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3) Haben die angegebenen, daraus aufgesparten Zinsen die Höhe von 73 Millionen erreicht?
(Diese Fragen basieren auf dem Inhalt des Circulairs des Zentralvereins in Würzburg und namentlich auf dem darin enthaltenen Passus „nach uns von verschiedenen Herren Rrichstagsabgeordneten aller Parteien zuzekommenen Nachrichten besteht der Fond wohlbehalten und dazu noch 73 Millionen Zinsen".)
Die Antwort traf umgehend ein und ist es dem Calwer Veteranenverein gestattet, dieselbe zur Veröffentlichung zu bringen; sie lautet:
Vorstehende 3 Fragen beehre ich mich in Folgendem zu beantworten:
»ä. 1. Daß der Reichsinvalidenfonds ausdrücklich für die Veteranen der Jahre 1870/71 bestimmt sei, ist ein Irrtum. Die demselben einst zugewiesenen 187 Mill. Thaler ---561 Will. Mark sind infolge der gesetzlichen Verwendung derselben nicht mehr vorhanden. Im Einzelnen ist hiezu näher Folgendes zu bemerken:
Das Reichsgesetz betr. die Gründung und Verwaltung des Reichsinvalidenfonds vom 23. Mai 1873 (Reichs-Ges.-Bl. S. 117) bestimmt in Z 1. daß aus dem einstweilen reservierten Teile der von Frankreich zu zahlenden Kriegskosten-Entschädigung eine Kapitalsumme von 187 Mill. Thaler zu entnehmen sei, um die Bestreitung derjenigen Ausgaben sicher zu stellen, welche dem Reiche in Folge des Krieges 1870/71 nach dem Gesetz betr. die Pensionierung und Versorgung der Militärpersonen des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine, sowie die Bewilligungen für Hinterbliebene solcher Personen, vom 37. Juni 1871 (R.-G.-Bl. S. 375) vom 1. Januar 1873 an zur Last fallen.
Nach diesem Gesetz vom 23. Mai 1873 sowie nach den Gesetzen vom 11. Mai 1877 (abgeändert durch das Ges. v. 22. Mai 1893 R.-G.-Bl. S. 183) vom 17. Juni 1876 (R.- G.-Bl. S. 137) vom 30. März 1879 (R.- G.-Bl. S. 119) vom 31. April 1886 (R.- G.-Bl. S. 78) u. s. w. hat der Reichsinvalidenfond folgende Verbindlichkeiten zu leisten:
1) Pensionen und Pensionserhöhungen für Offizier», im Offiziersrang stehende Militärärzte, Militärbeamte, Maschineningenieure;
3) Verwilligungen für Hinterbliebene von Offizieren.sowie für An
gehörige der aus diesen Kategorien Ver- ^ mißten;
3) Pensionen, Kriegs- und Verstümmlungszulagen, sowie Anstellungsentschädigungen für Militärpersonen der Unterklassen;
4) Bewilligungen für Hinterbliebene ^ von solchen, sowie für Angehörige der aus solchen Klassen Vermißten.
Summe der Verbindlichkeiten 1—4 nach dem Stand vom 30. Juni 1891 jährlich 30,776,419
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5) Pensionen, PensionSerhöhungen und sonstige Bewilligungen in Folge der Kriege vor 1870 mit Ausschluß der Bewilligungen für Angehörige der vormaligen schleSwig- holstein'schen Armee;
6) Pensionen und Unterstützungen für Angehörige der vormals schleSwig-holstein'schen Armee, deren Witwen und Waisen nach dem Ges. v. 11. Mai 1877 lit. a.
7) Pensionen und Unterstützungen für frühere Angehörige der vormals schleswig- holstein. und der dänischen Armee, sowie für Witwen und Waisen solcher Angehörigen nach dem Ges. v. 17. Juni 1878 Ziffer 1.
8) Ehrenzulagen für Inhaber des eisernen Kreuzes Z 4 des Ges. v. 3. Juni 1878 R.- G.-Bl. S. 100.
9) Pensionen für ehemalige französische Militärpersonen, Elsaß-Lothringer, soweit sie sich für die deutsche Nationalität entschieden;
10) Kosten der Jnvalideninstitute;
11) Zu Gnadenbewilligungen für Witwen und Kinder der in Folge des Kriegs 1870/71 für invalide erklärten und demnächst verstorbene Militär-Personen der Ober- und Unterklassen Z 3 deS Ges. v. 30. März 1879 (R.-G.-Bl. S. 119.)
Summe der Verbindlichkeiten 4—11 nach dem Stand vom 30. Juni 1891 jährlich 4,483,286
12) Kosten der Verwaltung des Reichsinvalidenfonds und für Bearbeitung der Jn- validensachen in Folge des Kriegs von 1870/71 132,000
Gesamtbetrag dieser Verbindlichkeiten (1—12) 25,390,705 ^ jährlich.
