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seltenes sind, hat dieser patriotische und weitblickende Fürst bei dem am Sonntag in Reilingen gefeierten GauvcrbandSfest des Militärgaues Schwetzingen ge­sprochen. Der Großherzog gab einen Ueberblick über die ersten 25 Jahre des Bestehens des neuen Deutschen Reiches und schloß seine Ansprache wie folgt:Manches ist wohl geschaffen, aber viel ist noch übrig zu thun. Aber keine Kraft, keine Macht ohne Anstrengung und Hingebung, und diese Hin­gebung ist nur dann möglich, wenn ein festes Ganzes geschaffen ist, das dazu beiträgt, das Geschaffene zu erhalten. Dafür müssen wir Opfer bringen, denn Großes können wir nicht schaffen, ohne Opfer zu bringen, ohne Alles hinzugeben, wenn cs Not thut. Ich weiß sehr gut, daß Sie meine Worte richtig verstehen. Sie sind alle Soldat gewesen und wissen, was es heißt, sich hinzugeben mit ganzer Liebe, ganzer Treue. Sie wissen, was es heißt, auch Blut herzugeben, wenn es nötig wird, ohne zu fragen warum. Ter Gehorsam ist, wie man zu sagen pflegt, blind, ich will aber lieber sagen, e i n bewußter. Wir muffen uns unseren Pflichten hin- gebcn. Nur dann vermögen wir Großes zu leisten, und es ist jederzeit Großes geleistet worben auf dieser Grundlage. Erhalten wir diese Grundlage, thun wir Alles, was nötig ist, um sie zu erhalten, und vermeiden wir das, was heute schon so viel verdorben hat. Ich berühre das nur kurz, aber ich kann es nicht umgehen. Das Parteileben hat vieles in Deutschland verdorben. Das Partei-Interesse geht manchmal viel höher als das Interesse des Reiches. Die rechte Partei ist nur diejenige, welche sich wahrhaft national nennen kann, welche alles hingiebt, wenn es Not thut, und nicht darnach fragt, was drum und dran hängt und wer dabei ist. Dabei dürfen wir nicht persönlich werden, Alles muß sachlich sein. Wir müssen das Bewußtsein haben und im Volk pfle­gen, daß nur mit der nationalen Größe die Größe und das Wohl des einzelnen Landes zu erhalten ist. Darum, meine Freunde, sprach ich vorhin von der Vergangenheit. Sie muffen sie erlebt haben, wie ich sie erlebt habe, da cs kein großes Vaterland gab. Vergessen wir nicht, daß es anders war, und daß es Leute giebt, welche die früheren Verhältnisse wieder herbeizuführen wünschen, um die Schwäche des einzelnen Staates und die Schwäche des Reiches wieder zu schaffen. Ich mahne zur Einigkeit nach allen Richtungen. Ver­meiden Sie jedwede Partei, welche nicht auf natio­naler Grundlage steht. Nationale Grundlage heißt: Erhaltung des Reiches, Unterstützung des Kaisers, Einhelligkeit des Heeres und damit Erhaltung der Kraft der Nation."

Karlsruhe, 3. Juli. Die Polizei hat gestern einen interessanten Fang gemacht, indem sie einen internationalen Ladendieb zur Hast brachte, der in einem Laden zwei goldene Zwickergestelle gestohlen hatte und verschiedene Goldwaren zu verkaufen suchte. Er war im Besitz von goldenen Uhrkelten, Kreuzen, Broschen, Eheringen, Meerschaumspitzen, die zusammen einen Wert von etwa 700 M. repräsentiren. Des Weiteren fand man einen goldenen Ring mit Smarag­den und Brillanten, der in Hanau kürzlich gestohlen war. Der Verhaftete ist ohne Ausweispapiere unds verweigert die Auskunft über seine Person und über, die bei ihm gefundenen Gegenstände.

Köln, 3. Juli. In Mülheim a. Rh. geriet abends bei einem Spaziergange über die Schiffsbrücke ein Brautpaar, das in den nächsten Tagen die Ehe eingehen wollte, in Streit, worauf plötzlich der Bräutigam sich in den Rhein stürzte und in den Wellen verschwand. Die Braut kam in Hast zwecks Untersuchung, ob Mord oder Selbstmord vorliege.

Hamburg, 4. Juli. DieHamburger Nach­richten" melden aus FnedrichSruh, daß das Befinden des Fürsten Bismark nichts zu wünschen übrig läßt.

Berlin, 3. Juli. Der Lokalanzeiger meldet aus Dresden: 4 Arbeiter der Siemens'schen Glasfabrik wurden durch sogenannte magenstärkende Tropfen, die sie sich von dem Pförtner der Fabrik geben ließen, vergiftet. Zwei derselben sind bereits gestorben. Tie beiden Andern liegen schwerkrank im Krankenhause. Der Pförtner und der Droguist, bei dem er vie Tropfen geholt hatte, sind verhaftet worden.

