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Geislingen, 11. März. Gestern abend versammelte sich im Gasthaus zum Lamm das Kaiser Wilhelm-Denkmal-Komite. Es wurde beschlossen, daß das Denkmal am 1. April, als dem Geburtstag des Fürsten Bismarck, mit Festzug, Festrede und Bankett eingeweiht werden soll.
Ulm, 6. März. Dem „U. Tagebl." zufolge steht im Martin Neuburger'schen Konkurs einer Masse von 50 000 ^ die Schuldensumme von 400000 gegenüber. Die Gläubiger hätten außerdem zu gewärtigen, daß sie das von ihnen in einem früheren Konkurs schon einmal bezahlte Beibringen der Frau abermals bezahlen müssen.
Ulm, 12. März. Sekonde-Lieutenant Frhr. v. Gültlingen vom Dragoner-Regiment Nr. 26 ist am Samstag vom Pferd gestürzt und hat den Fuß gebrochen.
Straßburg i. E., 13. März. Der bekannte Wunderdoktor und Kurpfuscher, genannt der Schläfer von Dorlisheim, wurde in sechs Fällen des Betrugs, in drei Fällen des versuchten Betrugs und in einem Falle wegen Unzucht schuldig befunden und zu 18 Monaten Gefängnis und 900 ^ Geldstrafe verurteilt. Dr. med. Große erhielt wegen Beihilfe zum Betrug 325 Geldstrafe.
Dresden, 12. März. In der Nacht auf Sonntag wurde auf den Kondukteur der Pferdebahnstrecke CirkuSstraße-Blasewitz während der Fahrt von einem Unbekannten geschossen. Der Verwundete ist im Krankenhaus gestorben. Ein Raubmord scheint ausgeschlossen zu sein, vom Thäter fehlt jede Spur. Das Motiv zu der That ist unbekannt.
Berlin, 12. März. In einem hier eingetroffenen Privattelegramm aus Bordighera teilt Prof. Sch wening er mit, daß ihm jetzt erst von der Aeußerung des Grafen Dönhwff-Friedlichstem Kenntnis geworden sei. Graf Dönhoff hatte sich für seine Behauptung, Fürst Bismarck habe gesagt, die Ablehnung des deutsch-russischen Handelsvertrages bedeute Krieg mit Rußland, auf den Kommerzienrat Krupp berufen, welchem diese Aeußerung von Prof. Schweninger überbracht sein sollte. Letzterer hat Hrn. Krupp um Dementierung seiner Aeußerung ersucht, da er eine Mitteilung, wie die ihm zugeschriebene, weder gemacht habe noch habe machen können.
Berlin, 12. März. Die Buchdrucker und anderen Angestellten in den graphischen Gewerben beschlossen die Maifeier am Abend des 1. Mai nach Arbeitsschluß zu begehen.
Berlin, 12. März. Heute abend ist hier in Berlin das erste diesjährige Gewitter niedergegangen.
Paris, 13. März. Der bei der Dynamit- Explosion im Cafe Terminus schwerverwundete Zeichner Bordes ist seinen Verletzungen erlegen.
Madrid, 13. März. Aus Santander wird gemeldet: Das technische Comite der Marine teilt
dem Marineminister mit, im Wrack des am 3. Nov. explodierten Dampfers befinde sich noch ein großes Quantum von Dynamit, das jeden Augenblick explodieren und eine neue Katastrophe herbeiführen könne. Das Comitö schlägt vor, das Dynamit zur Explosion zu bringen, nachdem die Häuser am Hafen geräumt sind. — Eine furchtbare Panik herrscht unter der Bevölkerung.
— In Heilbronn stahl ein Dienstmädchen seiner Herrschaft nach und nach Weißzeug und Kleidungsstücke im Wert von 60 und schickte das Gestohlene an sein« Eltern. Das Mädchen wurde verhaftet. — Ein Gypser stürzte spät in der Nacht vom Sonntag auf Montag die Treppe eines Wirtshauses herunter und erhielt lebensgefährliche Verletzungen. — In Hamburg ist nach dem neuen Hundesteuergesetz die Steuer für Hunde über 45 Centimeter Höhe von 20 auf 40 erhöht worden. — In Venedig beging ein Ehepaar aus Berlin, Dr. Wrttke und Frau Selbstmord durch Erschießen. Die Beiden, die seit Wochen in einem Hotel dort logierten, waren völlig mittellos.
Kehle Nachrichten.
Berlin, 13. März. Aus unterrichteter Quelle verlautet, daß am Sonnabend den 17. März der Besuch des Großfürsten-Thronfolgers von Rußland in Berlin zu erwarten ist. Der hohe Gast wird in Begleitung des Kaisers die Besichtigung des Alexanderregiments vornehmen und sich dann am Festmahle des Offizierkorps beteiligen.
