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von der hiesigen Strafkammer wegen fahrlässiger Tötung seiner Ehefrau, und ferner wegen eines Vergehens gegen die Sittlichkeit zu einer Gesamt-Gefängnisstrafe von 14 Monaten verurteilt.
Waiblingen, 6. Juni. Die Leiche des Einjährig-Freiwilligen Martz vom Ulmer Fußartillrrie- Bataillon 13, welcher durch einen unmäßig forcierten Marsch sein Leben verlor, ist gestern nachmittag von seinen Anverwandten abgeholt worden, um in Balingen beerdigt zu werden. Der Kriegerverein und Militärverein gaben mit umflorten Fahnen das Geleite zum Bahnhof. Der im Bezirkskrankenhaus verstorbene Hannoveraner wurde nachmittags 2 Uhr auf dem hiesigen Friedhof beerdigt. Eine 20 Mann starke Abteilung des Bataillons mit 2 Offizieren und der Hälfte der Bataillonsmusik kam von Ebersbach zur Beerdigung.
Dem Sarge folgte der Krieger- und Militärverein und eine überaus große Zahl von Männern und Frauen aus allen Ständen, sodaß noch selten ein so großer Leichenzug hier gesehen wurde.
Heilbronn, 9. Juni. Wie bereits gemeldet wurde, hat das Oberamt gestern das Gesuch des Gemeinderats um Amtsenthebung abschlägig beschieden.
In den Entscheidungsgründen sagt das Oberamt, daß seine Zuständigkeit zur Entscheidung des Gesuchs begründet sei, es weist jedoch das Gesuch aus materiellen Gründen ab. Gegenüber der Verpflichtung der Ge- Meinderäte, die öffentlichen Interessen in Heilbronn zu vertreten, müßten persönliche Mißstimmungen in den Hintergrund treten. Ein praktischer Erfolg würde durch eine willfährige Bescheidung des Enthebungsgesuchs nicht erzielt werden. Außerdem ständen der Gewährung des Gesuchs mit Rücksicht auf die unvermeidlich sich ergebenden Konsequenzen sehr schwerwiegende Bedenken entgegen. Von diesen Erwägungen ausgehend, vermöge das Oberamt die in dem Gesuch geltend gemachten Gründe nicht als derart dringend anzusehen, wie solche im Art. 19 Abs. 2 des Ges. v.
16. Juni 1885 vorausgesehen würden.
Heilbronn, 11. Juni. Wie bestimmt verlautet, sind die hiesigen Gemeinderäte nicht gewillt, es bei der Entscheidung des K. Oberamts bewenden zu lassen. Sie beabsichtigen vielmehr, ihr Entlassungsgesuch bei der K. Kreisregierung zu erneuern und falls auch diese einen abschlägigen Bescheid erteilen sollte, sich direkt an den König zu wenden.
Ehingen, 7. Juni. Heute nacht kurz nach 12 Uhr entlud sich über der Stadt und Umgebung ein sehr heftiges Gewitter. Der Blitz, schlug in das zweistöckige Wohnhaus des Friseurs Hintzpeter ein, zertrümmerte das Kamin oberhalb des Daches und beschädigte das Haus im Innern mehrfach. Fast zu gleicher Zeit wurde auch das Wohn- und Oekonomie- gebäude des Söldners Karl Glocker in dem 5 km von hier entfernten Ort Schlechtenfeld vom Blitz getroffen und eine wertvolle Kuh im Stalle getötet.
Endlich wurde durch den wolkenbruchartigen Regen die im verflossenen Jahr neuerbaute Steige bei
trippelte zierlich neben der erwachsenen Schwester einher, jeden Augenblick stehen bleibend, an einer Blume riechend, ein Schneckenhäuslem aufhebend oder irgend eine wißbegierige Frage stellend.
War es die Sonne, welche so licht schien, daß sie dem Heimgekehrten plötzlich die Augen blendete-oder spiegelte sein geistiger Blick ihm wirklich solch lieb
liches Zukunftsbild vor? . . Er sah sich im Geist neben Kläre dahinwandeln und wieder führte diese ein süßes Lockenköpfchen an der Hand, ihr Ebenbild, nicht das
Echwesterlein von heute-und eine große, heilige GlückSahnung stieg bei diesem
Gedanken in der Seele des Heimgekehrten lebendig auf; es war ihm zu Mut, als ob er nur die Hand ausstrecken müsse, um das Glück, den Inhalt seines Lebens zu greifen.
Wir trunken folgte sein Blick der Jungfrau, welche eben in anmutigen Wendungen sich zum Schwesterlein herabbeugte, es herzte und küßte.
»Nun, jede freie Stund' kannst ja bei uns zubringen!* meinte Stichling eben, der schwerlich von dem Gedankengang des neben ihm Sitzenden eine Ahnung hatte. „Da sitze wir abends zusamme und erzähle uns ebbes! Den Sonntig hast jo ganz frei . . . do kummsch un bist bei uns!"