Berlin, 4. Juli. Die Kaiserin trifft morgen früh 6 Uhr auf der Wildparkstation bei Potsdam

ein. Die hohe Frau wird vor ihrer Reise nach Saßnitz noch etwa 14 Tage im neuen Palais verweilen.

Berlin, 4. Juli. Zum Attentatsver- such gegen den Polizei-Obersten Krause schreibt der Lskalanz.": Die Nachforschungen nach den Thätern wenden sich augenblicklich nach einer neuen Seite hin. Es liegt der begründete Verdacht vor, daß die verhängnisvolle Kiste von einem Mädchen in Männerkleidern in Fürstenwalde bei der Post auf­geliefert wurde.

Berlin, 4. Juli. In dem großen Well­blechschuppen des Kaserncnhofs der Militär-Luftschiffer- abteilung fand gestern Abend bei dem Transport eines kleinen, mit Leuchtgas gefüllten Uebungs- ballons eine Explosion statt, wobei 3 Soldaten erheblichere Verletzungen davontrugcn. Einer ist be­reits den Brandwunden erlegen. Die Ursache der Explosion ist bisher unermittelt. Man nimmt an. daß ausströmendes Gas in Verbindung mit der äußeren Lust Knallgas gebildet und an einem elekt­rischen Funken sich entzündet habe.

Berlin, 4. Juli. In einer gestern Abend von etwa 800 Personen besuchten Töpferversammlung wurde der seit den 17. Juni dauernde Streik für beendet erklärt. Die Forderungen der Töpfer wurden von 85 Arbeitgebern bewilligt, während 32 Meister sich weigerten, die verlangten Tarife zu zahlen. Am letzten Samstag wurden 4570 Mark Streik-Unter­stützungsgelder ausgezahlt. Die Versammlung erklärte sich einstimmig für Aufhebung des Streikes. Das Streik-Comite dagegen bleibt fortbestehen.

Berlin, 5. Juli. Das Berl. Tagebl. meldet aus Belgrad, ernste Kreise erklären, Serbien habe kaum noch einen andern Ausweg, als dem Beispiel Griechenlands zu folgen und die Unfähigkeit der Schuldenzahlung einzugestehen. Die Bankgruppe, welche sich an den Karlsbader Abmachungen beteiligt habe, habe schon eine Kuponskürzung zugestanden.

Paris, 5. Juli. Der Taglöhner Gauthier, dem kürzlich seine Frau gestorben ist, vergiftete seine beiden Kinder durch Kohlengas, stieß sich selbst ein Messer in die Brust und stürzte schreiend auf die Straße, wo er tot zusammenbrach.

London, 4. Juli. Gladstone hat nun­mehr definitiv auf die politische Thätigkeit verzichtet. Zu einer gestern in Edinburg abgehaltenen Versamm­lung der liberalen Vereinigung aus Gladstones Wahl­kreis Midlothian wurde sein Brief an den Vor­sitzenden verlesen, worin er von seinem Wählern Ab­schied nimmt.

Gemeinnütziges.

Behandlung der Ob st bäume nach Hagelschlag. Wenn junge Obstbäume in Folge Hagelschlags Quetschwunden erhalten haben, sollen diese mit Baummörtel (ein Gemisch aus Lehm, Kuh­fladen, etwas Kalk, wenn möglich auch Kälberhaaren) verstrichen und mit einem Lappen verbunden werden. Alles unnötige Herumschneiden und Verstreichen kleiner oder größer Stellen mit Baumwachs ist zu Unterlasten. Nur abgeknickte Aeste oder Zweige sind nach dem Glattschneiden mit Baumwachs zu verstreichen.

Zum 25jähr. Jubiläum

des Gemcinderats Lörcher in Hirsau.

ES gilt in unsern Tagen mehr als in frührer Zeit, Daß Geld die Welt regieret, Geld ist die Losung heut! Ein jeder möcht besitzen, viel Silber, blankes Gold, Wünscht, daß zu seinem Häufchen noch immer weiter rollt.

Wer wenig nennt sein eigen, von diesem schnöden Schatz Ter ringt und strebt mit Sorgen, ist Tag und Nacht

am Platz,

Damit auch er erhasche ein möglichst reiches Teil Von Silber und von Golde, nur darin sieht er Hell.

Und wem im Kasten liegen, im Beutel, in der Truh' Tie Thaler und die Kronen und Coupons noch dazu. Der wacht mit scharfem Auge, daß ja nicht fremde Hand Berühre und entwende den aufgcbäuftcn Tand.

