Samstag
Beilage zu Nr. 111 .
den 22. September 1894.
Uermischtes.
Lahr, 18. Sept. Wohin übergroße Furcht den Menschen bringen kann, lehrt folgende köstliche Geschichte, die dem Angestellten einer badischen Fabrik passierte. Die Mordgeschichte, welche vor einigen Jahren am Belchen passiert war, hatte den Herrn — sagen wir Luna — etwas beängstigt, als er beim trüben Wetter vom Feldberg einsam Herabstieg. Da begegnete ihm in der Waldesstille ein Tourist, der mit seinem großen Barts und Schlapphute etwas verdächtig aussah. Ihn erblicken und in sprungweitem Laufe davon eilen, war eins. Ohne sich umzusehen, lief er so eine halbe Stunde lang, „der Schaum kam ihm aus dem Munde" (seine eigenen Worte), in Schweiß gebadet war er durch und durch, da endlich nahte sich ein Wanderer unter eines Schirmes Dach, Herr Luna eilte vor Freude mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu — aber der Wanderer meinte nun seinerseits, da käme ein Räuber auf ihn zugestürzt und floh davon. Luna aber holte ihn ein und erklärte ihm halb totgehetzt und athemlos, „daß er ihm nur die Hand habe drücken wollen aus Freude, einen Menschen zu sehen!" — Man erzählt sich noch, daß der Wanderer dann mit ihm gegangen sei und ihn später angepumpt habe, doch glauben wir das nicht, schließt der Berichterstatter der „Straßb. N. Nachr." sein Histörchen.
Das Deutschtum und seine Ausbreitung in Elsaß-Lothringen. Die am 21. September 1891 verfügte Aufhebung des Paßzwangs ist, so notwendig auch diese Maßregel zur Wiederbelebung des Grenzverkehrs erscheinen mochte, für die Deutschwerdung Elsaß-Lothringens hinderlich und schädlich gewesen. Sie hat nach der Ansicht sehr vieler Altdeutschen, denen an ihren großenteils auf dem flachen Lande belegenen Wohnsitzen mancherlei Widerwärtigkeiten politischer Art erwuchsen, der schon im gedeihlichen Fortschreiten begriffenen Deutschwerdung des Landes einen nicht leicht wieder zu beseitigenden Riegel vorgeschoben. Seitdem verliert das Deutschtum an der Westgrenze an Gebiet. Statistisch läßt sich das freilich nicht erweisen; aber wer Augen hat, zu sehen, dem können doch in Stadt und Land allerhand bedenkliche Erscheinungen nicht entgehen. Der Gebrauch der französischen Sprache nimmt sichtlich zu. Leute, die von Haus aus sich der deutschen Sprache allein bedienten, fangen, an, unter sich und mit ihren Kindern, besonders in Gegenwart der Dienstboten und vor Fremden französisch zu sprechen; das junge Geschlecht wächst im täglichen Gebrauch der französischen Sprache auf, und nicht etwa nur bei den Notabeln, die seit 1871 allgemein, auch im ganzen Elsaß, sich ausschließ
lich der welschen Sprache bedienen, sondern auch in den Familien der Handwerker und kleinen Gewerbetreibenden. Besonders trägt das Institut der Schulschwestern, denen die Heranbildung der weiblichen Jugend der besitzenden Stände größtenteils obliegt, dazu bei, eine französisch sprechende Frauenwelt heranzuziehen. Welcher Abbruch dem Deutschtum hierdurch geschieht, kann Jeder ermessen. Zu einer Zeit, wo das Deutschtum der östlichen Provinzen, ohne auf den Beistand der Regierung rechnen zu können, einer schweren Zeit des Kampfes mit dem Polentum entgegensieht, mag es angezeigt erscheinen, öffentlich darauf hinzuweisen, daß auch an der Westgrenze Gefahr droht.
— Einem groben Betrug fiel ein Kölner Bankgeschäft zum Opfer. Bei demselben wurde mittels Briefes, welchem der Briefkopf eines ausländischen Konsulats vorgedruckt war, angefragt, ob es dem Konsul englisches Geld im Betrage von 2000 bis 2500 ^ zustellen könne. Das Bankhaus antwortete zustimmend und schickte einen Commis mit dem gewünschten Betrag zu dem angeblichen Konsul, der in einem Privathause Wohnung genommen hatte. Auf die Anfrage des Commis, ob der Herr Konsul zu sprechen sei, trat derselbe aus einem Zimmer und bemerkte dem Commis, der Cours des überbrachten englischen Geldes erscheine ihm zwar etwas hoch, indes habe er desselben unbedingt nötig. Er nahm darauf die Summe in Empfang und ersuchte den Commis, etwas zu warten. Dem letztem wurde indes die Zeit verdächtig lang; auf Erkundigung nach dem Verbleib des „Konsuls" erhielt er zur Antwort, derselbe habe vor kurzer Zeit das Haus verlassen. Nunmehr stellte sich heraus, daß das Bankgeschäft einem Schwindler zum Opfer gefallen war.
Aus Gießen, 18. Sept., schreibt man dem „Hannov. Kur.": Gestern morgen wurden zwischen Lollar und Gießen zwei Leichen, eine männliche und eine weibliche, auf dem Bahnkörper der Main-Weser- bahn aufgefunden. Die beiden Leichen waren kopflos ; die Köpfe« waren glatt vom Rumpfe getrennt und lagen etwa 10 Schritte von den Rümpfen entfernt neben den Schienen. Wie noch deutlich zu sehen war, hatte sich das Paar fest umschlungen haltend auf die Schienen gelegt. Außer Hüten und Schirmen rc. lag auch ein nach Heidelberg adressierter Brief neben den Leichen. Diesen Brief hatte die Frau noch spät abends im „Gasthof zum Löwen" in Lollar geschrieben, worauf das Paar das Lokal verlassen hatte. Wie die Ermittelungen ergaben, waren beide Selbstmörder taubstumm und aus Gießen gebürtig. Die junge.
erst einige 20 Jahre alte Frau war an einen hiesigen taubstummen Schreiner verheiratet; sie hatte ihn heimlich treulos verlassen und war mit dem andern taubstummen Manne, den sie liebte, gestern davongegangen. Beide haben dann ihren Entschluß, gemeinsam zu sterben, noch in derselben Nacht ausgeführt.
Wann wird die Erde ganz bevölkert sein, so daß Niemand mehr Platz findet?" — Ein englischer Rechenkünstler, der den deutschen Namen Ravenstein führt, hat sich mit der statistisch-geographischen Lösung dieser Frage beschäftigt und kommt zu dem Schluß, daß unser Planet höchstens 5994 Millionen Menschen ernähren könne, und ferner, daß diese Zahl im Jahre 2072, mithin in 178 Jahren erreicht sein werde. Bis zu diesem Zeitpunkt werden selbst Steppen und Wüsten, soweit sie dazu imstande sind, zur Aufnahme und Ernährung von Menschen herangezogen sein. Von 2072 an wird also die Menschheit sich vor der Alternative befinden, entweder mit ihrer Vermehrung einzuhalten oder — Hungers zu sterben. Zum Trost werden bis dahin noch verschiedene „wohlthätige" Ereignisse, Kriege, Revolutionen, Epidemien u. s. w. der obigen Rechnung einen Querstrich machen und die großen Städte werden mit ihrer stets wachsenden Anziehungskraft das Ihrige dazu beitragen, die Landbevölkerung aufzusaugen unv die Gesamtzahl der Bevölkerung zu verringern. Trotzdem bleibt nach Herrn Ravenstein das Los der zukünftigen Menschheit nicht eben beneidenswert.
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