloffen steht es als eine Macht nach außen. Auch Stammheim wollte sich's — trotz des verheerenden Hagelwetters im Juli — nicht nehmen lassen, den Tag, der Deutschlands Einheit und Macht brachte, würdig zu begehen. Sie machten's, wie im 2ten Buche der Makkabäer zu lesen ist: Und alle beschlossen einmütig, diesen Tag nicht vorübergehen zu lassen, ohne ihn zu feiern". Böllerschüsse vom Galgenberg, mächtig von den gegenüberliegenden Bergen herübervröhncnd, und Tagwache leiteten die Feier ein. Um '/-9 Uhr versammelten sich Veteranen-, Militär- und Gesangverein, Feuer
wehr, bürgerl. Kollegien, Schüler mit ihren Lehrern,, vor dem Rathause und im stattlichen Zuge ging eS der Kirche zu zum Festgottesdienst. Nach diesem war gemeinschaftliche Schulfeier vor der Kirche. Wie klangen da die Hellen Kinderstimmen so frisch und rein und wie fließend, von patriotischem Geist entflammt, deklamierten sie ihre, paffend in die schwungvolle Ansprache des ersten Lehrers eingewobenen Gedichte ! Ein gemeinsamer Gesang schloß diese erhebende Feier und fort ging's mit Musik und Trommelschlag durch's Dorf vor das Rathaus, wo alle Kinder mit Festküchlein beschenkt wurden. Um 1 Uhr nachmittags war gesellige Unterhaltung im Gasthaus zum „Rößle", wo den Veteranen auch ein duftendes Mahl — die Gemeinde bewilligte 130 ^ zum Feste — bereit stand. Toaste, Ansprachen, ernsten und heiteren Charakters, Gesänge des Liederkranzes und Vorträge des Posaunenchors wechselten miteinander ab und erhöhten die Festslimmung aller Anwesenden. So verlief das Fest in gelungener Weise und auf aller Lippen drängte sich aus einem von Vaterlandsliebe erfüllten Herzen wie ein Losungswort: Deutschland, Deutschland über alles!
lü Deckenpfronn, 3. Sept. Die 25- jährige Gedenkfeier an die glorreichen Jahre 1870 — 71 wurde gestern mit einem Jubel und einer Begeisterung begangen, die jedes patriotische Herz mit Freuden erfüllen muß. Der Anbruch des festlichen Tages wurde durch Tagwachtblasen und Böllerschüsse angekündigt. Ein Gefechtsschießen, welches der Militärverein veranstaltet hatte und bei welchem die Gefangennahme Napoleons bei Sedan markiert wurde, versetzte uns momentan in die ernste Zeit des Krieges. Um 8 Uhr fand Fe st gottesdien st statt, zu welchem sich die bürgerl. Kollegien und die hiesigem Vereine im festlichen Zuge vom Rathause aus begaben. Mittags wurden die Veteranen im Gasthaus zum Hirsch festlich bewirtet. Abends 8 Uhr bewegte sich ein Fackelzug, bestehend aus dem Veteranen-, dem Militär- und Gesangverein, sowie der Schuljugend auf die „Höhe," woselbst ein Freudenfeuer abgebrannt wurde. Nach Absingen der Wacht am Rhein hielt Schull. Bohnet die mit Begeisterung aufgenommene Festrede. Hierauf fand gesellige Unterhaltung in der Krone statt. Ernste und heitere Reden und Gedichte, die die patriotische Bedeutung dieses Tages darlegten, und Liedervorträge des Liederkranzes trugen dazu bei, daß eine des Tages würdige Stimmung in den dichtbesctzten Räumen herrschte.
, Holzbronn,2.Sept. Ueberallhinwurden
von unsern Höhen aus Freudenfeuer sichtbar, es galt, das größte Ereignis unseres Jahrhunderts zu feiern. Wenn hier auch kein Festbankett veranstaltet werden konnte, mit Rücksicht auf unsere schwer bedrängte Lage,. so zeigte sich's doch schon am frühen Morgen als das Feuerwehrhorn Sammlung blies, daß noch ein gesunder patriotischer Kern in unserem Schwabenvolk zu finden ist. Der Kirchgang vom Rathaus zur Kirche versammelte beinahe die gesamte Bürgerschaft. An der Spitze des Zugs marschierte unsere Musikkapelle in Gestalt gut eingeübtes Volksschüler mit tüchtigem Dirigenten. Das Gros bildete die Feuerwehr. Ihre blanken Helme ersetzten Orden- und Uniformgeplänkel. Als Arriergarde kamen die Väter des Rats, welche in guter Laune den Veteranen je 4 den Schulkindern ein Festbrot und der Feuerwehr einen Trunk verwilligten. Unser Herr Pfarrer, welcher als Ver
bergen». Es interessiert mich daher, ob Sie in Beziehungen zu meiner Vaterstadks die übrigens auch die Heimat Ihres jungen ArzteS ist, stehen?"
