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on. Glücklicherweise konnte der weiteren Ausbreitung des Feuers rasch gesteuert werden. Als der Brand­stiftung dringend verdächtig wurde der erst kürzlich aus dem Zuchthause entlassene und unter Polizeiauf­sicht stehende Kesselflicker Helle von Wildberg ver­haftet.

Böblingen, 10. Sept. Seit einigen Tagen ist die Witterung recht unfreundlich geworden. Herbst­stürme brausen mit einer Heftigkeit über die Fluren bin, als wäre es bereits Martini; dabei folgt ein Regenschauer dem andern. Die Zimmeröfen müssen geheizt werden, denn das Thermometer zeigt nur 9 Grad Wärme. Leider liegt da und dort noch viel Oehmd auf den Wiesen; tritt nicht bald eine Wendung zum Bessern ein, so kann dasselbe höchstens noch als Streu verwendet werden. In der letzten Woche fand die übliche Prüfung der Einrichtungen und der Geschäftsführung der beiden Darlehenskaffen unseres Bezirks, Darmsheim und Dagersheim, durch den Verbandsrevisor, Direktor Schmidt in Stuttgart statt. Das Revisionsergebnis lautete günstig. Während im Vorjahr infolge des Notverkaufs von Vieh die Darlehenskaffen nicht selten mit Geld überschwemmt wurden, zeigt sich in diesem Jahr häufig die gegen­teilige Erscheinung: der vermehrten Nachfrage nach Geld steht wenig Angebot gegenüber. Die Zahl der Vcreinsmitglieder nimmt stetig zu, da die Erkenntnis von der wohlthätigen Wirkung dieser Kassen immer allgemeiner zum Durchbruch kommt. Auch der ein­fachste Handwerker und Bauersmann begreift, wie vorteilhaft es ist, wenn ihm Gelegenheit geboten wird, jederzeit Geld entlehnen zu können. Zur Illustration möge folgendes Beispiel dienen. In einem Bezirks­ort wurde kürzlich eine Kuh gegen Ratenzahlung zu 480 verkauft; bei Barzahlung gab sich der Ver­käufer, ein israelitischer Händler, hernach mit 400 zufrieden. Es ist deshalb zu bedauern, daß viele Gemeinden dieser gemeinnützigen Einrichtung noch entbehren.

Stuttgart,9.^S ept. (Bäcker-Verbands- ta g.) In den Tagen vom 9.16. Sept. findet in Stuttgart der dritte Verbandstag desFreien Deut­schen Bäcker-Verbands" statt. Damit ist die G r o ß e Deutsche Ausstellung für Bäckerei, Conditorei und Kochkünste verbunden, zu welchem Zweck nicht nur die Gewerbehalle zur Verfügung gestellt, sondern auch auf dem dabei befindlichen freien Platz zur Unterbringung der Ausstellungsgegenstände provi­sorische Baulichkeiten errichtet worden sind. Bis noch tief in die Nacht hinein wurde gestern in den Aus­stellungsräumen gearbeitet, um Alles fertigzustellen. Neben den von hiesigen und auswärtigen Bäcker­meistern und Konditoren, sowie den größeren hiesigen Hotels ausgestellten Erzeugnissen erregten insbesondere die Aufmerksamkeit der Besucher die mannigfaltigen dem Gewerbebetrieb dienenden Maschinen rc., deren eine ganze Menge zur Schau gestellt sind. Beim Eintritt fällt das Auge des Beschauers zunächst auf eine Kollektion schwerversilberter Tafelgeräte für Restau­rants und Konditoreien (von Karl Senfft, Stuttgart), sehr hübsch arrangirt sind die von der Conditorei eumann ausgestellten Erzeugnisse (sämmtliche

