Privatmitteln 20 Millionen aufgebracht worden seien. Damit war der Etat für Kamerun beendigt. Der Etat für das Schutzgebiet von Togo wurde unver­ändert angenommen. Bei dem südwest afrika­nischen Etat entspann sich wieder eine allgem. Be­ratung. Referent Prinz Arenberg bemerkte, daß seiner Meinung nach die beiden Brüder Francois große Fehler gemacht hätten. Geh.-R. Kayser be­zog sich in seiner Antwort auf die dem Reichstage vor­liegende Denkschrift. Südwestafrika sei keine Sand­büchse, wie früher vielfach angenommen worden, son­dern ein wertvoller Besitz, in welchem jetzt schon 4 Erwerbsgesellschaften thätig seien, es seien da ferner etwa 90 deutsche Ansiedler und 32 frühere Mitglieder der Schutztruppe hätten es vorgezogen, im Lande sich anzusiedeln, statt nach geleisteter Dienstzeit nach Eu­ropa zurückzukehren. Auch ein vortrefflicher Hafen sei jetzt vorhanden. Die Ueberfälle des Hendrik Wit- boy seien allerdings sehr bedauerlich; bedauerlich auch daß bei den Kämpfen Weiber und Kinder getötet worden seien, dies sei aber Schuld der Hottentotten, welche die Weiber und Kinder mit in die Schußlinie gestellt hätten. Major Francois habe schon vor 3 Jahren die Ueberzeugung ausgesprochen, daß ohne Beseitigung des Witboy die Ruhe in Südwestafrika nicht dauernd erhalten bleiben könne; solches bean­spruche aber längere Zeit; man müsse den Witboy gewissermaßen aushungern, bis ihm die Munition ausgegangen sei. Uebrigens habe der Reichskanzler einen Militär an Ort und Stelle entsandt, um Be­richt zu erstatten. Major v. Francois sei bereits 8 Jahre in Südwestafrika. Die Schutztruppe sei ge­nügend stark. Hammacher bestätigte die guten Aussichten dieser Kolonie. Das Land sei an vielen Stellen für landwirtschaftliche Ansiedelungen geeignet. Die Hoffnungen auf Gewinn aus Bergbau seien einst­weilen nicht in Erfüllung gegangen. Der Kolonist Hermann habe bis zum Ueberfälle durch Hendrik Witboy gut und mit Vorteil gewirtschaftet. Major v. Francois habe seiner Meinung nach nicht richtig gehandelt. Schon 1892 habe die Kolonialgesellschaft genügenden Schutz der Hermann'schen Ansiedelungen erbeten. Es sei aber von Seiten des Auswärtigen Amtes und des Majors von Francois nichts ge­schehen. So sei es einem Teile der Witboy'schen Truppen gelungen die Herden Hermanns und dessen Niederlassung Kuba! zu zerstören. Hendrik Witboy sei jetzt der Herrscher im Lande. Die Zuführung von Munition und Waffen an Witboy müsse energisch verhindert werden; das sei aber nicht der Fall. Die Engländer führen dem Hendrik Witboy immer noch Kriegsmaterial zu. Staatssekr. v. Marsch all ver­sprach, daß von Seiten des Ausw. Amtes Alles ge­schehen solle, was möglich sei, um gesicherte Zustände im Schutzgebiete herzustellen. Eine reguläre Krieg­führung sei dort unmöglich, v. Francois habe die Schutztruppe für genügend erklärt. Aufgabe des jetzt abgesandten amtlichen Berichterstatters Majors Leut­wein sei es zu prüfen ob v. Francois seine Pflicht

gethan habe und ob seine Art der Kriegführung die richtige sei. Prinz Arenberg teilte mit, es habe sich für dieses Gebiet eine kathol. Missionsgesellschaft gemeldet. Geh.-R. Kayser erklärte, daß die Reichs­regierung mit Freuden eine solche Niederlassung will­kommen heiße und den Gouverneur dementsprechend verständigt habe. Der Etat wurde unverändert an­genommen. Damit sind die Kolonialangelegenheiten in der Kommission erledigt.

Berlin, 10. Februar. Gestern Abend fand eine Versammlung von Berliner Kaufleuten und Ge­werbetreibenden statt. Dieselbe sprach ihre Befriedig­ung über den Abschluß des russ. Handelsvertrags aus, der das beste Mittel sei, um friedlich politische Beziehungen zu Rußland zu sichern.

Berlin, 9. Febr. Der Kaiser verlieh heute anläßlich des Jubiläums seines Eintritts in das erste Garderegiment zu Fuß letzterem Grenadiermützen nach dem Modell aus der Zeit Friedrich des Großen.

Hamburg, 10. Febr. Die Hamb. Nachr. fordern jeden auf, der die Unwahrheit behauptet, Bis­marck habe bei seinem Abschiede 1890 zu irgend je­mand das Wort gesagtI-s rui wo rsvsrro," anzu­geben, wo, wann und zu wem diese Aeußerung ge­than worden sei. Der Fürst hat sie nie geäußert und die Behauptung erfunden und erlogen.

