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Paris, 15. Nov. Der Polizeidirektor Cochefert hat in den letzten 24 Stunden bei mehreren Personen, die der Spionage verdächtig waren, Haussuchungen vorgenommen. Verhaftet wurden 2 Deutsche Na­mens Schönbeck und van Cassel; bei letzterem sollen wichtige Schriftstücke entdeckt worden sein. Gleich­zeitig wurde ein mit den beiden Genannten in Ver­bindung stehender Franzose verhaftet, dessen Name bis jetzt geheimgehalten wird. Alle drei wurden ins Mazasgefängnis abgeführt. Die Morgcnblätter melden, diese neue Spionengeschichte sei von der größten Wichtigkeit; mehrere Blätter bringen dieselbe mit dem Fall Dreyfus in Verbindung.

Paris, 15. Nov. In Perpignan fand die Polizei im Garten eines kleinen Gastwirtes 2 ge­ladene Dynamitbomben. Der Hausbesitzer wurde verhaftet und überführt, ein Bombenattentat beab­sichtigt zu haben. In Versailles wurde wieder ein angeblicher Spion verhaftet.

Rom, 15. Nov. In Tortoli bei Cagliari auf Sardinien überfielen in vorletzter Nacht etwa 100 Briganten das Haus der Familie Delau plün­derten dasselbe vollständig und töteten den Diener. Die herbeigerufenen Carabinieri griffen die Bande an, welche indessen entkam. Zwei Carabinieri wur­den schwer verletzt. Einer ist bereits gestorben.

Petesrsburg. Geschützdonner und Glockenge­läute verkündeten, daß der Trauerzug sich vom Bahn­hofe aus durch die Stadt sich zu bewegen begonnen hat. Die Peter-Paulsfestung hißt die schwarze Trauer­flagge auf, die erst nach erfolgter Beisetzung am 20. November wieder niedergeht. Andächtig bekreuzt sich das Volk. Lange dauert eS, bis die Spitze des Trauerzuges die totenstill harrende Volksmenge er­reicht. Einem Zeremonienmeister zu Pferde folgen die Leibschwadronen und Leibkompagnien der Garde­regimenter, dahinter eine ganze Wolke von Hoflakaien, Läufern, Hoffouriren. Immer mächtiger und farben­reicher wird der prunkvolle Zug. Die Fahne mit dem Familienwappen des Zaren wird vorangetragen; ihr schließt sich nach altem Brauch die rote Kriegsflagge an; hinter diesem das kaiserliche LeibpferdLord", dann eine lange Reihe Wappenfahnen, den Wappen der im Zarentitel aufgeführten Reichsteile entsprechend. Hinter jeder Fahne wird ein mit gleicher Wappendecke bekleidetes Pferd geführt. Den Schluß dieses Zuges von Fahnen, etwa 50 an der Zahl, bilden nach der kaiserl. Schiffsstandarte eine schwarz- und eine weiß­

seidene Fahne, die von einem Gardeosfizier in Uniform ohne Trauerabzeichen getragen werden. Diesen beiden Fahnen wird eine ähnliche sinnbildliche Bedeutung beigelegt wie den hinter ihnen erscheinenden beiden Reitern. Der eine, in prächtiger goldener Rüstung mit entblößtem aufrecht getragenem Schwert, das Visir des mit wallendem weißen Federschmuck ver­zierten Helms offen, reitet auf reichgezäuntem Roß; der andere ein Geharnischter in schwarzem Panzer, die Spitze des entblößten mit Flor umwundenen Schwertes zur Erde gesenkt, schreitet zu Fuß einher. Der erste Ritter soll die goldige Erinnerung an den Entschlafenen, der schwarze Ritter die tiefe Trauer um ihn darstellen. Eine Schwadron Leib-Garde­kürassiere reitet vorbei, es folgen hohe Offiziere, auf den Kiffen die Orden des Verewigten tragend. Nun hält der Zug; der Leichenwagen ist vor der Jsaac- Kathedrale angekommen, wo kurzer Trauergottesdienst stattfindet. Dann setzt sich der Zug wieder in Be­wegung. Der Gesang klingt immer näher, und die Geistlichkeit wird sichtbar, die dem Trauer-Wagen voranschreitet. Bald wird auch der Baldachin des Trauerwagens erkennbar. Ueber dem goldenen Sarge, den der mit Goldbrokat und Hermelin verbrämte Kaisermantel halb verdeckt, erhebt sich, gestützt auf vier goldenen Säulen der wunderbar schöne Baldachin. Auf goldenem Dache glänzt die Kaiserkrone, die vier Ecken zieren Straußfederbüsche. Acht Pferde, be­hängt mit schwarzen Wappen-Trauerdecken, ziehen den Wagen, vier Generaladjutanten stehen auf ihm an den Baldachinstangen, 14 Generäle tragen die Quasten. 60 Pagen mit brennenden Fackeln umgeben den Wagen, dem tiefergriffen der junge Zar Nikolaus II. folgt. Neben und dicht hinter dem Zaren folgten die allerhöchsten Gäste und nächsten Verwandten. Eine Kompagnie Palast-Grenadiere schließt sich an, dann folgten in geschlossenen Trauerkutschen die Zarin- Witwe, die Großfürstin Xenia und die Braut des Zaren, Großfürstin Alexandra. Den Schluß des riesigen Zuges bilden eine Schwadron, Kompagnisen und Batterieen. Der Trauerzug erreichte 1'/- Uhr die Peter-Pauls-Kathedrale, wo der Sarg vom Zaren Nikolaus II. und den höchsten Leidtragenden in die Kirche getragen wurde.

