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3 hochbeinige stichelhaarige (Griffon-Raffe) und 2 der sogen. Otterhunde in Dachshundgröße, bei sich, welche meist schwimmend, mit Eifer und Sachkenntnis die Ufer absuchten. Auf der ganzen Strecke von Teinach bis Calw wurde kein Otter „zu Hause- angetroffen.
Wie es scheint, haben sich dieselben gegenwärtig flußaufwärts gezogen. Drei der Hunde brachen aus und jagden im nahen Walde weiter. Bei Ankunft der Jagdgesellschaft in Calw war noch keiner derselben zurückgekehrt. Morgen soll von Teinach ab thalauf- wärts gejagt werden. Sollten die Hunde irgendwo anlaufen, so darf wohl erwartet werden, daß dieselben baldmöglichst dem Besitzer oder den beteiligten Jagdliebhabern wieder zugebracht werden, umsomehr als das Unternehmen des Hrn. Vogler ein uneigennütziges ist.
Stuttgart, 23. Sept. Der Verkauf der Württemb. Rennverein-Lose (frühere Volksfestlotterie) deren Ziehung am 2. Oktober stattfindet, ist nunmehr auch in Bayern gestattet worden.
Stuttgart, 23. Sept. Im Reichshallentheater sollte gestern abend erstmals der verbesserte kugelsichere Panzer System-Dowe des Waffenfabrikanten Wilhelm Weber in Hamburg vorgeführt werden. Seitens der Polizei wurde aber die Vorführung verboten.
Ulm, 22. Sept. Nach einem Gerücht wird seit gestern der Hilfswärter Luitgardt vermißt, welcher den Bahnübergang bei Unterelchingen in jener unglücklichen Nacht zu schließen unterlassen hat und dadurch den Tod des Boten Best von Langenau verursachte. Luitgardt ist Söldner und Vater von 5 Kindern und wird sonst als ein äußerst pflichttreuer Mann geschildert. Best hinterläßt eine Witwe und drei erwachsene Kinder, welche zum Teil schon verheiratet sind.
Ulm, 26. Sept. Die „Ulmer Ztg." erhielt gestern Vormittag nach 11 Uhr den Besuch der Staatsanwaltschaft. Es wurde die Nr. 221 wegen deS Leitartikels „Von Gottes Gnaden" beschlagnahmt, die Redaktions- und Druckereiräumlichkeiten wurden nach dem Manuskript durchsucht. Diese Maßnahmen geschahen, wie man annimmt, auf Betreiben der Kon- stanzer Staatsanwaltschaft, die bekanntlich einen Tag vorher die dort erscheinende „Abendztg." wegen des gleichen Leitartikels konfiszierte. Nachmittags 4 Uhr wiederholte die Staatsanwaltschaft ihren Besuch bei der „Ulmer Ztg." Diesmal wurde die Nr. 222 beschlagnahmt und zwar wegen des zweiten Absatzes des Leitartikels, der eine Kritik zur Kaiserrede enthält.
Waldsee, 20. Sept. Ein geborener Wald« seer, Alois Lang, der nach Amerika ausgewandert war und dort kürzlich starb, hatte zur Erbin seines ganzen, 50,000 Dollars betragenden Vermögens, seine Vaterstadt eingesetzt. Der Bruder des Verstorbenen, der hier lebende Kunstmaler Johann Nepomuk Lang, ein Mann von 73 Jahren, wollte dieses Testament anfechten und begab sich trotz vielfacher Mahnungen selbst nach Amerika, um dort seine Sache zu betreiben.
überflog Jordans Antlitz, als er der Entgegenkommenden ansichtig wurde. „Ach. Mamsell Dorothea," redete er sie an und blieb vor ihr stehen, indem er wie scherzend die Arme ausbreitete, als wollte er sie in dem schmalen Gang nicht v rbeüaffen," heut» entkommen Sie mir nicht —"
„Bitte, halten Sie mich nicht auf. Herr Jordan," fiel die mit vielen rothen Schleifen und großen goldenen Ohrgehängen etwas grell herauSgeputzte Person ihm in's Wort, „ich muß schnell zur gnädigen Frau, um derselben diese Visitenkarte zu brmgen."
Jordan schielte nach der Karte, er hätte gern gewußt, welchen Besuch die Kammerjungfer ihrer Herrin zu melden hatte; seiner schlauen und berechnenden Natur war auch das scheinbar Unbedeutende wichtig; er wußte, daß kleine Ursachen, richtig benutzt, große Folgen haben können. Er machte der alternden Dorothea den Hof, nur um von derselben stet» unterichtet zu werden, was in der Umgebung der Hausfrau sich zutrug. Über dir Verhältnisse im Geschäft war er durch seine Stellung im Komptmr stets auf dem Laufenden. Jetzt war eS sein höchster Wunsch, den Namen kennen zu lernen, der auf der Visitenkarte stand. Direkt fragen mochte er Dorothea nicht, er hätte dadurch seine Neugier verrathen und die Kammerjungfer vielleicht mißtrauisch gemacht, was er um jeden Preis vermeiden wollte. Er nahm deshalb, wie stets, wenn er etwas von Dorothea zu erforschen suchte, seine Zuflucht zur Galanterie. TaS Herz des alten Mädchens glich ihm gegenüber einer Festung, die sich nur schwach verteidigte und sich gern auf Gnade und Ungnade ergeben hätte, aber der von ihr im Stillen geliebte Jordan hatte einen entscheidenden Angriff bis jetzt noch immer nicht gewagt.