Der eine möcht'S erlangen, wer's hat, giebt's nicht mehr

her.

Und wer es wagt zu nehmen, der muß sich fürchten sehr, Daß seinem bösen Streben mit List und mit Gewalt Sc?t Widerstand entgegen: Reich, Arm und Jung wie Alt.

Wer an den Beutel greifet, sieht gegen sich vereint Schon längst getrennte Gegner, da wird der Freund zum

Feind

Trum willst Du ruhig leben, so merk Dir diese Lehr, Und trachte nach dem Gelde des andern nimmermehr.

Fast muß ich drum mich wundern, daß heut zu dieser

Stund

Umgeben viele Freunde in glücklich frohem Rund Ten, der solch frevles Streben schon 25 Jahr Getrieben mit uns allen und man krümmt ihm kein

Haar.

Nicht einer sitzt im Kreise, dem nicht sein Geld er nahm. Ja immer heischt er weiter, so oft er wiederkam.

Das ist ein Misscthäter, den sollt man türmen ein. Damit sein schlimmes Treiben er endlich lasse sein.

Gemach, mein Freund, nicht hitzig, beschau dir erst de»

Mann,

Ter solches bösen Fr-Wels beschuldigt werden kann, i Vielleicht hat in der Tasche, zu Haus er seinen Raub, Ten nehmen wir ihm wieder, dann hat man Geld wie

Laub).

Ach nein, nicht in dem Beutel, nicht in der Truh' zw

Haus

Ist der erpreßte Mamon, längst schon gab er ihn aus; Und heute ist von allem, waS er getrieben ein,

In 25 Jahren, nicht eine Mark mehr sein.

Er hat nicht für sich selber in dieser langen Zeit Geplündert unsre Kasse, gemacht uns Herzeleid;

Tas, was er uns genommen, gab treu er wieder her. Der schlimme Misscthäter ist uns ein lieber Herr.

Vor 25 Jahren da wurd bestellet er

Zum Rechner und zum Rate, und noch manch andre Ehr

Knüpft sich an seinen Namen, well Kraft und Pflicht:

er treu

Stellt in den Dienst des Ganzen, wo cs auch immer sei,

Drum können wir nicht zürnen, dem Rechner, der das-

Geld

Tie Steuer von uns heischet; denn i» der ganzen Welk Zahlt Steuern man und Zölle; und gern in keinem Land, Halt nur ein jeder Rechner, wie er, stets reine Hand,

Im Rate der Gemeinde, der Kirche auch zugleich, Inspektor unsrer Wege, der Herr im Waldbcrcich,

Als Pfleger vieler Waisen hat er gar viel zu thun Zu sorgen, rechnen, schreiben und wenig Zeit zu ruh'n.

Wenn auch der Reif des Alters ihm schmückt schon längst

das Haupt

Ist er doch frisch und munter, ein Eichbaum grün be­laubt.

Und wenn auch oft er mußte durchkämpfen einen Strauß Wie schaut trotz seiner Jahre so jugendfrisch er aus.

Trum wollen billig ehren wir heut' den Jubilar,

Gott möge ihm bescheren noch manch ein glücklich Jahm In Amt und Haus ihm geben viel Segen, Glück und

Freud'.

Ihn schirmen und behüten vor Sorge, Angst und Leid,

Wir, die ihn heut umgeben, als Freunde jung und alt. Wir rufen tief von Herzen, daß laut es klingt und-

schallt:

Gemeindepfleger Lörcher soll leben, vivat hoch!

Stoßt an mit vollen Gläsern und dreimal: Hoch, Hoch,

Hoch!

Hirsau, 1. Juli 1865.

Standesamt ßalm.

Schull. Goetz.

G estorben e:

28. Juni. Christian Michael Schroth, Tuchschcrcrs

Witwe, Friedrike geb. Frohnmeyer hier, 80'/r Jahre alt.

29. . Joh. Renrschler. Bauers Ehefrau Anna

Barbara geb. Roller von Alzenberg, 62°/- Jahre alt.

29.' Adam Seitz, Eisenbahnschaffner hier,

34 Jahre alt.

2. Juli. Ludwig Rank, Schuldiener hier, 57^« I. a. -

Gottesdienste

am 4. Sonntag nach Trinitatis, 7. Juli.

^ Vom Turm: 385. Der Kirchenchor singt: Ge- sangb. Nr. 377. Prcdigtlied: 211.

9 Uhr Vorm.-Pred.: Hr. Stadtpfarrer Schmid.. Feier des h. Abendmahls. 2 Uhr Nachm.-Predigt: Hr. Stadtpfarrer Schmid.

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