Adam nickte nur; eS war ihm so eigen, so frei und leicht zu Mut. Er hätte ewig auf dieser Bank sitzen, dem Alten zerstreut zuhören mögen, dessen Redeschwall ihn anmutete wie das entfernte Rauschen der unablässig niedrrzischenden Säge in der Mühle — — und sich die Zukunft ausmalen mögen: so ruhig und verklärt, wie sie ihm bislang noch niemals erschienen war.
Auch die Müllerin, welche inzwischen für ein rechtschaffenes warmes Abendbrot Sorge getragen hotte, kam nun hinzu. Mit dem Strickstrumpf in der Hand setzte sie sich zu den Beiden in die Laube. Kläre kam mit der Schwester; die mußte Gutenacht sagen, denn eS war Zeit für die Kleine und der Sandmann hatte ihr auch bereits Schlaf in di« Äuglein gestreut.
Adam hoffte, Kläre würde bald zurückkommen; aber dies geschah nicht — sie
arme Hund ist einige Tage später von der „Aldinga",. wohin man ihn samt seinen Schicksalsgefährten gebracht hatte, über Bord gefallen und schnurstracks in dem Rachen eines der in der Gruppe zahlreich auf Beute lauernden Alligatoren verschwunden, während die bedauernswerten Schweine ein noch um Vieles prosaischeres Ende genommen haben. Ohne sich an ihr verzweifeltes Geschrei zu kehren, haben die gefühllosen Matrosen der „Aldinga" kurzen Prozeß gemacht» die feisten Tiere abgethan und eingesalzen.
München, 9. Juni. Das „N. M. Tagblatt" schrieb, es gehe in der Stadt das Gerücht, seit dem Tode des Bürgermeisters Dr. Widenmayer existiere in der Gemeindekasse ein Defizit von 100 000 und im Magistrat berate man hin und her, wie dieses angebliche Defizit zu decken sei. Das Blatt richtete die Aufforderung an den Bürgermeister Borscht, sich über das Gerücht zu äußern. Zu Beginn der heutigen Magistratssitzung gab Bürgermeister Borscht folgende Erklärung ab: „Absolut unwahr und aus der Luft gegriffen ist die Behauptung, daß in der Gemeinde- kaffe oder in sonst einer der Verwaltung der Gemeinde unterstellten Kaffe, einer Stiftungskasse ein Defizit von irgend welcher Höhe vorhanden und daß ein solches gar auf den verstorbenen Bürgermeister Dr. v. Widenmayer zurückzuführen sei. Es ist daher auch unwahr und aus der Luft gegriffen, daß man im Magistrate darüber berate, in welcher Weise dieses nicht existierende Defizit zu decken sei. Mit dieser Konstatierung verbinde ich den Ausdruck des tiefsten Bedauerns, daß im Publikum über den verstorbenen^ Bürgermeister, der tatsächlich sein Leben für die Gemeinde geopfert hat, solch ehrverletzende Gerüchte verbreitet werden.
München, 10. Juni. Der Kampf der Münchener Sozialdemokratie gegen die Brauereien scheint in Güte beigelegt zu werden. Die gegenseitigen Aufklärungen der sozialdemokratischen Kommission und der Direction der Löwenbrauerei ergaben» daß prinzipiell keine Gegensätze beständen. Die Direction erklärte ihr volles Einverständnis mit der Freiheit der Arbeiter, sich einer Organisation anschließen zu dürfen und zeigte sich auch bereit, vorhandenen Mißständen abzuhelfen.
Mülhausen, 6. Juni. In verwichener Nacht hat eine betrogene Ehefrau ihre Nebenbuhlerin ermordet. In einem Hause der Dornacherstraße wohnen die seit 10 Jahren verheirateten Eheleute Friedrich Meyer. Der Mann nahm gestern abend eine frühere Geliebte namens Justine Voll aus Tagolsheim mit nach Hause und brachte sie in einem Nebenzimmer unter. Seine Frau bemerkte dies und hielt Nach- suchung bei der Voll, als sie schlief. Nachdem sie die Photographie ihres Mannes und emen Brief, worin ihr Liebesverhältnis zu einander deutlich zutage trat,, bei ihr gefunden, faßte sie kurzer Hand den Entschluß, die Voll zu töten, nahm ein Rasiermesser und schnitt der Voll den Hals durch. Nach der That stellte Frau Meyer sich freiwillig der Polizei.
halte drinnen den Abendtisch zu decken, sowie in Stall und Kammer gar manches zu besorgen.
Endlich, als eS schon ziemlich dunkel geworden war, kehrte sie hastig in die Laube ein und bat zu Tische.