Vielleicht kam es heule dazu.
Jordan erfaßte mit raschem Griff Dorothea'« Hand, in welcher sie die Visitenkarte hielt, und lhat, als ob er dieselbe an seine Lippen drücken wollte, in der geheimen Hoffnung, bei diesem Manöver den aus der Kart« stehenden Namen lesen gu können.
Berlin, 25. Sept. Als auffällig wird die" Thatsache bezeichnet, daß der „Reichsanzeiger" von- den scharfen Aussprüchen des Kaisers gegen die Polen- in seiner Thorner Rede noch keine Notiz genommen hat. Die polnischen Blätter fordern fortgesetzt dis' Veröffentlichung des authentischen Wortlauts der Rede.-
Berlin, 25. Sept. Ein hiesiger Bericht-' erstatter will erfahren haben, daß man im Ministerium des Innern sich tatsächlich mit der Ausarbeitung, einer Art von Anarchistengesetz beschäftige. Welcho Form die Sache annehmen werde, scheine noch nichts sicher, wahrscheinlich handle es sich um ein Spezialgesetz. Im Ministerium werde die Angelegenheit: ebenso eifrig als geheim betrieben.
Berlin, 25. Sept. Der stellvertretende. Landeshauptmann für das südwestafrikanische Schutzgebiet» Major v. Leutwein, telegraphierte: „Die-- Schutztruppe hat am 27. August das Lager der Wit- bois in Raukluft erstürmt. Die Witbois haben den- Rückzug angetreten und bis zum 4. September erfolgten Verfolgungsgefechte. Die Schutztruppe hatte neun Tote und 11 Verwundete. Unter den Toten befindet sich Premierlieutenant Diestel."
Berlin, 25. Sept. Der „Vorwärts" fordert- in seiner heutigen Nummer, daß die Verhandlung, gegen den Kanzler Leist öffentlich geführt werde.
Berlin, 26. Septbr. In der schwebenden Wucheraffaire erfolgte gestern die weitere Verhaftung, eines Kaufmanns, welcher Schlepperdienste geleistet: hat. Mehrere Verhaftungen sollen noch bevorstehen.
Berlin, 26. Sept. Die „Kreuzztg." erfährt- aus Warschau, daß in den letzten drei Tagen wiederum zahlreiche Verhaftungen stattgefunden haben, angeblich wegen Teilnahme an einem Geheimbund.' Unter den Verhafteten befinden sich Literaten, Pharmazeuten, Studenten und Schriftsetzer.
Thorn, 24. Sept. Nach der Aussage eines hochgestellten Beamten war die in der Rede des- Kaisers enthaltene Mahnung an die polnischen Mitbürger nicht vorbereitet. Der Kaiser habe aus eigenster Initiative das Wort für die Hochhaltung des Deutschtums ergriffen. Unter der hiesigen polnischen Bevölkerung herrscht über die Rede des Kaisers große Aufregung. Die „Gazeta Torunska" meint, der Kaiser müsse über das Verhalten der polnischen Bevölkerung falsch informiert sein; Niemand besitze das Recht, zu behaupten, die polnischen Mitbürger betrachteten sich nicht als preußische Unterthanen. Wenn der Kaiser wahrheitsgemäße Informationen erhalte,, dürsten die Polen der kaiserlichen Gnade sicher sein.
Paris, 24. Sept. Bei der gestrigen S t i ch - wähl in Nogent (zum Ersatz für Casimir Perier) siegte der Radikale Bachemont mit 4986 Stimmen gegen den gemäßigten Republikaner Robert, welcher 4582 Stimmen erhielt. Die Niederlage des von Casimir Perier empfohlenen Kandidaten Robert hat einen peinlichen Eindruck gemacht. Die Erregung
Aber Dorothea entzog, verschämt thuend, ihm ihre Hand.
.Lassen Sie mich," sagte sie halb gezrert, halb weinerlich, als wollte sie ihn durch Erregung seines Mitleids noch mehr aus der Reserve locken, „Sie treiben ja doch nur mit einem armen Mädchen Ihren Scherz."