Der Kranke schaute momrntelang starr ins Leere. Seine Finger flogen dabei nervös über den blütenweißen Bezug seines Deckbettes. Dann atmete er tief auf, und der Rätin wieder mit dem alten Forschen in das Gesicht blickend, sagte er, ohne ihre Frage direkt zu beantworten: „Also Sie sind eine Kronbergern, ?! Seltsamer — merkwürdiger Zufall!" Er schüttelte den Kopf und wieder glitten seine Finger über die Decke. Aber in seinem unschönen Gesicht, in welches di« Leidenschaften ihre Runenschrift gegraben, kämpfte es. ES war ersichtlich, daß der Fremde innerlich von neuem die Frage erörterte, ob er gegen di« Menschen, die sich seiner so barmherzig angenommen, aufrichtig sein könne, ihnen offenbaren dürfe, was seine Seele marterte. Aber er schien hierüber zu keinem Resultat zu kommen, denn plötzlich winkte er den Doktor ganz dicht zu sich heran, und als dieser der Handbewegung sofort folgte, fragte er mit halb versagender Stimme: „Herr, ich bitte Sie. sagen Sie mir aufrichtig und nach bestem Wissen, wie lange denken Sie, daß ich noch leben kann? Nehmen Sie keine Rücksicht! Ich will dir voll« Wahrheit hören," setzte er hinzu, als der junge Arzt mit den Achseln zuckte und «inen mitleidigen Blick in das verfallene Gesicht des Patienten warf.
„Wir Ärzte sind auch nicht allwissend, mein Herr," erwiderte Guido. „Wie mancher Kranke ist schon von seinem Arzte aufgegeben worden, der hernach —'
Der Fremde schüttelte ungeduldia mit dem Kopf. Waffen Sie das, Doktor! Lasten Sie das! Ich will ohne alle Rücksicht wissen, welche Frist Sie mir noch geben?"
„Nun denn —" wieder machte der junge Arzt ein« Pause. Dann aber setzte er hinzu: „Ich fürchte, Sie werden den Abend des anbrechenden Tageü nicht lange überleben."
„Ich dachte ei wohl," flüsterte der Patient. „So ist «S also unmöglich,
daß, wenn wir sofort depeschieren, von Kronberg aus noch zu rechter Zeit «ne Person hier cintreffen könnte, mit — mit der ich gern — ein paar Worte sprechen möchte, che ich weme Rechnung mit dem Leben abschließe?"
.Unmöglich nicht," erwiderte Guido. „Es käme nur darauf an, daß die betreffende Person sofort nach Ankunft der Depesche zu reisen vermöchte. So viel mir bekannt, geht ein Kurierzug schon um fünf Uhr morgens von Kronberg ab und ist bereits um vier Uhr nachmittags auf unserer Station."
„Um vier Uhr nachmittags!" wiederholte der Kranke, und den Blick fest in die Augen des Arztes senkend, fitzte er hinzu: „Und Sie glauben, daß ich dann noch am Leben und bei Bewußtsein sein werde?"
„Ich glaube es! Aber ich wiederhole Ihnen auch, Herr: Stückwerk ist unsere Kunst uns Stückwerk unser Wißen!'
„Ich weiß, ich weiß! Doch — telegrophicren Sie sofort — an —" Er hielt wieder zögernd inne, strich sich mit der Hand über das Gesicht, auf welchem schon jetzt die Schatten dek nahenden Todes lagen.
.An?" fragte Guido, der sein Notizbuch hervorgezogen und geöffnet hatte.
Ein tiefer Seufzer, ja ein Aufschrei fast, rang sich über die Lippen des Kranken. ES war ersichtlich, daß der Name, welchen er im Begriff war auSzusprechen, in Verbindung stand mit bitteren, quälenden Erinnerungen. Dennoch überwand er sich, und den Kopf in die Kiffen lehnend sagte er endlich:
.An den Rentier Gerhard Barnstedt!"
.Gerhard Bornstedt?" klang es verwundert zurück.
.Kennen Sie ven Mann näher?" fragte der Kranke und schaute dem Doktor m ßtrauisch ins Gesicht.
.Ich persönlich nicht! Aber die Dame hier, meine Tante, lebt in seinem Hause." Guido hielt es nicht für notwendig, dem Fremden zu erörtern in welcher: Eigenschaft. (Fortsetzung folgt.)
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