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Schwiegermutter weilt, so meldet der „Albbote". Der Interviewer berichtet über feine Unterredung mit Herrn Hegelmaier: Oberbürgermeister H. wird eine Kritik des von der Regierung eingeschlagcnen Verfahrens thunlichst vermeiden, ebenso alle persönlichen Angriffe auf Regierungsbeamte und die Gemeinderäte von Heilbronn. Er will das Urteil der öffentlichen Meinung überlaffen. Die Regierung könne ihm nichts Bestimmtes Nachweisen, was zur Amtsentsetzung führen müsse, jede einzelne Handlung müsse im Zusammenhänge Beurteilung finden. Er gebe zu, daß beide Teile zu dem Konflikte beigetragen haben. Was die Zukunft anlangt, so wird Hegelmaier sein Amt wieder übernehmen, da er nicht glauben kann, daß der Gerichtshof Amtsentsetzung aussprechen wird, doch ist er Willens, alsbald einen längeren Urlaub anzutreten, da er sich nach einer solchen Campagne begreiflicher Weise sehr angegriffen fühlt. Er hegt indessen Zweifel ob die Verhältnisse in Heilbronn sich entschieden bessern werden, solange nicht die Zusammensetzung des Gemeinderates eine andere geworden sein wird."
Stuttgart, 6. Mai. Die heute in der Liederhalle abgehaltene und aus allen Teilen des Landes sehr zahlreich besuchte Versammlung des weitern Landesausschusses der Volkspartei nahm mit Einstimmigkeit die beiden folgenden Resolutionen an: 1. Die Volkspartei verharrt auf ihrer programmatischen Forderung einer reinen aus dem allgemeinen direkten Wahlrecht hervorgegangenen Volkskammer und erklärt jede Verfassungsrevision, welche nicht eine reine Volkskammer als zweite Kammer bringt für «in Stückwerk. 2. Der weitere Landesausschuß der Volkspartei sieht durch die Erfahrung des Prozesses Hegelmaier die Auffassung aufs schmerzlichste bestätigt, daß die Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher ein Unglück für die Bürger, ein Unheil für die Gemeinden, ein Verderbnis für die Ortsvorsteher, eine Strafe für die Regierung und eine Demütigung für das Bewußtsein des Württembergers ist, und erklärt die Abschaffung der Lebenslänglichkeit für eine der dringendsten Staatsaufgaben.
— Vor einigen Tagen wurden in Stuttgart 4 junge Leute im Alter von 14—16 Jahren festgenommen, welche einem sog. Athletenklub angehören. Einer derselben hat auf Veranlassung der Anderen seinem Pflegevater den Schreibtisch erbrochen und aus demselben 300 ^ gestohlen und unter seine Kameraden verteilt, welche das Geld verjubelt haben. Auch 2 Athletenanzüge wurden davon gekauft. — Zu einer Gerichtssitzung im Rathaussaale in Leonberg hatte als Bevollmächtigter auch der 60 Jahre alte Handelsmann Landauer aus Rexingen zu erscheinen. Derselbe hatte sich kaum niedergesetzt, als er von einem Herzschlag getroffen tot zu Boden sank.
Oberndorf, 2. Mai. Zu einer billigen Kuh suchte auf dem gestrigen Viehmarkt dahier ein Bäuerlein aus der Umgegend zu gelangen. Es gab
einem Knaben, der von einem Viehbcsitzer beauftragt war, das von ihm zu Markte gebrachte Tier auf eine kurze Zeit zu bewachen, ein Fünfpfennigstück „für den geleisteten Dienst," worauf der Knabe, der seinen Auftraggeber mit dem Manne verwechselte, ihm dasselbe ruhig überließ. Indessen kam der Dieb mit seiner Beute nicht weit. Einem von dem Vorfall rasch benachrichtigten Landjäger gelang es, den Betrüger auf der Flucht vor der Stadt zu verhaften.
Heilbronn, 2. Mai. Nette Früchtchen versprechen zwei junge hiesige Burschen von 16—17 Jahren zu werden. Dieselben treiben sich wochenlang Tag und Nacht in Wald und Flur in der Umgegend der hiesigen Stadt, jeder mit einer Pistole bewaffnet herum, das Pulver stahlen sie den Holzmachern im Wald und um scharf schießen zu können, gruben sie sich in den Kugelfängen der Militärschießstände Geschosse. Schließlich fielen die Abenteurer der Polizei in die Hand, die sie nebst ihren Waffen einstweilen in Verwahrung nahm. Einer der Burschen soll seinem Vater, einem hier wohnenden Weingärtner, gegenüber erklärt haben, er sprenge ihm noch das Haus in die Luft.
