Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw
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7V. Jahrgang.
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Erscheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Die ÄnrückungSgebühr benLgt tm Bezirk und in nächster Umgebung 9 Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.
Samstag, den 9. Abruar 1895
Abonnaoentipret« vtcrtrljäbrltch io dn Stadt Sy Pfg. o»d SO Pfg. TrSgerlohn, durch dir Post iqagru Mk. l. Id, sauft d» za», Württemberg Mr. I. Sb.
Amtliche Aekaimtrnachrmge».
Die Orlsdehordrn
werden beauftragt, nachdem ihnen die Wählerlisten wieder zugegangen sind, dafür Sorge zu tragen, daß die projektierten Empfangsbescheinigungen der Wahlvorsteher als portopfl. D.-S. umgehend dem Oberamt zugesandt werden.
Calw, 7. Febr. 1895.
K. Oberamt.
V o e l t e r.
Den Ortsbehörden
werden in Nachstehendem dis Vorschriften des Z 9 der Min.-Verf. o. 31. März 1894 Regbl. Nr. 10 S. 59 zur Nachachtung in Erinnerung gebracht.
. U;ber den Mannschaftsstand der Feuerwehr und ihrer einzelnen Abteilungen ist in jeder Gemeinde vom Ortsvorsteher oder einem sonstigen vom Gemeinderat bezeichnet«» Gemeindebeamten ein Verzeichnis anzulegen und auf Grund der von dem Feuerwehrkommandanten einzureichenden Ab- und Zugangslisten fortzuführen.
Wo eine, als dem Bedürfnis genügend von der Aufsichtsbehörde anerkannte, freiwillige oder Berufsfeuerwehr nicht besteht, hat der Ortsvorsteher im Februar jedes Jahres ein Verzeichnis der für das nächstfolgende vom 1. April bis 31. März laufende Jahr als feuerwehrpflichtig in Anspruch genommenen Personen aufzu- ftellen und den neu in Anspruch genommenen Pflichtigen von ihrer Aufnahme in das Verzeichnis Eröffnung zu machen. Einwendungen gegen die Inanspruchnahme, insbesondere Befremngsansprüche wegen Krankheit oder Gebrechlichkeit, können bis zum 15. März, von den neu in Anspruch genommenen Pflichtigen innerhalb 14 Tagen nach der vorerwähnten Eröffnung, beim Ortsvorsteher angebracht werden, lieber dieselben entscheidet.
wenn sie von dem Gemeinderat nicht als begründet anerkannt werden, das Oberamt und aus erhobene Beschwerde endgiltig die Kreisregierung.
Auch können bis zu den im vorstehenden Absatz 2 Satz 2 bezeichnet«» Zeitpunkten Wünsche hinsichtlich der Einteilung eines Pflichtigen in eine bestimmte Abteilung der Feuerwehr mündlich oder schriftlich, nach jenen Zeitpunkten und vor der tatsächlich vollzogenen Einteilung des Pflichtigen bloß noch schriftlich vorgebracht werden.
Auf den 1. April jedes Jahres wird sodann vom Gemeinderat auf Grund schriftlicher Vernehmung des obersten Verwaltungsorgans der Feuerwehr die Ergänzung des Mannschaftsstandes und die Einteilung der Mitglieder in die einzelnen Abteilungen vorgenommen. Von der Einreihung in die Feuerwehr und der Einteilung in eine bestimmte Abteilung ist jedem neu zugezogenen Mitglied urkundliche Eröffnung zu machen. Dasselbe hat zu geschehen, wenn ein bisheriges Mitglied der Feuerwehr einer andern Abteilung zugeteilt worden ist.
Statt der in Absatz 2 vorqeschriebenen Eröffnung kann die öffentlich bekannt zu machende Auflegung des Verzeichnisses zur allgemeinen Einsicht während drei Wochen erfolgen. In diesem Falle tritt der Zeitpunkt des Ablaufs der dreiwöchentlichen Auflegungsfrist an die Stelle der in Abs. 2 Satz 2 und Absatz 3 bezeichneten Zeitpunkte.
Außerordentliche Ergänzungen der Pflichtfeuerwehr während des Laufes des Kalenderjahrs sind nur im Fall dringenden Bedürfnisses auf Antrag des Kommandanten vom Gemeinderat vorzunehmen.
Die Einhaltung dieser Vorschriften wird anläßlich der Gemeindevisitationen genau kontroliert werden.
Calw, 7. Febr. 1895.
K. Oberamt.
V o e l t e r.
Die Ortsbehörde«
Mr die Arbeiteroersicherung
werden hiemit an alsbaldige Vorlage der im Wege des Umtausches im abgelaufenen Vierteljahr abgegebenen alten Quittungskarten erinnert. Calw, 8. Febr. 1895.
K. Oberamt Voelter.
Bekanntmachung.
Nachdem die Maul- und Klauenseuche in Möttlinaen ausgebrochen ist, wird das Treiben von Rindvieh, Schafen und Schweinen außerhalb der Feldmarkgrenzen in den Gemeinden Möttlinaen, Simmozheim, Neuhengftett u. Unterhauastett zunächst bis zum SS. d. Al. einschließlich verboten.
