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Friedrichshafen, 9. Nov. In Bunkhofen tötete der 24jähr. Bauernsohn Stiebe in einem Tobsuchtsanfall seinen Vater, sowie einen ihm entgegentretenden Mann, brachte seiner Mutter unzählige Wunden bei, hieb weiteren einschreitenden Männern, dem einen den rechten Arm, dem andern alle Finger der linken Hand ab, verletzte noch andere Leute, bis er endlich überwältigt werden konnte.
Varzin, 9. Nov. Die Abreise des Fürsten Bismarck ist wegen Unpäßlichkeit seiner Gemahlin bis auf Weiteres verschoben worden.
Varzin, 11. Nov. Das Befinden der Fürstin Bismarck ist durchaus kein gutes. Wenn auch eine augenblickliche Gefahr nicht vorhanden ist, so ist man dennoch nicht ohne Besorgnis. Die Fürstin kann Spaziergänge machen.
Berlin, 6. Nov. Daß sich ein Soldat in Konkurs befindet, schreibt die „Frkf. Ztg.", ist gewiß eine seltene Erscheinung. Der Kaufmann Julius Croner in Hettstedt, jetzt Soldat beim 4. Ulanenregiment in Thorn, Inhaber der Firma Julius Croner in Hettstedt, hat seinen Konkurs angemeldet.
Berlin, 8. Nov. Wie verlautet, will man versuchsweise deutsche Unterthanen aus den Kolonien Westafrikas bei den Musikkapellen der Unteroffizier- schulen einstellen, um sie als Militärmusiker auszubilden. Im Auswärtigen Amt soll man diesem Plan nicht abgeneigt sein, besten Ausführung in andern Staaten, die Kolonialpolitik treiben, sich schon seit langem bewährt hat.
Berlin, 9. Nov. Der Ausschuß des Bundes der Landwirte über die Reorganisation des Getreidehandels stellte in seinen heutigen Beratungen fest, daß der Preisstand des Getreides in Deutschland nicht mehr die Produktionskosten decke und daß die Festsetzung nach dem Weltpreise den Ruin der Landwirtschaft zur Folge hätte und der letztere das Vaterland den äußeren und inneren Feinden preisgeben würde. Nur eine Beseitung oder Abschwächung der Handelsverträge und der internationalen Getreidespekulation könne hier Abhilfe schaffen.
Berlin, 9. Nov. Die „Nordd. Allg. Ztg." dementiert die Blättermeldung, wonach der Generaloberst v. Pape in den Ruhestand treten will und durch den Chef des Militärkabinets v. Hahnke ersetzt werden soll.
Berlin, 9. Novbr. Nach der Rückkehr aus Livadia nahm heute Professor Leyden seine Vorlesungen wieder auf; das Auditorium begrüßte ihn stürmisch, wofür er dankte. Leyden erzählte sodann, daß seine kurze Abwesenheit ein Stück Weltgeschichte gewesen ist und ihm ewig in Erinnerung bleiben werde.
Berlin, 10. Nov. Professor Leyden begab sich gestern Abend nach dem neuen Palais, um vom Kaiser empfangen zu werden.
Berlin, 10. Nov. Morgen findet auf dem Garnisonskirchhof in der Hasenheide die Enthüllung
des Denkmals für die württ. Afrikaforscher Hauptleute Kling und Krenzler, die Lieutenants Günther und Frhr. v. Varnbüler statt. — Die Gerüchte über den Rücktritt des Staatssekretärs v. Bötticher find vollständig unbegründet.
Berlin, 10. Novbr. Nach einer Mitteilung der „Voss. Ztg." aus Wien erfolgt die Eröffnung der Fernsprechlinie Berlin-Wien wegen Verzögerung der Arbeiten auf österreichischem Gebiet erst in der zweiten Hälfte des Dezembers.
Berlin, 11. Noo. Die Anarchisten Berlins veranstalteten in diesem Jahre anläßlich des Todestages der Chicagoer Anarchisten keine Protest-Versammlungen^ dagegen fand mittags eine Zusammenkunft des An- archisten-Leseklubs statt, welche ruhig verlief. Die Anarchisten der Berliner Vororte halten heute Abend eine öffentliche Versammlung im Ablerhof ab.
Kiel, 11. Novbr. Wegen der in Kronstadt herrschenden Eisverhältnisse geht der Panzer Wörth nicht dorthin ab. Prinz Heinrich benutzt daher die Eisenbahn nach Petersburg.