In der Wohnstube brannte die Hängelampe; die Fenster waren weit geöffnet und ließen die würzige Abendluft voll hinein. Man setzt« sich um den runden Tisch,
Kläre sprach mit süßer Stimme den Abendsegen-und dann schöpfte Frau
Walpurga in die Zinnteller. Es gab Huhn mit Nudeln; eine zarte Aufmerksamkeit der Hausfrau für den Gast, da dies, wie sie von früher noch wohl wußte, immer sein Leibgericht gewesen war.
Aber Adam that die Mahlzeit, so lecker sie auch zubrreitet war, keine rechte Ehre an; er blieb zerstreut und mehr als einmal ertappte ihn Kläre dabei, wie er sie mit gar eigentümlichem Blicke musterte. Da half es nichts; sie mußte auch rot werden — und sonderbar, mit ihrem Hunger war eS ebenfalls nicht weit her.
Die Müllerin mußte einmal hinaus und in der Küche nach dem Rechten sehen; just in demselben Augenblicke aber erhob sich auch Stichling und ging in den Keller, um eine „Bestaubte" zu holen.
Da traf sich's, daß die beiden jungen Leute minutenlang allein im Zimmer sich befanden.
Sie sprachen nichts mit einander; aber plötzlich faßte Adam die Hand des Mädchens und drückte dieselbe.
„Liebe Kläre!' sagte er und wunderte sich selbst über den vertrockneten Klang, seiner Stimme.
Das Mädchen sagte nichts darauf; aber es ließ ihm eine Welle die Hand, purpurrot dabei im Gesicht.
Plötzlich indessen zuckte sie zusammen und ein Schauer durchlief ihren schlanken Leib. Wie zur Erklärung deutete sie nach dem offenen Fenster.
(Fortsetzung folgt.)
Nasgenstadt an mehreren Stellen zerrissen und erheblich beschädigt. Im Hinblick auf die bevorstehende Heuernte wäre anhaltendes trockenes Wetter dringend zu wünschen.
— Das Präsidium des badischen Militärvereinsverbandes mahnt vor jeder Beteiligung an der Agitation zur Erlangung eines Ehrensoldes für die 70er Veteranen eindringlich ab. Das Bundespräsidium (General z. D. Freiherr v. Röder, Oberstleutnant a. D. Rheinau und Regierungsrat Dr. Pfaff) schreiben:
„Abgesehen davon, daß das Verlangen eines Ehrensoldes auf das Ehr- und Pflichtgefühl der alten Soldaten, welche ihren schönsten Lohn in dem Bewußtsein finden, treu ihrer Pflicht für des Vaterlandes Schutz und Unabhängigkeit gekämpft zu haben, nur ein schiefes Licht zu werfen geeignet ist, geht die Aufforderung von einzelnen Personen aus, welche sich ohne jede Berechtigung als „Zentral- Komitee der vereinigten Veteranen Deutschlands" bezeichnen."
Frankfurt a. M., 5. Juni. Aus Sydney, 27. April, wird der „Frkf. Ztg." geschrieben: Der heute von einer Rundfahrt durch den Insel-Archipel nach Sydney zurückgekehrte Dampfer „Aldinga" hat auf einem der Korallenriffe in der Salomonsgruppe auch das Wrack des kürzlich dort aufgetriebenen Schooners „Borough Belle" aufgefunden. Das wäre nun freilich nichts Besonderes. Belustigend ist dagegen folgender Vorfall. Von der „Aldinga" war ein Boot nach dem Wrack abgeschickt worden, dessen Insassen beim Näherkommen nicht wenig erstaunt waren, plötzlich lauten Spektakel aus dem Innern der Schiffstrümmer zu hören. Voller Spannung wurde angelegt und da stellte sich denn heraus, daß die Lärmmacher drei feiste Schweine waren, die in Gesellschaft eines zum Skelett abgemagerten Hundes, der sich mühsam aus einem Winkel hervorschleppte, auf der „Borough Belle" zurückgelassen worden waren und nun seit dem 3. Februar, dem Datum des Scheiterns, bis zu ihrer am 28. März erfolgten Auffindung in ihrem Gefängnisse geschmachtet hatten. Ein fünfter Gesellschafter, nämlich ein Affe, war von dem Hunde und den um das Wrack schwärmenden Seemöven augenscheinlich verzehrt worden, da nur noch der Schädel vorgefunden wurde. Später hatte sich dann der Hund, wie an seinem über und über mit Federn bedeckten Fell zu erkennen war, auf den Vogelfang verlegt und auf diese Weise notdürftig sein Leben gefristet. Ungleich besser sind die Schweine gefahren, die sich an einigen Tonnen Kartoffeln, welche in den Lucken lagerten, dick und fett gefressen hatten. Außerdem war, wahrscheinlich durch einen beim Aufprallen auf das Riff erhaltenen Stoß eine der Wasser- cisternen so glücklich auf die Seite gefallen, daß sich die gefangenen Vierfüßler in aller Gemütlichkeit an ihrem Inhalt laben konnten. Leider entspricht das Ende dieser Idylle nicht ihrem Anfang, denn der