Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw
96
MM
L>^: - c
MWtt s-
HWxHS.
Erscheint Di en « kaz , Dsnnerirag und SamSlag. Die EinrückungSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung 9 Pfg. die Zeile, sonst 13 Psg.
Amtliche Wekeimtmachimge».
Bekanntmachung.
Da die Einleitungen zu der Jahresschätzung der Gebäude und ihrer Zubehörden und der hienach auf den 1. Januar 1895 zu vollziehenden jährlichen Aenderungen der Feuerversicherungsbücher nunmehr wieder zu beginnen haben, und hiebei zunächst die Schätzungen derjenigen Aenderungen in Betracht kommen, welche sich an Fabriken oder sonstigen größeren gewerblichen Anlagen nebst ihren Zubehörden (namentlich Maschinen) durch Neubauten oder sonstige Bauausführungen beziehungsweise durch Abgang, Zuwachs oder Wertveränderung von Zubehörden seit der letzten Schätzung ergeben haben, so erhalten die Gemeindebehörden unter Hinweis auf Art. 12 des Ges. v. 14. März 1833 und Ziff. 9 Abs. 1—5 des Normalerlasses vom 16. März des gleichen Jahres (Klumpps neueste Handausgabe S. 18 lit. a) den Auftrag, die Besitzer derjenigen Fabriken oder gewerbl. Anlagen, bei welchen die bezeichnet«» Voraussetzungen zutreffen, zu unverweilter Anmeldung der eingetretenen Aenderungen nach Maßgabe der Ziff. I und 2 des Erlasses des Verwaltungsrats vom 1. Juli d. I. (Amtsbl. S. 257) bei der Ortsbehörde aufzufordern, hierauf die Durchsicht der auf Fabriken und ähnliche Gebäude bezüglichen Einträge des Feuerversicherungsbuchs vorzunehmen und von den hienach sich ergebenden Aende- rungsanträgen dem Oberamt Anzeige zu machen, wobei die vom Verwaltungsrat in dem schon erwähnten Erlaß aufgestellten Vorschriften zu beobachten sind. Formulare zu den Anmeldungen können die Ortsbehörden vom Oberamt beziehen.
Calw, den 14. August 1894.
K. Oberamt.
Lang.
Bekanntmachung.
Schultheiß Fischer in Ostelsheim ist heute in sein Amt eingesetzt worden.
Calw, den 15. August 1894.
K. Oberamt.
Lang.
Bekanntmachung.
Die Maul- und Klauenseuche in Aich- Halden und Oberweiler ist erloschen.
Calw, den 15. August 1894.
K. Oberamt.
Lang.
Politische Rundschau.
Die herzliche Begrüßungsszene zwischen französischen und deutschen Soldaten, die sich am Sonntag vor acht Tagen in den Vogesen abspielte. ist Während der abgelaufenen Woche in den Blättern hüben und drüben viel besprochen worden. Der Vorfall hätte nicht so ausgedehnte Beachtung gefunden, wenn es unter den französischen Zeitungen nicht ein Hetzblatt gäbe, das in seiner chauvinistischen Engherzigkeit gegen die „vaterlandslosen" französischen Soldaten wettern zu müssen glaubte, die sich erlaubt hatten, deutschen Kameraden die Hand zu schütteln und ein »Bon sour!« zuzurufen. Mit Genugthuung hat man
Samstag, den 18. August 1894.
wahrgenommen, daß dieses Blatt unter seinen französischen und deutschen Kollegen in der ganzen Jämmerlichkeit seines blöden Chauvinismus allein dasteht. Die Begrüßungsszene, so bedeutungslos sie an und für sich ist, und die sympathische Aufnahme, die ihr in der deutschen und bis auf das eine Blatt auch in der französischen Presse zuteil wurde, bleibt somit ein willkommenes Symptom für die seit einiger Zeit auf diplomatischem Gebiete angeknüpften freundnachbarlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich.
Der große Anarchistenprozeß in Frankreich, wo man am Donnerstag den Mörder des Präsidenten Carnot um einen Kopf kürzer machte, hat am Sonntag nach achttägiger Verhandlung mit der Freisprechung der angeklagten anarchistischen Theoretiker und der Verurteilung der Praktiker sein Ende erreicht. Es ist nicht zu verkennen, daß der Ausgang des Prozesses für die Regierung eine empfindliche Niederlage bedeutet. Die Pariser Geschworenen haben einen juristischen Unterschied gemacht zwischen Theorie und Praxis, womit sie sich zu der Regierung und zu dem von dieser ins Leben gerufenen neuen Anarchistengesetz, das nicht minder als die Praxis auch die Theorie mit Strafe belegt, in einen Gegensatz gestellt haben. Da nach dem neuen Gesetz die Rechtsprechung über anarchistische Vergehen und Verbrechen in Zukunft den Berufsrichtern obliegt, so kann das Verdikt der Geschworenen als der Vertreter des Volkes als eine letzte Meinungsäußerung des Volkes über das neue Gesetz angesehen werden. Daß diese Aeußerung für die Regierung nicht sehr schmeichelhaft ist, daran trägt nur sie allein die Schuld. Klug hätte man gehandelt, wenn der Prozeß gegen die „Propagandisten der Feder" nicht angestrengt oder doch bei Zeiten unterdrückt worden wäre.
