so daß der Wagen hier zum stehen kam. Der Kutscher und das Fräulein waren beim Anprall an die Stämme abgcworfen worden, zum Glück ohne besonderen Schaden zu nehmen. Den ausgestandenen Schrecken der Insassen kann man sich vorstellen. — In Altbulach sind die Felder total verhagelt. OekonomGoez auf Hof Dicke schreibt: „Die ganze vielversprechende Ernte auf dem beinahe 300 Morgen großen Gut ist gleich Null. Der Schaden an den gutgehaltenen Obstbäumen, sowie der am Wohnhaus gelegenen Anlage ist unermeßlich, ähnlich sieht es in dem benachbarten armen Holzbronn aus". Vom Hagelschlag wurden außer Calw betroffen die Orte Stammheim, Ostelsheim, Althengstett, Neuheng- stett, Möttlingen, Simmozheim, Holzbronn, Kentheim, Alt-und Neubulach. Die Felderzeugnisse sind förmlich zerhackt. Auf der Markung ist der Ertrag zu Grunde gerichtet. Die öftesten Leute können sich eines solch verheerenden^ Unwetters nicht erinnern und namentlich die ungewöhnliche Größe und Schwere der Hagelkörner ist hier noch nicht erlebt worden. — Angesichts des Unglücks, das nun unfern eigenen Bezirk getroffen, wäre zu wünschen, daß etwa noch nachträglich für die Beschädigten in Balingen gesammelte Gelder für uns erhalten und an das Oberamt hieher gesandt würden. Voraussichtlich wird auch das gemeinschaftl. Oberamt in Bälde eine Sammlung eröffnen.^
Hirsau, 2. Juli. In den weiten, ^vis auf den letzten Mann ausgefüllten Räumlichkeiten des hiesigen Gasthauses zur „Sonne", ward gestern abend eine schöne, erhebende Feier abgehalten, das 25jährige Amtsjubiläum des Hrn. Geweinde- pflegers Lörcher. An Stelle des anwesenden, je--" doch durch Heiserkeit verhinderten Ortsvorstehers, hob der Ortsgeistliche in längerer Rede die vielfachen Verdienste hervor, welche sich der Jubilar durch eifrige, gewissenhafte, pünktliche und geschickte Verwaltung der Gemeindepslege unter naturgemäß schwierigen, manche Mühe verursachenden Verhältnissen um unsere Gemeinde erworben, ebenso noch daneben als Gemeinderat, Waldmeister, zeitweiliger Schultheißenamtsverweser. Schön trifft es sich, daß mit dieser 25jährigen amtlichen Erinnerungsfeier und zwar genau auf denselben Tag, den 1. Juli, noch ein anderer dem Gefeierten wichtiger Tag zusammenfällt, der Gedächtnistag seiner vor 37 Jahren geschehenen Eheschließung. Wie des Jubilars Ehe einen in Freud und Leid fest gegründeten Verein darstellt, so in gleicher Weise die durch 25 Jahre-sich ziehende enge und segensreiche amtliche Verbindung mit der dankbaren Gemeinde. Heute abend sind leider vieler- orten auch die stärksten Bäume durch die Gewalt des Sturmes entwurzelt worden: der Jubilar steht stattlich und unversehrt da in voller Leistungsfähigkeit, einer unerschütterlichen Eiche gleich. Das zum Schluß auf den Gefeierten, dessen F»au und ganze Familie ausgebrachte Hoch fand allgemeinen, begeisterten Widerhall. Gemeindepfleger Lörcher sprach sodann
in warmen Worten seinen Dank und seine Freude aus über die ihm widerfahrene, so wohlthuende Freundlichkeit und Beehrung und brachte ein Hoch aus auf die Gemeinde Hirsau. Von da an wurde die Stimmung eine immer belebtere: Schullehrer Gölz widmete dem Gefeierten ein mit vielem Beifall aufgenommenes Gedicht (wird in nächster Nr. bekannt gegeben. D. R.); Straßenmeister Mogler und Schreinermeister Bekh gaben dem Dank und der Anerkennung für den „verdienten Bürgermeister und Schützenbrudcr" beredten Ausdruck, letzterer trug auch mehrere Solos ausdrucksvoll vor, alle Versammelten und der Liederkranz stimmten abwechselnd manches schöne Lied an. Noch viele Hochs wurden auf Hrn. Lörcher ausgebracht. Das reichgegliederte Fest hielt die Teilnehmer an Ort und Stelle lange fest.