Tagesneuigkeiten.

2 . Neubulach, 11. Febr. Letzten Don­nerstag abend hielt Pastor Steinhauer aus New- Jork im Adlersaale einen Vortrag über Amerika und speziell über die Metropole der vereinigten Staaten New-Pork. Zunächst gedachte der Redners der Entdeckung Amerika's durch Kolumbus, schilderte dann die end- und pfadlosen Prairien, die Urwälder mit ihren Riesenstämmen, das Urbarmachen des Landes, wozu jedem Ansiedler gegen eine gewisse Taxe 50 Acre zugeteilt werden, verweilte längere Zeit bei der Gewinnung der Steinkohlen, der Eisenerze und edlen Metalle, Gold und Silber, beschrieb die Enttäuschung so mancher Einwanderer, die mit Hoffnung auf reichen Gewinn nach Amerika kamen und wies darauf hin, daß auch hier Fleiß und Sparsamkeit der beste Gold- und Silbererwerb sei. Nach dieser längeren Ein­leitung ging Redner zum eigentlichen Thema seines Vortrags über. In lebhaften Farben führte er den aufmerksamen Zuhörern die Riesenstadt New-Aork mit ihren breiten, prächtigen Straßen, begrenzt von riesigen achtstöckigen Gebäuden, in denen wohl 50 bis 100 Familien Unterkunft finden können, vor Augen. Als Pastor hatte der Vortragende Gelegenheit, sowohl die Licht- als auch die Schattenseiten New-Porks kennen zu lernen und für beide entrollte er treffende Bilder. Er schilderte die Eleganz des Gentlemans und der Lady ebenso vorzüglich, als die Not und das Elend des Bettlers und Krüppels. Eingehend wurden insbesondere auch die Verkehrseinrichtungen beschrieben und dabei der prächtigen Brooklyner

Ohne Zweifel würde das exaltierte Gebühren des Musikers Günther unter allen anderen Umständen wenigstens ein Lächeln abgenötigt haben; heute aber kostete es ihm Mühe zu verbergen, wie peinlich er sein» sonderbare Fröhlichkeit gerade in dieser Stunde empfand.

»Es muß in der Thal etwas Außergewöhnliches sein, das Sie in so gute Laune versetzen konnte,* sagte er gezwungen. .Aber es handelt sich dabei doch wohl hoffentlich mehr um Sie als um mich."

.Fehlgeschossen, Freund! Glauben Sie, daß ich Ihnen mit einem solchen Freudengeheul ins Haus fallen würde, wenn meine gute Neuigkeit nur mich selbst anginge? Auf dem ganzen Wege zu Ihnen habe ich gezittert und gebebt bei dem Gedanken, daß Sie möglicherweise garnicht zu Haus sein könnten. Und die halbe Freude wäre mir verdorben gewesen, wenn ich Sie nickt angetroffen hätte. Das Glück ist ein Gericht, welches heiß genossen werden muß, sage ich in zweckgemäßer Abänderung eines bekannten Wortes. Jeder Aufschub nimmt ihm etwas von seinem feinsten Aroma. Aber, ehrlich gesagt, mein bester Harmening: Sie halten mich für verrückt, nicht wahr?*

.Ich würde Ihnen wenigstens sehr verbunden sein, wenn Sie sich etwa­deutlicher erklären wollten. Es mag sein, daß ich mich niemals schlechter auf's Raten verstanden habe als gerade heute."

.Nun also! Setzen Sir sich dort an jenen Schreibtisch und malen Sie in ihrer schönsten Frakturschrist auf einen Foliobogen Ihr Entlafsungsgesuch! Ich selber werde seine Beförderung übernehmen, damit es so rasch und so sicher als möglich an die richtige Adresse gelangt."

.Aber ich verstehe Sie immer weniger. Mein Entlassungsgesuch?*

.Jawohl! Denn von heute an nehme ich Sie in aller Form für mich in Beschlag. Ich habe geschworen, der Welt einen großen Sänger zu schenken, und da ich selber durch eine grausame Laune der Natur nun einmal zum Lohengrin oder zum Tristan gründlich verdorben bin, müssen Sir mir dazu verhelfen, daß ich mein

Brücke, diesem einzig in seiner Art dastehenden kolossalen Bauwerk gedacht. Wie in dem rastlosen Durcheinander, dem Rennen und Jagen nach Er­werb die so notwendige Ordnung in den Straßen von der Polizei aufrecht erhalten wird, wurde an einzelnen Beispielen, die Redner sehr anschaulich vor­zuführen wußte, geschildert. Nach den Angaben des Redners soll New-Aork ca. 2000 zum Teil herrliche Gotteshäuser haben, die fast durchweg aus freiwilligen Beiträgen der Gemeindemitglieder erbaut worden seien. Pastor Steinhauer ist infolge eines Augenleidens fast ganz erblindet und will sich jetzt nach Bayern zu Herzog Theodor, dem berühmten Augenarzt, der zur Zeit in Italien weilen soll, be­geben, um sich einer Operation zu unterziehen. Wün­schen wir ihm dazu alles Glück.

