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^ 19. Amts- und Anzeigeblatl für den Bezirk Lalw. 70. Jahrgang.
Erscheint Dienstags, Donnerstags nnd SamStagS. Die EinrückungSgsbühr berrägr im Bezirk und in nächster Umgebung S Pfg. bi« Aeilr. sonst tL Pfg.
Dienstag, den 12. Jebruar 1895.
üdonnkmenlspret» vtrrteljSbrttch in der Stadt »0 Pfg. nnd A> Psa. TrSgerlohn, durch die Post bezogen M. l. 15, sooft t» gan> Württenibera Mr. 1 . SS.
Amtliche Ziekauutmachnvge».
Die Gern. Aemter
«erden darauf aufmerksam gemacht, daß die Amtsdauer der gewählten Diitglieder der Ortsschul- Lehörden, mit dem Schlüsse des Jahres 1894 abgelaufen und daher nach Vorschrift des Art. 2 des Ges. v. 13. Juni 1891 Negbl. S. 146 eine Neuwahl vorzunehmen ist. Eine Anzeige über das Ergebnis der Wahl ist nicht erforderlich.
Calw, 8. Febr. 1895.
K. Gem. Oberamt.
Voelter. Braun.
An öie Artsbehöröen, Mefbauöerufsgenoffenschaft vetr.
Da in letzter Zeit von mehreren Gemeinden Anfragen hieher gerichtet wurden, ob sie zur Einreichung von Lohnnachweisungen an den Vorstand der Tiefbauberufsgenossenschaft für das Jahr 1894 noch verpflichtet seien, nachdem die Amtskörperschaft und die Gemeinden zur Uebernahme der Unfallversicherung ihrer Regietiefbauarbeiten auf eigene Rechnung ermächtigt worden seien, so wird wiederholt darauf hingewiesen, daß, soweit dies noch nicht geschehen sein sollte, die vorschriftsmäßigen Lohnnach- «eisungen der Gemeinden für die von ihnen bis zum 31. Dez. 1894 beschäftigten Arbeiter unverzüglich an den Vorstand der Tiefbau-Berufsgenossenschaft in Berlin einzusenden sind, weil die Versicherung der Gemeinden erst vom 1. Jan. 1895 an beginnt.
Calw, 11. Febr. 1895.
K. Oberamt.
Voelter.
Tagesneuigkeiten.
Stuttgart, 5. Febr. Zu den Landtags- Wahl e n schreibt die „W. Volksztg." : „Die Volkspartei ist in der Lage, einen Triumphgesang anzustimmen, denn die Landtagswahlen haben ihr mehr Siege in den Schoß geschüttet, als sie wohl selbst erwartet hat und die bevorstehenden Stichwahlen werden die Zahl ihrer Sitze voraussichtlich noch vermehren. Vereint mit dem Centrum sowohl als mit der Deutschen Partei wird sie in der Lage sein, eine Mehrheit zu stellen; je nach dem Ausfall der Stichwahlen wird sie ein Viertel, wenn nicht nahezu ein Drittel sämtlicher Kammersitze für sich allein besitzen. — Was für Pflichten diese Lage der Partei auferlegt und ob sie das Abgeordnetenmaterial aufweist, um diesen Pflichten gerecht zu werden, wollen wir heute nicht untersuchen; die Zukunft wird da allerlei Ueber- -raschungen bringen, die vielleicht für die Volks-Partei schmerzlicher sein werden als für ihre Gegner. . . . Daß an und für sich die Stimmung der Dolkspartei günstig gewesen ist, läßt sich nicht bestreiten, ist auch erklärlich genug. Jede materiell gedrückte Lage kommt denjenigen zugute, welche die Verantwortlichkeit für dieselbe von sich ablehnen oder sich wenigstens den Schein der Nichtverantwortlichkeit beilegen können. Die letztere Kunst hat die Führung der Volkspartei meisterhaft verstanden. In der Kammer haben ihre Abgeordneten ihre Thätigkeit lediglich vom Gesichtspunkte der Propaganda für ihre Theorien betrieben und für