württembergische Fürsten von Ulrich dem Stifter bis zum jetzt regierenden König Wilhelm) sind höchst originell ausgeführt, ferner die Ausstellung des HotelsHerzog Christoph", des Herrn Roß­nagel zur Liederhalle u. s. w. Pünktlich um 11 Uhr erschien Se. Exz. der Minister v. Pischek, um die Ausstellung im Namen Seiner Majestät zu eröffnen. Der Herr Minister versicherte die Beteiligten, daß Seine Majestät mit Interesse und den besten Wünschen das Unternehmen verfolge, betonte die Wichtigkeit derartiger Fachausstellungen für Belehrung und Förder­ung der Angehörigen eines Gewerbes und für Ver­vollkommnung des Gewerbebetriebes überhaupt. Der Vorsitzende des württ. Bäcker-Verbandes, Herr Fr. Schlatterer, sprach den Ausstellern seinen Dank aus für die zahlreiche Beteiligung und betonte die Ziele des Freien Deutschen Bäckerverbandes, der seit Jahren eine rührige Thätigkeit entfalte. Namens der Bäcker­genossenschaft Stuttgart grüßte Herr Hofbäckermeister Lehrenkrauß die erschienenen Gäste an Stelle des erkrankten Vorstandes, Hrn. Paul Wörnle. Die Minister besichtigten sodann die Ausstellung unter Führung des Komites. Nach der Eröffnung fand Konzert statt.

Stuttgart, 10. Sept. Das von den Be­suchern des 3. Verbandstages des Freien deutschen Bäckeroerbandes im Festsaale der Liederhalle veran­staltete gemeinsame Mittagessen verlief außerordentlich animiert. Fr. Schlatterer - Stuttgart toastete auf den König, Gemeinharvt-Berlin auf die Stuttgarter Kollegen und auf die zum Verbandstag erschienen Vor­standsmitglieder der Berliner BäckerinnungGer­mania", der Vorstand dieser letzteren, Kuntz, auf die Brüderlichkeit im Bäckergewerbe, Ernst Lehren- krauß-Stuttgart auf die Königin, Dittenay-Heidel- berg sowie abermals Ernst Lehrenkrauß aus die Aus­stellungskommission, endlich Hoflieferant Männer- Stuttgart in poetischer Form auf die Damen. Die Tafelmusik wurde von der Kapelle Schlichthärle aus Cannstatt gegeben.

Stuttgart. Bäckerei- u. Kochkunst­ausstellung. Jul. Baader, Hoflieferant, Brezel­fabrik in Freiburg i. B. bildete seine eigene Firma aus lauter Brezeln. Für die Haarstriche waren hiezu solch kleine Brezelchen nötig, daß 6 Stück der­selben auf ein 10 -H-Stück gehen. Die Backofen- u. Maschinenfabrik von Werner u. Pfleiderer in Cannstatt stellt Brotsorten aus von Deutschland, Frankreich, Dänemark, Schweden, Norwegen, Griechen­land, Spanien, Portugal, Belgien, Italien rc., ge­backen zumeist in von dieser Fabrik gelieferten Oefen. Hofbäcker Keller in Konstanz hat die alte hölzerne und bedachte Rheinbrücke nachgebildet; über dieselbe rollen auf Brezelrädern die Bäckerjungen, der Brief­träger u. s. w., ferner befindet sich in dessen Aus­stellung die Nachbildung des Musikkiosks im Konstanzer Stadtgarten. Gottl. Klemm aus Stuttgart zeigt neben seiner reichen Ausstellung einen pompösen Auf­bau, ein Modell von Schloß Lichtenstein. Ferner haben ausgestellt: Hoflieferant Männer-Stuttgart, Süßigkeiten in verschiedener Form; Leo Rothschild von Nordstetten, sogen. Mazzen (Osterkuchen rc.); Otto

Löffler von Freiburg und Otto A. Kasper eine Brezel-Pyramide; Karl Senfft-Stuttgart Nickel­geschirre, L e y r e r - Stuttgart Produkte der Bienen in Honig und Wachs; Louis Augustin in Leipzig und wettere 3 Firmen haben Abwäg- und Teigteil­maschinen ausgestellt. Raummangels halber müssen wir hier abbrechen indem wir den Besuch der Aus- , stellung nur als höchst lohnend empfehlen.

Stuttgart, 11. Sept. Der dritte Verbands­tag des Freien Deutschen Bäcker-Verbandes- nahm in seiner gestrigen Sitzung als Ort für den. nächsten Verbandstag (1896) Wiesbaden, Mann­heim und in dritter Linie Heilbronn in Aussicht^ Als ersten Vorsitzenden wählte die Versammlung Fr. Schlatterer-Stuttgart; die Wahl der übrigen vier Vorstandsmitglieder bleibt dem zukünftigen Vor­ort Stuttgart überlassen.

Stuttgart, 12. Sept. In einem Hotel in der Nähe des Bahnhofes wurde gestern abend 10 Uhr ein Bäckermeister aus Karlsruhe vom Schlage getroffen. Derselbe war sofort tot.