Vom Bezirk Nagold, 8. Febr. Nachdem bei uns vom landwirtschaftl. Verein und der Amtskor­poration schon eine Menge Aufkäufe an Heu, Stroh, Kraftfuttermitteln und Streumaterial gemacht worden sind, hat nun die Amtskorporation in Anbetracht, daß in nächster Zeit noch mehr Futter begehrt wird, wieder 4000 Ztr. gutes Heu aufkaufen lassen. Hievon sind bereits 2500 Ztr. verstellt, die übrigen 1500 Ztr. sind auf Vorrat gekauft. Der Ztr. kommt in Nagold auf 5 ^ 5 zu stehen und will die Amtskorporation für den Ztr. noch 25 leiden, wenn die Gemeinden der Konsumenten auch 25 auf sich nehmen und außerdem den Käufern einen Teil der Kaufsumme kreditieren. So käme also der Ztr. guten Heus nur auf 4 ^ 60 zu stehen. Es ist dies von Seite der Amtskorporation gewiß ein schätzbares und dankens­wertes Entgegenkommen.

Leonberg,, 9. Febr. Kommenden Dienstag findet unser alljährlicher Pferdemarkt,Bauernfest" genannt, statt und steht auch diesmal wieder, falls die Witterung sich einigermaßen günstig anläßt, eine lebhafte Frequenz in Aussicht, zumal schon von ver­schiedenen Pferdehändlern Anmeldungen eingelaufen sind. Das gemeinschaftliche Festessen findet im Sonnen­saal statt. Hr. Stadtmusikus Kocher wird, wie man hört, eineg,^Pferdemarkt-Marsch" komponieren und zur Aufführung bringen. Mögen sich auch diesmal wieder viele alte und neue Freunde unseres Pferde­marktes zusammenfinden, um die frische Lebenskraft desselben auf's neue zu bestätigen.

Hemmingen.Mit dem Pfeil dem Bogen." Dieses beliebte Knabenspiel kann auch traurige Folgen nach sich ziehen. Schießt da am Mittwoch ein Knabe ohne Absicht gegen seine Schwester; diese nichts ahnend, dreht sich im Moment um und der Pfeil geht ins Auge. Anfangs glaubte man, das Auge ginge ganz verloren, doch ist jetzt Hoffnung vorhanden, das­selbe zu erhalten. Eltern und Lehrer sollten immer wieder die Kinder mahnen, nicht aufeinander zu schie­ßen, sondern nur in die Höhe.

Stuttgart, 1-1. Febr. Heute nachm, wurde das Panoramadie Kreuzigung Christi" eröffnet-

Gelöbnis erfülle. Ich lasse Sie auf meine Kosten ausbilden, m>d den erstm Lor­beerkranz, den man Ihnen auf die Bühne wirft, werden wir dafür brüderlich mit einander teilen."

Nun mochten dem jungen Beamten wirklich einige Bedenken aufsteigen, ob der Verwachsene noch im vollen Besitz seiner geistigen Gesundheit sei, und Fritz Heimerdinger laS ihm diesen Zweifel vom Gesicht; denn er schüttelte lachend seine gewaltige Mähne.

Ein närrisches Anerbieten von einem armen Teufel, der Klavierstunden für fünfzig Pfennige giebt wie? Aber es hat nut dem Irrenhaus vorläufig noch keine Gefahr. Denn ich habe aufgehört ein armer Teufel zu sein. Wie sie mich da sehen, bin ich der glückliche Besitzer von beiläufig einer halben Million."

Wirklich? Die sagenhafte Erbschaft des verschollenen Großonkels in Amerika ist also nun doch zur Wahrheit geworden?"

Zur wahrhaftigen Wahrheit! Ich komme eben vom amerikanischen Gesandten, zu dem ich durch eine feierlich« Vorladung beschieden worden war, und das hier mag Ihnen als Beweis dienen, daß nicht etwa der Größrnwahnsinn aus mir redet."

Triumphierend reichte er ihm ein Dokument, welchem der amtliche Charakter an seinen Siegeln und Stempeln auf den ersten Blick anzusehen war, und herzlich, schüttelte ihm Günther, nachdem er es gelesen hatte, die Hand.

Empfangen Sie meine innigsten Glückwünsche, lieber Freund! Wollte Gott, daß Ihre arme Mutter das noch hätte erleben können!'

Das Gesicht des kleinen Musiklehrers beschattete sich.

Es giebt kein vollständiges Glück auf Erden, Harmening! Vor Ihnen muß ich mich ja nicht schämen, einzugestehen, daß ich im Gedanken an die Verstorbene ein paar bittere Thränlein geweint habe, als ich die Treppe de» GesandschastshotelS Hinabstieg. Aber es würde wahrhaftig nicht in ihrem Sinne sein, wenn ich mich dieses vom Himmel gefallenen Besitze» weniger freuen wollte, nur weil sie ihn nicht- mehr mit mir teilen kann. Hat sie sich doch nur um meinetwillen nach ihm gesehnt !*