Die betreffenden Schultheißenämter haben dieses Verbot in ihren Gemeinden auf ortsübliche Weise zur öffentlichen Kenntnis zu bringen und dabei darauf hinzuweisen, daß die Unterlassung oder Verspätung der Anzeige von Seuchenausbrüchen und die Zuwiderhandlung "gegen die ergangenen Anordnungen nicht nur Bestrafung, sondern auch den Verlust der Entschädigung für an Biaul- und Klauenseuche gefallenes Rindvieh nach sich zieht.
Ueber den Vollzug dieser Anordnung ist sofort Anzeige hieher zu erstatten.
Calw, den 8. Februar 1895.
K. Oberamt.
Voelter.
Tagesneuigkeiten.
— Aus dem Oberamt Riedlingen berichtete der „Schwab. Merk." : In dem evangelischen Orte Pflummern ist von 114 Wahlberechtigten nicht eine einzige Stimme abgegeben worden. Dis Wahlkom- mission saß von 10 Uhr vormittags bis 6 Uhr abends
öLtrlkölt? ^Nachdruck ,ertot«n.>
Der Sonderling.
Roman von P. Felsberg.
(Fortsetzung.)
Jetzt erst wandte sich Doktor JustuS an die Kranke, auf deren ausdrucksvollem Gesicht deutlich genug die schmerzliche Erregung sich spiegelte, die ihre Seele bewegte. „Haben Sie Schmerzen, Fräulein Rosa?" begann er zutraulich, sie besorgt und stagend anblickend.
Um Rosas kleinen, roten Mund zuckte eS; sie konnte sich nicht beherrschen wie Gertrud. Sie kam sich so kindisch vor, und beschämt legte sie die Hand vor die Augen — er sollte die Thräne nicht sehen, er nicht, um den sie dieselbe geweint, weil er über der schönen Schwester sie ganz vergaß.
„Der dumme Fuß, eine ungeschickte Bewegung,* stotterte sie hervor und griff rasch zu ihrem Kmderstrumpf, aus welchem sie in der Hast alle Nadeln zog.
Mit sanfter Gewalt nahm Justus die Arbeit aus Rosas Hand. „Sehen Sie mich an, Fräulein Rosa, Sie sind heute in einer seltsamen Stimmung.*
„Ja, ja, ich bin launenhaft, ich finde es auch; haben Sie kein Mittel dafür?*
Sinnend blickte Doktor JustuS vor sich hin; er schien Rosas Worte gar nicht mehr zu hören, er lauschte hinüber zu Gertrud Felde» und Günther Schönburg, welche tausend interessante Erinnerungen an das Leben in der Hauptstadt auffrischten. 'Er hatte Gertrud nie so lebhaft sprechen hören wie jetzt, hatte nie ihr Auge so leuchten gesehen. Günther Schönburg konnte zufrieden sein mit dem Empfang, der ihm von ihr geworden.
Es zuckte ein bitteres Lächeln um die Mundwinkel des ManneL» welcher .gestern das schöne Mädchen mit seinem Arm umfangen, das heute so meisterhaft
sich zu beherrschen verstand, das jede Befangenheit bei seinem Anblick zu ersticke« die Kraft besaß und jetzt in Erinnerungen an glänzende Feste schwelgte. Eine wilde Eifersucht flammte auf in JustuS' Brust, eine Eifersucht, die sich bis in die Vergangenheit erstreckte.
Jäh fuhr er auf, als Rosa ihn lächelnd fragte: „Finden Eie kein Mitte! für meine üble Laune?*
Er strich mit der Hand über die hohe, weiße Stirn und blickte einen Moment in Rosas bewegtes Gefichtchen; dann meinte er langsam, als brauche er unendlich lange Zeit, zu diesem Schluß zu kommen: „Ihre sonderbare Stimmung scheint nur ganz vorübergehend zu sein. Jetzt lächeln Sie schon wieder, Ihr altes, liebes Lächeln.*
Wie Balsam wirkte dies kindliche Lächeln Rosas auf die Leidenschaften, die in der Brust des Arztes wogten. Er fühlte den Zauber, den Nofas reine, edle Seele auf ihn ausübte, er fühlte die Wohlthat ihrer Nähe, die beruhigend auf ihn wirft«, aber seine Sinne waren von der Macht Gertruds bestrickt.
Sie erschien ihm nie schöner, nie begehrenswerter, als in diesem Augenblick, in welchem sie sich in lebhafter Unterhaltung mit dem Grafen befand. Erst heut», Günther Schönburg gegenüber, schien es ihr der Mühe wert, ihre Vorzüge ins hellste Licht zu stellen. Er fühlte, daß sie gefallen wollte, und au« den leuchtenden Blicken Günthers sah er zur Genüge, wie sehr sie gefiel. Gertruds kalte Zurückhaltung. die Nichtachtung, die sie ihm stets gezeigt, fiel Justus jetzt erst recht auf; eS ward ihm erst jetzt vollkommen klar, welche Schranke sie zwischen sich und ihm errichtet hatte, eine Schranke, die er im Sturm niedergerissen, und die sie heute» das zeigte sie ihm deutlich, wieder aufzubauen bestrebt war, höher und stärker als jemals. Nicht nur sein Herz, auch sein Mannesstolz bäumte sich auf gegen die Behandlung. die chm von ihr zu teil wurde. Mehr als je wünschte er, sie demütig zu sehen, bebend in Furcht vor der Macht, die er über sie besaß.
(Fortsetzung folgt.)