Petersburg, 14. Nov. Der Kaiser ordnete an, daß die Regimenter, deren Chef Kaiser Alexander III. war, auch fernerhin den Namen des Verstorbenen zu führen haben. Viele 1000 Personen begaben sich in

vergangener Nacht nach der Peter-Paulskathedrale, wo der Zutritt mit Istündiger Pause jedermann ge­stattet war. Das Publikum trat gruppenweise ein, die Ordnung blieb musterhaft.

Petersburg, 14. Novbr. Anläßlich des Leichenbegängnisses fand an neun Stellen in Petersburg die Speisung von 50000 Armen statt. Nach ganz altem Brauche nahmen die Armen zum Andenken etwas vom Tischgeschirr, sowie die Krüge, woraus sie Bier und Meth getrunken hatten, mit.

London, 15. Nov. Aus Tientsin wird dem Reuter'schen Bureau gemeldet, daß dem Kapitän von Hanneken der Oberbefehl über die ganze chinesische Seemacht einschließlich der Südflotte übertragen wor­den sei. Aus Aokohama wird dem Reuter'schen Bureau gemeldet, daß Port Arthur auf der Landseite noch stärker sei, als auf der Seeseite. Daselbst sollen sich insgesamt 100 Kanonen befinden. Die Japaner erwarten, daß der Angriff bei einem etwaigen Wider­stand der Chinesen ein blutiger sein werde. (Hienach ist also Port Arthur noch nicht gefallen.) Aus Chemulpo kommt die Nachricht, daß die koreanische Regierung eine Verfassung nach den Wünschen Japans entwerfe; dieselbe soll anfangs nächsten Jahres ver­kündigt werden.

Standesamt ßakw.

Geborene:

14. Nov. Johanna, Tochter des Josef Merkt, Brem­

sers hier.

Getraute:

15. Nov. Heinrich Mann, Samcnhändler in Metz

und Rosine Magdalene Dalkolmo von hier.

Gestorbene:

10. Nov. Paul Anton Fleck, 34 Tage alt, Sohn des Wend. Fleck, Portiers hier.

13. Nov. Marie Katharina Fleck, 37 Tage alt, Toch­ter des Wend. Fleck, Portiers hier.

15. Nov. Samuel Roth, Briefträger hier, 55 Jahre alt.

Gottesdienste

am 26. Sonntag nach Trinitatis, 18. November.

Herbftdankscst.

Vom Turm: 3. Der Kirchenchor singt:Ich will den Herrn loben allezeit' (Burkhardt). Predigt­lied : 58. 9Uhr Vorm.-Predigt: Hr. Dekan Braun. 1 Uhr Christenlehre mit den Söhnen. 5 Uhr Liturgisches Gottesdienst: Hr. Stadtpfarrer Schmid. Das Opfer ist für die Hagelbeschädigten des Landes bestimmt.

Mittwoch, 21. November.

10 Uhr: Betstunde im Vereinshaus.

Amtliche Kkklumtinachmlgkll.

K. Amtsgericht Calw.

Bekanntmachung.

Die Reihenfolge, in welcher die für das Jahr 1895 gewählten Hauptschöffen an den einzelnen ordentlichen Sitzungen Dienst zu leisten haben, wird durch Aus­losung in der am

Samstag, den 24. Nov. 1894, vormittags 11 Uhr,

stattfindenden öffentlichen Sitzung des K. Amtsgerichts bestimmt werden.

Den 15. November 1894.

Oberamtsrichter D e ck i n g e r.

Ottenbronn.

Gläubiger-Aufruf.

Ansprüche an den Nachlaß des f Johann Jakob Rentschler, res. Schultheißen vou Lttenbronn, sind binnen einer Woche bei Gefahr der Nichtberücksichtigung bei der Teilungsbehörde anzumelden und zu erweisen.

Am l6. November 1894.

Namens der Teilungsbehörde:

K. Gerichrsnotariat Calw.

2 a p p e r.

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