Berlin, 12. März. Nach der Nordd. Allg. Ztg. verbleibt die Kaiserin in Abbazia bis Anfang Mai. Höchstwahrscheinlich wird dann die kaiserliche Familie von dort direkt nach Schloß Wilhelmshöhe übersiedeln.
Abbazia, 13. März. Nachmittags 2 Uhr traf der Hofzug mit der deutschen Kaiserin in Mattu- glie ein und war die Begrüßung überall eine enthusiastische. Nach der Begrüßung fuhren die hohen Gäste in Landauern nach Abbazia. Wie verlautet wird der Aufenthalt des deutschen Kaisers in Abbazia ebenfalls einige Wochen dauern, da auch er erholungsbedürftig ist.
Das weifte Kreuz in rotem Felde war das Zeichen, unter welchem sich die ächten Apotheker Rich. Brandt'? Schweizerpillen die ganze Welt eroberten, um überall infolge ihrer prompten, von allen Beschwerden und Schmerzen freien Wirkung bei Erzielung täglicher Leibesöffnung alle bisher gebräuchlichen Mittel aus dem Feld zu schlagen. Erhältlich ä Schachtel »s 1.— in den Apotheken. _
Calw.
Nächsten Freitag abend 8 Uhr wird Herr Missionar Lörcher einen
Wortrng
über
den Fremdenhast der Chinesen, eine Folge ihrer ganzen Weltanschauung, im Georgenäum halten, wozu jedermann freundlich einzeladen ist.
Der Aufstchtsrat des Heorgenäums.
fest, daß die allgemeine Stimmung im Lande gegen den Vertrag fei. Bachem (Centr.) präcisiert den Standpunkt des Centrums zu dem Vertrag. Dasselbe sei im Wesentlichen für den Vertrag. Die Positionen Flachs und Weizen werden angenommen; bei den Positionen Roggen nimmt das Haus den Zollsatz von 3,50 Mark an, nachdem der Antrag Frege mit 205 gegen 151 Stimmen abgelehnt worden. Sodann wird der Rest der Positionen deS deutschen Tarifs erledigt. Nach Beratung der Artikel 6 und 7 des Vertrages wurden beide genehmigt, wie der Rest der Vorlage. Hiermit ist die 2. Lesung beendet. Morgen Etat und Identitätsnachweis.
Berlin, 13. März. Der Reichstag wird wegen Erledigung des russischen Handels-Vertrags und des Rests der Etat-Beratung wahrscheinlich erst am Freitag in die Osterferien eintreten. Die Abhaltung von Abendsitzungen ist zweifelhaft.
— Bei der Abstimmung über den deutsch- russischen Handelsvertrag fehlten an württ.
Abgeordneten Haag und Pflüger, entschuldigt und wegen Unwohlseins. Für den Vertrag stimmten alle Abg. der Volkspartei, von der freikons.
Partei: Siegle und vom Zentrum: Braun und Gröber. Gegen den Vertrag stimmten von der nationallib. und freikons. Partei: Bantleon, v. Gültlingen und vom Zentrum: Rembold,
Wengert.
Tagesneuitzkeilen.
Calw, 14. März. Wir machen hiemit auf nachstehende mit dem 15. ds. eintretende Aende- rung der ZugSabfahrtSzeit aufmerksam:
Zug 178a Calw-Pforzheim geht von morgen
Donnerstag, den 15. ds., statt 6,48 morgens,
um 5,45 ab,
Zug 185 a Pforzheim-Calw, geht wie anfangs
Oktober v. I. 6,20 abends in Pforzheim ab und
kommt 7,14 hier an.
Beide Züge verkehren nur an Werktagen.
Calw, 14. März. Auf dem heutigen Vieh- markt wurde bei bisherigen Preisen ziemlich lebhaft gehandelt. Höchst erlöster Preis für 1 Paar Ochsen 1045 Mark. Zugeführt waren 380 Stück Rindvieh,
27 Pferde. Handel in letzteren unbedeutend. Der Schweinemarkt zeigte eine Zufuhr von 30 Körben Milchschweinen und 124 Läufern. Elftere wurden zu 30—38 Mk. das Paar abgesetzt. Handel belebt.
Vaihingen a. E., 9. März. Beim Bau eines Kellers in der Brauerei zum Schwanen hier brach gestern Abend das Gerüst. 9 Maurer die darauf arbeiteten stürzten 4 bis 5 Meter tief hinab und hinter und neben ihnen her Back- und Werksteine,
Speiskübel rc. Glücklicherweise wurde kein einziger der Abgestürzten getötet; am schwersten verletzt ist «in 16jähriger Maurerlehrling aus Roßwag. Di« anderen kamen mit Kopfwunden, Hautschürsungen und leichten Verstauchungen davon.