Petersburg, 11. Nov. Der Minister für Volksaufklärung erhielt von dem Kaiser folgendes - Telegramm: Die Kaiserin, ich und meine Braut danken Ihnen und allen Dienern des Thrones und des Vaterlandes für Ihr warmes Telegramm. Mein in Gott ruhender Vater interessierte sich besonders für die Heranwachsende schulpflichtige Generation und - hegte bis zu seinem letzten Lebenstag den heißen Wunsch, diese zur Freude Rußlands zu erziehen. Der Ackerbauminister erhielt folgende kaiserl. Antwort:: Ich danke sehr Ihnen und den Beamten des Ministeriums für das herzliche Beileid und den Ausdruck der Ergebenheit. Mein Vater gesegneten Andenkens,, der die Mittel zur Hebung des Wohlstandes des teuren Vaterlandes suchte, schuf ein neues Reffort und berief dasselbe für die Förderung der Landwirtschaft, indem er die Sorge als die vornehmste der ruff. Bürger betrachtete am meisten für die natürliche Quelle des Reichtums fördernd zu wirken. Ich bin überzeugt, daß alle Beamten von dem allgemeinen Wunsche beseelt sind, die Weisungen des verewigten Kaisers im Interesse des Gedeihens des Volkes und des geliebten Vaterlandes zu erfüllen.
Petersburg, 11. Nov. Das Ceremoniell der Ueberführung der Leiche des Zaren Alexander II. vom Bahnhof nach der Peter Pauls-Kathedrale lautet: Der Trauerzug geht vom Moskauer Bahnhof über den NewSki-Prospekt und den Admiralitäts-Prospekt längs der Jsaakkathedrale dem Senatsgebäude und dem englischen Quai über die Nikolaibrücke die Straße Waffilji-Oetrow an der Börse vorbei und durch den Alexander-Park nach der Peter-Pauls-Kathedrale.. Während des ganzen Zuges läuten die Glocken. Jede Minute wird ein Kanonenschuß gelöst. Die dreizehnte Abteilung des Zuges bildet der Leichenwagen. Voran gehen die Kirchensänger und die Geistlichkeit mit brennenden Fackeln, sowie der Beichtvater:
Bietigheim, 10. Novbr. Gestern Abend gegen 9 Uhr stieß bei Bietigheim ein Güterzug mit einer Lokomotive zusammen. Mehrere Bedienstete sollen schwer verletzt sein. Der Materialschaden ist ziemlich bedeutend. Eine amtliche Mitteilung liegt noch nicht vor.
Heilbronn, 7. Nov. Die Kunde von einer Mordthat durcheilte heute Mittag unsere Stadt. In dem Hause Nordbergstraße 24 wurde die 62 Jahre alte Witwe Karoline Schuhmann in ihrem Wohnzimmer erdrosselt aufgefunden. Alle Behälter standen offen, so daß kein Zweifel darüber herrschen kann, daß es sich um einen Raubmord handelt. Die alte, aber noch sehr rüstige Frau hatte noch gestern Abend Einkäufe gemacht. Die That muß somit unmittelbar nach ihrer Heimkehr ausgeführt worden sein, denn das Bett war unberührt. Eine Freundin, welche sie heute Vormittag 10 Uhr besuchen wollte, fand die Unglückliche mit einem Strick um den Hals auf dem Boden liegen, die Lampe brannte noch auf dem Tisch. Wie viel geraubt wurde, darüber ist noch nichts festgestellt. Der Thäter ist noch unermittelt. — Von anderer Seite wird noch geschrieben, daß die Witwe Schuhmann unmittelbar vor ihrer Ermordung ziemlich viel Zins eingenommen hatte. Tags zuvor war ihr Hund vergiftet worden. — Nachschrift. Ein bei Akkordant Merkte von Neckarsulm in Arbeit stehender Arbeiter soll als des Raubmords verdächtig verhaftet worden sein.
Aalen, 8. Nov. Heute stellten sich zahlreiche Verwandte und Bekannte von Härdtsfeld auf einem benachbarten Hofgut ein, um der Frau des Hofbesitzers das letzte Geleite zu geben; dieselben waren jeooch recht überrascht, als sie von der Totgeglaubten freundlich empfangen und bewirtet wurden. Wir es sich herausstrllte, hat ein ca. 17jähriger Bursche den Unfug des Leichenansagens als Vorwand zum Betteln benützt.
Ulm, 9. Nov. Gestern fand aus der Bahnstrecke Ulm-Herrlingen eine Probefahrt mit einem Daimlermotorwagrn statt. Derselbe war vor einiger Zeit von der Strecke Herbertingen-Saulgau zur Reparatur hierher gekommen und hier wieder in Stand gesetzt worden. Ein solcher Daimlermotorwagen fährt 15 bis 20 Lm in der Stunde, etwa so schnell wie ein gutes Traberpferd oder die künftige elektrische Straßenbahn; ein Schnellzug legt durchschnittlich 70 km in der Stunde zurück.