Althengstett, 1. Juli. Die seit einigen Dagen herrschende Hitze brachte uns heute Nachmittag 3'/» Uhr ein sehr schweres Gewitter, welches mit starkem Hagel verbunden war. Die Hagelkörner waren in der Größe von Tauben- bis Hühnereiern und richteten natürlich auf einem Teil der hiesigen Markung, namentlich im Kornfeld einen großen Schaden an, da man nach vorläufigem Ueberschlag den Schaden auf bis schätzt. Die Hopfen sind teilweise ganz , zusammengeschlagen, ebenso das wenige in Aussicht stehende Obst; auch die Gartengewächse sind stark beschädigt. Eine große Menge von Fensterscheiben sind zertrümmert, an der Kirche allein gegen 70. Möge uns der Herr von weiterem Schaden gnädig bewahren.^-
Oberkollbach, 1. Juli. Die von den "Meisten allopathischen Aerzten und Apothekern mit Unrecht angefeindcte und verdächtige Homöopathie faßt in unserem Bezirk, sowie auch im Bezirk Neuenbürg immer festern Fuß. In Altburg und Calmbach bestehen schon seit längerer Zeit homöopathische Vereine; in Oberreichenbach bildete sich am 1. April d. Js. der homöopatische Verein „Oberreichenbach und Umgebung", und in allernächster Zeit gedenken auch die Gemeinden Beinberg, Maisenbach, Oberlengenhardt und Zainen gemeinsam einen solchen zu gründen. — Hier wurde gestern ebenfalls eine homöopathische Versammlung abgehalten, bei welcher Schullehrer Seyfert aus Bemberg einen Vortrag über „die Allopathie und Homöopathie nach ihren Heilprinzipien" hielt, nach dessen Beendigung eine große Anzahl hiesiger Bürger dem Oberreichenbacher Verein beitrat.
O Deckenpfronn, 1. Juli. Im Aufträge der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft besuchte uns gestern Herrn Prof. vr. Sieglin von Hohenheim, um unsere Seen eingehend zu besichtigen. Bekanntlich wurden dieselben schon vor Jahren mit Karpfen, Goldorfen und Regenbogenforellen besetzt. Die beiden ersten Sorten sind wohl gediehen, während die letzteren nicht ankommen wollten. Das Gutachten des Sachverständigen ging nun dahin, daß namentlich der sog. „Egelsee" sich vorzüglich für Karpfenzucht
eignen dürfte, und daß derselbe für diesen Zweck zum' Ablassen hergerichtet werden müßte, um „rationelle Fischzucht" betreiben zu können. In einem gediegenen Vortrag legte Herr Sieglin den Mitgliedern des Fischereivereins ans Herz, der Fischzucht besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden, als einem der rentabelste» Gebiete des landwirtschaftlichen Lebens.
8. Beinberg, 1. Juli. Für die Heber«- schwemmten des Bezirks Balingen wurden in unserer 247 Einwohner zählenden Gemeinden 21 70
ersammelt.
Ebhausen, 1. Juli. Heute nachmittag kurx nach 3 Uhr entlud sich über die Rohrdorfer und hiesige Markung ein Gewitter; nach einem heftige» Sturm sing es sehr stark zu hageln an. Viele Fensterscheiben wurden zertrümmert; wie groß der durch die dichtfallenden Hagelkörner in der Größe von Haselnüssen angcrichtete Schaden auf den Feldern und an- den Bäumen ist, läßt sich bis jetzt noch nicht bestimmen. -
— In Metzingen hat am 28. v. Mts., abends auf dem Bahnsteig, in den Wartesälen und in der Umgebuug eine große Schlägerei zwischen einer- Gesellschaft aus Reutlingen und einer zahlreichen Gesellschaft von Studierenden der Stuttgarter technischem Hochschule stattgefunden. Die letzteren kamen von Urach her in den Sprandel'schen Gasthof und gerieten hier mit der beim Tanze begriffenen Reutlinger Hoch-' zeitsgesellschaft in Konflikt. Nachdem dieser zunächst beigelegt war, kam es zu wiederholten Streitigkeiten, und dann bei der Abfahrt der Reutlinger zu einer - Schlägerei, bei welcher eine größere Anzahl von Personen verletzt wurde. Wegen der verschiedenen straf-- baren Handlungen, die bei diesem Anlaß verübt worden sind, ist gegen die Thäter gerichtliche Anzeige erstattet und Untersuchung eingeleitet.
Biberach, 29. Juni. Der Ausschuß, des 24. Liederfestes des Schwäbischen Sängerbundes hat nunmehr das Programm fertiggstellt. Nach demselben wird am Samstag den 20. Juli ein Bankett in der neuen Turnhalle abgehalten. Am Sonntag den 21. Juli findet von 9'/, Uhr an der Begrüßungsakt und der Wettgesang statt, der etwa bis 4 Uhr dauern wird; um 5 Uhr ist Hauptprobe - für die Hauptaufführung, dis am Montag den 22.. Juli um 10 Uhr ihren Anfang nimmt. Zu dem am Dienstag stattfindenden Ausflug an den Bodensee sind zahlreiche Anmeldungen eingclaufen. Bei der Hauptaufführung fingen die Eßlinger Gesangvereine (etwa 250 Sänger)- den Chor „Friedrich Rothbart" von Podbertsky, und der Stuttgarter Liederkranz trägt „Volkers Schwanenlied" von Max Meyer- Olbersleben vor. Die Begleitung zu den allgemeinen Chören und das Konzertieren auf dem Fcstplatz hat die Kapelle des 2. württ. Infanterieregiments in Weingarten, Kapellmeister Eschrich übernommen.