diese Thätigkeit hat die ganze Partei durch unermüdliche Arbeit in Wort und Schrift die weiteste Reklame gemacht, so daß es mit Anwendung der auf jener Seite so geläufigen Auslegungskunst Unerfahrenen gegenüber ein leichtes war, die — unfruchtbare — Thätigkeit der volksparteilichen Abgeordneten mit einer Gloriole zu umgeben und die Gegner mit allem Mißerfolg zu belasten. Dieser unausgesetzten Thätigkeit gegenüber hat es die Fraktion der Deutschen Partei an entsprechender Taktik in der Abwehr fehlen lassen. Hiezu kommt noch das Regiment Schmid und die Reihe von Fällen, die dasselbe gezeitigt hat; beides zusammen hat nicht wenig dazu beigetragen, alle Kandidaten, die damit irgendwie berührt zu sein schienen, der erregten Volksmeinung zum Opfer fallen zu lassen. Und dabei fielen Schuldige und Unschuldige, unter den letzteren z. B. Bockshammer in Gaildorf. Auf die eigentliche Wahlagitation gehen wir nicht ein. Hlur auf eines möchten wir noch zu sprechen kommen: die Erfolge der Sozialdemokratie. Auch diese sind nicht unbedeutend: in 5 Stichwahlen ringen sie um die Palme, dreimal mit der Deutschen Partei, einmal mit der Volkspartei und einmal mit dem Centrum. Wenn aber der „Beobachter" vor einigen Tagen meinte, die „agrarische Hetze" erzeuge sozialdemokratische Stimmen, so hat er sich darin ebenso geirrt wie K. Haußmann mit seiner Behauptung in der „N. Fr. Pr.", daß, wo die bürgerliche Demokratie blühe, dis Sozialdemokratie nicht in die Halme schieße. Ein Bezirk um den andern, der demokratische Mehrheiten hatte, zeigt relativ, die Volkspartei überragende sozialdemokratische Mehrheiten. Wir wollen nicht das Bild von ver Vorfrucht anwenden, denn es spielen noch andere, schwerwiegendere Einflüsse mit, aber eines mag sich die Volkspartei, die plötzlich zu so großer parlamentarischer Bedeutung angewachsen ist, sagen lassen, daß sie sich in xnoeto der materiellen und formellen Agitation in stärkere Zucht nehmen muß, wenn sie den Uebergangsprozeß bei ihren dem Lohnarbefterstand angehörigen Mitgliedern zu der Sozialdemokratie nicht noch beschleunigen will."
Eingesandt.
Wie man hört, verteidigen Herr Dingler und seine Freunde die Zuwendung von 1000.—. aus den Notstandsgeldern damit, daß diesen Betrag Herrn Dingler's Tochtermann bekommen habe, der damals mit Frau und Kindern nach Calw übersiedelte, um den Adler zu übernehmen. Das wird aber nicht gesagt, daß Herr Dingler nebenher noch besonders jedes Jahr mindestens 1300.—. vom landwirtschaftlichen Consum-Verein für seine Geschäfte erhält. Von den Notstands-Futter-Mitteln wurden viele Wagenladungen ganz an die Gemeinden abgegeben, so daß er nicht viel Geschäft damit hatte. Seine Belohnung für die Mühe, die er mit der notleidenden Landwirtschaft hatte, ist und bleibt eine hohe, ob er das Geld selbst bezog oder seinem Tochtermann zugewendet hat.
(Eingesandt vom Lande.)
So lebhaft wie diesmal ist es im ganzen Bezirk noch bei keiner Landtags mahl zugegangen wie bei der heurigen. Die Teilnahme an der Wahl war eine fast allgemeine. Das macht, weil noch in letzter Stunde ein demokratischer Kandidat aufgetaucht ist in der Person des Hm. L. Dingler alt Adlerwirt in
Calw. Auch bei der Stichwahl am 14. wird es voraussichtlich nicht minder lebhaft zugehen und darf man mit Recht auf den Ausfall der Wahl gespannt sein.