Münsingen, 9. Novbr. Vor einiger Zeit wurden in der Nähe unserer Stadt neben der Bahnlinie 2 sogenannte Römerhügel entdeckt, welche gestern im Aufträge des Landeskonservators Paulus aufgegraben wurde. Während sich in dem einen nichts als ein menschliches Gerippe vorfand, barg der andere außer einem solchen ein Schwert mit Holzscheide, Knochen von einem Eber und eine größere Anzahl von Vasen und Tellern mit verschiedenen Zeichnungen. Diese Gegenstände dürften germanischen Ursprungs und 2000 Jahre alt sein.
rief ihr zu: „Das ist recht, gnädiges Fräulein, daß Sie auch in den Garten kommen, um sich nach dem Aufenthalte in der dumpfen Krankenstube zu erfrischen. Hier ist balsamische Lust, ich habe deshalb auch die Absicht, nicht so bald wieder in das finstere HauS zurückzukehren, machen sie es nur ebenso l"
Mit verbindlichem Lächeln, das der armen Angelika das Blut erstarren machte, setzte er sich wieder hin. und blickte mit scheinber behaglichster Gemüthsruhe unbefangen nach der andern Seite, als ob er sich der Fernsicht jenseits der Parkmauer auf Hafen und Unterstadt erfreue. Angelika dachte gar nicht darüber nach, ob der Anwesenheit Jordans im Pavillon reiner Zufall oder versteckte Absicht zu Grunde läge. Sie empfand nur mit unsäglichem Schmerze, daß sie heute den Liebling ihres Herzens nicht Wiedersehen konnte, und bis morgen waren es noch vierundzwanzig Stunden, — welche Ewigkeit für ein in Sehnsucht nach dem Geliebten sich verzehrendes Mädchen.
Die arme, in ihrer Hoffnung so bitter Getäuschte, glaubte ersticken zu müssen; sie lüt um so mehr, da sie Niemanden hatte, dem sie sich mitteilen konnte, sie mußte ihr Leid allein tragen.
Halb im Traume wankte sie noch einig« Schritte vorwärts und kniete dann auf den Rasen nieder; bätte sie es nicht gethan, wäre sie vielleicht zusammengesunken, so schwach und angegriffen fühlte sie sich von dem Anblicke Jordan«. Sie hatte nur noch so viel Besinnung. um von dem Rasen einige dort blühende Tausendschönchen zu pflücken, gleichsam als wollte sie ihr Niedersinken erklären, im Falle sie von dem ihr fürchterlichen Menschen weiter beobachtet werden sollte.
Dann erhob sie sich und ging durch die Kastanienallee wieder nach dem Haus«
zurück.
Die Vögel sangen wie vorher, sie hörte eS nicht, di« Blumen glänzten noch im gleichen Farbenschmelz, sie sah eS nicht mehr; auf ihren Liebesfrühling war kalter Reif gefallen und hatte die Hoffnungsblüten in ihrem Herzen erbarmungslos -«knickt.
XII.
Traurig und resignirt kehrte Angelika in das Krankenzimmer zurück, aber die Arbeit, welche sie dort fand, zerstreute sie gewaltsam; in Ausübung des freiwillig übernommenen Samariterwerkes vergaß sie wenigstens für Augenblicke ihr eigenes Herzleid.
„Wie gut, daß Sie so balv wiederkehren, Fräulein," rief ihr Betty entgegen, „der A-zt hat uns ja so vielerlei aufgetragen, daß ich vor Angst, etwas davon zu vergessen, gar nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht. Als es vorher vier Uhr schlug, war es Zeit ihr die Medizin zu reichen, aber sie wollte sie nicht nehmen. All das Zeug, was die Doktoren verschreiben, schmeckt auch zu abscheulich."
„Vier Uhr." — Angelika brach bei den Worten der Magd in Thränen aus; sie dachte an die verlorene Stunde, ihr Weinen wurde zum Schluchzen, aber eS erleichterte sie. Ihre starre Verzweiflung wurde durch den Thau der Thränen in stille Wehmuth aufgelöst.
,W>e gut und teilnehmend sind Sie, gnädiges Fräulein," sagte Betty, welche glaubte, daß Angelika in Besorgnis um die Kranke weinte, indem sie auch mit dem Schürzenzipfel über die Augen fuhr. „Mamsell Dorothea ist auch kein böses Frauenzimmer, so unfreundlich sie auch manchmal thut. Ach Gott, wenn sie doch nur bald wieder gesund würde!"
Angelika trat an den Tisch, auf dem die Medizinflasche stand, nahm dieselbe und sagte: „Wir müssen eS noch einmal versuchen, da der Arzt es verordnet hat." Sie goß die Arznei in einen Löffel und näherte sich damit vorsichtig dem Lager der Kranken. „Nehmen Sie das," sprach sie, „es wird Ihnen gewiß gut bekommen."
Als sie den Löffel Dorothea ganz nahe gebracht hatte, schlug diese plötzlich so heftig danach, daß die Medizin verschüttet wurde.
»Fort mit der Feder," stöhnte sie mit heiserer Stimme, „unterzeichnen Sie das Testament nicht, gnädige Frau! Daß ich Ihnen dazu zugeredet habe, quält mich mehr als meine Schmerzen!" (Forts, folgt.)