Der Kapitalwert dieser Verbindlichkeiten beträgt 346,115,704 nach dem Stand vom 30. Juni 1891. Seither sind durch zwei Gesetze dem Reichsinvalidenfonds weitere Verpflichtungen zu Gunsten von Invaliden auferlegt worden. (R.-G.-Bl. 1893 S. 171 und 1894 S. 107.)
aä. 2. Nicht eine Kaiserliche Kabinetsordre, sondern der Z 15 des oben erwähnten Gesetzes vom 23. Mai 1873 verordnet: „Ueber die Verwendung der nach Heimfall aller auf den Reichsinvalidenfonds angewiesenen Pensionen, Pensionszuschüsse und Bewilligungen etwa verbleibenden oder der vor dieser Zeit zur Sicherstellung dieser Ausgaben sich etwa als entbehrlich erweisenden Aktivbestände wird durch Reichsgesetz Bestimmung getroffen." ack. 3. Von aufgespeicherten Zinsen ist keine Rede. Der Reichsinvalidenfonds erfüllt seine Verbindlichkeiten teils mittels der Zinsen aus seinen Kapitalbeständen, teils — soweit diese Zinsen nicht ausreichen — durch allmälige Aufzehrung seiner Kapitalbestände. Der Z 7 des Gef. v. 33. Mai 1873 bestimmt in dieser Beziehung: „Sofern zur Bestreitung dieser Ausgaben die Zinseinnahmen nicht ausreichen, ist im Neichshaushalts-Etat derjenige Betrag in Einnahme vorzusehen, welcher zur Ergänzung der Zinseinnahmen im Laufe des Jahrs aus den Kapitalbeständen des Reichs flüssig
gemacht werden darf. Zinsenüberschüffe wachsen unter keinen Umständen dem Reichsinvaliden- fonds zu, sondern sind in die Reichskasse abzuführen und in die Einnahmen des Reichs- hauShaltS-Etats einzustellen."
Nach H 14 des erwähnten Ges. v. 23. Mai 1873 ist alle 3 Jahre eine Bilanz des Reichsinvalidenfonds zu fertigen, in welcher der zeitige Kapitalwert der dem Fonds obliegenden Verbindlichkeiten speziell angegeben sein muß. Die letzte Bilanz ist auf den 30. Juni 1891 angefertigt worden. Nach derselben betrug damals der Aktivbestand, nachdem in den Jahren 1873—1891 von den - ursprüngl. 561000000 ^ weg 97915000 ^ Zuschüsse geleistet worden sind, noch 463084078 Mark, und da der Gesamtkapitalwert der Verbindlichkeiten, wie oben angegeben, 346115704 Mark betrug, so hat damals der Aktivbestand den Kapitalwert der Verbindlichkeiten überstiegen um 116 968 374
Auf 30. Juni d. I. ist wieder eine Bilanz verfallen.
Im ReichShaushalts-Etat 1894/95 sind die Ausgaben des Reichsinvalidenfonds berechnet zu 27 258 492 Sie werden bestritten durch Zinsen (aus dem Kapitalbestand) mit - 18 061 000 ^
und durch Kapitalzuschuß
im Betrag von 9 197 493 27 258 492
In der letzten Reichstagssession wurde dem Reichstag der Entwurf eines Gesetzes vorgelegt, wonach dem Reichsinvalidenfonds 67 Mill. Mark behufs Verstärkung des Betriebsfonds de» Reichskasse entnommen werden sollten. Dies wurde unter Anderem damit begründet, daß nach einer angestellten Berechnung dem Reichsinvalidenfonds nach Erfüllung seiner sämtlichen Verbindlichkeiten dereinst noch 72 Mill. verbleiben würden, er also die 67 Mill. wohl entbehren könne. Mit diesen 72 Mill. Kapital sind vielleicht die 73 Mill. Zinsen verwechselt, nach welchen irr der Frage 3 gefragt ist. Der Gesetzesentwurf ist von der Mehrheit der Buvget- kommission, wobei ich thätig mitgewirkt habe, abgelehnt worden. Vor den Reichstag selbst kam er dann gar nicht mehr.
Es soll mich freuen, wenn ich mit vorstehender Ausführung Ihrem Wunsche entsprochen habe.
Hochachtungsvoll
Wilhelm Freih. v. Gültlingen Reichstagsabgeordneter des VII. Württ. Wahlkreises.
Aus dieser freundlichst gegebenen Auskunft — für welche der Veteranenverein an dieser Stelle den ergebendsten Dank ausspricht — kann entnommen werden, daß die Eingabe der bayer. Kameraden in ihrer Fassung eine Aenderung erfahren dürfte und daß überhaupt zu hoch gespannte Hoffnungen auf ein bescheidenes Maß zurückzuführen sind.