Wie stellen sich nun die bäuerlichen Wähler zur bevorstehenden Stichwahl? man darf ja wohl annehmen, daß dieselben schließlich doch den Ausschlag geben ?
Sehen wir uns einmal das Programm der Volkspartei näher an: Da sind ja ganz schöne, begehrenswerte Dinge aufgeführt, ganz geeignet das Herz eines jeden Bürgers im Calwer Amt höher schlagen zu machen in froher Hoffnung. Was Wunder, wenn fast überall in allen Wirtshäusern der Bezirksorte der demokratischen Gesinnung in sehr vernehmbarer, oft drastischer Weise Ausdruck gegeben wird, so daß mancher, der etwas anderer Ansicht ist — um unliebsamen Kollisionen auszuweichen, — es vorzieht sich nicht an der^Unterhaltung zu beteiligen und seine Ansicht für sich zu behalten.
Mit Recht fragen aber nun die bäuerlichen Wähler: Was haben uns die freisinnigen Demokraten schon genützt? was sie uns schon genützt haben, hat sich ja schon gezeigt; wir find schon gegenwärtig bereüs im Vollgenuß der demokratischen Errungenschaften. Wie bekannt hat die freisinnige Demokratie im Verein mit den Sozialdemokraten im Reichstag beim Abschluß der Handelsverträge wie Ein Mann für die Herabsetzung der Getreidezölle gestimmt, ja wenn es auf sie allein angekommen wäre, so wären der deutschen Landwirtschaft nicht bloß die Füße abgeschlagen, son» dern ihr vollständig der Garaus gemacht worden! Und einer solchen Partei sollen sich die bäuerlichen Wähler in die Arme werfen? einen solchen „Doktor Eisenbart" soll sich die kranke „leidende" Landwirtschaft anvertrauen?
Nur die allergrößten Kälber
Wählen ihre Metzger selber!
Da steht dann doch der Kandidat der deutschen Pattei Herr Stadtschultheiß Haffner in Calw anders da.
Er hat, obgleich Stadtschultheiß, mehr Herz und mehr Verständnis für die „leidende" Landwirtschaft als ein ganzes Dutzend freisinniger Demokraten. Er hat durch seine bisherige Thätigkeit im Landtag bewiesen, daß er ein warmer Freund der Landwirtschaft ist, ebenso hat er bisher auch auf dem Gebiet der „wirtschaftlichen Reformen" trotz demokratischer Verdächtigungen seinen Mann gestellt und daß er dies auch in Zukunft thun wird, dafür bürgt uns sein ehrenhafter Charakter. Berufsgenoffen: Wer es mit der Landwirtschaft gut meint, wem hauptsächlich daS Wohl der bäuerlichen Bevölkerung am Herzen liegt, wählt keinen Demokraten, er trftt vielmehr bei der Stichwahl am 14. Fehr. mannhaft ein für den seitherigen Abgeordneten Herrn Hermann Haffner Stadtschultheiß in Calw.
Ein Kleinbauer.
Eingcsendet.
Altburg, 11. Febr. Hier hatte gestem di« Volkspartei eine Versammlung, bei der Herr Dingler angeblich wegen Unwohlseins nicht erschien, aber viele redefertige Stadtherren. Sie läugneten, daß sie dieIesuitenin das Land hereinlassen wollen. Ihre Führer Payer und Haußmann hätten zwar im Reichstag dafür gestimmt, aber blos weil daS Jesuitengesetz ein Ausnahmegesetz sei. Das versteht wer kann! Sie wollen die Jesuiten nicht, machen ihnen aber die Thüre wagenweit auf. — Ein Redner sagte, er fei stolz darauf, für das Zustandekommen der Handels-Verträge mitgewirkt zu haben, die niederen Frucht- und Haberpreise komme»