Breiten, 6. Sept Gestern mittag kurz nach 12 Uhr rannten die scheu gewordenen Pferde des Bierbrauereibesitzers H. Gillardon samt dem Wagen und einem darauf befindlichen Knecht davon, kamen über die Hauptstraße und rannten mit voller Wucht: in eines der großen Schaufenster des Schuhmacher­meisters F. Dorwarth. Die beiden Pferde waren mit den Vorderfüßen in das Schaufenster gesprungen, und zertrümmerten mit Füßen und Deichsel das ganze große Fenster nebst einem vernickelten Auslagegeste sämtliche schweren Auslagen-Glasplatten und die inneren Glasthüren, so daß die Deichsel noch einen Meter in das Innere des Ladens drang.

Pforzheim, 9. Sept. Zum ehrenden Andenken an den verschiedenen Herrn Aug. Benkiser,. Hammer- und Eisenwerkbesitzer hier und in dessen,. Sinne wurden bereits folgende Geschenke zugewiesen von den Erben desselben. Der hies. freiwilligen Feuerwehr 400 dem gemeinnützigen Verein 3000 der Herberge zur Heimat 3000 dem Verschönerungs­verein 1000 dem Kinderhaus Siloah 5000 dem Frauenverein 5000 dem Unterstützungsfond des evangelischen Arbeitervereins 1000 dem

städtischen Hilfsverein 10000 dem Turnverein 400 Kunstgewerbeverein 2000 Gustav-Adolfs- Verein 5000 Armenverein 5000 Rettungs­anstalt Niefernberg 3000 °^, Stadtmission 1000 Städt. Waisenhaus 2000 Städt. Krankenhaus 5000 Dem Armenverein Brötzingen 2000 ^ und für die Kleinkinderschule alldort 200 Der evangelischen lutherischen Gemeinde zu Jspringen 5000 somit zusammen 52,000

Berlin, 11. Sept. Der König von Württemberg blieb gestern, wie aus Schlobitten gemeldet wird, ganz unerwartet dem Manöver fern, weil er sich auf der Reise nach Trakehnen erkältete, infolge dessen er in Königsberg das Zimmer hüten muß. Auch heute wird der König aus Schonungs­rücksichten dem Manöver nicht beiwohnen.

von 15 Mitgliedern auf einmal. Am 1. Juli 1848 wurde der Gesellschaft von der Kreisregierung auf Grund des Art. 14 des Gesetzes über Volksbewaffnung die juristische Persönlichkeit verliehen.

Die Bekleidungsfrage tritt im April 1848 in ein neues Stadium. Am 20. tritt die Plenarversammlung zusammen, um über die Art und Weise der Bekleidung und Bewaffnung als Bürgerwehrmänner Beschlüsse zu fassen. Denn die Schüzengesellschaft bildete jetzt die Schüzencompagnie der Bürger­wehr. Aber eben deshalb konnte der Beschluß vom 20. April nicht sofort zur Ausführung gebracht werden. Denn da nach dem Volksbewaffnungsgesetz die Beschlüsse über die Bekleidung der Bürgerwehr Sache des Verwaltungsrats waren, und die Mehrzahl der Bürgerwehrschaft sich entgegen dem Beschluß der Schüzen vom 20. April für einen liegenden Kragen ausgesprochen hatte, so wurde erst in der Plenarversammlung vom 24. Mai ein endgiltiger Beschluß gefaßt, der vom Verwaltungsrat mit einigen geringen Abänderungen genehmigt wurde. Da von der so ausgestatteten Compagnie derCalwer Scharfschüzen 1848" noch eine farbige Lithographie existirt, die dieser Tage im Schaufenster von H. Georgii ausgestellt war, so ist es vielleicht nicht uninteressant, wenn diese Bekleidungs­ordnung mitgeteilt wird. Der bis an die Knie reichende Rock war von dunkel­grau melirtem Tuche mit einem liegenden Kragen von grüner Farbe und Auf­schlägen an den Aermeln. Auf den Schultern waren grüne Oliven angebracht, von welchen eine doppelte grüne Schnur bis zum Kragen lief. Die Rockknopfe, zwei Reihen von je 8 Knöpfen, waren von schwarzem Horn und ganz einfach, ohne Verzierung. Im Dienst trugen die Schüzen schwarze Halsbinden, ohne daß jedoch steife Cravatten vorgeschrieben waren. Als Kopfbedeckung der Schüzen- compagnis wurde in der Plenarversammlung vom 9. Juni (es waren in dieser bewegten Zeit ungewöhnlich viele Plenarversammlungen) das von Großhans vor- gelegte Muster eines Stuttgarter Schüzenhutes, nur in etwas dunklerem Grün, angenommen. Als Seitengewehr trugen die Schüzen Hirschfänger. Das Riemenwerk an Gewehr und Tasche war grün, der Deckel der Tasche von schwarzem Seehundsfell. Das Pulverhorn wurde an einer grünen Schnur getragen und mußte mit einer Ladung versehen sein. So ausgerüstet bildete die Schüzen­compagnie wirklich ein Elitecorps unter der Bürgerwehr. Es herrschte ein guter Geist in der Gesellschaft. Zwar verschärften sich in der Bürgerschaft allmählich die Gegensätze in der politischen Anschauung. Für die Schüzengesellfchast scheint dies jedoch im allgemeinen keine weitere Folgen gehabt zu haben. Es erfolgt