„Scherz?" erwiderte er und sah sie mit durchdringenden Blicken an, „o Dorothea^ für den Ernst ist eS noch immer nicht genug! Das Leben und vollends die Ehe will auf realem Boden gebaut sein. Hoffen wir, daß sich in nicht allzulanger Zeit für uns die erwünschte Grundlage findet."
Die Visitenkarte hatte Jordan nicht zu sehen bekommen, doch ließ er ihr nun in dem schmalen Speichergange Raum zum Vorbeigehen.
Sie seufzte, indem sie ihm im Forthuschen einen Blick zuwarf, der ihm alle Wünsche ihres alljüngserlichen Herzens enthüllt hätte, wenn sie dem schlauen Fuchs nicht längst bekannt gewesen wären.
Er setzte seinen Weg nach dem Comptoir fort und dachte im Stilen darüber nach, welch' großer Unterschied zwischen seinem unbedeutenden Gehalt und den Einkünften seines Prinzipals liege.
Eme Million! Warum hatte das Schicksal ihm nicht eine solche gegeben? WaS das Schicksal unS nicht gicbt, können wir es unS nicht nehmen? Es käme doch nur darauf an, die Schachzüge zu finden, mit denen sich der Reichtum erlangen ließe.
Mit diesen Gedanken trat Jordan auch sitzt in das Komptoir, um die Firma zu vertreten, während der Chef auf der Börse war.
.Was bringst Du mir, Dora?" rief Frau Dreßler ihrer Kammerjungfer entgegen, als sie diese durch die Kastanienallee auf sich zu kommen sah.
Statt der Antwort reichte Dorothea ihrer Herrin die Visitenkarte.
(Fortsetzung folgt.)
Er brachte hiezu die größten Opfer und verpfändete u. a. sein kleines Anwesen (Haus mit Gärtchen), um die Mittel zu dem Unternehmen zusammenzubringen. Seine Bemühungen waren jedoch erfolglos, das Testament blieb laut richterlichen Spruches zu Recht bestehen und Joh. Nepomuk, der in seinem Starrsinn von einem ihm angebotenen Entgegenkommen der Stadt Waldsee nichts hatte wissen wollen, war durch die Reise und Prozeßkosten vollends ruiniert, da auch sein Anwesen hier hatte verkauft werden müssen. Heute früh traf nun ein Telegramm aus New-Aork ein, wonach er im dortigen Armenhaus gestorben ist. Der Gram über das Scheitern seiner Hoffnungen und seine völlige Mittellosigkeit in der fremden Welt scheinen ihn rasch dem Tode entgegengeführt zu haben.
Ravensburg, 22. Sept. Allmählich steigt die Frequenz des Obstmarktes. Heute waren ca. 2000 Säcke Mostobst und ca. 400 Körbe Tafelobst zugeführt. Anfangs ging der Handel ziemlich flau; aber die mit den Bahnzügen angekommenen Händler kauften schließlich alles auf. Das Mostobst galt per Ztr. 3 bis 4,10 ; Tafelobst per Korb, je nach der Größe, ^ 1 bis 2,50.
Tettnang, 21. Sept. Die Großproduzenten dahier sind nun ebenfalls mit der Hopfenernte fertig. Das Ergebnis derselben kann in quantitativer Hinsicht als gut, qualitativ als vorwiegend schön bezeichnet werden; nur die späteren Hopfen sollen zum Teil unter der Ungunst der Witterung gelitten haben. Die Preise sind noch weiter zurückgegangen, so daß es heute schwer halten dürfte, mehr als 40 für den Zentner zu bekommen.
Wiesbaden, 24. September. Der „Rhein. Kurier" meldet aus Darmstadt: Wie wir aus gut unterrichteter Quelle erfahren, entbehren die von dem Petersburger Korrespondenten der „Kreuzzeitung" erwähnten Gerüchte, welche angeblich in Petersburg betreffs der Verlobung des Grotzsürsten-Thronfolgers mit der Prinzessin Alix umgehen, jeder Begründung. Ob die Hochzeit im Januar stattfinden kann, hängt lediglich davon ab, ob der Bruder der Braut, der Großherzog, der als einziger Repräsentant der Familie der Braut den Hochzeitsfeierlichkeiten beiwohnen wird, im Monat Januar seine Gemahlin wird verlassen können. Man sieht nämlich am hiesigen großherzoglichen Hofe einem freudigen Ereignisse entgegen. Sollte das Befinden der Großherzogin, das zur Zeit einiges zu wünschen übrig läßt, sich in den nächsten Monaten nicht bessern, so wird zunächst das erwähnte Ereignis abgewartet und die Hochzeit des Großfürsten- ThronfolgerS wird dann um einige Wochen verschoben werden.
Berlin, 25. Sept. Von gutunterrichteter Seite wird gemeldet, der Kaiser habe bei seiner Abreise von Thorn auf dem Bahnhofe zum Bürgermeister Kohli geäußert: „Was ich heute gesagt, mag wohl beachtet werden; ich kann auch sehr unangenehm werden".