Hall, 1. Mai. Wegen fahrlässiger Tötung hatte sich heute vor der hiesigen Strafkammer der Fuhrmann und Ochsenwirt Johann Georg Brenner von Bartenstcin, OA. Gerabronn, zu verantworten. Am 25. Januar d. I. starb nämlich der 59 Jahre alte Privatbote Karl Setzer von Niedernhall an den Folgen eines, tags zuvor im Pferdestall der Sonnenwirtschaft zu Künzelsau erlittenen Pferdehufschlags. Das ausschlagende Pferd hatte den Setzer, als dieser nach seinem eigenen, nebenan stehenden Pferde sehen wollte, derart unglücklich mit beiden Füßen an den Kopf getroffen, daß er hiedurch eine den Tod unmittelbar bewirkende Gehirnquetschung erlitt. Der Angeklagte ist der Eigentümer des ausschlagenden Pferdes und es war ihm zur Last gelegt, daß er dieses ihm längst als gefährlicher „Schläger" bekannte Pferd am Eingang des betr. kleinen und dunklen Stalles an einer Stelle, die von Dritten bei Betreten des Stalls passiert werden mußte und die ein Ausweichen nicht gestattete, untergebracht und sodann ohne jegliche Warnung an die Wirtsleute oder an Setzer — dessen Pferd er schon im Hintergrund des Stalls antraf — und ohne sonstige Vorsichtsmaßregel den Stall verlassen hatte. Das Gericht fand in diesem Verhalten eine, unter Verletzung einer besonderen Berufspflicht (Fuhrmann) begangene Fahrlässigkeit und erkannte gegen den Angeklagten auf eine Gefängnisstrafe von einem Monat. Außerdem wird derselbe von den Hinterbliebenen des Setzer für seine Handlungsweise zivilrechtlich in Anspruch genommen werden.
Rindelbach b. Ellwangen, 2. Mai. Nachdem schon längere Zeit hier das Gerücht ging, daß in einem hiesigen Hause ein taubstummes 9 Jahre altes Kind mehrere Wochen auf der Bühne von seiner
fuhr der Brief dann fort, „so darf ich Ihnen doch nicht verhehlen, daß mich noch etwas Schlimmeres zum Schreiben treibt, gnädige Frau: das Treiben jener be- zeichneten Gesellschaft — sie besteht meisten» au» Offizieren — ist nämlich höheren Orts kund geworden und hat scharfe Maßregeln hervorgerufen, die namentlich gegen das Spiel» das mit aller Strenge unterdrückt werden soll, gerichtet sind. Gelingt es demnach Herrn von Riesen nicht, sich zur rechten Zeit aus der Schlinge zu ziehen und seine Ehre als Kavalier zu decken, so würde die Folge sein, daß auch seine Osfiziersehre stark kompromittiert und seine Kassation unvermeidlich würde."
Bose schloß damit, daß er sich, wenn ihm sein Gewissen auch geboten habe, sie von der Sachlage in Kenntnis zu setzen, darum doch natürlich nicht erlauben würde, ihr Thun und Handeln ihr vorschreiben, ja nur mit einem Rat auf dasselbe rinwirken zu wollen.
An dem nämlichen Tage noch betrat Eveline da» Haus ihres Gatten. Der Diener, welchem sie eine fast fremde Erscheinung war, stutzte bei ihrem Anblick, wagte aber nicht, sie zum Zweck einer Anmeldung aufzuhalten, als sie nach der ihr gewordenen Auskunft, daß Herr von Riesen daheim fei, sofort feine Thür öffnete; wohl aber erzählte er später, er habe noch gesehen, wie sein Herr bei ihrem Eintritt bleich geworden sei, als habe er ein Gespenst erblickt, dann aber habe sich die Thür geschloffen, und »ine Stunde sei gewiß darüber hingegangen, bevor sie wieder auf- gethan worden.
Ja, wie durch den Anblick eines Gespenstes war Eduard aufgeflört worden, als seine Gattin ihm entgegentrat; sie dagegen blieb ruhig, und weder der Ton ihrer Stimme noch ein Zug ihres Gesicht» verriet eine Spur von Zorn oder Heftigkeit.
„Ich will Dir den Grund meines Kommens sagen," erwiderte sie auf seine hrrvorgestammelte Frage: „Was führt Dich zu mir, Eveline?" — „Man hat mir gesagt, daß Du Dich in Not gebracht habest, und so ist es an mir, Dich zu fragen, was wahres daran ist."
Er hatte sich bereits gefaßt, und mit dem Mut war ihm ein gewisser Trotz zmückgekehrt.
„Ei, mich wundert, daß Du dies« Pflicht anerkennst," sagte er bitter, nachdem
Mutter eingesperrt gehalten werde, wurden jetzt Nach» forschungen angestellt. Dieselben bestätigten vollständig dieses Gerücht. Das Kind wurde, der „Jagst-Ztg." zufolge ganz abgemagert und von Schmutz und Ungeziefer überzogen aufgefunden. Gegen die Mutter ist Hierwegen Untersuchung eingeleitet.
Ulm, 3. Mai. Gestern früh beging ein hiesiger Spenglergeselle die Unvorsichtigkeit, einer brennenden Benzinlampe Benzin aus einem Kolben zuzugießen. Die letztere explodierte hiebei, sämtliche Fensterscheiben der Werkstätte wurden zertrümmert und im Nu stand die ganze Werkstätte in Flammen. Das Feuer konnte jedoch, ohne größeren Umfang anzunehmen, von schnell herbeigeeilten Nachbarn gelöscht werden.