zwar laut Protokoll vom 17. November der Austritt mehrerer Mitglieder, dis ihre Beitragspflicht nicht mehr anerkennen, weil die Statuten neuerdings ge­ändert worden seien und zwar in Punkten, die sie früher zum Beitritt veranlaßt haben. Aber im großen Ganzen machte sich in der Gesellschaft kein Zwiespalt bemerklich. Vom 11. Dez. bis zum 11. April 1849 findet keine Ausschußsitzung mehr statt. Noch am 11. April wird eine Zeigerordnung, am 19. April eine Haus- und Schießordnung vereinbart, die im Schützenhaus angeschlagen und den 1847 revidirten Satzungen angefügt werden sollten. Um diese Zeit wurden Tuchmacher Buck und Stadtschultheiß Schuldt als Ehrenmitglieder der Gesell­schaft ausgenommen. Erst das Scheitern der auf den Zusammentritt der National­versammlung gesetzten Hoffnungen und die Uebersiedlung des Rumpfparlaments nach Stuttgart und vollends das Manifest der K. Regierung vom 8. Juni, daß sie der Reichsregentschaft das Recht nicht zugestehe, ohne Zustimmung der württem- bergischen Regierung für Württemberg giltige Beschlüsse zu fassen, rief eine hoch­gehende Aufregung in der Bürgerschaft hervor, die am 23. Juni in dem Sturm von etwa 100 Bewaffneten auf das Rathaus und in ihrem Ausmarsch nach Horb ihren Gipfelpunkt erreichte. Auch von der Schüzengesellschaft waren einzelne da­bei beteiligt, die nun gleich den übrigen Ausmarschirten am 30. Juni, während 1 Bataillon Infanterie und 1 Schwadron Reiter unter Graf Wilhelm von Württemberg in der Stadt lag, von der Strafe der Entwaffnung betroffen wur­den und vermöge dessen aus der Gesellschaft austreten mußten. Eine tiefgreifende Störung der Schüzengesellschaft erfolgte aus diesen Vorgängen nicht. Wohl hatten laut Protokoll vom 28. Juliin jüngster Zeit" eine Anzahl Mitglieder ihren Austritt angemeldet, aber diese sollten vor Feststellung des Mitglieder­verzeichnisses für die Plenarversammlung vom 5. August ausdrücklich nochmals befragt werden, ob sie darauf beharren oder nicht, und den Entwaffnten wurde der Wiedereintritt möglichst erleichtert, indem die Plenarversammlung auf Antrag des Ausschusses beschloß, daß denselbender Wiedereintritt ohne Eintrittsgeld, ebenso auch unter Umständen ein Nachlaß an den Beiträgen zu gestatten sei, und zwar so, daß nur für diejenigen Vierteljahre der Beitrag zu entrichten wäre, während welcher der Entwaffnte wieder als aktives Mitglied in die Gesellschaft eingetreten sei". Abgestimmt haben in dieser Plenarversammlung 48 Mitglieder, was, da selten alle Mitglieder bei einer Plenarversammlung vertreten sind, noch auf einen ziemlich starken Bestand der Gefellschaft schließen läßt.

(Schluß folgt.)