»Nun, was man so kennen nennt!" »ntgegnete sie. »Wir haben auf Garkau nachbarlichen Besuch gemacht, als wir vor einem halben Jahre Wertfeld bezogen, und den haben HollenS erwidert; weiterer Umgang ist von beiden Seiten nicht an- geflrebt worden. Der Oberst ist, wie die Tochter Dir selbst gesagt hat, kränklich, dazu im höchsten Grade wunderlich, und Eveline — nun sie ist eben anders als alle übrigen Frauen!"
Sie zuckte statt weiterer Bezeichnung die Achseln; Herr von Milten aber fiel ein: Das gerade hebe ich an ihr hervor! Sie ist anders, das heißt, sie ist ein« ur- krästige Natur, keinS von den innerlich und äußerlich bleichsüchtigen Geschöpfen, mit denen unsere heutige Welt leider so gesegnet ist!"
.Ich weiß, Du vertrittst ihre Srltsamkeit in jeder Weisel," entgegnet» Klara etwas empfindlich: .ich dagegen kann «S nicht entschuldigen, daß Sie ganz aus der Sphäre d«S WeibeS heraustritt. Jagt und reitet sie z. B. nicht wie ein Mann? Und auf dem Gute führt sie allein da» Regiment, indem der Vater, wa» ihm selbst freilich auch keine besondere Ehre macht, sie nach Gefallen schalten und wallen läßt."
.Und das ist sein Glück!" rief Herr von Milten «iftig. »Ihre klug» Leitung allein hat da« Gut emporgebracht, feine Einkünfte verdoppelt, während es früher seinen Mann kaum ernährt hat. Überhaupt aber mag der Oberst Gott danken, daß er ihn durch die Hand seiner Tochter vor dem Ruin gerettet hat!"
.Wieso?" fragte Dernburg mit sichtlichem Interesse.
.Je nun. die Wirtschaft auf Ga,kau ist wohl nicht immer die beste gewesen, und dem Oberst sagt man nach, daß er früher recht flott gelebt hat, bis die Tochter heranwuchs und Einsicht in dir Dinge gewann; da ward'S den freilich ander»! In einer guten Stunde bat mir der Alte selbst einmal gesagt, daß Eveline seit ihrem siebzehnten Jahre — sie mag jetzt ein- oder zweiundzwanzig zählen — sein bester Kamerad geworden, nachdem von den alte» Freunden einer nach dem andern fort- geblieben sei. Ich vermute nun stark, daß sie selbst die letzteren klug und geschickt zu entfernen gewußt hat, nachdem sie erkannt hatte, daß da» Treibe» de» Vater»
mit den parasitischen Genossen ihn um Hab und Gut bringen mußte, und daß sie nicht umsonst damals das Jagen und Reiten begann, das mit eigentlicher Passion vielleicht wenig zu schaffen hatte; sie wollte dem Allen Ersatz bieten und ihn doch zugleich sicher am Bande halten!"
„Die Mutter der Fräuleins lebt nicht mehr?" fragte Dernburg.
.Nein," versetzte Klara, .sie starb, als Eveline noch ein Kind war."
»Und wer leitete darauf ihre Erziehung?" fragte er weiter.
„Nun, sie ist ein paar Jahre in einem berühmten Institut gewesen, hat sich aber dort, wie sie mir erzählte, grenzenlos unglücklich gefühlt, da ei ihr vorgekommen sei, als spiele man überall in der Welt Komödie, und ihrem Bitten und Drängen ist es denn endlich gelungen, vom Papa die Erlaubnis zur Heimkehr zu erhalten."
ES schien fast, als wollte Dernburg noch mehr fragen; aber die Unterhaltung ward in diesem Augenblick durch d»S Eintreffen der Postsendungen unterbrochen, und jeder griff nach den Zeitungen oder Briefen, dir für ihn bestimmt waren. Klara, die sich einige Minuten lang in ihre Lektüre vertieft hatte, ließ bald »inen Ausruf freudiger Üeberraschung hören und erklärt« dann, sie habe einen Brief von Frau von H., ihrer teuersten Jugendfreundin, die sie seit Jahren, seit sie ihrem Manne nach einem außrrdeutschen Lande gefolgt sei, nicht gesehen Hab», und die ihr nun melde, sie würde einige Wochen bei ihrer Schwester in O. — Klara nannte den Namen einer nur wenige Stunden entfernten Stadt — zubringen; sie bitte sie gleichfalls für diese Zell der Gast ihrer Verwandten zu werden, indem ein körperliches Leiden, das beständige ärztliche Aufsicht verlange ihr verwehre aufs Land zu reisen.
.Was soll ich thun?" fragte sie und sah zweifelnd von ihrem Blatte auf.
.Nun, Du folgst natürlich der Einladung!' sagte Herr von Millen.
.Und dem eigentlich schon gefaßten Entschluß, den Deine Augen verraten 1" fügte Edmund lächelnd hinzu.
(Fortsetzung folgt.)