Tuttlingen, I.Mai. So unangenehm das Auftreten der Maul- und Klauenseuche auch ist, so ist, wenn sie sich auch rasch bei uns verbreitet hat, das Auftreten doch nicht so bösartig und gefährlich, wie man es im letzten Jahr in den Gemeinden der Baar erlebt hat. Erst eine Schlachtung mußte aus Anlaß der Seuche hier erfolgen. Bedauerlich bleibt neben dem unmittelbaren Schaden, den die Seuche anrichtet, die in Folge derselben eingetretene völlige Hemmung des Viehhandels.
— Eine moderne Amazone scheint eine Sattlersfrau in Buchau a. F. zu sein, wie aus nachfolgendem, vom „N. Albb." berichteten Stückchen hervorgeht. Ein etwas angeheiterter Zimmermeister warf mit einem Prügel nach Kindern und traf den Knaben einer Sattlersfrau an die Hand, daß er blutete. Die gerade dazu gekommene Mutter, nicht faul, packt den Zimmermeister im Genick und wirft ihn in den Straßengraben, daß die Nase und andere Gesichtsteile schlimmen Schaden nahmen. Nach etwa einer Stunde, nachdem er sich vom Schreck ein wenig erholt hatte, wollte er wieder ins Wirtshaus zurück und kam dabei nochmals mit der schneidigen Sattlersfrau in Konflikt, wobei er wieder mit der Straße Bekanntschaft machte. Damit aber nicht genug, bekam er auch noch ganz ordentlich den Kopf gewaschen, aber nicht mit dem Schwamm, sondern mit der Faust, denn die Frau schlug ganz erbarmungslos auf ihn ein, bis ihr Mann dazwischentrat und den bedrängten Zimmermeister aus ihrer Gewalt befreite. Ungefähr 200 Personen schauten dem Spektakel zu und man mußte unwillkürlich lachen über die Geschichte, so ernst sie eigentlich war. Fürs Auslachen durfte der besiegte Zimmermann sowiess nicht sorgen.
Pforzheim, 4. Mai. In der Nacht vom, 30. April auf 1. Mai wurde in Eglosheim OA. Ludwigsburg ein Pferd im Wert von 700 ^ gestohlen, und in Illingen an einen hiesigen Geschäftsmann um 560 ^ verkauft, der solches alsdann hierherbrachts. Das Pferd wurde am 2. d. Mts. Abends von dem Stationskommandanten Schluchter in Vaihingen, hier beschlagnahmt. Dem Thäter ist man auf der Spur..
Du Dein Leben von dem meinigen getrennt hast. Oder war Dir dw Grund nur willkommen um mir aufs neue den Spiegel der Tugend vorzuhalten?"
„Laß in diesem Augenblick das Vergangene ruhen, wie ich es ruhen lasse !" sagte sie ernst. „Ich bin nicht hier, um Dich zur Rechenschaft zu ziehen; ich will einfach wissen, wie groß Deine Verlegenheiten sind, ob Dir, Deiner Ehre vor der Welt wirklich Gefahr droht."
„Was hat man Dir gesagt?" fragte er mißtrauisch. „Ich kann mir denken, daß es an Bosheit und Verleumdung nicht gefehlt hat!"
„Nenne es jetzt nicht Verleumdungen, daß Dein Leben Dich in'S Verderben gebracht hat. daß Dir Absetzung und Schimpf droht," sagte sie mit eindringlichem Ton; „es möchte gerade das Äußerste für Dich herbeiziehen!"
„Und wenn alles so wäre, wie Du es annimmst," rief er hastig, „willst Du etwa das Ungewitter beschwören?"
„Ich habe ja einsehen müssen, ein wie mächtiger Hebel das Geld ist," begann sie gelassen; er aber unterbrach sie: „Das ist's eben: Geld! Geld in diesem Augenblick! Ich habe aber auch eine Erfahrung machen müssen, Eveline: daß es ein erbärmliches Ding um Freundschaft und Teilnahme in der Welt ist! Alles läßt mich im Stich!"
Sie achtete nicht auf seine Ausrufe, sondern sagte nur: „Ich habe meine Mittel überschlagen und hoffe, daß sie ausreichen werden."
Er blickt sie überrascht, fast starr an: „Wie, Du? sprichst Du im Ernst., Eveline? — Du wolltest-?"
„Wenn ich kann, Dir bristehen," sagte sie einfach, „was denn sonst?"
Seine Stimmung war mit einem Male umgeschlagen: „O, Du bist großmütig, Eveline!" rief er. „Auf Deine Güte — ich gestehe es! — wagte ich nicht zu bauen!"
„Güte?" sagte sie ruhig. „Es ist auch wohl keine Güte, was mich treibt; ich glaube vielmehr, daß das, wa» die Welt gemeinhin so nennt, garnicht in meiner Natur liegt. Aber etwas, da» ich nur Notwendigkeit zu nennen weiß, bedingt mein Handel». — Darum danke Du mir auch nicht, sondern zeige mir nur an, wie ich. eingreifen kann!" (Forts- folgt.)