— Der Schwäb. Albverein wird, wie man uns mitteilt, seine Festfahrt am 3. Juni auf den Mädchenfelsen undGreifenstein bei Pfullingen veranstalten, und zwar in der Weise, daß man sich auf dem
seine Seele legte sich mit lastendem Drucke der Gedanke an den Kontrast zwischen den ewig schlafenden Todten dort drunten und dem wildentfesselten Kampfe der rastlos regen Naturkräfte ringsum.
Dann als die trügerisch wieder eingetntene Nacht voll tückischer Gier einen neuen, zündenden Blitzstrahl gebar, als dieser voll würgender Lust grell herniederfuhr und in etwa zehn Schritten Entfernung eine knorrige Edeltanne, die schier himmelwärts ihre Krone erhob, niederstreckt», sodaß diese mit dumpfem Gepolter in sich selbst zusammenbrach, beim Sturze die zerschmetterten Splitter um sich werfend und abgerissene Rindenstücke selbst dem Rastenden in'S Angesicht schleudernd — als unmittelbar darauf ein furchtbarer, nur langsam und widerwillig in die plötzlich jagenden Wolken zurückkriechender Donncrschlag brüllend erkrachte, erblickte der Wanderer ein stolzes, stattliches, umfangreiches Gehöft in der Thalmulde, mitten im Dorse liegend, und mit einem neuen, weithin leuchtenden Ziegeldachs versehen.
Gleich darauf wahr er wieder völlig Nacht ringsum. Nur von Osten her dämmerte Heller Widerschein vom wetterumzogenrn HimmelSbogen, wie zum Zeichen, daß sich mit der sengenden HimmelSglut zugleich auch die Kraft der ringenden Wolkenheere erschöpft hatte.
Aber wenngleich es auch wieder dunkel im wetten Umkreis geworden war und der herniederprasselnde Regenschauer den Ausblick in'S Thal von neuem versperrte, schaute der wie gelähmt an der breiten Holzlehne des Eichengeländers sich krampfhaft festhaltende Mann noch im Geiste das eben Erblickte. Noch immer war es ihm, als ob die grellflammende Himmelslohe, die doch unmittelbar neben seinem Standorte vsrderbensprühend niedergesaust war, in grausiger Umarmung den stattlichen, stolzen Bauernhof umstrickt hielt.
Dann atmete der Rastende, wie um eine schwer auf seinem Herzen wuchtende Last los zu werden, beklommen auf.
„Ja so, das ist des Tölzbachers neuerbauter Hof." murmelte er in halblautem Selbstgespräch. „Der alte hat ihm nimmer getaugt — er hat ihn nieder
reißen lassen — nun, er hat'S ja dazu! Der Eltern selig winzig' Anwesen hat er mit hineingebaut. Nun grüßt mich die Trümmerstätte nimmer — und drüben," setzte er gleich darauf hinzu und es leuchtete dabei Heller in seinen Augen auf, „dort liegt Vater Stichlings Sägmühle — er wird Augen machen, wenn ich ihm so unverhofft in's HauS komme!"
Wieder funkelte cS durch die flatternden, fliehenden Regenwolken, als ob der Weltuntergang nahe herbeigekommcn sei und das himmlische Element überall, wohin eS gelangte, Zerstörung aussäen wollte. In das Geknatter des Donners und des in den Bergen wiederhallenden Echos mengte sich nun aber — dem geschärften Gehör des Wanderers entging dies nicht — «in neues, seltsames Geräusch, das verworren von der bergabwärts führenden Straße zu ihm herabdrang. Das klang wie das rasende Schlagen von Pferdehufen, wie die in wirbelnder Flucht bewirkten Umdrehung von Wagenrädern um ihre Axe, wie der im Ungewitter verhallende Zornesruf eines Mannes.
Ehe der Rastende sich zu orientieren vermochte, da kam es auch schon wie ein Wirbelsturm den Berg herab, gerade auf ihn und die Barriere, an welcher er: lehnte, zu.
Bei neuem Blitzesschein sah der Wanderer einen leichten Wagen auftauchen,, vor welchem ein mutiger Rappe gespannt war. Ein besonders heftiger Donnerschlag mochte das Thier scheu gemacht haben; nun hatte es den Zaum zwischen die Zähne genommen und raste, jeder Zucht ledig, mit tiefgesenktem Kopfe bergabwärts daher.
Vergeblich blieb alles Rufen und Schreien des schon bejahrten Mannes, der mit oller Kraft sich in die Zügel stemmte und abwechselnd wieder sausend die Peitsche auf das sich wild bäumende Tier herabfallen ließ.
Gleich einer Bildsäule, stolz und unbeweglich selbst in diesem Augenblicke dräuendster Gefahr, saß neben dem pustenden und schreienden Manne eine junge- Frau im landesüblichen AuSgangSstaate der reichen Bäuerinnen.