König Alexander von Serbien, der angeblich noch im Laufe dieses Jahres dem deutschen Kaiser in Berlin einen Besuch abstatten wird, hat am Dienstag seinen achtzehnten Geburtstag gefeiert. Nach serbischem Gesetze ist er an diesem Tage großjährig j geworden und in den rechtlichen Besitz derjenigen Würde gelangt, die er sich durch einen Staatsstreich schon vor der Zeit mit dreister Hand aneignete. Der junge König gab dem Tage eine besondere Weihe durch einen umfangreichen Begnadigungsakt für politische Vergehen. Allerlei Gerüchte wollten wissen, daß der königliche Geburtstag nicht ohne einen neuen Staatsstreich vorübergehen würde. Man hat diesen Gerüchten bei Zeiten durch eine offizielle Erklärung die Grundlage genommen, und in der Thal ist denn auch gelegentlich des Geburtsfestes nichts vorgefallen, was einem Staatsstreich ähnlich sähe. Wie unangenehm das Ausbleiben des Putsches für sensationslüsterne Leute ist, so angenehm ist es für das Land Serbien, dem eine ruhige Weiterentwickelung seiner Verhältnisse nach innen wie nach außen höchstes Bedürfnis ist.
Fürst Ferdinand von Bulgarien hat an demselben Tage, an welchem König Alexander sein achtzehntes Wiegenfest feierte, sein siebenjähriges Regierungsjubiläum begangen. Auch er ließ den Tag nicht verstreichen, ohne einen ausgedehnten Begnadigungsakt für politische, sodann aber auch für gemeine
Abonnementtprei« vierteljährlich in der Start 90 Ptg. ««A SS Pfg. Trägerlohn, durch die Post dtzogen Mk. 1. 1k, sonst t» ganz Württemberg Mk. i. Sk.
Vergehen zu vollziehen. Was jedoch wichtiger ist als dieser Akt, ist die mit dem Regierungsjubiläum verbundene Auflösung der Sobranje und die gleichzeitige Ausschreibung von Neuwahlen. Die letzter» werden in gewünschter Weise, d. h. mit gewünschter Deutlichkeit darthun, wie das auf seine Unabhängigkeit eifersüchtige Volk Bulgariens gegenüber Rußland gesinnt ist. Schon heute besteht in diesem Punkte kaum noch ein Zweifel und sicher ist, daß das Volk in seiner Mehrheit ebenso sehr den Standpunkt des ExministerS Stambulow gegenüber Rußland billigt, wie «S denjenigen des Fürsten Ferdinand für bedenklich hält. Letzterer wird gut thun, sich danach zu richten, wenn ihm mehr an der Liebe seiner Unterthanen gelegen ist als an der Gunst des Zaren.
Tagesneuigkeiten.
— Der am nächsten Sonntag (19. Aug.) von Stuttgart über Calw nach Wildbad abgehende Sonderzug verläßt Stuttgart 6.45 früh, erreicht Wildbad 9.55, geht dort wieder ab 8.30 Abends und trifft in Stuttgart um 11.25 ein. Bei starker Beteiligung wird ein Vorauszug von Stuttgart bis Calw ausgeführt; Stuttgart ab 6.30 früh.
ui. Hirsau, 15. Aug. (Unlieb verspätet). Herr Hermann Förtsch aus Thüringen, bedeutender deklamatorischer Künstler, der jüngst auch, an den Hof nach Friedrichshafen berufen, vor den Königlichen Majestäten daselbst ein« Vorstellung gegeben hat, erfreute letzten Montag abend die hier zahlreich versammelten Luftgäste wie auch Einheimischen durch eine bunte Reihe auserlesener Deklamationen humoristischen Inhalts. Die verschieden hiebei redend eingeführten Personen wurden, was Gesichtsausdruck, Haltung und Stimme anlangt, mit einer überraschenden Naturwahrheit wiedergegeben, so daß darüber nur Eine Stimme der Bewunderung und Befriedigung unter den Zuhörern laut wurde. Der bedeutend« Erlös der Vorstellung wurde von dem gefeierten Künstler ganz unseren Hirsauer Armen überwiesen.
— Betreffs des Einbruchdiebstahls in Wildbad in der Nacht vom Montag auf Dienstag meldet der „Pforzh. Beob.", daß Schmucksachen im Werte von 8,000 gestohlen worden seien. Trotz eifriger Fahndung ist es bis jetzt nicht»gelungen, den oder die Thäter zu ermitteln. Die wertvollen Schmuckgegenstände waren mit kundiger Hand den Etuis entnommen, die geringeren blieben meist unberührt. Spuren lassen darauf schließen, daß der oder die Diebe sich zuerst nach dem Windhof geflüchtet, wo sie die Wertsachen einer Musterung unterzogen haben. Em Nachtwächter hat einen unbekannten Menschen in der betreffenden Nacht mit einem großen Stock und einem Pack in weißer Hülle auf der Straße zum Windhof gehen sehen. Eine Frau aus Calmbach hat eben einen solchen Menschen dann später in der Nacht auf der Straße nach Calw gesehen. Mittelst Bohrer und sonstiger Diebeswerkzeuge wurde Schloß und Thüre des Ladens geöffnet. (Gerüchtweise erfährt man in Calw, daß die Diebe — 2 Männer und 1 Frauensperson — am Morgen des 14. hier die Stadt passierten und von einem Landjäger bis Ostelsheim verfolgt worden seien. Auf ein nach Leonberg ge»