Pforzheim, 2. Juli. Ein aus Bayern gebürtiger junger lediger Mann kaufte vor etwa '/« Jahren hier ein Wirtschaftsanwesen. Er bezahlte ca.
eines dankbaren GemütS für Herrn Gerhard Bornstedt interessieren könnte. Für sie war Clemence nnmer noch daS Kind, welches sie auf den Armen in dies Haus getragen. — .Ist Ihnen nicht wohl, Herzchen?" wiederholte sie denn auch ganz harmlos.
,O doch, aber — aber «L ist die höchste Zeit, daß ich wieder zur Frau Rätin hinausgehe," ernnderte Clemence. „Sie wird schon in Sorge um mich sein, da ich sie nicht von meinem beabsichtigten Besuch im Parterre unterichtete."
MrS. Snnth bewegte den ehrwürdigen, grauen Kopf. „Hab' es mir wohl gedacht, kleine —" erwidert« sie dann, und dem jungen Mädchen die Hand entgegenstreckend, setzte sie freundlich hinzu: »Ich will Sie deshalb auch nicht haften — gehen sie, Miß, und grüßen Sie mir die Frau Rätin bestens; vielleicht komme ich am Abend noch auf ein Stündchen hinauf, ich weiß es aber noch nicht genau. Möglicherweise geht Herr Bornstedt noch einmal aus, und dann darf ich das Parterre nicht verlassen."
„Ist denn Onkel Gerhard jetzt so viel unterwegs?" /«Late Clemence, schon halb im Gehen. „Wenn er von seinem Spaziergang heiuWWt war, pflegte er doch sonst nicht noch einmal das Haus zu verlassen."
.Heut« wäre es schon möglich — so viel wie er in diesen Tagen anzuordnen und zu besorgen hat. — Sie wissen doch, Kind, daß der alte Nachtwächter Mittler von einem Diebe «stochen worden ist, als er denselben arretieren wollte. Herr Bornstedt hat sich jetzt der Familie des Unglücklichen auf das Thatkräftigste angenommen, und das verursacht manche Mühe, die ihm seine Zeit raubt."
„Wie gut Onkel Gerhard ist!" rief Clemence bewegt. „Jeder Unglückliche findet eine Stütze an ihm."
„Das weiß Gott!" erwiderte Mrs. Smith, aber ein tiefer, schmerzvoller Seufzer hob ihre Brust. — — - - — — — — — - — — —
Mit raschen Schriften hafte Clemence das gemütliche Stübchen der Engländerin verlassen und den Vorraum durcheilt. Eden wollte sie die Hand auf den
Drücker der Ausgangsthür legen, als dieselbe zu ihrem Erschrecken von außen geöffnet wurde, und Gerhard Bornstedt in den kleinen Raum trat. Zum ersten Mal, so lange Clemence denken konnte, stand sie nun ihrem Wohfthäter gegenüber.
Wie bleich aber das ernste Gesicht desselben schon war — in diesem Moment wurde es noch um vieles farbloser. Die großen Augen Gerhards blickten erschrocken — mit dem Ausdruck tiefster innerer Bewegung in das heißerglühte junge Gesicht. „Diese Ähnlichkeit!" flüsterte er kaum vernehmlich — zog dann aber wortlos seinen Hut und wollte, ohne eine Silbe an das junge Mädchen zu richten, an diesem vor- übergchcn und in eine der Thüren treten, die zur Rechten und Linken sichtbar waren. Da aber fühlte er seine Hand gefaßt. „Onkel!" flüsterte jetzt eine zitternde, weiche Stimme — .Onkel, gehen Sie nicht so an mir vorüber! Gestatten Sie mir wenigstens, daß ich die Gelegenheit wahrnehme, um Ihnen von Herzen zu danken für all daS Gute, was Sie für mich gethan und noch immer thun."
Er hatte sofort seine Schritte gehemmt. Jetzt blickte er unter dem breitrandigen Hut, mit dem er wieder seinen Kopf bedeckt, zu dem Mädchen nieder. ES zuckte dabei um den Mund des Mannes wie in tiefem Schmerz, und die Linke abwehrend erhoben — die Rechte wurde noch immer von Clemence mit festem Druck gehalten — erwiderte er: „Nichts von Dank, Mädchen — nichts von Dank! Ich ertrage diese Worte von Ihren Lippen nicht. Denn was ich auch für Sie thue, ich bin verpflichtet, eS zu thun. Merken Sie sich das — und betrachten Sie dm Mann, mit welchem Sie unter einem Dache wohnen, immer nur als ihren Schuldner."
„Onkel — Sie sprechen in Rätseln! Lösen Sie mir dieselben! Ich bitte inständig darum."
Er schüttelte leidenschaftlich den Kopf. „Nein — daS verlangen Sie nicht — nie, Kind! Lassen Sie cs sich genug sein, wenn ich Ihnen bei allem, was mir heilig ist, versichere, daß ich die Wahrheit gesprochen. O, Mädchen, Mädchen!" setzte er hin u, und die tiefe, markige Stimme des Mannes zitterte. „O, Mädchen, und wenn ich Ihnen heute mein Leben zum Opfer brächte, so hätte ich doch noch nicht